Tingel-Tangel-Theater

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Das Tingel-Tangel-Theater, vormals Wilde Bühne genannt, war die kleine Bühne im Erdgeschoss des Theater des Westens in Berlin und war neben zahlreichen weiteren Kabaretts seiner Zeit neben dem Cafe Größenwahn und der Katakombe eine der wichtigsten Unterhaltungsstätten Berlins. Es wurde von Trude Hesterberg gegründet.[1]

Viele prominente Stars oder die es noch wurden, gingen in der Kantstraße ein und aus. Ob im Publikum oder auf der Bühne, darunter waren: Curt Bois, Margo Lion, Oskar Karlweis, Bertolt Brecht, Erich Mühsam, Paul Graetz, Wilhelm Bendow, Walter Gross, Hermann Vallentin, Blandine Ebinger, Walter Liek, Marlene Dietrich, Theo Lingen, Kurt Gerron, Trude Berliner, Rosa Valetti, Hans Hermann Schaufuss, Kate Kühl, Hedi Schoop, Victor Palfi, Toni van Eyck, Günther Lüders usw.

Beginn des Theaters

1923 debütierte Margo Lion zusammen mit Oskar Karlweis mit Die Linie der Mode. Das Parzivalzimmer in unmittelbarer Nachbarschaft wird 1922 weggerissen, um mehr Sitzplätze zu erschaffen. Am 16. November 1923 bricht ein riesiges Feuer am Vormittag aus und alles liegt in Trümmern. Ursache soll eine falsche Sicherung gewesen sein, die einen Kabelbrand auslöste. Trude Hesterberg fehlt die Kraft für einen Wiederaufbau. Wilhelm Bendow bleibt, und eröffnet es wieder im Februar 1924 mit seinem Erfolgsstück Tütü. Viele aus dem Hesterberg-Ensemble sind wieder dabei.

Höhepunkt des Theaters

Aufsehen erregt der Besuch von König Amanullah aus Afghanistan in Berlin, dessen Besuch rund eine Million Mark gekostet haben soll. Einen Tag später stehen Trude Hesterberg als Soraya gemeinsam mit Kurt Gerron auf der Bühne als König Amanullah und singen gemeinsam erstmalig den berühmten und unvergesslichen Schlager "Wer soll das bezahlen... wer hat soviel Geld?" im März 1928. Kurze Zeit später wird das Kabarett geschlossen. 1931 wird es durch Friedrich Hollaender erweckt. Friedrich Hollaender, der zahlreiche Revuen für Rudolf Nelson schrieb, hat nun endlich seine eigene Bühne und nennt sie Tingel-Tangel, auf der seine sogenannten "Revuetten" Platz finden. Eigentlich finden nur zwei Revuen statt. Im Herbst 1931 erscheint "Spuk in der Villa Stern" mit den Liedern "An allem sind die Juden schuld", "Die Kleptomanin", "Der Spuk persönlich" und "Münchhausen" allabendlich um 21:15 Uhr in 17 Verkleidungen und ein Jahr später "Höchste Eisenbahn" mit den Chansons "Die Notbremse" und "Das Chanson vom falschen Zug" von Marlene Dietrich. Marlene Dietrich, die schon früh Lieder auf der "Wilden Bühne" vorgetragen hat, ist nun als Star zu Besuch im Tingel-Tangel und trägt gelegentlich die erfolgreichen Schlager aus "Der blaue Engel" vor.

Friedrich Hollaender verlässt Deutschland in der Reichspogromnacht und gibt sein "Tingel-Tangel-Theater" auf. Curt Bois und Trude Berliner gehen in die Vereinigten Staaten und versuchen dort ihre Karriere weiterzuführen. Trude Berliner die sich als Gertrude Berliner schon als Kinderstar im Film avancierte (Adaments letztes Rennen 1917), spielt gemeinsam mit Curt Bois an der Seite von Humphrey Bogart in "Casablanca" 1942 eine Baccara-Spielerin. Blandine Ebinger leitet die Bühne weiter. Das Kabarett in der Kanstraße wird harmloser und angepasster.

Ende des Theaters

Am 10. Mai 1935 ist es für das Theater aus. Walter Gross wird wegen einer politischen Äußerung direkt aus dem Kabarett von der Gestapo verhaftet und kommt ins KZ Esterwegen, ebenso Günther Lüders und Walter Liek. Walter Gross und Günther Lüders verlassen wieder das Lager und werden verurteilt und erhalten Arbeitsverbot. Walter Liek stirbt 1944 im Konzentrationslager.

Literatur zum Tingel-Tangel-Theater

  • Trude Hesterberg: Was ich noch sagen wollte. Henschel-Verlag Berlin 1971.
  • Von Wilder Bühne, Tingel-Tangel und Tütü - Kabarett im Theater des Westens, In: 100 Jahre Theater des Westens. Propyläen Verlag Berlin 1996.

Originale Theaterprogrammhefte in Privatbesitz

  • Friedrich Holländers Tingel Tangel: Spuk in Villa Stern. Berlin 1931.
  • Friedrich Holländers Tingel Tangel: Theaterzettel mit Programmfolge. Berlin 1931.
  • von F.W. Dührkoop (Leitung Tingel Tangel): Ein bißchen glücklich sein. Berlin 1935.

Informationen zum Tingel-Tangel-Theater bei www.kulturnetz.de

Einzelnachweise

  1. Berlinonline: Mit Tingel-Tangel ins Berlin der 20er Jahre