Der Luftkrieg ist eine Form der Kriegsführung, bei der militärische Operationen hauptsächlich aus der Luft durchgeführt werden. Der Luftkrieg hat seine Ursprünge in der Aufklärung von feindlichem Gebiet. Später wurden Angriffe direkt von der Luft ausgeführt (siehe Bomber). Diese versucht man dann mittels Jagdflugzeugen und Flugabwehr zu vereiteln.
Frühe Lufteinsätze im Krieg
Der erste Einsatz eines Flugzeugs für die Kriegführung war der Aufklärungsflug einer italienischen Maschine, die am 22. Oktober 1911 von Tripolis (Libyen) aus ein türkisches Militärlager überflog und von dort Erkenntnisse nach Hause brachte.
Erster Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg gilt als Ursprung der modernen Luftkriegsführung. Während der Zeit von 1914 bis 1918 wurde eine Unzahl neuer Luftkriegstechniken entwickelt. Nicht mehr nur die reine Aufklärung stand im Vordergrund, sondern auch der taktische Angriff und die Unterstützung von Bodenstreitkräften mit Flugzeugen.
Anfänge des Luftkriegs
Zu Beginn des Krieges war das Hauptziel der Luftstreitkräfte die operative Fernaufklärung. Eine andere Aufgabe zogen die Führungen der Entente und der Mittelmächte angesichts des noch herrschenden Bewegungskrieges überhaupt nicht in Betracht. Als sich der Stellungskrieg anbahnte, wurden Fesselballons und spezielle Flugzeuge zur Artilleriekoordinierung eingesetzt. Um diese lästigen Lufteinheiten zu bekämpfen, wurden Maschinengewehre und erste improvisierte Flakgeschütze aufgestellt, die jedoch wegen ihrer geringen Trefferwahrscheinlichkeit keinen besonderen Erfolg hatten. Ballons und Aufklärer mussten also direkt aus der Luft angegriffen werden.
Die ersten beiden Piloten, die ihr Leben bei einem Luftkampf verloren, waren der russische Captain Nesteroff und der österreichische Baron Rosenthal. Am 8. September 1914 war Rosenthal mit seiner Maschine zu einem Patrouillenflug an der Ostfront unterwegs. Als Nesteroff ihn erspähte, stürzte er sich, ohne an sein eigenes Leben zu denken, in das klapprige Flugzeug des Barons. Beide starben bei dem darauffolgenden Absturz.
Solche Selbstmordaktionen waren natürlich nicht an der Tagesordnung. Die Bekämpfung feindlicher Maschinen wurde mit Gewehren und Pistolen durchgeführt, teilweise auch nur mit Steinen oder Flaschen. Aber auch diese Kämpfe hatten keine besonders durchschlagende Wirkung. Anfangs war es auch gar nicht die Absicht der Piloten, sich gegenseitig vom Himmel zu holen.
Da der Geist von Luftfahrtpionieren noch in ihnen steckte, warf man sich meistens einen Gruß zu und drehte dann ab. Selbst in späteren Luftkämpfen gab man diese "Ritterlichkeit" nicht auf, wie z.B. im Kampf von Ernst Udet gegen Georges Guynemer. Guynemer kämpfte im Juni des Jahres 1917 verbissen mit dem Deutschen, er schoss ihn jedoch nicht ab. Er sah, dass Udet eine Ladehemmung hatte. Also flog Guynemer auf Udets Maschine zu, gab ihm einen Gruß und verschwand dann wieder über alliiertes Gebiet.
Gegen Ende des Jahres 1914 nahmen einige Piloten, wie Louis Strange, Maschinengewehre mit in ihre Flugzeuge. Sie waren jedoch so schwer, dass das Flugzeug nicht hoch genug steigen konnte, um eine feindliche Maschine ernsthaft zu gefährden. Später verbot man ihm die Mitführung von MGs, und Strange musste sich wieder auf die Aufklärung konzentrieren. Andere wiederum gaben nicht auf. Sie nahmen leichte Maschinengewehre mit an Bord, und konnten somit sogar erfolgreich einige Luftsiege erringen.
