Nebenwirkung

unbeabsichtigte Auswirkung von Medizin
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Eine Nebenwirkung ist in der Medizin eine beobachtete (oder unbeachtete) Wirkung eines Medikamentes, die nicht zu den beabsichtigten, erwünschten (Haupt-)Wirkungen eines Medikaments gehört.

Besser als "Nebenwirkung" ist der Begriff unerwünschte Arzneimittelwirkung.

"Wenn behauptet wird, dass eine Substanz keine Nebenwirkung zeigt, so besteht oftmals der Verdacht, dass sie auch keine Hauptwirkung hat." (Gustav Kuschinsky, Verfasser eines Lehrbuches über Arzneimittelwirkungen)

Eine Nebenwirkung ist eine normalerweise unerwünschte Wirkung eines Medikamentes, die zusätzlich zur gewünschten Wirkung auftritt, einschließlich Wechselwirkungen mit anderen Substanzen, Folgen von Überdosierungen sowie Entwicklung von Abhängigkeiten.

Man kann Nebenwirkungen unterteilen in

  • arzneistofftypische und von der zugeführten Menge abhängige Nebenwirkungen (meist mit der Hauptwirkung verwandt)
  • unvorhersehbare und mengenunabhängige Nebenwirkungen (zum Beispiel Allergien).

Diese Nebenwirkungen kann man wieder unterteilen in leichte und schwerwiegende Nebenwirkungen.

Nebenwirkungen können aber auch erwünscht sein, zum Beispiel wird die antiproliferative (wachstumshemmende) Wirkung von Glucocorticoiden bei Psoriasis gewünscht, bei PatientInnen mit einem endogenen Ekzem nicht. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man aber unter Nebenwirkungen unerwünschte Arzneimittelwirkungen.

Je nach Schwere der Erkrankung muss der Arzt sowie der Patient selbst abwägen, ob sich das Risiko der Nebenwirkungen mit dem Nutzen des Medikamentes aufwiegen lässt.

Arzneimittelhersteller sind verpflichtet, alle bekannten Nebenwirkungen eines Medikaments aufzulisten, die während dessen Anwendung auftreten können. Man beobachtet also eine Gruppe von Arzneimittelanwendern und notiert alle möglichen Komplikationen. Diese werden im Beipackzettel angegeben.

Die Formulierungen wie "häufig" etc. geben verschlüsselt die prozentuale Häufigkeit der Nebenwirkungen an; es entsteht beim Anwender oftmals Unsicherheit darüber, wie oft so eine Nebenwirkung auftreten kann:

  • "sehr häufig" bedeutet, dass die Nebenwirkung in mehr als 10 % der Fälle auftreten kann (man muss allerdings beachten, das bis zu 90 % der Anwender keine Nebenwirkungen spüren);
  • "häufig" bedeutet, dass die Nebenwirkung von 1 - 10 % der Patienten gespürt wird (1 bis 10 Personen von 100);
  • "selten" bedeutet, dass die Nebenwirkung 0,1 - 1 % der Patienten betrifft (1 bis 10 Personen von 1000);
  • "sehr selten" bedeutet, dass die Nebenwirkung bei 0,01 bis 0,1 % der Patienten auftritt (1 bis 10 Personen von 10 000);
  • "in Einzelfällen" bedeutet, dass die Nebenwirkung bei 0,001 bis 0,1 % der Patienten auftritt (1 bis 10 von 100 000 Personen).

Das Risiko von Nebenwirkungen steigt meist mit Dauer der Einnahme, der Anzahl der Patienten, die das Medikament nehmen (wenn 1 Mio. Menschen ein Medikament nehmen, gibt es mehr Menschen, die eine Nebenwirkung erfahren - im Gegensatz zu einem Medikament, das nur von 100 Personen genommen wird), und in der Regel auch mit der Dosis.

Wird ein Medikament nicht vertragen, sollte man unbedingt mit seinem Arzt sprechen oder zumindest die Art der Nebenwirkung beim Arzt oder Apotheker melden. Man sollte niemals eigenmächtig die Dosierung des Medikamentes ändern oder gar das Medikament absetzen.

Das Spektrum möglicher Nebenwirkungen von Medikamenten reicht von relativ harmlosen Begleiterscheinungen (z.B. Müdigkeit) bis hin zu Wirkungen, deren Schaden den Nutzeffekt des Medikamentes übersteigt. Ein Extremfall an unerwünschten Arzneimittelwikungen trat im Fall des Schlafmittels Contergan auf, das bei Einnahme in der Schwangerschaft zum Teil sehr schwere körperliche Fehlbildungen bei Embryos auslöste und deshalb vom Markt genommen werden musste.

Nebenwirkungen können aber auch durchaus zur Hauptwirkung werden. Das Medikament Viagra wurde zum Beispiel ursprünglich als Blutdrucksenker entwickelt, zeigte aber Nebenwirkungen ganz anderer Natur. Als Blutdrucksenker war es relativ unbrauchbar - als Potenzmittel hingegen sehr. Das ist aber auch der Grund dafür, weshalb Viagra bei der Anwendung als Potenzmittel Nebenwirkungen am Herzen (besonders wenn in Verbindung mit Nitraten eingenommen) zeigt und weshalb Viagra bei pulmonaler Hypertonie von Säuglingen gegeben werden kann.

Laut den Resultaten einer prospektiven Beobachtungsstudie (BMJ 2004; 329: 15-19) ist jede 16. stationäre Patientenbehandlung Folge einer Arzneimittelnebenwirkung. Jedes Jahr ergäben sich daher Kosten von umgerechnet über 700 Millionen Euro für den National Health Service (NHS) in Großbritannien. Ein Forscherteam um Prof. Pirmohamed von der University of Liverpool wertete die Aufnahmedaten von 18.820 Patienten über 16 Jahre aus, die im Laufe eines halben Jahres in zwei Kliniken behandelt wurden. Die Autoren versuchten alle Fälle zu erkennen, in denen eine Arzneimittelnebenwirkung die definitive, wahrscheinliche oder mögliche Ursache der Klinikaufnahme war. Dieser Zusammenhang wurde bei 1.225 Patienten gesehen, was einer Prävalenz von 6,5 Prozent entspricht. Entsprechende Ergebnisse gingen laut ihrer Darstellung auch aus früheren Untersuchungen zur gleichen Fragestellung hervor.


Siehe auch:

Arzneimittelzulassung, CPOE, Vioxx