Kirchensteuer (Deutschland)
Die Kirchensteuer ist eine Steuer, die in Deutschland vom Staat im Auftrag der Kirchen von deren Mitgliedern erhoben und an die Kirchen weitergeleitet wird. Nach Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 der Weimarer Verfassung sind die Religionsgemeinschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben. Die Religionsgesellschaften üben das Besteuerungsrecht nach Maßgabe von Kirchensteuergesetzen, die die Länder erlassen, und der jeweiligen Steuerordnung, die die Religionsgesellschaft für das jeweilige Gemeindegebiet erlässt, aus. Diese Steuer sorgt immer wieder für Diskussionen.
Der staatliche Kirchensteuereinzug ist eine deutsche Besonderheit, in anderen Ländern ist die Kirchensteuer unbekannt. Dort erfolgt die Finanzierung der Kirchen über interne Beitragserhebungen oder Spenden, ähnlich dem teilweise auf Gemeindeebene erhobenen Kirchgeld. Ansatzweise vergleichbar sind noch die Kirchengemeindesteuer in mehreren Kantonen der Schweiz und der, allerdings ohne staatliche Mithilfe, erhobene Kirchenbeitrag in Österreich. Nur in Schweden gibt es das gleiche System wie in Deutschland, hier aber nur für die evangelisch-lutherische Kirche. Die mit der Mandatssteuer in Italien, Ungarn und Spanien eingeführten Verfahren beschreiten neue Wege.
Die Kirchensteuer leitet sich vom staatlichen Steuerbegriff her, ist aber in keiner Weise eine staatlich festgesetzte Abgabe. Sie wird - ausschließlich von Mitgliedern der jeweiligen Kirche erhoben. Bemessungsgrundlage ist die Einkommensteuer bzw. Lohnsteuer (Kircheneinkommensteuer, Kirchenlohnsteuer) und/oder die Grundsteuer A (Kirchengrundsteuer).
Häufig stellt die Kirchensteuer, vor allem bei Einführung zusätzlicher staatlicher Belastungen (so waren die Austrittszahlen 1974 und 1991/92 besonders hoch), den letzten Anlass zum Kirchenaustritt dar. Der eigentliche Grund liegt hingegen zumeist in einer längst vollzogenen Entfremdung vom Glauben oder der Kirche.
Finanzierung der Kirchen
Biblische Quellen
Religiöse Steuern im Judentum
In der Bibel werden unterschiedliche Abgaben in Form von Geld oder Naturalien angesprochen:
- Geldabgaben
- für die Stiftshütte: 2.Mose 25,1-9; 35,4-19
- für den Tempelbau: 1.Chronik 29; Esra 2,68f; 7,16; Nehemia 7,70f
- für den Tempelunterhalt: 2.Könige 12,5f; 2.Chronik 24,5f
- für den Tempelopferdienst: Nehemia 10,33f; Matthäus 17,24
- Naturalabgaben
- Erstgeburt: 2.Mose 13,11-16; 4.Mose 3,44-51
- Erstlinge: 2.Mose 23,19; 5.Mose 26,1-11
- Zehnte: 3.Mose 27,30-32; 5.Mose 14,22-29; aber auch schon 1.Mose 14,20; 28,22; indirekt in Nehemia 12,44
Christentum
Lukas beschreibt die Kirche in ihren Anfängen als eine Gemeinschaft, die die Gütergemeinschaft pflegt. So sollen nach Apostelgeschichte 2,44f;4,32 in der Urgemeinde alle Gläubigen alles gemeinsam besessen haben. Die Habe wurde demnach eingesetzt "je nachdem einer bedürftig war". Für diese zuweilen als "urchristlicher Kommunismus" bezeichnete Gütergemeinschaft sind verschiedene Gründe denkbar:
- Durch ihre Konversion zum Christentum fielen die Gemeindeglieder aus dem jüdischen Hilfesystem heraus und wurden aus dem familiärem Rückhalt ausgeschlossen.
- Jesus lebte mit seinen Jüngern ein entsprechendes Vorbild.
- Besitz wurde als Gefahrenquelle für das endzeitliche Heil gesehen (vgl. Matthäus 19,24).
- Es gab eine lebendige Erwartung der Wiederkunft Christi, durch die alles Materielle wertlos wurde.
