Hanns Dieter Hüsch

deutscher Kabarettist, Schauspieler und Moderator (1925–2005)
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Hanns Dieter Hüsch (* 6. Mai 1925 in Moers) ist der meist ausgezeichnete deutsche Solokabarettist.


Leben

Hanns Dieter Hüsch wird im Mai 1925 in Moers geboren und seine Heimat, der Niederrhein, läßt ihn zeitlebens nicht los; "Alles was ich bin ist niederrheinisch" bekannte er oft. In seiner Kindheit und Jugend musste er sich wegen einer erblichen Veranlagung mehrmals Operationen an seinen Füßen unterziehen. Ständig hatte Hüsch die Beine in Gips, konnte nicht richtig laufen, nicht mit anderen Kindern spielen. "Ein schweres klinisches Erlebnis", erinnert er sich später, "man fühlte sich sehr schnell alleine" - Eine Zeit, in der Hüsch anfängt, erste Texte zu schreiben. Ein Gutes hat das Fußleiden gleichwohl: Nachdem Hüsch das Abitur am Gymnasium Adolfinum in Moers mit Hangen und Bangen bewältigt hatte entkam er aufgrund seiner Erkrankung der Wehrmacht und dem Krieg.

Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges studierte Hanns Dieter Hüsch auf Wunsch der Familie (zu seinen Vorfahren gehörten Bauern, Gastwirte, Beamte, Rheinschiffer - ein Onkel spielte Trompete) in Gießen ein Semester Medizin, wollte dann aber Opernregisseur werden, ging deshalb nach Mainz und studierte an der dortigen Johann-Gutenberg-Universität (zu deren Ehrenbürger er dreißig Jahre später ernannt wurde) ein bisschen Theaterwissenschaft, Literaturgeschichte und Philosophie. Seine Talente lagen zu dieser Zeit aber schon weniger im theoretischen als im praktisch-künstlerischen Bereich („Ich habe an der Uni keine Seminare besucht, aber ich habe meine Texte geschrieben“). Schnell beteiligte er sich am Mainzer Studenten-Kabarett „Die Tol(l)eranten“ und trat bereits 1949 als Chansonnier mit seinem Soloprogramm „Das literarische Klavier“ auf; bis zu seiner letzten Tour im Jahre 2000 folgten diesem Programm mehr als 70 weitere.

Hüsch ist dabei kein Kabarettist geworden, der sich mit tagespolitischen Fragen auseinandersetzt, sondern eher ein 'literarischer Entertainer', der als 'philosophischer Clown' mit seinem feinsinnigen Humor in der Tradition eines Heinrich Heine steht. Für seine Arbeit erhielt Hüsch viele Preise und Auszeichnungen, darunter gleich zweimal, 1972 und 1982, den Deutschen Kleinkunstpreis sowie den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen, das Bundesverdienstkreuz, die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt Moers, die Carl-Zuckmayer-Medaille des Landes Rheinland-Pfalz oder den 'Kabarett-Oscar' für sein Lebenswerk.

Hanns Dieter Hüsch lebte in den 1950er Jahren zusammen mit seiner ersten Ehefrau Marianne (die er in seinen „Frieda“-Geschichten verewigte) und der gemeinsamen Tochter in eher bescheidenen Verhältnissen. Das Studium hatte er da bereits aufgegeben und schlug sich mit künstlerischen Auftragsarbeiten oder als Nachrichtensprecher beim Süddeutschen Rundfunk durchs Leben. 1956 gründete er mit arche nova sein eigenes Kabarett, welches bis 1961 bestand und zu einem Exportschlager der Mainzer Kabarettszene wird. In dieser Zeit ging Hüsch auch in die Schweiz und kann dort große Erfolge feiern („Ich wusste inzwischen, Kabarett ist mein Leben, das wirst Du bis zum Ende Deines Lebens machen“). Nach anfänglichen Existenznöten wird Hanns Dieter Hüsch in den 1960er Jahren zu einem der wichtigsten und produktivsten Vertreter des literarischen Kabaretts in Deutschland. Mit sprachlichem Witz entlarvt er Kleinbürger- und Spießertum und findet sein Publikum. Hüsch, das ist zu dieser Zeit ein Faxenmacher, fernab der Politik.

Ab Mitte der 1960er Jahre erhält Hüschs Kabarettvortrag dann doch politische Grundzüge; 1967 nimmt er im Quartett mit Franz Josef Degenhardt, Wolfgang Neuss und Dieter Süverkrüp die Schallplatte „Da habt ihr es!“ auf. Ein Jahr später begeistert er während der allgemeinen Studentenunruhen (zusammen mit Degenhardt und Süverkrüp) auf den Essener Songtagen (bei denen u. a. auch Frank Zappa auftrat) und setzt hierbei auf der Bühne erstmals anstelle von Klavier oder Flügel eine Philicorda-Orgel ein, die für die kommenden dreißig Jahre sein musikalisches Markenzeichen werden sollte. Kurz danach bricht Hüsch jedoch innerlich die Zusammenarbeit mit der Studentenbewegung ab, als er beim Folklore-Festival auf der Burg Waldeck und in Berlin nach teilweise chaotischen Störungen als "Kitschgemüt mit Goldbrokat", das seine poetische Kraft angeblich einem "bourgeoisen Verniedlichungstrend" opfert, von der Bühne gebuht wird. In seinem Programm „Enthauptungen“ rechnete er daraufhin verbittert mit seinen dabei gemachten Erfahrungen ab („Das ist einfach so, wenn einem die eigenen Genossen mehr oder weniger vorwerfen, man wäre nicht genug Genosse“). Hüsch zieht eine weitere Konsequenz und tritt vorübergehend nur noch in der Schweiz auf.

