Als Pergerau bzw. Perger Au wird die einst sumpfige Landschaft im nördlichen Machland süd- bzw. südöstlich von Perg entlang der Flussarme und Gerinsel der Naarn und ihrer von den nördlich gelegenen Hügeln kommenden Zuflüsse zwischen Perg, Mitterkirchen und Baumgartenberg bezeichnet.
Geschichte
Die erstmalige urkundliche Erwähnung der Pergerau erfolgte 1431. Demnach lag diese zwischen den Ortschaften Zeitling und Mettensdorf. Im Süden reicht sie bis etwa zu der Linie, wo heute der große Naarnkanal verläuft und bis zum Mettensdorfer Mühlbach. Die Nordgrenze bildet die ehemalige Hauderer Bezirksstraße und heutige Bundesstraße 3. Das Gebiet ist ungefähr 1.600 Hektar groß. Es wird im Westen von der Naarn und im Osten vom Tobrabach durchflossen.
Ursprünglich war es ein Weideland. Mit dem Einbau von Wehren bei den Mühlen zur besseren Ausnützung der Wasserkraft und dem damit verbundenen Rückstau begann um 1560 die Versumpfung der Pergerau. Die Naarn hat in der Ebene ein geringes Gefälle. Nach der Schneeschmelze im Granitplateau und nach starken Regenfällen kann das Wasser nicht abfließen. Es überflutet immer wieder weite Strecken des Landes, das nur sehr langsam, hauptsächlich durch Verdunstung des Wassers, austrocknet. Die Wiesen werden sauer und durch mindere Ernteerträgnisse sehr entwertet.
Naarnregulierung im 18. Jahrhundert
Die Überschwemmungen der Naarn kamen meist ziemlich unvermittelt als Folge schwerer Wolkenbrüche im Hinterland oder langanhaltender Regen. Die Wiesen und Äcker beiderseits der Naarn glichen dann einem See. Als Überschwemmungsjahre wurden die Jahre 1118, 1126, 1172, 1193, 1195, 1210, 1404, 1406, 1436, 1490, 1509, 1520, 1527, 1570, 1572, 1573, 1597, 1598, 1606, 1617, 1647, 1651, 1658, 1670, 1672, 1677, 1682, 1705, 1716, 1736, 1770, 1771, 1775 und 1778 bezeichnet.
Nach einem Bericht des Landeshauptmannes vom 7. Juli 1769 über die schlechten Verhältnisse in der Pergerau und nach Vorsprache bei Kaiserin Maria Theresia verfügte diese die Beseitigung der vielen Krümmungen der Naarn durch die angrenzenden Untertanen, die dauernde Räumung des Flußbettes von den zu Boden gesunkenen Schwemmscheitern durch die Holzschwemmkompanie und den Bau von zwei Kanälen. Mit der Entsendung von Kommissionen, die ab 7. April 1776 in Perg tagten, wurde die Entsumpfung der "Pergerau" in Angriff genommen. Der versumpfte Boden wurde von 110 böhmischen Teichgräbern, einheimischen Taglöhnern, Zimmerleuten und Wasserträgern aus dem Machlandes trocken gelegt. Die unter dem Perger Marktrichter und Bräuer Josef Frieß errichteten Kanäle waren bereits 1776 (kleiner Naarnkanal mit Tobrakanal) bzw. 1777 (großer Naarnkanal) fertiggestellt.
Der größere, der eigentliche Naarnkanal, zog von Perg gegen Mitterkirchen, der kleinere von der Fabrik Schöberl (Kickenau) in Richtung Baumgartenberg und war 4.086 m lang. Dieser kleine Kanal, auch Maria Theresien Kanal genannt, war 7.455 m lang und hatte die Aufgabe, den Thurhofbach und die weiteren, von den nördlichen Abhängen kommenden Gewässer aufzunehmen. Das trockengelegte Land wurde unter den kommunalberechtigten Häusern streifenweise aufgeteilt und die betreffenden Flächen wurden "Hauswiesen" genannt. Sie durften nicht verkauft werden und verblieben mit dem Nutzgenuss beim jeweiligen Haus.
Das vollendete Werk wurde durch die fehlende laufende Räumung und die Wiedererrichtung bzw. Erhöhung des Haidmühlwehres und anderer Stauanlagen unwirksam gemacht und die Pergerau versumpfte erneut. Das starke Sandgeschiebe füllte schon wenig später die Kanäle und 1830 mussten Dämme zu beiden Seiten des großen Kanals gebaut werden. Auch die an die Wiesen angrenzenden Äcker des Machlandes litten unter der Nässe. Es ist verzeichnet, dass früher die "Kornmandeln" auf Brücken gestellt wurden, um sie vor Nässe oder Hochwasser zu schützen.
Daher setzt sich die Aufzeichnung von Überschwemmungsjahren wie folgt fort: 1784, 1785, 1786, 1787, 1799, 1809, 1813, 1815, 1819, 1820, 1824, 1829, 1833, 1840, 1850, 1853, 1862, 1876, 1880, 1883, 1890, 1892, 1896, 1899, 1909, 1910, 1912, 1914, 1917, 1929, 1932 und 1954.
