Die Landtagswahl in Hessen 2009 findet am 18. Januar 2009 statt.[1] Sie ist eine vorgezogene Wahl, die in Folge der Selbstauflösung des Landtags am 19. November 2008 wegen der nach der Landtagswahl im Januar 2008 gescheiterten Regierungsbildung angesetzt worden war. Für die Christlich Demokratische Union tritt der amtierende hessische Ministerpräsident Roland Koch an, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands schickt den Landtagsabgeordneten Thorsten Schäfer-Gümbel ins Rennen. Tarek Al-Wazir ist Spitzenkandidat der Hessischen Grünen. Die Freie Demokratische Partei schickt Jörg-Uwe Hahn ins Rennen. Spitzenkandidat der Linkspartei ist Willi van Ooyen.

Ausgangssituation
Bei der Landtagswahl im Jahr 2008 hatte die CDU die absolute Mehrheit der Mandate verloren. Sie lag nunmehr mit der SPD gleichauf und erreichte mit 42 Mandaten die gleiche Anzahl an Sitzen, holte jedoch mit 36,8 % etwa 0,1 % mehr Wählerstimmen ein. Die Linke zog mit 5,1 % der Stimmen erstmals in den Hessischen Landtag ein. Weder kam die CDU zusammen mit ihrem Wunschpartner FDP auf die zur Regierungsbildung erforderliche absolute Mehrheit, noch konnte die SPD gemeinsam mit den Grünen die Regierung Koch ablösen. Die SPD hatte vor der Wahl eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei ausgeschlossen und die Grünen lehnten eine Koalition mit der CDU ab.
Nur im Zuge einer Zurücknahme der im Vorfeld der Landtagswahl von den Parteien getroffenen Koalitionsaussagen war die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten und die Bildung einer neuen Landesregierung möglich. Dieser als „hessische Verhältnisse“ schon 1982 nach dem erstmaligen Einzug der Grünen in den Landtag bekannt gewordene Zustand kam so zu einer Neuauflage: Roland Koch konnte auch nach der konstituierenden Sitzung des neuen Landtags am 5. April 2008 sein Amt als Ministerpräsident weiter ausüben, jedoch nur noch geschäftsführend.
Bildung einer rot-grünen Minderheitsregierung – erster Anlauf
Anfang März gab die Spitzenkandidatin der SPD, Andrea Ypsilanti, die Absage an eine Kooperation mit der Linkspartei jedoch auf. Sie strebte jetzt eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linkspartei an. Trotz innerparteilicher Kritik konnte sie die Landtagsfraktion zunächst von ihrem Plan überzeugen. Dieser wurde jedoch schließlich am 7. März durch die Abgeordnete Dagmar Metzger vereitelt, die ankündigte, Ypsilanti am 5. April aus „Gewissensgründen“ nicht die Stimme zu geben. Damit war die ohnehin mit zwei Stimmen recht geringe Mehrheit für Ypsilanti im Landtag noch weiter auf einen Sitz zusammengeschrumpft. Daraufhin gab Ypsilanti ihren Plan, sich als Ministerpräsidenten zur Wahl zu stellen, zunächst auf; die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen wurden abgebrochen.
Bildung einer rot-grünen Minderheitsregierung – zweiter Anlauf
Um dennoch eine Ablösung der Regierung Koch zu erreichen, wollte Ypsilanti ihren Schritt nunmehr durch eine breite innerparteiliche Diskussion mit mehreren Regionalkonferenzen abgesichert wissen. Nach Beendigung dieser Reflexionsphase, bei der sich eine große Mehrheit für eine rot-grüne Regierungsbildung mithilfe der Linkspartei abzeichnete, fanden im Oktober erneut Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen statt. Am 1. November stimmte der Landesparteitag der SPD in Fulda dem Koalitionsvertrag zu, am 2. November gaben die Grünen auf ihrer Landesmitgliederversammlung ihre Zustimmung. Für den 4. November war die Wahl Ypsilantis zur hessischen Ministerpräsidenten angesetzt.
