Die Methanolwirtschaft ist eine hypothetische, zukünftige Energiewirtschaft, in der Methanol Fossilienbrennstoffe als sekundären Energieträger ersetzen soll. Diese bietet sich alternativ zu den ebenfalls propagierten Modellen einer Wasserstoff- oder Ethanolwirtschaft (Biokraftstoff) an. Im Jahr 2005 veröffentlichte Nobelpreisträger George A. Olah sein Buch Beyond Oil and Gas: The Methanol Economy in dem Chancen und Möglichkeiten der Methanolwirtschaft diskutiert werden. Er verzeichnet Argumente gegen die Wasserstoffwirtschaft und erläutert Möglichkeiten der Erzeugung des Methanols aus Kohlenstoffdioxid (CO2) oder Methan.
Methanol oder sein Di-Ether kann dann sowohl in klassischen Verbrennungsmotoren als Kraftstoff wie auch effizienter in Methanolbrennstoffzellen zur Stromerzeugung genutzt werden, sodass ein fließender Übergang zu einer ökologischeren Energieverwertung möglich ist.
Methanol kann aus dem flüchtigen gasförmigen Wasserstoff in einem treibhausneutralen Prozess erzeugt werden. Speicherung, Transport und Verteilung des bei Raumtemperatur flüssigen Methanols erfordert dann nicht den Aufbau einer gänzlich neuen Infrastruktur wie beim sehr flüchtigen Wasserstoff (Hochdruckbehälter, Kühlanlagen, Dichtungssysteme). Weite Entfernungen zwischen Verbrauchern und Erzeugern regenerativer Energien können dann effizient überbrückt werden, wo ein Stromtransport momentan unwirtschaftlich wäre (Photovoltaik in der Sahara, Erdwärme in Island).
Aktuell wird Methanol noch vorwiegend aus Erdgas gewonnen, idealerweise könnte das Kohlendioxid für die Methanolsynthese künftig mithilfe regenerativer Energien aus atmosphärischer statt fossiler Quelle gewonnen werden und so einen treibhausneutralen Kreislauf etablieren. Dies ist langfristig aufgrund der sich erschöpfenden Erdöl, -gas und Kohlevorräte und der nur sehr begrenzt verwendbaren Biomasse der einzig mögliche Weg zur Bereitstellung von Kohlendioxid. Olah schlägt vor, Kohlendioxid aus der Luft durch Absorbieren an geeignete Trägermaterialien anzureichern, aus denen es in konzentrierter Form wiedergewonnen werden könnte. Kaliumhydroxid und Calciumcarbonat werden als mögliche, aber nicht ideale (wegen des hohen Energieaufwands zur Freisetzung des Kohlendioxids) Absorbentien genannt, wobei jedoch ersichtlich ist, dass hier noch bessere Substanzen entwickelt werden müssen. Dieser Gewinnungsprozess aus Umgebungsluft ist wegen der niedrigen CO2-Konzentration in der Luft (0,037%) der zur Zeit teuerste.
Alternativ wird – zumindest bis zum Ende der fossilen Energiewirtschaft – die Wiederverwendung gefilterter Verbrennungsabgase aus Kraftwerken diskutiert (15%iger CO2-Anteil), allerdings würde dieses Kohlendioxid dann letztlich doch in die Atmosphäre gelangen. Ohnedies würde dieser Weg nur so lange zur Verfügung stehen, wie es noch fossil betriebene Kraftwerke gibt.
„Es wird vorgeschlagen, dass Methanol verwendet wird als (i) ein bequemes Energiespeichermedium, (ii) ein leicht transportierter und vertriebener Treibstoff, inklusive Verwendungen bei Methanolbrennstoffzellen, und (iii) als Einsatzstoff für synthetische Kohlenwasserstoffe und ihre Produkte, einschließlich Polymere und Einzelzellproteine (zur Tiernahrung und/oder menschlichem Verzehr). Die Kohlenstoffquelle wird letztendlich die Luft sein, die allen auf der Erde zur Verfügung steht, während die notwendige Energie aus alternativen Energiequellen, einschließlich Kernenergie, erhalten wird.“
Theoretische Vorteile
Vorteile einer Methanolwirtschaft gegenüber Wasserstoff:
- leistungsfähiger Energiespeicher (bezogen auf Volumen und Gewicht), insbesondere wenn der für Wasserstoff benötigte Druckbehälter mit in Betracht gezogen wird.