Ende der 1960er Jahre betritt Hanns Dieter Hüsch zweifach für ihn bis dato ungewöhnliches Terrain: Zum Einen tingelt er mit den Kameras des ZDF in der Rolle des Reiseleiters durch die Welt, zum Anderen wird er als Synchronsprecher beim gleichen Sender schnell zu ‚der‘ Stimme für knapp 400 Laurel & Hardy-Filme und andere Streifen der Klamottenkiste im ZDF (z.B. Die kleinen Strolche). Bei teilweise mehr als 200 Szenen am Tag und bis zu fünf verschiedenen Stimmen auf einer Textseite war dies, wie Hüsch einmal sagte, einer der anstrengendsten Jobs seines künstlerischen Lebens überhaupt.

Mit dem Programm „Hüsch - Live“ gelingt ihm 1973 der Durchbruch auf den deutschsprachigen Kleinkunstbühnen. Bis 1976 vergrößerte sich die Zahl seiner Zuhörer von jeder Tournee zur nächsten und führte im Verlauf der 1970er Jahre zu weiteren festen TV- und Radio-Engagements, wie etwa dem „Gesellschaftsabend“, der ältesten Kabarettsendung im ARD-Rundfunk, oder der „Unterhaltung am Wochenende“ beim WDR-Fernsehen. Daran an schließt sich Hüschs großer Fernseherfolg als Familienvater in der ARD-Serie "Goldener Sonntag" (1973-1976). Ebenfalls in die 1970er Jahre fällt die Erfindung seiner Alter-Ego-Figur „Hagenbuch“, jenes nörgelnden Pedanten und spießigen Angebers, der schnell zu einem Markenzeichen Hüschs wurde.

Hanns Dieter Hüsch veröffentlichte nun von Mainz aus unermüdlich Buch um Buch, machte eine Schallplatte nach der anderen und brachte in jedem Jahr mindestens ein neues Programm auf die Bühne. Erst mit dem Tode seiner Frau Marianne 1988 verlässt er seine Wahlheimat und zieht nach Köln („Ich wollte nicht nach Moers, in meine Kinderstadt, weil ich dachte, Du fängst dann Deinen Lebensabend an.“). Außerdem beendet er das Schreiben von neuen Programmen und führt seine Bühnenauftritte eher in den Charakter von Lesungen über. Hüsch, der sich in der Folge künstlerisch stärker Kirche und Glauben zuwandte, bekam kurz danach „die Chrise“ (wie er seine Frau Christiane scherzhaft nannte) und verheiratete sich 1991 zum zweiten Mal. In den folgenden Jahren schrieb „Das schwarze Schaf vom Niederrhein“ (so ein Hüsch-Buchtitel aus dem Jahre 1976) viel über seine Heimat und charakterisierte dabei auf lebendige Weise Menschen und Landschaft. Von einer schweren Krebserkrankung wieder genesen, gab er im Jahre 2000 als dienstältester deutscher Kabarettist mit „Wir sehen uns wieder“ seine Abschiedstournee.

Kurz bevor sich Hanns Dieter Hüsch seinen letzten künstlerischen Lebenstraum erfüllen konnte, die Darstellung von Shakespeares „König Lear“ am Staatsschauspiel in Dresden, erlitt er im November 2001 einen Schlaganfall und hat sich seither krankheitsbedingt aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Unter dem Titel "Kabarett auf eigene Faust" veröffentlichte Jürgen Keßler vom Deutschen Kabarettarchiv ein Kompendium zu HDHs mehr als 50 Bühnenjahren, das kaum Fragen offen lässt und in vielen Bildern Hüschs 'Cabaretüden' (so der Titel eines Buches aus den 1960er Jahren) zwischen 1947 und 1997 Revue passieren lässt. Hanns Dieter Hüsch künstlerisches Vermächtnis erschien im Oktober 2003 unter dem Titel „Zugabe“, mehr als 600 Seiten stark, in Buchform. Zu seinem 80. Geburtstag erfuhr der Künstler im Mai 2005 nochmals verschiedene Ehrungen, darunter eine von der Stadt Moers veranstaltete Gala. Dazu übertrugen verschiedene Radiosender „Die lange Hanns Dieter Hüsch Nacht“, eine zehnstündige (!) Hommage an Werk und Künstler, und es erschien eine Hörbuch-CD von Hanns Dieter Hüsch mit Texten aus „Zugabe“, gelesen von Kabarettkollegen.

Der Künstler lebt heute zusammen mit seiner Frau Christiane im Windeckschen Land.

ausgewählte Werke

  • Frieda auf Erden, 1952
  • Opus Pokus, 1961
  • Da habt ihr es!, 1967, Quartett mit Franz Josef Degenhardt, Wolfgang Neuss und Dieter Süverkrüp
  • Privatissime, 1974
  • Das schwarze Schaf vom Niederrhein, 1976
  • Hagenbuch und die Musik, 1980
  • Der Fall Hagenbuch, 1984
  • Am Niederhein, 1986
  • Feine Komödien, Feine Tragödien, 1991
  • Summertime am Niederrhein, 1995
  • Sach ma nix, 1997
  • Wir sehen uns wieder, 1999