Säkularisation

staatliche Einziehung kirchlicher Besitztümer
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Unter Säkularisation versteht man im Allgemeinen eine Verweltlichung einer Gesellschaft, insbesondere und ursprünglich aber die Überführung kirchlicher Besitztümer in weltliche Hände. (Abgeleitet von lat. saeculum = "Jahrhundert", bezeichnet es den Übergang von 'ewigen' zu 'zeitlichen' Werten.)

Siehe auch: Säkularisierung, Säkularismus

Vage Allgemeinbedeutung

Mit der Neuzeit hat sich die Bedeutung der Religion und die politische Macht der Kirche in Europa stark verringert. An ihre Stelle sind die Öffentliche Meinung und der weltliche Staat getreten. Die Auswirkung dieses langsamen Prozesses wird in vielen Einzelbereichen empfunden (z.B. in der Schule, den Künsten) und zusammenfassend oft als Säkularisierung gekennzeichnet.

Exakte Spezialbedeutung

Als Begriff für die Enteignung von Kirchengut fiel das Wort Säkularisation wahrscheinlich zum ersten Mal am 8. Mai 1646, und zwar bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden in Münster durch den französischen Gesandten Henri de Longueville. Dieser bezeichnete mit secularisatio die Einziehung geistlicher Güter durch eine weltliche Obrigkeit und deren Verwendung zu weltlichen Zwecken.

Meist wird von Säkularisation aber im Zusammenhang mit der Auflösung von Kirchengütern in Folge des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 gesprochen, der auf die militärischen Erfolge Napoléon Bonaparte zurückgeht. Diese Säkularisation ist die umfassendste, die bislang stattfand. Beinahe alle geistlichen Reichsstände wurden aufgelöst, und annähernd 95.000 km2, auf denen mehr als 3 Millionen Menschen lebten, wechselten ihren Besitzer.

Durch die Verschiebung der französischen Ostgrenze mussten deutsche Staaten ihre linksrheinischen Gebiete abgeben. Als Entschädigung dafür wurden ihnen im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 die kirchlichen Reichsstände und die Reichsstädte (in diesem Fall spricht man von Mediatisierung) zugeschlagen.

Artikel 35 des Reichsdeputationshauptschlusses ging über die reine Entschädigung sogar hinaus und räumte allen deutschen Fürsten ein Dispositionsrecht an Klöstern und Stiften auf ihrem Herrschaftsgebiet ein. Das erlaubte es auch Herrschern, die keinen Territorialverlust erlitten hatten, kirchliche Güter zu ihren Gunsten einzuziehen. Dem entsprechend muss man unterscheiden zwischen der Säkularisation, bei der geistliche Staaten annektiert wurden, und der Säkularisation als Aufhebung und Einziehung von Kirchengütern.

Politische Folgen

Insbesondere profitierten der König von Preußen, der Kurfürst von Bayern, der Herzog von Württemberg, der Markgraf von Baden und der Landgraf von Hessen-Darmstadt von der Säkularisation. Allein in Baden vervierfachte sich die Fläche des Landes, die Zahl der Einwohner verfünffachte sich. Württemberg konnte seine Fläche und Einwohnerzahl immerhin verdoppeln.

Dies führte zur Neuordnung des Reichsgebiets des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und damit 1806 letztendlich zur Auflösung des Reichs.

Soziale Folgen

Die enteigneten Klöster wurden teils als Staatsgebäude (z.B. Gefängnisse) übernommen, teils meistbietend an Unternehmer versteigert. Vor allem das weltliche Dienstpersonal im Kloster sowie die unmittelbar vom Kloster abhängigen Handwerker und Gewerbetreibenden verloren ihre Arbeitsplätze und gerieten in eine bedrohliche Armut. Wertvolle Kunstbestände und Archivalien wurden verstreut oder durch unsachgemäße Behandlung zerstört.

"Siehe auch: Johann Christoph von Aretin, Bernhard Joseph Docen

Literatur

  • Volker Himmelein (Hrsg.): Alte Klöster, neue Herren. Die Säkularisation im deutschen Südwesten 1803. Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2003. Thorbecke, Ostfildern 2003 ISBN 3-7995-0212-2 (Ausstellungskatalog und Aufsatzband)