- Die erforderliche Infrastruktur für Wasserstoff würde kostspielig sein, während Methanol mit der vorhandenen Benzininfrastruktur vertrieben werden kann
- Methanol kann mit Benzin gemischt werden
- benutzerfreundlicher als Wasserstoff, der Hochdrucksysteme zur Bevorratung erfordert
- Methanol dient als Rohstoff für die chemische Industrie
Vorteile einer Methanolwirtschaft gegenüber Ethanol:
- Methanol kann von jedem organischen Material mit der erprobten Fischer-Tropsch-Methode durch Synthesegaskatalyse gebildet werden
- kann mit Ethanol konkurrieren und ihn in einem diversifizierten Energiemarkt ergänzen
Theoretische Nachteile
- hohe Energiekosten, die mit dem Erzeugen des Wasserstoffs verbunden sind (soweit für die Methanolsynthese erforderlich)
- Erzeugung selbst ist nicht "sauber"
- bei Herstellung aus "Syngas" momentan von fossilen Brennstoffen abhängig (obgleich in der Theorie jede mögliche Energiequelle verwendet werden kann).
- Energiedichte (nach Gewicht oder Volumen) nur halb so groß wie bei Benzin
- Methanol ätzt Aluminium, Aluminiumteile im Motor-Kraftstoffeinlaß-System daher problematisch
- Hydrophilie: zieht Wasser an, was feste gelartige Einlagerungen im Kraftstoffeinlaß-System verursachen kann (bei kaltem Wetter), die ätzend sind und sich in einen nicht brennbaren Bestandteil trennen können.
- Methanol, wie auch Spiritus, erhöht die Permeabilität einiger Kunststoffe für Kraftstoffdämpfe (z.B. bei Polyethen hoher Dichte). Diese Eigenschaft des Methanols birgt das Risiko einer Erhöhung von Emissionen an flüchtigen organischen Stoffe (VOCs) aus dem Kraftstoff, was zu erhöhtem troposphärischem Ozon beiträgt.
- niedrige Flüchtigkeit bei kalten Wetter: Methanol-betriebene Motoren können Startschwierigkeiten haben und laufen unwirtschaftlich bis zur Erreichung der Betriebestemperatur
- Methanol ist giftig und weist sogar eine geringer letale Dosis bei der oralen Aufnahme auf als z. B. Benzin. Auf der anderen Seite enthält es – anders als Benzin – keine karzinogenen Stoffe.
- Methanol ist eine Flüssigkeit, was eine größere Brandgefahr verursacht; anders als Wasserstoff und andere Gase diffundiert Methanol nicht von Leckstellen weg.
- Methanol, das versehentlich beim Auslaufen unterirdischer Kraftstofftanks freigesetzt wird, kann verhältnismäßig schnell in das Grundwasser gelangen und Quellwasser verschmutzen, obgleich diese Gefahr nicht gänzlich untersucht worden ist. Die Geschichte des Kraftstoffadditiven Methyl-tert-butylethers (MTBE) als Grundwasserverunreiniger hat die Wichtigkeit des Feststellens möglicher Auswirkungen des Kraftstoffs und von Kraftstoffzusätzen hervorgehoben.
Quellen
Weblinks
- A discussion of the Methanol Economy with George Olah Recording of a program broadcast on NPR.
- Methanol statt Wasserstoff, Interview mit George Olah,Technology Review
- M. Specht und A. Band, "Der Methanolkreislauf" , Themen 98/99 "Nachhaltigkeit der Energie", Forschungsverbund Sonnenenergie, S. 59, Köln, 1999
- Methanolwirtschaft auf energieinfo.de
- Die Mär vom Wasserstoff, Die Zeit 42/2004
- Pressemitteilung Jenseits von Öl und Gas Angew. Chem. 2005, 117 (18), Seite 2692
- Buchbesprechung:Beyond Oil and Gas Jürgen O. Metzger, Universität Oldenburg