Einen Tag vor der Wahl kündigten jedoch überraschend drei weitere, dem rechten Parteiflügel zuzurechnende Landtagsabgeordnete der SPD, Jürgen Walter, Carmen Everts und Silke Tesch, an, das Projekt einer rot-grünen Landesregierung unter Tolerierung der Linken aus Gewissensgründen und wegen ihrer Ablehnung des Koalitionsvertrages nicht mitzutragen. Sie hatten Ypsilanti in einer Probeabstimmung wenige Tage zuvor die Zustimmung noch nicht verweigert. Somit war die Wahl Andrea Ypsilantis im zweiten Anlauf endgültig gescheitert, die erforderliche Landtagsmehrheit um drei Stimmen unterschritten.
Vorgezogene Neuwahlen
Schnell nach dem Scheitern der Regierungsbildung am 3. November kündigten CDU, FDP, Grüne und Die Linke sowie schließlich auch die SPD an, den Landtag auflösen zu wollen und Neuwahlen im Januar 2009 anzustreben. Die Selbstauflösung des Hessischen Landtags ist gemäß Art. 80 der Hessischen Verfassung mit der einfachen Mehrheit der Mitglieder des Landtags möglich, die Neuwahl muss dann binnen 60 Tagen erfolgen.
Am 19. November wurde die Selbstauflösung mit den Stimmen der 99 anwesenden Mitglieder des Hessischen Landtags (von insgesamt 110) beschlossen.[2] Die Landesregierung legt daraufhin den Termin der Neuwahl auf den 18. Januar fest.
Die SPD gab am 8. November bekannt, dass Andrea Ypsilanti nicht mehr als Spitzenkandidatin für die Wahlen im nächsten Jahr antreten wird. Stattdessen wird der Landtagsabgeordnete Thorsten Schäfer-Gümbel die Kandidatur übernehmen. Die CDU schickt wie schon zur letzten Wahl ihren Parteivorsitzenden und seit 1999 amtierenden hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch ins Rennen.
Die SPD wird anders als vor der Wahl im Januar 2008 voraussichtlich keine Koalitionsaussagen mehr treffen. Die CDU schließt eine Koalition mit den Grünen, wie sie schon unmittelbar nach dem ersten Scheitern Andrea Ypsilantis im März 2008 erwogen worden war, nicht mehr aus. Auch die FDP will sich nicht mehr einseitig an die CDU binden, weitere Optionen sind für sie eine Koalition mit CDU und Grünen (sog. Jamaika-Koalition) und eine Koalition mit SPD und Grünen (sog. Ampelkoalition). Die Grünen lehnen zwar den allgemeinen Ausschluss von Koalitionsoptionen ab, führende Parteimitglieder halten aber eine Kooperation mit der CDU nur ohne den derzeitigen Parteivorsitzenden Koch für tragbar.[3]
Teilnehmende Parteien
Folgende Parteien treten zur Landtagswahl an:[4]
Abkürzung | Vollständige Bezeichnung | Spitzenkandidat (Alter in Jahren) | Ergebnis 2008 in % |
---|---|---|---|
CDU | Christlich-Demokratische Union Deutschlands | Roland Koch (50) | 36,8 |
SPD | Sozialdemokratische Partei Deutschlands | Thorsten Schäfer-Gümbel (39) | 36,7 |
FDP | Freie Demokratische Partei | Jörg-Uwe Hahn (52) | 9,4 |
B’90/Grüne | Bündnis 90/Die Grünen | Tarek Al-Wazir (38) | 7,5 |
DIE LINKE. | Die Linke | Willi van Ooyen (61) | 5,1 |
REP | Die Republikaner | Haymo Hoch (55) | 1,0 |
FW FREIE WÄHLER | Freie Wähler Hessen | Walter Öhlenschläger (51) | 0,9 |
NPD | Nationaldemokratische Partei Deutschlands | Jörg Krebs (33) | 0,9 |
PIRATEN | Piratenpartei Deutschland | Nicole Hornung (50) | 0,3 |
BüSo | Bürgerrechtsbewegung Solidarität | Alexander Hartmann (57) | 0,0 |
Wahlkampf
Der Wahlkampf fällt zeitlich sehr kurz aus. Neben der geringen Vorbereitungszeit durch den außerplanmäßigen Termin steht ein Wahlkampf in der Adventszeit immer im Konflikt mit der weihnachtlichen Stimmung. Von den im Landtag vertretenen Parteien wurden daher im Dezember keine Aussagen, sondern lediglich Neujahrswünsche plakatiert. Einzige Ausnahme war die SPD, die bereits mit inhaltlichen Aussagen bezüglich ihrer Wahlkampfthemen Energiewende, Schulpolitik und Mindestlöhne auf sich aufmerksam machte.
Die Union setzt im Wahlkampf vor allem auf das Thema Wirtschaft. Neben der Befürwortung des Ausbaus der Flughäfen in Frankfurt und Kassel sowie von Straßenbauprojekten in Nordhessen versucht sich die CDU als diejenige Partei darzustellen, die die Auswirkungen der Finanzkrise am besten bewältigen kann.
Die FDP betont im Wahlkampf, dass sie entsprechend der vor der vorangegangenen Wahl abgegebenen Wahlaussage, keine Ampelkoalition einzugehen, gehandelt habe. Der Slogan „Unser Wort gilt“ soll gleichzeitig den Kontrast zur SPD deutlich machen.
Die SPD hat, ebenso wie die Grünen und die Piratenpartei, einen „Youtube-Kanal“ im Internet geschaltet.
Zwei Wochen vor der Landtagswahl erklärte der SPD-Generalsekretär und Wahlkampfleiter Norbert Schmitt seinen Rücktritt für Anfang Februar. In der Linken führten gleichzeitig innerparteiliche Konflikte zum Austritt einer Reihe von Mitgliedern, darunter der kurzzeitige Spitzenkandidat zur Landtagswahl von 2008 Pit Metz[5].
Meinungsumfragen
Eine Meinungsumfrage von Infratest dimap im Auftrag des Hessischen Rundfunks vom 6. November 2008 ergab, dass 79 % der Wähler Neuwahlen befürworteten. Die Umfrage erfolgte unmittelbar nach dem Scheitern des Versuchs einer Regierungsbildung durch Andrea Ypsilanti. In dieser Umfrage erhielten CDU (41 %) und FDP (11 %) eine deutliche Mehrheit. Für die SPD sprachen sich 27 % der Wähler aus. Dies sind fast 10 Prozentpunkte weniger als bei der Landtagswahl 2008. Während die Grünen mit 12 % von den Verlusten der SPD profitieren würden, lag die Linke weiterhin bei 5 %. Ein Einzug in den Landtag steht nach dieser Umfrage auf der Kippe.[6] Auch in einer zweiten Umfrage von Infratest dimap vom 4. Dezember 2008 erhielt die CDU 41 %, die FDP 13 % (+2), die Grünen auf 14 % (+2), die SPD auf 23 % (-4) und die Linke verbesserte sich auf 6 %. [7]
Infratest | F. W. | Forsa | Emnid | GMS | Infratest | F. W. | Forsa | [8] [9] | |
Datum | 04.12.08 | 05.12.08 | 16.12.08 | 18.12.08 | 19.12.08 | 08.01.09 | 10.01.09 | 14.01.09 | |
CDU | 41 % | 41 % | 42 % | 43 % | 41 % | 42 % | 41 % | 41 % | |
SPD | 23 % | 26 % | 23 % | 24 % | 25 % | 24 % | 25 % | 24 % | |
FDP | 13 % | 12 % | 13 % | 13 % | 13 % | 13 % | 13 % | 15 % | |
Grüne | 14 % | 12 % | 12 % | 11 % | 13 % | 13 % | 13 % | 13 % | |
Die Linke | 6 % | 5 % | 6 % | 5 % | 5 % | 5 % | 5 % | 4 % | |
Sonstige Parteien | 3 % | 4 % | 4 % | 4 % | 3 % | 3 % | 3 % | 3 % |
Einzelnachweise
- ↑ Hessische Staatskanzlei: Nach der Selbstauflösung des Parlaments - Pressemitteilung vom 19. November 2008
- ↑ Welt Online vom 20. November 2008
- ↑ Spiegel Online vom 12. November 2008
- ↑ Teilnehmende Parteien
- ↑ Matthias Thieme und Jörg Schindler: "Ein Panorama des Elends" in : Frankfurter Rundschau vom 7. Januar 2009
- ↑ hr-online.de: Mehrheit für Schwarz-Gelb, abgerufen am 10. November 2008
- ↑ hr-online.de: SPD weiter im Sinkflug
- ↑ Umfrageergebnisse
- ↑ GMS-Umfrage