Eliteuniversität

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Unter einer Eliteuniversität versteht man:

  1. eine Universität zur Ausbildung einer Elite
  2. eine Universität, zu der nur die Elite einer Gesellschaft Zugang hat

Situation in den USA

In den USA sind die akademischen Spitzeninstitutionen über einen Zeitraum von typischerweise mehr als 100 Jahren entstanden. Diese sind bis auf wenige Ausnahmen Privat-Institutionen. Das Spektrum der Institutionen mit hoher Reputation ist fließend und in stetiger Bewegung, so dass, außer für einem traditionellen Kern, die Definition einer klar abgetrennten Gruppe von amerikanischen Eliteuniversitäten schwierig ist. Auch gibt es staatliche Eliteuniversitäten, die bundesstaatliche University of California, Berkeley liegt z.B. innerhalb des US-nationalen sowie internationalen Rankings sehr weit vorne und wird z. Zt. (Stand 2003/04) mit ca. 480 Millionen US-Dollar pro Jahr vom Bundesstaat Kalifornien subventioniert. Diese staatlichen Universitäten sind jedoch hinsichtlich ihrer Struktur und insbesondere Autonomie ihren privaten Vorbilder relativ ähnlich.

Anders als in manch anderen Ländern (z.B. die meisten der Grandes Écoles in Frankreich) sind die amerikanischen Spitzeninstitutionen keine reinen "Kaderschmieden", sondern erhielten ihre Reputation primär durch die jahrhundertelange Wissenschaftspflege in der ganzen Breite. Obwohl oft ihre hohen Studiengebühren (tuition (engl.), typischerweise 20 000 – 30 000 US-Dollar im Jahr) manchmal in der Öffentlichkeit außerhalb der USA als überzogen wahrgenommen werden, decken diese nur einen relativ kleinen Teil des Gesamthaushalts ab. Die meisten Einnahmen sind Forschungsmittel, die auch forschungsbezogen ausgegeben werden. Studiengebühren und Kapitalanlagen der Institutionen dienen oft nur zur Deckung der grundlegenden Betriebskosten. Diese Einrichtungen sind typischerweise auch nicht als "luxuriös" zu bezeichnen, jedoch höchst effizient im entsprechenden Wissenschaftsbetrieb.

Viele Faktoren begünstigten den Erfolg des amerikanischen Systems, das sich stark an die nationalen Gegebenheiten angepasst hat. Zum einem gibt es einen enormen und über Generationen ungebrochenen Fluss an Fördermitteln aus den staatlichen Quellen für die Grundlagenforschung und angewandte Forschung, zum anderen einen dagegen vergleichsweise geringeren Anteil aus der Industrie. Die staatliche Förderung wird dann auch über einen viel stärkeren Wettbewerbsmechanismus ausgegeben, zum Teil wird die Ausgabe auch so gestaltet, dass Wettbewerb erst recht entsteht (z.B. durch mehrfache Vergabe). Das System betont das tenure-track (engl.), während der Zeit man zwar die akademische Unabhängigkeit eines Professors hat, aber einer ständigen Leistungsanforderung unterliegt, um durch diese Leistung eine Aussicht auf feste Anstellung zu erhalten. Ein Hochschullehrer steht einer Wettbewerbssituation sogar innerhalb des eigenen Fachbereichs gegenüber, die beträchtlichen Studiengebühren der eigenen Doktoranden müssen erst durch Fördermitteln erwirtschaftet werden.

Überhaupt auffällig ist auch im amerikanischen System, dass die ganze Welt mitkonkurriert, sowohl bei den Lehrstühlen wie auch bei den Studienplätzen, in beiden Fällen zusätzlich erleichtet durch recht moderat gehaltene englischsprachige Anforderungen. Und gerade hier spielt ein bidirektionales System zum Erhalt der Qualität und somit die Reputation eine wichtige Rolle, das bereits bei den Studenten anfängt: Die besten Institutionen bekunden ihren Aufnahmewillen den ihrer Meinung nach besten Studenten, diese selektieren dann wiederum die besten Institutionen für ihre Studien.