Vermutlich hat es keine volle Gütergemeinschaft gegeben, wohl aber eine ausgeprägte Solidarität untereinander. Dafür sprechen etwa folgende neutestamentliche Belege:
- Apostelgeschichte 4,32-37: Besitz wird verkauft, wenn Hilfe Not tut
- Apostelgeschichte 5,1-6: Hananias und Saphira verkaufen ein Gut, verschweigen aber den Erlös
- 2.Korinther 8,12-16: Materieller Ausgleich bei Notlagen
- Apostelgeschichte 11,29f: Antiochia hilft der christlichen Gemeinde zu Jerusalem mit einer Kollekte
- Römer 15,26: Makedonien und Achaia helfen der Jerusalemer Gemeinde
- 1.Korinter 16,1: Kollekte Korinths Galatiens für Jerusalem
Die Entwicklung bis zum 19. Jahrhundert
Die Kirche lebt seit dem 1. Jahrhundert von Schenkungen, Erbschaften und wie oben dargestellt von Kollekten, also Sammlungen unter Gliedern der christlichen Gemeinde. Ab dem 6. Jahrhundert Kirche lässt sich eine Finanzierung durch Bewirtschaftung von Grund und Boden feststellen.
Die Synode von Mâcon (585) wandelt den einst freiwilligen Zehnt in eine allgemeine Pflichtabgabe um.
Ein Einschnitt bedeutet das Wirken von Karl Martell, der von 714 bis 741 fränkischer Hausmeier war. Für die 732 ausgetragene Schlacht gegen die Araber bei Tours gab er Bauern Land aus kirchlichem Besitz als Lehen, wenn sie ihrem Herrn schwergepanzert in den Krieg folgten. Pippin, von 741 bis 768 König, führt den geistlichen Zehnt ein als Ausgleich für die Enteignungen in der Zeit Karl Martells. Im 10. Jahrhundert wird der seit Karl dem Kahlen (843-877) eingesetzte Zerfall der abendländischen Kultur besonders stark. Viele Adlige erzwingen die Übertragung von Klöstern in privaten Erbbesitz, Laienäbte werden eingesetzt. Ähnliches bewirkt die Wirren im 16. Jahrhundert infolge der Reformation. Kirchen und Klöster werden säkularisiert. Weltliche Landesherren bereichern sich daran. Schließlich wird im Augsburger Religionsfrieden von 1555 das "Landesherrliche Kirchenregiment" festgeschrieben: "Wessen Region, dessen Religion". Für etliche Regenten scheint dies ein Freibrief zur persönlichen Bereicherung gewesen zu sein.
Noch weiter geht der 1789 gefasste Beschluss der französischen Nationalversammlung, in der das gesamte Kirchengut zu Nationaleigentum erklärt wurde. Dies wird für den Bereich der heutigen Bundesrepublik Deutschland durch die Abtretung der linksrheinischen Gebiete Deutschlands an Frankreich im Jahr 1797 relevant. Schließlich wird 1803 im Reichsdeputationshauptschluss die Säkularisation und damit die Enteignung der Kirche beschlossen.
Die Entwicklung seit dem 19. Jahrhundert: auf dem Weg zur Kirchensteuer
In der nachnapoleonischen Zeit finanziert sich die Kirche zunächst durch
- Ertrag aus dem Restvermögen
- staatliche Leistungen, die auf Grund des landesherrlichen Kirchenregimentes gewährt werden
- staatliche Ergänzungsverpflichtungen wegen der Säkularisationen.
Im 19. Jahrhundert beginnt die Geldwirtschaft zu dominieren. Damit wird der Zehnte unpraktikabel. So beginnt 1827 die Einführung der Kirchensteuer, nachdem sie 1808 noch in Preussen gescheitert war, weil die Bürger die Erhebung von Kirchensteuer als Eindringen des Staates in die persönlichen Verhältnisse auffassten. Lippe-Detmold ist das erste deutsche Territorium, in dem sie erhoben wird. Es folgen 1831 Oldenburg, 1835 die preußischen Provinzen Rheinland und Westfalen durch die rheinisch-westfälische Kirchenordnung, 1838 Sachsen, 1875 Hessen, 1888 Baden, 1892 Bayern und 1905/06 Preußen. Verschiedene Gründe sind für diese Entwicklung genannt worden. Es geht zum einen um den Versuch der Landesherrschaften sich aus dem Unterhalt der Kirchen zurückzuziehen, um so die öffentlichen Haushalte zu entlasten. Zum anderen wird damit argumentiert, dass der Anteil der kirchlich gebundenen Bevölkerung zurückgehe und so eine grundsätzliche allgemeine Finanzierung durch das Ganze des Staates nicht mehr begründbar sei.