Naarnregulierung im 20. Jahrhundert
Später gab es mehrmals Pläne für eine neuerliche Regulierung der Naarn im Machland, aber erst 1926 lag ein baureifer Plan vor. Der Beginn der Bauarbeiten verzögerte sich wegen der ungünstigen Wirtschaftslage. Erst 1938 nahm der Arbeitsdienst mit einheimischen Arbeitern das Vorhaben in Angriff. In Perg, Arbing, Baumgartenberg und Kirchstetten wurden Arbeitsdienstlager eingerichtet, 1942 mussten die Arbeiten aber eingestellt werden. Es folgten nach 1945 neuerliche Forderungen der Einwohner des Machlandes nach einer Entsumpfung des Gebietes.
Erst beinahe zwei Jahrhunderte später, 1968 bis 1972 konnte der Wasserverband Machland die wasserwirtschaftliche Sanierung mit Mitteln des Bundes und des Landes Oberösterreich durch eine neuerliche Regulierung der Naarn durchführen. Die Kosten wurden mit 64 Millionen Schilling veranschlagt. Auch die betroffenen Grundbesitzer hatten im Verhältnis zum erwarteten Erfolg angemessene Interessentenbeiträge zu leisten. Damals wurde die "Alte Naarn" zu einem Kanal umgebaut. Der Grundwasserspiegel wurde damit um ca. 1,4 m abgesenkt und dadurch wurden große Flächen entwässert bzw. bearbeitbar gemacht.
Nachdem 1967 mit der Räumung des Naarnbettes flussabwärts von Perg begonnen worden war und die Geschiebemengen aus dem Flussbett beiderseits der Ufer als Damm zum Schutz vor Überschwemmungen liegen blieben, gab das Amt der OÖ. Landesregierung eine "Wasserwirtschaftliche Studie für das Machland" in Auftrag, das dann die Grundlage einerseits für die Entsumpfung des Machlandes und andererseits für die Schaffung des Hochwasserschutzes bildete.
Die Machland-Gewässerregulierung umfasste die Abschnitte
- Hochwasserregulierung der Naarn von Perg flussabwärt über Wagra, Labing zum Hüttinger Arm der Donau (ca. 10,5 km)
- Regulierung der Nebengewässer zeitlingerbach, Thurnhofbach, Auhofbach, Tobrabach (mit einer Hochwasserüberleitungsmulde zum Naarnfluss) und Arbingerbach.
Ein von Radler-Wöss errichteter Brunnen aus Granitsteinen befindet sich im Seyrpark und erinnert mit seinen Inschriften an die Naarnregulierungen des 18. und 20. Jahrhunderts.
Auswirkungen der Naarnregulierung
Die Naarnregulierungen hatten (neben den Auswirkungen des Kraftwerkbaues in Mitterkirchen/Wallsee sowie der Flusskraftwerke entlang der Naarn) bedeutende Auswirkungen auf die Pflanzen-, Tier- und Vogelwelt sowie das Fischereiwesen im Machland in der Naarn und in den angrenzenden Landschaften wie eben auch in der Perger Au.
Beispielsweise verblieben nach der Naarnregulierung in der Schwemmnaarn noch 200 Liter Wasser pro Sekunde. Der Anblick des ursprünglich großen Flussbettes und des kleinen "Rinnsals" war entsprechend trostlos. Durch Bemühungen der Fischereiberechtigten und deren Bewirtschafter bzw. durch das Verständnis des Wasserverbandes Machland wurde bei der Labinger Brücke im Gemeindegebiet von Mitterkirchen ein Wehr errichtet, welches mindestens 400 Liter Wasser pro Sekunde in die Schwemmnaarn ableitet. Damit konnte die Schwemmnaarn wieder zu einem bewirtschaftbaren Gewässer gemacht werden.
Vor der neuerlichen Naarnregulierung war die Perger Au ein großflächiges Wiesengebiet und damit die Voraussetzung, dass dort die ehemals größte oberösterreichische Brachvogelpopulation heimisch war. 1980 war nur noch ein kümmerlicher Rest davon vorhanden. Die Weißstörche ließen sich allerdings von den geänderten ökologischen Verhältnissen nicht beeindrucken.
Literatur
- Florian Eibensteiner und Konrad Eibensteiner: Das Heimatbuch von Perg, Oberösterreich, Selbstverlag, Linz 1933
- Georg Grüll: Die Naarnregulierung und Trockenlegung der Pergerau, in: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs, Linz 1961
- Ernst Neweklowsky: Die Naarnschwemme, in: Oberösterreichische Heimatblätter, Jahrgang 16, Heft 2, April bis Juni 1962, Linz 1962
- Bundesverwaltung und Amt der OÖ. Landesregierung, Abteilung Presse (Hrsg.), Festschrift Naarnregulierung, Linz 1968
- Rudolf Zach: Perg im Spiegel der Geschichte, in: Stadtgemeinde Perg (Herausgeber): Perg, Festschrift anlässlich der Stadterhebung 1969, Linz 1969
- Verein zur Herausgabe eines Bezirksheimatbuches Perg - Gemeinden des Bezirkes Perg, Linz 1995
Weblinks
- Natur und Landschaft in Oberösterreich
- Wissenswertes über die Natur des Machlandes gibt es auf www.entenlacke.at