Citizen Kane

Film von Orson Welles (1941)
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Filmdaten
Deutscher Titel: Citizen Kane
Originaltitel: Citizen Kane
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1941
Originalsprache: englisch
Crew
Regie: Orson Welles
Drehbuch: Herman J. Mankiewicz
Darsteller
Charles Foster Kane: Orson Welles
Jedediah Leland: Joseph Cotten
Susan Alexander Kane: Dorothy Comingore
Mary Kane: Agnes Moorehead
Emily Monroe Norton Kane: Ruth Warrick
James W. Gettys: Ray Collins
Herbert Carter: Erskine Sanford

Citizen Kane von 1941 ist das filmische Erstlingswerk des US-amerikanischen Regisseurs Orson Welles. Die Fachzeitschrift Sight & Sound des British Film Institute führt alle zehn Jahre eine Umfrage nach dem "Besten Film aller Zeiten" durch, im Jahre 2002 bei 250 berühmten Regisseuren und Kritikern. Seit 1962 wird die Liste durchgängig von "Citizen Kane" angeführt.

Obgleich sich die Verbindlichkeit einer solchen Umfrage in Frage stellen lässt, kennzeichnet ihr Ergebnis den Rang von "Citizen Kane" deutlich. Häufig wird der Film - nicht ganz zu Unrecht - als das filmische Gegenstück zu James Joyces Roman "Ulysses" dargestellt.

Handlung

Die Handlung des Films zeichnet das Leben eines fiktiven, gleichwohl am realem Vorbild des US-amerikanischen Medienmagnaten und Präsidentschaftskandidaten William Randolph Hearst angelehnten Mannes nach. Der Film beginnt mit dem Tod dieses Charles Foster Kane. Im Verlauf des Filmes werden sodann in Rückblenden die Lebensstationen Kanes dargestellt. Eingebettet sind diese in eine Rahmenhandlung, in der ein Journalist, der für einen Nachruf recherchiert, der Herkunft von Kanes letzten Worten, "Rosebud", auf den Grund zu gehen versucht; innerhalb dieser Rahmenhandlung besucht er Archive, Bekannte des Verstorbenen und so weiter. Niemand jedoch kann ihm über "Rosebud" Auskunft erteilen. Für den Journalisten bleibt das Rätsel ungelöst, für den Zuschauer löst Wells es jedoch auf und zeigt in der letzten Einstellung des Filmes, wie der Kinderschlitten des etwa zehnjährigen Kane, der früh von seinen Eltern weggebracht und unter einem Vormund einer "guten Erziehung" zugeführt wurde, zusammen mit anderem Holz auf einem Haufen verbrennt, der aufgemalte Name des Schlittens ist "Rosebud".

Filmhistorische Bedeutung

Welles reizte für den Film jedes existierende technische Mittel des noch relativ jungen Tonfilms in perfekter Weise aus und erfand weitere Spezialeffekte hinzu, beispielsweise zusammen mit seinem kongenialen Kameramann Gregg Toland die Schärfentiefen-Technik, die durch den Einsatz spezieller Kameraobjektive Objekte in unterschiedlicher Entfernung gleichermaßen scharf zeichnete. Welles nutze diese Technik, um lange, ungeschnittene Szenen zu erreichen; hier zeigt sich seine Vergangenheit als Theaterregisseur.

Nicht minder revolutionär war die Erzähltechnik des Films. Welles stellte sich und dem Zuschauer nicht mehr durch lineares Erzählen die Frage "Wie wird die Geschichte enden?", sondern verriet bereits zu Beginn des Films ihr Ende, um im Anschluss daran die Frage "Wie ist es dazu gekommen?" zu stellen. In der Folgezeit hat diese Technik auch im Mainstreamkino Einzug gehalten, beispielsweise in James Camerons Film "Titanic".

Wirkung auf die Zuschauer

Welles machte es dem Zuschauer äußerst schwer. Neben der bis heute unglaublich fortschrittlichen Bildsprache, der ungewohnten Erzähltechnik und dem massiven Einsatz avanciertester technischer Mittel entzog Welles dem Film das identifikatorische Moment, das dem Zuschauer erlaubt, sich mit mindestens einem der Charaktere quasi zu verbünden. Durch die fast teilnahmslose Erörterung der Geschichte, die kaum direkte emotionale Teilnahme erlaubt, erhöht Welles noch die Distanz zwischen Werk und Zuschauer.

Ein Mensch jedoch konnte sich in der Gestalt des Protagonisten Charles Foster Kane berechtigt wiedererkennen, nämlich der amerikanische Medienmogul William Randolph Hearst. Er versuchte den Film bereits während der Produktion zu verhindern oder zumindest zu beeinflussen. Welles aber war für den Film von seinem Studio RKO völlige kreative Freiheit garantiert worden und alle Versuche Hearsts, den Film zu verhindern, scheiterten. Hearst führte daraufhin in seinem Zeitungsimperium eine Kampagne, die Werbung für den Film verhinderte und Filmvertriebe, die den Film zeigten, sanktionierte. Daraufhin blieb der Film einem weitem Publikum unzugänglich. Die Wut von Hearst ist nicht unverständlich, denn der Film ist durchaus keine wohlwollende Hommage - im Gegenteil, Kane wird als ein Mensch porträtiert, der im Laufe seines Lebens alle Ideale verrät und als machtversessener, kaltherziger Mann endet. Der Regisseur Kenneth Anger und der Schriftsteller Gore Vidal, ein Freund Hearsts, berichten darüber hinaus, dass "Rosebud" (deutsch "Rosenknospe"), Kanes letztes Wort auf dem Sterbebett, Hearst zur Raserei brachte, da es sein Kosename für die Klitoris seiner großen Liebe Marion Davies war, mit welcher der "Citizen Kane"-Drehbuchautor Herman J. Mankiewicz wiederum befreundet war.

Interessanterweise enthält der Film auch einige Elemente aus der Biographie Orson Welles: Genau wie Kane wuchs Welles auch ohne seine Eltern auf, und genau wie Kane erlebte Welles auch früh eine strahlende Karriere. Tragischerweise sollte auch das Ende des Films autobiographische Züge zeigen; nach der Auseinandersetzung mit Hearst endete Welles Karriere. Er wurde nach einer Schmierenkampagne in Hearsts Zeitungen als Kommunist vom FBI verdächtigt, und blieb ohne neue Verträge. Im Alter war auch Welles ein verbitterter Mensch.

Obwohl der Film für neun Oscars nominiert war und zumindest einen für das beste Drehbuch erhielt, dauerte es nach diesem Flop ein paar Jahre, bevor sein Rang vor allem durch einige europäische Regisseure erkannt und er entsprechend gewürdigt wurde.

2003 erstellte die Bundeszentrale für politische Bildung in Zusammenarbeit mit zahlreichen Filmschaffenden einen Filmkanon für die Arbeit an Schulen und nahm diesen Film in ihre Liste mit auf.