Die Deutschen hingegen verließen sich auf die MGs am Boden. Am 22. August wurde das erste britische Flugzeug von Gewehrfeuer getroffen, worauf es über belgischem Gebiet abstürzte. Dauerhaft war dies jedoch keine Lösung, so dass der nächste Schritt die Entwicklung echter Jagdflugzeuge war, welche mit einem fest angebrachten MG nach vorne feuerten. Der Erste, der sich dieser Aufgabe annahm, war der Flieger Roland Garros, der in seiner Staffel mit Morane-Eindeckern flog. Garros fand heraus, dass nur 10 Prozent der Kugeln eines an der Spitze montierten MGs den Propeller trafen. Also verstärkte er den Propeller mit Stahlkeilen, welche die Kugeln am Piloten vorbei ablenkten.
Zum Beginn des Jahres 1915 ging er mit einer Morane Saulnier, die ein Hotchkiss-MG an der Spitze hatte, auf die Jagd nach feindlichen Flugzeugen. Über der belgischen Küste entdeckte er vier deutsche Albatrosse, die hinter den feindlichen Linien zum Aufklärungseinsatz unterwegs waren. Garros flog auf eine der Maschinen zu und eröffnete das Feuer. Das gegnerische Flugzeug, dass sofort in Flammen aufging, stürzte ab.
Danach unternahm Garros noch etliche Angriffe, was bei den Deutschen eine regelrechte Panik vor jedem Morane-Eindecker auslöste. Am 18. April jedoch wurde Garros getroffen, und er ging hinter gegnerischen Linien zu Boden. Noch bevor er sein Flugzeug in Brand setzen konnte, wurde er festgenommen. Die Morane geriet in deutsche Hände.
Die kaiserliche Luftwaffe wollte nun ebenfalls solche Jagdflugzeuge entwickeln, weshalb man den in Deutschland arbeitenden Niederländer Anthony Fokker beauftragte ein ähnliches Model zu bauen. Da die deutschen Kugeln härter waren als die der Alliierten, konnte Fokker keine Ablenkeinrichtung an den Propeller anbringen. Also nahm er das von dem Schweizer Franz Schneider entwickelte Synchronisierungssystem als Vorlage für sein Unterbrechergetriebe. Dieses Getriebe stellte das Feuer immer dann ein, wenn die Kugeln den Propeller getroffen hätten. Fokker baute das neue System in seine schon zuvor entwickelte Fokker E.III-Eindecker ein, und brachte die Maschine an die Westfront. Der Eindecker war schnell und nicht so träge wie die anderen deutschen Flugzeuge, weshalb seine Piloten auch in eine Flugschule gehen mussten, um den Umgang mit der neuen Maschine zu lernen.
Trotz ihrer hervorragenden Eigenschaften war das Projekt der Fokker gefährdet. Das Unterbrechergetriebe versagte zu oft, und es kam zu vielen tödlichen Unfällen. Dies hatte zur Folge, dass die Maschine bald auf Ablehnung stieß und auch Fokkers Flugschule geschlossen wurde.
Erst als die beiden Sachsen Max Immelmann und Oswald Boelcke sich am 1. August 1915 entschlossen, mit der Fokker einige britische Flugzeuge über dem Himmel von Douai anzugreifen und damit auch noch großen Erfolg hatten, gewann der Jagdflieger wieder an Bedeutung. Bis zum Frühjahr 1916 herrschte nun der Schrecken der Fokkergeißel über dem Himmel von Flandern. Nur der Anblick eines dieser Flugzeuge reichte aus, um Franzosen und Engländer zur Rückkehr zu bewegen. Der Luftkrieg hatte begonnen.
Bombenangriffe
Bombenangriffe gehörten zu den ersten militärischen Operationen, die von der Luft aus durchgeführt wurden. Am 22. September 1914 starteten 4 Flugzeuge des Royal Naval Air Service (RNAS) zum Angriff auf eine Zeppelinhalle bei Düsseldorf. Nur ein Flieger fand das Ziel. Es wurde eine Bombe abgeworfen, die jedoch nicht explodierte. Ein zweiter britischer Angriff fand am 21. November am Bodensee statt. Dabei wurde eine Zeppelinhalle zerstörte. Wenige Zeit später griffen auch die Deutschen an. Der erste erfolgreiche Bombenabwurf über britischem Boden gelang einem Aviatik-Flieger am 24. Dezember bei Dover.
Für die Deutschen waren Zeppeline die besten Bombenträger. Die Luftschiffe waren zwar leicht auszumachen, doch die Wirkung ihrer Bomben war beträchtlich. Der Kaiser sträubte sich anfangs gegen eine Bombardierung Londons, schließlich war er mit dem britischen Königshaus verwandt. Doch Großadmiral Alfred von Tirpitz konnte den Kaiser überreden, seine Zustimmung doch zu geben. Seine Hoffnung war es, die Briten mit Bomben einzuschüchtern.
Am 19. Januar wurde der erste Bombenangriff auf London geflogen, wobei 4 Menschen starben. Fast zeitgleich wurden die ersten Bombenzielgeräte entwickelt, wie das Dorana-Bombenzielgerät und das Lafay-Zielgerät. Sie waren zwar noch sehr primitiv, aber die Trefferwahrscheinlichtkeit wurde dadurch erheblich verbessert.
1916 wurden die Bombenattacken verstärkt. Nun wurden zusätzlich zu den Sprengbomben auch Brandbomben eingesetzt, mit denen besonders in England großer Schaden angerichtet wurde. Der schlimmste Angriff wurde in der Zeit vom 31. März bis zum 6. April durchgeführt, worauf viele Arbeiter demoralisiert wurden. Die Briten waren nun gezwungen, die Arbeitsstätten bei Gefahr zu verdunkeln oder ganz stillzulegen.
Ein weiterer schwerer Angriff erfolgte am 2. September mit 14 Luftschiffen. Doch diesmal gelang es einem englischen Flieger einen Zeppelin abzuschießen. Es war der erste Abschuss über britischem Gebiet.
Ab 1917 wurden Großflugzeuge gebaut. Sie lösten die Zeppeline als wichtigstes Mittel zur Bombardierung ab. Die Großflugzeuge waren schneller und gaben nicht mehr so ein großflächiges Ziel ab. Der Bau dieser Flugzeuge forciert allerdings auch die Aufstellung weiterer Jagdstaffeln.
Flugabwehr und Bewaffnung
Die Flugabwehr war zu Beginn des Krieges eigentlich nicht vorhanden. Um Aufklärer abzuwehren, mussten die Bodenstreitkräfte oftmals improvisieren. Z.B. wurden Artilleriegeschütze einfach senkrecht aufgestellt und festgemacht. Da die Feindmaschine sich schon im Geradeausflug befinden musste, um getroffen zu werden, waren die Flaks praktisch wirkungslos.
Sehr viel effektiver waren da schon die Maschinengewehre. Da sie häufig zur Verteidigung von Beobachtungsballons verwendet wurden, war es sehr risikoreich einen Angriff auf einen solchen zu unternehmen. Nur Meister des Sturzangriffs wie Heinrich Gontermann oder Frank Luke griffen solche Ziele an. Ihre Flugzeuge wurden dabei fast immer durchlöchert.
Zum Abschuss von Ballons und Luftschiffen wurde 1915 Brand- und Leuchtspurmunition, welche bereits seit 1910 in den USA entwickelt wurde, verstärkt produziert. Ebenfalls zur Abwehr von Luftschiffen entwarf man kleine Raketen (Le Prieur - Raketen). Diese Raketen wurden von alliierten Doppeldeckern getragen. Sie waren jedoch sehr ungenau und hatten eine kurze Reichweite, weswegen sie bald von verbesserter Munition abgelöst wurden.