1919 wird die Kirchensteuer in der Weimarer Reichsverfassung verankert. In Artikel 137, Absatz 6 heißt es: "Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben." 1939 werden in Österreich, das zu diesem Zeitpunkt wieder zu einem Teil des nun nationalsozialistischen Deutschen Reiches geworden war, Kirchenbeiträge als privatrechtliche Pflichtleistungen geordnet. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland übernimmt 1949 in seinem Artikel 140 die Weimarer Regelung. Es heißt dort: "Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes."
Wie errechnet sich die Kirchensteuer ?
Der Kirchensteuersatz beträgt in Bayern und Baden-Württemberg 8 %, in den übrigen Ländern 9 %.
Hat der Steuerpflichtige Einkünfte, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, ist für die Kirchensteuer der volle Betrag dieser Einkünfte Bemessungsgrundlage. Zur Berechnung der Kirchensteuer wird eine zweite Steuerberechnung durchgeführt, aus der eine fiktive Einkommensteuer berechnet wird. Die Kirchensteuer beträgt dann 8% oder 9% der so berechneten fiktiven Einkommensteuer. Vereinfachend kann man sagen, daß auf Dividendeneinkünfte etc. die doppelte Kirchensteuer anfällt.
Ein verheirateter Arbeitnehmer mit einem Monatsbruttolohn von bis zu 1500 € zahlt zum Beispiel gar keine Kirchensteuer; bei einem Monatsbruttolohn von 2000 € würden 3,70 € monatlich fällig. Wer monatlich 3000 € brutto verdient, zahlt als Verheirateter 24,86 €, mit einem Kind 14,13 €, mit zwei Kindern 4,87 €.
Genau besehen ist die Kirchensteuerbelastung noch geringer. Sie kann nämlich als Sonderausgabe von der Einkommensteuer abgesetzt werden.
Zur gegenwärtigen Kirchensteuererhebung in Deutschland
Voraussetzung für Kirchensteuererhebung sind
- die Anerkennung einer religiösen Organisation als Körperschaft des öffentlichen Rechts
- Kirchensteuerbeschlüsse der zuständigen Leitungsgremien (es handelt sich hierbei beispielsweise in der Ev.Kirche im Rheinland um die Presbyterien, in der Protestantischen Landeskirche der Pfalz um die Landessynode)
- die Anerkennung der Beschlüsse durch die zuständigen Landesministerien (meist: Finanzministerium).
Heute beträgt die Kirchensteuer in den meisten Kirchen und Bundesländern, die in ihren Kirchensteuergesetzen eine Obergrenze festlegen, 8% bzw. 9% von der Einkommensteuer und erbringt je nach Kirche unterschiedlich etwa 63% bis 80% der kirchlichen Einnahmen. Davon ist ein Teil – z.B. sind es 2004 in Rheinland-Pfalz 4% – an die Finanzbehörden abzuführen als Betrag für die Dienstleistung der Steuererhebung.
Zur Kirchensteuererhebung sind alle religiösen Körperschaften des öffentlichen Rechts in Deutschland berechtigt. Die evangelischen Freikirchen verzichten bewusst auf dieses Recht, da sie sich lehrmäßig zur Trennung von Kirche und Staat bekennen. Sie finanzieren ihre Arbeit durch freiwillige Mitgliedsbeiträge, die allerdings in der Regel höher sind als die Kirchensteuer. Diese Beiträge können bei den Finanzämtern jedoch als Kirchensteuern und "mildtätige Spenden" geltend gemacht werden.
Derzeit nutzen die Möglichkeit des Kirchensteuereinzugs durch staatliche Organe:
- die evangelischen Landeskirchen und ihre Gemeinden in der EKD
- die Bistümer der Römisch-Katholischen Kirche
- das Katholische Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland
- die Freireligiösen Gemeinden bzw. Landesgemeinde Baden, Mainz, Offenbach und Pfalz
- die Unitarische Religionsgemeinschaft Freie Protestanten
- die jüdischen Gemeinden ("Kultussteuer")
Die Pflicht zur Zahlung an die Kirchensteuer ist an die Zugehörigkeit zu den jeweiligen religiösen Organisationen gebunden und erlischt mit dem formalen Schritt des Kirchenaustritts.
