Buchdruck

mechanischer Reproduktionsprozess von Schriften und Bildern
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Geschichte und Entwicklung

Die ältesten gedruckten Bücher wurden im so genannten Blockdruckverfahren hergestellt, bei dem jede einzelne Seite komplett in einen Holzdruckstock geschnitten und dann abgezogen wurde; daher spricht man hierbei von Blockbüchern.

Den großen Durchbruch für den Buchdruck in Europa erzielte jedoch Johannes Gutenberg, der den Druck mit beweglichen Lettern im Abendland einführte. Gutenberg schuf um 1450 die Grundlagen zur massenhaften identischen Herstellung von Büchern und damit zur Verbreitung bezahlbarer Information. Die gedruckten Bücher, die noch im 15. Jahrhundert entstanden, heißen auch Inkunabeln oder Wiegendrucke.


Der Buchdruck, so wie Gutenberg ihn erfunden hatte, dauerte bis etwa 1930 in fast unveränderter Form an. Zwar wurden neue Schriften geschnitten (zum Beispiel Baskerville, Bodoni, Futura), jedoch änderte sich nichts an der Art der Arbeit.


Rolle Gutenbergs

Gutenbergs technische Leistung bestand darin, eine Reihe von Verfahren zu entwickeln, die das System des Buchdrucks erst ermöglichten:

Alle diese Entwicklungen waren jedoch zur Zeit Gutenbergs prinzipiell bekannt und im ostasiatischen Raum seit rund zwei Jahrhunderten etabliert; möglicherweise gelangte das Wissen um diese Verfahren über Handelswege wie die Seidenstraße nach Europa:


Diese Überlegungen sind allerdings eher akademisch-historiographischer Natur, da Gutenbergs eigentliche Leistung nicht in der Entwicklung, sondern in der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Etablierung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern liegt. Im asiatischen Raum waren die Verfahren zwar bekannt und wurden auch genutzt, fanden jedoch aufgrund der staatlichen Monopolisierung keine vergleichbare Akzeptanz und Verbreitung. Der Buchdruck mit allen seinen wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftsgeschichtlichen Auswirkungen entwickelte sich in der uns heute bekannten Form als kulturprägende Informations- und Kommunikationstechnologie ausschließlich in Europa. Gutenbergs Leistung besteht darin, dieses Potenzial erkannt und genutzt zu haben.

Bedeutung des Buchdrucks

Die Erfindung und Etablierung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern bildet einen bedeutenden kulturhistorischen Einschnitt, der einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Informations- und Kommunikationsverarbeitung Europas einleitete.


Die Medientheorie leitet aus Gutenbergs Leistung grundlegende Konsequenzen ab.

Der Buchdruck ermöglichte die exakte Reproduktion von Wissen in einem zuvor nie gekannten Ausmaß; während Bücher zuvor manuell in Skriptorien kopiert wurden, wurde der menschliche Faktor ersetzbar; auch Transkriptionsfehler bei der Abschrift wurden vermeidbar.

Die Autorschaft bekam Bedeutung; es wurde wichtig, wer etwas gesagt bzw. geschrieben hatte, was und wie er präzise formuliert hatte und wann dies zu datieren war; dies ermöglichte das Adressieren und Referenzieren von Urhebern; es entstand die Regel: "Ein Autor, ein Werk (Titel), ein Informationsbündel" (Giesecke 1989: 325). Zuvor hatte der Autor eine vergleichsweise geringe Bedeutung gehabt, die Abschrift eines Werkes von Aristoteles in Paris musste nicht identisch mit der in Bologna sein (vgl. Giesecke 1989: 325); teilweise war es gar nicht möglich, ein Werk einem bestimmten Autor zuzuordnen – dies war auch nicht von Bedeutung gewesen.

Bücher wurden normiert und standardisiert, indem sich die Kennzeichnung durch Seitenzahlen (Paginierung), Inhaltsverzeichnisse, Register sowie Titelblätter durchsetzte.

Das Lesen veränderte sich; während Bücher zuvor laut (vor-) gelesen wurden, entwickelte sich der Vorgang des Lesens zum heutigen Stilllesen.

Eine allgemeine Alphabetisierung begann und leitete eine Bildungsrevolution ein.

Das Denken veränderte sich in Anpassung an die Schriftform; der visuelle Anteil an gedruckten Büchern (Illumination) wurde zurückgedrängt durch Prämierung der Linearität der Schrift; Argumentationen wurden streng kausal.

Die Ausdifferenzierung der Wissenschaften wurde beschleunigt und die wissenschaftliche Methodik setzte sich gegen das mittelalterliche Denken in Bildern und Metaphern durch (Wiedergeburt der Wissenschaft).

Wissen wurde allgemein zugänglicher, da gedruckte Bücher preiswerter als die handschriftlich kopierten waren, da es mehr Exemplare eines Buches gab und Schriften zu zirkulieren begannen. Nach- und Raubdrucke beschleunigten die Verbreitung weiter; die typographische Erfassung des gesamten "klassischen" Wissens dauerte nur etwa fünfzig oder sechzig Jahre (Eisenstein 1969: 52). Latein als Universal- und Wissenschaftssprache wurde abgelöst durch Nationalsprachen, die zunächst jedoch noch dialektisch waren.

Die Zunahme an verfügbarem Wissen beförderte den Meinungsstreit und die gesellschaftliche Willensbildung.

Aus der zunehmenden geographischen Verbreitung von Druckwerken entwickelte sich die Notwendigkeit der Normierung und Standardisierung der Sprache; Dialekte werden im Druck verdrängt, die Herausbildung von Nationalsprachen beginnt, dies wiederum ermöglicht und fördert die Entstehung von Nationalstaaten.