Weitere Entwicklungen
Nachdem die Focker E.III den Himmel unsicher machte, bauten die Alliierten ebenbürtige Flugzeuge. Die Airco DH-2, mit einem hinter dem Piloten angebrachten Motor, war die erste davon. Da sie jedoch leicht ins Trudeln kam und schnell Feuer fing, wurde sie als "Wirbelnder Verbrennungsofen" bezeichnet. Trotz ihrer Schwächen gehörte sie zu den Maschinen, die den Mythos der Fokkergeißel zerschlugen.
Bald wurde auf der Seite der Alliierten die Luftkampftechnik geändert. Bisher flogen die Flugzeuge nur in kleinen ineffektiven Einheiten. Der bekannte englische Flieger Lanoe Hawker war der Erste, der sie in Staffeln organisierte, welche in genauen Formation fliegen und kämpfen sollten. Die Franzosen entwickelten die Geleitschutztaktik. Wenig später kam ein tägliches Patrouillensystem, bestehend aus Fünfer- oder Sechsergruppen, hinzu. Kombiniert mit der zahlenmäßigen Überlegenheit alliierter Kräfte, verloren die Deutschen sehr rasch die Lufthoheit.
Wenig später fassten auch die Deutschen ihre Flugzeuge zu Geschwadern zusammen, mit denen sie Sperrpatrouillen versuchten. Trotzdem war die Übermacht der Gegner zu stark. Im Juni 1916 starb dann auch noch Max Immelmann (der Adler von Lille) bei einem Luftkampf über Annay. In ihrer Verzweiflung wandte sich die deutsche Führung an Boelcke. Er organisierte spezielle Kampfgeschwader aus jeweils 9 Flugzeugen (Jagdstaffel oder JASTA genannt), die bald sehr erfolgreich waren. Boelcke ging noch weiter, in dem er die besten Flieger holte und ausbildetet. Um seine Erfahrung weiter zu geben, schrieb er die Dicta Boelcke: 8 wichtige Grundlagen des Luftkampfes, die auch noch heute Gültigkeit haben.
Mit Boelckes Wissen und den Jagdstaffeln, die mit robusten Flugzeugen wie der Albatros D.II und der Fokker D.II ausgerüstet waren, verloren die Alliierten wieder ihre Lufthoheit. Zwar waren die alliierten Jäger wie die Spad 7 oder die Nieuport 11 exzellente Kampfflieger, doch andere Maschinen wie ihre Aufklärer waren hoffnungslos veraltet. Meister des Luftkampfes wie der legendäre Manfred von Richthofen schossen die Einheiten wie Fliegen vom Himmel.
1917 wurden die Alliierten wieder überrascht. Die Deutschen brachten die Albatros D.III an die Front. Der schnelle und manövrierfähige Jäger sorgte somit für den blutigen April (443 Abschüsse) unter den Alliierten. Verluste von bis zu 70% der Besatzung waren keine Seltenheit, und Ersatzleute konnten nicht so schnell aufgetrieben werden.
Erst als 1918 die Amerikaner eintrafen, wendete sich das Blatt. Die amerikanischen Soldaten hatten zwar keine Erfahrung und wurden zu Massen vom Himmel geholt, doch die zahlenmäßige Überlegenheit erdrückte die Deutschen fast. Also konzentrierte sich die Luftwaffe darauf, wenigstens eine lokale Luftüberlegenheit zu schaffen. So konnten sogar bis Ende April 1302 Abschüsse erzielt werden: eine alarmierende Zahl für die Alliierten. Also ließen Franzosen und Briten 3 oder 4 Staffeln übereinander fliegen, wodurch es teilweise zu gewaltigen Luftschlachten kam.
Zum Ende des Krieges hatten die Jagdstaffeln extreme Nachschubprobleme, weswegen der Widerstand der Deutschen weiter schrumpfte. Letzten Endes entschied sich der Erste Weltkrieg jedoch am Boden und nicht in der Luft.
Ende des Krieges
Im Ersten Weltkrieg wurden sehr viele neue Waffensysteme eingeführt, alle Elemente moderner Luftkriegsführung waren entwickelt worden. Bombenangriffe wurden zu einem entscheidenten Teil des Krieges. Sie zerstörten nicht nur wichtige Ressourcen, sondern unterstützten auch das eigene Heer beim Angriff. Viele Flugzeugtypen bildeten die Grundlage für die Flugzeuge des Zweiten Weltkriegs.
Um die Wichtigkeit der Luftwaffe zu betonen, wurde in Großbritannien die Royal Air Force als eigenständiger Teil zur Marine und zum Heer gebildet.
Zweiter Weltkrieg
Der Zweite Weltkrieg setzte neue Maßstäbe im Luftkrieg. Z.B. wurden die Bombardierungen von Städten massiv erweitert, wobei zahllose Menschen starben.
Die technische Entwicklung wurde vorangetrieben, so dass man am Ende dieses verheerenden Krieges zum ersten mal echte Lenkflugkörper (die V2) einsetzte und den Luftkrieg somit in eine neue Ära führte.
Beginn des Luftkriegs in Europa
Als der zweite Weltkrieg begann, war das erste Ziel der deutschen Luftwaffe die Lufthoheit über Polen zu erlangen, um somit die eigenen Truppen in ihrem Blitzkrieg-Feldzug zu unterstützen.
Das wohl wichtigste Kampfflugzeug zur damaligen Zeit war der deutsche Sturzkampfbomber (kurz Stuka), der mit einer dröhnenden Sirene ausgestattet war.
Bei dem so genannten Fall Weis, dem Angriff auf Polen, waren zwei deutsche Luftflotten beteiligt. Bereits in den ersten Stunden des Krieges gelang es einem Flieger des zweiten Stuka-Geschwaders "Immelmann" ein polnisches Flugzeug abzuschießen. Es war der erste Abschuss im zweiten Weltkrieg.
In den nachfolgenden Tagen konnten die Deutschen die Lufthoheit erlangen. Die Propaganda meldete sogar die totale Vernichtung der polnischen Luftwaffe, obwohl diese durchaus noch intakt war. Allerdings waren ihre Flugzeuge meistens hoffnungslos veraltet. Viele der polnischen Bomber, wie die Karas-Maschinen, sind nicht in der Lage gewesen, die deutschen Panzerverbände wirkungsvoll zu bekämpfen. Nur einige wenige moderne Flugzeuge, wie die Los-Bomber, konnten in einem begrenzten Umfeld Panzer-Kolonnen zielsicher bombardieren. Die Verluste auf polnischer Seite waren dabei ausgesprochen hoch, da besonders die deutsche Flugabwehr sehr effektiv arbeitete.
Um die eigenen Soldaten zu schonen, entschied man sich die polnische Hauptstadt Warschau mit einem Wirkungsfeuer zur Kapitulation zu zwingen. Neben massivem Beschuss durch die Artillerie waren natürlich auch die Sturzkampfbomber beteiligt. Aufgrund der schweren Angriffe musste Warschau am 28. September 1939 kapitulieren.
An der Westfront begannen die Alliierten sowie die Deutschen nur recht zögerlich mit dem Luftkrieg. Die Franzosen begnügten sich mit Aufklärungseinsätzen in Westdeutschland, während die Briten Flugblätter aus ihren Bombern warfen. Ernsthafte Angriffe gab es praktisch nicht, so dass auch die Truppenbewegungen auf beiden Seiten ohne große Störungen erfolgen konnten. Der erste ernsthafte Zusammenstoß der beiden Kriegsgegner erfolgte am 18. Dezember 1939, als einige britische Wellington-Bomber zum Aufklärungseinsatz über der Deutschen Bucht aufbrachen. Dabei gelang es den Deutschen, zum ersten mal in der Geschichte des Luftkriegs, erfolgreich feindliche Flugzeuge mit Radarstationen zu orten. Die kurz darauf aufsteigenden Abfangjäger konnten den Fliegern der Royal Air Force erhebliche Verluste zufügen.