Die Kirchensteuer kann in voller und unbegrenzter Höhe als Sonderausgabe steuerlich geltend gemacht werden. Damit ist die durch die Kirchensteuer verursachte zusätzliche Belastung des Kirchensteuerzahlers bei Spitzenverdienern nur etwa halb so groß wie der der Kirche zufließende Betrag. Der Staat verzichtete infolge dieser Regelung im Jahr 2002 auf 3,58 Mrd. Euro. Bei einem Kirchensteueraufkommen der ev. und kath. Kirche von 8,5 Mrd Euro refinanziert der Staat die Kirchensteuer in der Höhe von ca. 40%
Im Jahr 2002 betrug das Kirchensteueraufkommen in Deutschland:
- Katholische Kirche 4,1 Mrd. Euro
- Evangelische Kirche 4,3 Mrd. Euro
- Gesamt 8,4 Mrd. Euro
- davon von Kirchenmitgliedern getragen: 5,05 Mrd. Euro (60,1%)
- davon durch Verringerung der Einkommensteuer von allgemeinen Steuergeldern getragen: 3,35 Mrd. Euro (39,9%)
Verwendung
Die Kirchen verwenden die Kirchensteuereinnahmen nach eigenen Angaben folgendermaßen (gerundet):
- Katholische Kirche:
- Personalkosten: ca. 60%
- Sachkosten, Verwaltung: ca. 10%
- Kirchenbauten: ca. 10%
- Schule und Bildung: ca. 10%
- Soziales und Caritatives: ca. 10%
- Evangelische Kirche:
- Personalkosten: ca. 70%
- Sachkosten, Verwaltung: ca. 10%
- Kirchenbauten: ca. 10%
- Schule, Bildung, Soziales und Caritatives: ca. 10%
Der Weg der deutschen Freikirchen: Mitgliedsbeitrag als Spende
In Deutschland verzichten die in der Vereinigung Evangelischer Freikirchen zusammengeschlossenen Konfessionen - aber auch andere freikirchliche Gemeinden - auf die Erhebung von Kirchensteuern. Ihnen ist eine deutliche Unterscheidung zwischen Staat und Kirche wichtig. Die Mitgliedsbeiträge werden als freiwillige Spenden gegeben; sie können wie die Kirchensteuer steuerlich abgesetzt werden. Viele Mitglieder orientieren sich für die Höhe ihres Beitrags am biblischen "Zehnten". In manchen Gemeinden wird der biblische Zehnte als verbindliche Regel vorgegeben, wobei allerdings das Gemeindemitglied frei darüber entscheidet, wohin es seinen Zehnten überweist. Gemeindemitglieder können damit zum Beispiel Bedürftige unterstützen, ein freies Missionswerk fördern oder ihren Beitrag der Organisation "Brot für die Welt" zur Verfügung stellen. In keinem Fall erfolgt seitens der Gemeinde eine Kontrolle, ob der Zehnte tatsächlich gegeben wird.
- Vgl. dazu zum Beispiel den Bund Freier evangelischer Gemeinden in Deutschland [1], den Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland [2] oder die Evangelisch-methodistische Kirche [3].
Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die keine Kirchensteuer erheben
Außer den genannten Freikirchen erheben folgende Religions- und Weltanschuungsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind und deshalb das Recht zur Erhebung der Kirchensteuer haben, keine Kirchensteuer:
Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten
Diskussion um die Kirchensteuer
In der Bundesrepublik Deutschland kam es 1973 in Folge der "Freiburger Thesen" der FDP zur Diskussion, da dort die Trennung von Staat und Kirche und damit die Ersetzung des staatlichen Kirchensteuereinzugs durch ein kircheneigenes Beitragssystem gefordert wurde. In abgeschwächter Form befinden sich diese Forderungen auch heute noch im Programm der FDP. Ähnliche Positionen wurden außerdem von der Partei "Die Grünen" formuliert.
Auch innerkirchlich ist die Kirchensteuer nicht unumstritten. Seit etwa 1974 gibt es Debatten darüber, ob die Anbindung an staatliche Besteuerungsziele sinnvoll und rechtens sei. Zudem wurde und wird über den Sinn einer Steuer diskutiert, die von weniger als 40% der Kirchenmitglieder entrichtet wird. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Möglichkeit der Erhebung von Kirchgeld zunehmend Bedeutung. Je nach den Landesgesetzen kann es ein in seiner Höhe festes oder variables Kirchgeld geben.