Entgegen einem verbreiteten Vorurteil werden die Studenten jedoch nicht nur nach ihrer akademischen Qualifikation ausgewählt. Kinder von Absolventen werden bevorzugt. Jedes Jahr werden z.B. an der Harvard University hunderte von Studenten aufgrund dieses legacy systems angenommen. Das legacy system entstand in den 20er Jahren zunächst an der Yale University und wurde rasch von anderen Ivy League Universitäten übernommen. Damals ging es darum, den Anteil der jüdischen Studierenden, der nach Ansicht der Universitätsleitung zu hoch war, zu begrenzen.

Situation in Deutschland

In Deutschland haben sich 2004 die Pläne konkretisiert, Eliteuniversitäten einzurichten. In der Diskussion wurde auch an den Ruf deutscher Universitäten aus vergangenen Tagen erinnert, der durch die Nationalsozialisten zerstört wurde, da die meisten bedeutenden Wissenschaftler emigrieren mussten. Eliteuniversitäten hat es aber in Deutschland eigentlich nie gegeben, denn alle Universitäten gelten als gleichwertig, obwohl es selbstverständlich Unterschiede gibt: Je nach Fach ist der Ruf einzelner Universitäten unterschiedlich gut.

Die Bundesregierung möchte Eliteuniversitäten fördern. In einigen Bundesländern, die die Kulturhoheit haben und daher auch für Universitäten zuständig sind, herrscht die Meinung vor, man solle nicht ganze Universitäten, sondern einzelne Fachbereiche an Universitäten fördern. Dieser Streitpunkt lies das Projekt der Bundesregierung aktuell stark ins Stocken geraten.

Auch gerieten die Gespräche, die Förderalismusreform betreffend, dadurch in Stocken. Die Bundesregierung wollte in der Bildungspolitik mehr Kompetenzen an sich ziehen, wogegen sich die Ministerpräsidenten und Landesregierungen heftig zur Wehr setzten.

Situation in Frankreich

Explizite Eliteuniversitäten gehören in Frankreich seit jeher zum Bildungssytem und heißen Grands Écoles, deren berühmteste das Institut d'Études Politiques de Paris (IEP, Sciences Po) und die École National d'Administration sind. Diese Grands Écoles heben sich von den normalen Universitäten u.a. bzgl der Mittelausstattung, Auswahlpozeß der Studenten, Karrierechancen, Interesse der Öffentlichkeit stark ab.

Argumentation

Ob speziell in Deutschland Eliteuniversitäten wirklich von Vorteil sind, ist strittig.

Pro

Befürworter führen an, dass Deutschland durch das Fehlen von Eliten gerade im Forschungsbereich immer weiter zurückfällt. Spitzenforscher wandern an anglo-amerikanische Universitäten ab, da ihnen in Deutschland die entsprechende Unterstützung fehlt. Außerdem kommen hochqualifizierte Absolventen der Volkswirtschaft zugute.

Contra

Gegner argumentieren, dass sie lediglich dem Prestige dienen, während andere Universitäten und ihre Abschlüsse durch Einrichtung von Eliteuniversitäten abgewertet werden. Zudem lässt insbesondere ein Vergleich mit Frankreich und seinem ausgeprägt elitären Bildungssystem nicht hoffen, dass Eliteuniversitäten zu einer wesentlichen Verbesserung der Wirtschaftslage beitragen. Außerdem müsste eine Förderung sehr langfristig angelegt sein, da der gute Ruf von gern als Vorbild angeführten Universitäten wie Harvard insbesondere durch die Kontinuität ihrer Leistungen über viele Jahre hinweg aufgebaut wurde.

Siehe auch

CIA, Elite, Universität, Begabtenförderung, Grande école, Chancengleichheit, Ivy League, Wissenschaft in den USA