Erst im Kriegsjahr 1940 kam es zu ernsthaften Gefechten. Nach der Niederlage Frankreichs sollte Großbritannien durch eine großangelegte Invasion erobert werden, doch Hitler konzentrierte sich bereits auf seinen bevorstehenden Feldzug gegen die Sowjetunion. Angriffe gegen die britische Insel blieben also der Luftwaffe überlassen, und besonders Reichsmarschall Hermann Göring war sich sicher, England ausschließlich mit strategischen Bombardements in die Knie zwingen zu können. Am 2. August erließ Göring den Befehl für die Großoffensive Adlertag. Am 12. August begannen die Angriffe auf britische Radarstationen.
Während des gesamten Augusts flog die Luftwaffe Attacken gegen England, wobei 390 Maschinen der Royal Air Force vollständig zerstört wurden. Im September änderte die Luftwaffe ihre Taktik. Ab sofort sollte London angegriffen werden, wodurch sich jedoch die angeschlagenen britischen Verbände an der Südküste Großbritanniens erholen konnten. Der Entschluss für die Bombardierung von Großstädten wurde durch einen folgenschweren Fehler einiger deutscher Bomberpiloten ausgelöst. Am 25. August verirrte sich eine Bomberbesatzung über London. Anstatt die wichtigen Industriezentren anzugreifen, warfen sie ihre Bombenlast über dem Stadtgebiet ab. Einen Tag später flogen die Briten einen Vergeltungsschlag gegen Berlin. Dies wiederholten sie so oft, bis Hitler am 4. September den Entschluss fasste „ihre Städte auszuradieren“. Zum Symbol für die sinnlosen Zerstörungen wurde die Stadt Coventry, die ab dem 14. November 1940 schweren Bombenangriffen ausgesetzt war. Die Briten begannen daraufhin, bis zum Ende des Jahres großangelegte Flächenangriffe auf deutsche Städte zu fliegen.
Bombenangriffe auf Deutschland
Der Mann, der für die großangelegten Flächenangriffe auf Deutschland verantwortlich war, hieß Sir Arthur Harris. Harris war Luftmarschall in Großbritannien und erhielt schon bald den Spitznamen Bomber-Harris.
Die Lage der Briten war denkbar schlecht. Militärische Aktionen auf dem europäischen Festland waren nach der Besetzung Frankreichs durch deutsche Truppen einfach nicht möglich. Der einzige Weg Deutschland zu schaden waren Luftangriffe im großen Stil. Die Taktik, ausschließlich Präzisionsschläge auf nicht-zivile Einrichtungen zu fliegen, erwies sich bald als wirkungslos. Angriffe am Tag führten zu extrem hohen Verlusten, und in der Nacht waren die Bomber praktisch blind. Da man genaue Schläge so nicht durchführen konnte, entschloss man sich zu den tödlichen Flächenbombardements, die bald ganz Deutschland in Schutt und Asche legen sollten.
Daraus folgte der so genannte Tausender-Plan, der vorsah alle verfügbaren Flugzeuge zu mobilisieren, um mit diesen dann gewaltige Bomberoffensiven zu fliegen. Der erste Angriff mit über 1000 Maschinen erfolgte am 30. Mai 1942 über Köln. Mit insgesamt 1455 Tonnen Bomben wurden in 90 Minuten über 3300 Häuser vollständig zerstört und 474 Menschen getötet. Die Taktik der Bomberströme erzielte also eine verheerende Wirkung, wobei die RAF weit weniger Flugzeuge verlor als bei ihren üblichen Angriffen.
Maßgeblich an den Attacken waren die Flugzeuge von Typ Wellington beteiligt, aber auch der Langstreckenbomber Lancaster flog mit über Köln. Er sollte in Zukunft einer der dominierernsten Bomber werden.