Die Anbindung an das Einkommensteuerrecht hatte auch verschiedene Nebenwirkungen, zum Beispiel wurde bis zum Jahr 2003 für Arbeitslose ein rechnerischer Abschlag vom Arbeitslosengeld vorgenommen, allerdings unabhängig davon, ob der Arbeitslose Mitglied einer Kirche war oder nicht. Erst mit der Neuregelung von ALG II ab 1. Januar 2005 soll diese Regelung entfallen.
Nach ihrem 1990 erfolgten Beitritt zur Ev. Kirche in Deutschland forderten die evangelischen Landeskirchen im Bereich der früheren DDR auf Grund ihrer Geschichte von den EKD-Gliedkirchen eine größere Distanz zum Staat, die teilweise mit der Forderung einherging, die Kirchensteuer abzuschaffen.
Die Erhebung durch die staatlichen Finanzbehörden ist umstritten. Die häufigsten Kritikpunkte sind:
- Das staatliche Eintreiben einer Steuer für eine weltanschauliche oder religiöse Gruppierung widerspreche der geforderten Neutralität des Staates in weltanschaulichen und religiösen Fragen.
- Die Erhebung der Kirchensteuer bedeute eine einseitige Unterstützung insbesondere der evangelischen Landeskirchen und der römisch-katholischen Kirche.
- Der Verwaltungsaufwand würde durch den von den Kirchen als Entgelt dem Staat überlassenen Anteil nicht gedeckt.
Die vom Kirchensteuersystem profitierenden Kirchen sind in Deutschland dagegen der Meinung, dass eine beständige Zahlung der Beiträge für vielfältigen Aufgaben unerlässlich sei, und dies am besten durch die staatliche Erhebung gewährleistet sei.
Häufig geäußerte weitere Kritikpunkte an der Kirchensteuer sind
- Die Kirchensteuer werde aufgrund steuerrechtlicher Privilegien zu 39% aus Steuergeldern finanziert und stelle damit eine auch im offiziellen Subventionsbericht der Bundesregierung aufgeführte Subvention dar. Siehe auch Sonderausgabe.
- Die Gleichstellung der Kirchensteuer mit Spenden an soziale Einrichtungen sei ungerechtfertigt, da die Kirchen ihren eigenen Angaben zufolge nur 10% davon für soziale und caritative Zwecke ausgeben.
Die Diskussion um die Kirchensteuer ist damit ein regelmäßiger Bestandteil der Kirchenkritik.
Als eine von dem Kirchenkritiker Horst Herrmann 1972 vorgeschlagene Alternative, die beispielsweise in Italien und Spanien eingeführt ist (mit Zustimmung des Vatikan) und in weiteren europäischen Ländern diskutiert wird, gilt die sog. Mandatssteuer.
Siehe auch:
Literatur
- Herrmann, Horst: Kirche, Kapital, Klerus. Hintergründe einer deutschen Allianz (Münster 2003). ISBN 3-8258-4862-1
- Herrmann, Horst: Die Kirche und unser Geld. Daten, Fakten, Hintergründe (Hamburg 1990). ISBN 3-89136-301-X
- Herrmann, Horst: Kirchensteuer als Mandat? Eine Anfrage an Staat und Kirche, in: Stimmen der Zeit 97 (1972), S. 398-400.
Weblinks
Zahlen und Fakten
- Übersicht mit allen staatlichen und kirchlichen Gesetzestexten; erstellt durch die Kirchliche Gemeinschaftsstelle für elektronische Datenverarbeitung, Offenbach (inhaltiche Betreuung: Dr. Jens Petersen)
- Dr. Jens Petersen: Die Kirchensteuer - Eine kurze Information (u.a. Hinweise). Als PDF-Datei zum Download
- Kirchensteuer in Zahlen von 1968 bis 2004
- Gesetzestexte und Gerichtsurteile etc. zum Kirchenrecht; betreut vom Institut für Kirchenrecht und Rheinische Kirchenrechtsgeschichte der Universität zu Köln.
Diskussion und Kritik
- EKD-Statistik mit Zahlen zu Kirchensteuer und kirchlichen Finanzen
- Kirchensteuer-Website des Erzbistums Köln
- Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern: Informationen zu Kirchenfinanzen, Kirchensteuer und Kirchgeld
- Verein zur Umwidmung von Kirchensteuern, Kritik aus innerkirchlicher und staatskirchenrechtlicher Sicht
- www.kirchensteuer.de, Statistiken, Nachrichten, kritische Meinungen und Links zur Kirchensteuer
- Kirche und Geld, zusammengestellt vom IBKA Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten