Zum Inhalt springen

Exerzierreglement

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. Januar 2009 um 17:29 Uhr durch Chrisfrenzel (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Das Exerzierreglement ist eine gedruckte Vorschrift für die allgemeine militärische Ausbildung und für die Art und Weise der Ausführung von militärischen Befehlen.

Geschichtliche Entwicklung

Als verbindliche und für längere Zeit gültige Bestimmungen kamen Exerzierreglemente mit der Herausbildung der stehenden Heere seit dem 17. Jh. auf. Die ersten Exerzierreglemente enthielten im wesentlichen Festlegungen über die Handhabung und den Einsatz der Feuerwaffen. Ihr Prototyp war die 1607 erschienene Vorschrift über den Umgang mit Röhren, Musketen und Spiessen, mit der Prinz Moritz von Oranien (1567-1625) den Grundstein für die einheitliche Ausbildung einer ganzen Armee legte. Sie bildete im 17. Jh. die Grundlage der Waffenhandhabung der Infanterie in den europäischen Armeen und beeinflusste auch die ersten deutschen Exerzierreglemente.

Offizielle Exerzierreglemente für die Infanterie erschienen 1702 in Preussen, 1704 in Sachsen und 1737 in Österreich. Auch die Kavallerie erhielt in dieser Zeit entsprechende Reglements, die Artillerie dagegen erst seit Ende des 18. Jh. Alle diese Exerzierreglemente trugen den Charakter allgemeiner Dienstvorschriften der Waffengattungen. Sie enthielten sowohl Bestimmungen über den Waffengebrauch und taktische Regeln als auch Festlegungen, die fast alle Seiten des militärischen Dienstes und Lebens erfassten.

Entwicklungen des Militärwesens im Gefolge der Französischen Revolution (1789-1794) und neue Erkenntnisse der Kriegskunst bedingten auch neue Exerzierreglemente für alle Waffengattungen. In Österreich wurden sie 1807, in Preussen 1812 erlassen. An der Ausarbeitung des preussischen Exerzierreglements hatte vor allem Generalmajor Gerhard von Scharnhorst (1755-1813) großen Anteil. Im Laufe des 19. Jh. traten an die Stelle der der bisherigen Einheitsreglements Dienst-, Verwaltungs-, Mobilmachungs- und Ausbildungsvorschriften sowie taktische Exerzierreglemente. Letztere wurden für jede Waffengattung gesondert herausgegeben und waren neben der allen gemeinsamen Felddienstordnung die wichtigste Vorschrift für die Truppen. Die Herausgabe der Vorschriften erfolgte durch eigene Druckschriftenverwaltungen innerhalb der Kriegsministerien.

Die in den Exerzierrglementen enthaltenen offiziellen Grundsätze der Taktik trugen dem Entwicklungsstand der Waffentechnik und den Kriegserfahrungen oft nur ungenügend Rechnung. Die Militärbehörden nahmen häufig nur zögernd Änderungen vor. So führte z.B. das Festhalten der österreichischen Truppen an der Taktik der Bataillonskolonne im Krieg 1866 und das der preussischen Truppen an der Taktik der Kompaniekolonne im Krieg 1870/71 zu großen Verlusten. Die Aufnahme neuer Erfahrungen in den Reglementen erfolgte häufig mit Zeitverzug und gegen den Widerstand konservativer Truppenführer. So tauchte z.B. erst im Exerzierreglement von 1888 die taktische Form des Schützenschwarms auf.

Seit der zweiten Hälfte des 19. Jh. wurden weitere spezielle Vorschriften erlassen (für den Felddienst, die Schiessausbildung u.a.m.), die das Exerzierreglement ergänzten und Teile seiner bisherigen Aufgaben übernahmen.

An die Exerzierreglemente des kaiserlich-deutschen Heeres lehnten sich die als Ausbildungsvorschriften bezeichneten Exerzierreglemente der Reichswehr an, die ab 1922 für die einzelnen Waffengattungen erschienen. Der wesentlich höhere Anteil des Felddienstes in der Grundausbildung resultierte aus der Auswerung der Kriegserfahrungen des 1. Weltkrieges. Ab 1935 führte die Deutsche Wehrmacht Neufassungen der Exerzierreglemente ein, die 1941 abschliessend neu bearbeitet und eingeführt wurden.

In den modernen Streitkräften sind Exerzier- und Gefechtsausbildung durch Vorschriften einheitlich geregelt.

Quelle

  • Wörterbuch zur Deutschen Militärgeschichte, Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik VEB, Berlin 1985