Im Kriegsjahr 1942 traten die amerikanischen Luftflotten in den Luftkrieg ein. Sie griffen am Tag mit präziseren Schlägen an. Die deutschen Städte wurden nun zu jeder Tageszeit bombardiert. Die alliierten Verluste waren entsprechend hoch. Deutsche Jäger wie die Me 109 konnten bei den Tagangriffen extrem viele Bomber vom Himmel holen. Im Gegenzug entwickelte man den P-51 Mustang, ein Jagdflugzeug, das die Bomber weit nach Deutschland begleiten konnte und eine hohe Zahl Munition mitführte. Wenig später erfanden die Alliierten Täuschungstechniken für die deutschen Radaranlagen. Mit Stanniolstreifen, die in großen Massen abgeworfen wurden, konnte das Radar effektiv gestört werden.
Am 24. Juli 1943 flogen 741 britische Bomber auf Hamburg zu. Sie verwandelten die Stadt in ein Flammenmeer. In den nachfolgenden Tagen griffen die Amerikaner mit 122 Bombern vom Typ Flying Fortress (Fliegende Festung) an, und störten somit die angelaufenen Bergungsarbeiten. Nach den vernichtenden Bombenattacken betrug die Zahl der Opfer über 30.000. Die meisten von Ihnen erstickten durch Kohlenoxydgas.
Bis 1944 erlangten die Alliierten die Lufthoheit. Die deutsche Industrie musste ihre Produktion in Höhlen oder Tunnel verlagern, um überhaupt noch Kriegsmaterial herstellen zu können. Im gleichen Jahr wurde die V1 auf London abgefeuert. Die fliegende Bombe hatte jedoch kaum Durchschlagskraft und war praktisch sinnlos.
Der Höhepunkt des grausamen Bomberkriegs wurde am 13. und 14. Februar 1945 mit der Bombardierung Dresdens erreicht. Hunderttausende Flüchtlinge aus Ostdeutschland hatten sich in Dresden eingefunden. Viele von Ihnen erlebten noch nie eine Bombardierung.
Die Alliierten hatten inzwischen Markierungsbomben entwickelt, mit denen sie ihre Ziele hell erleuchten konnten. Danach folgten Bomben, welche die Dächer abdeckten, um den Weg für Brandbomben frei zu machen. Nach den schweren britischen Angriffen auf Dresden kamen am Tag darauf die Amerikaner. Augenzeugen berichteten, dass Jagdflugzeuge, die eigentlich Begleitschutz geben sollten, auf die Flüchtlinge in den Straßen geschossen hätten. Die sinnlose Bombardierung zerstörte die Altstadt Dresdens und forderte 245.000 Menschenleben.
Neue Waffen
Schon 1943 ordnete Hitler die Massenproduktion der V-Waffen an (V = Vergeltung), mit denen er den Bombenangriffen entgegentreten wollte. Während die V1 noch eine fliegende Bombe war, wurde die V2 als erster echter Lenkflugkörper von Wernher von Braun entwickelt. Der erste erfolgreiche Start geschah am 3. Oktober 1942. Am 8. September 1944 wurde die erste V2 gegen London abgefeuert, wobei 6 Wohnhäuser zerstört wurden. Bis Kriegsende wurden 1100 Raketen abgefeuert. Der letzte Abschuss erfolgte am 5. April 1945.
Militärische Bedeutung
Das Konzept des Luftkrieges wurde bereits früh als Möglichkeit begriffen, die Moral des Gegner durch Zerstörung seiner Städte zu brechen und die Bevölkerung zu Aufständen zu motivieren.
Obwohl dies nicht nur im zweiten Weltkrieg mißlang, wurde die Strategie im Vietnam-Krieg und in weiteren Kriegen wie dem Kosovo-Krieg, dem Afghanistan-Krieg und den Golf-Kriegen erfolglos angewandt und bis heute verwendet. In all diesen Kriegen zeigte sich, dass zwar die zivilen Opferzahlen extrem hoch waren, das Ergebnis aber in der Regel kein Sturz der Regierung war, sondern eher apathisches Abfinden mit dem Schicksal.
Seit dem zweiten Weltkrieg wurde das Konzept des Luftkriegs hauptsächlich von Großbritannien, Russland und den Vereinigten Staaten verfolgt.