Für andere Bedeutungen des Wortes Vektor siehe Vektor (Begriffsklärung).
Vektoren haben eine spezielle und eine allgemeinere Bedeutung in der Mathematik. In allgemeinster Form ist ein Vektor ein Element eines Vektorraums, d.h. ein Objekt, das mit seinesgleichen addiert werden kann und das mit Zahlen (sog. Skalaren) multipliziert werden kann. Eine Multiplikation von Vektoren ist im Allgemeinen nicht definiert.
In der Geometrie ist ein Vektor eine Klasse von Pfeilen gleicher Länge (Betrag), gleicher Richtung und gleicher Orientierung.
Um beispielsweise das Dreieck ABC in der Figur an die Position A'B'C' zu verschieben, muss jeder Punkt um 7 Einheiten nach rechts und 3 nach oben verschoben werden. Er bewegt sich dabei längs eines Pfeils . Da diese Pfeile in Länge, Richtung und Orientierung alle übereinstimmen, fasst man sie zu einer Klasse (Vektorklasse) zusammen, die man ebenfalls kurz mit bezeichnet. Jeder Pfeil ist ein Repräsentant dieser Klasse. Man beschreibt die Klasse durch die Verschiebung, die ihre Pfeile bewirken, im Beispiel:
- ,
im dreidimensionalen Raum entsprechend mit 3 Koordinaten, siehe weiter unten.
Die Definition des Vektors in der linearen Algebra als Element eines Vektorraumes ist eine viel umfassendere, die neben den "herkömmlichen", geometrischen Vektoren verschiedenste mathematische Objekte (Zahlen, Folgen, Funktionen und Transformationen) beinhaltet. Demnach ist auch jeder Tensor ein Vektor, obwohl man per Konvention zweidimensionale Vektoren als Matrix und mehrdimensionale Vektoren als Tensoren bezeichnet. Auch alle benannten Größen - wie Längenangaben in m, Geldbeträge usw. usf. - sind in diesem Sinn Vektoren.
In der Differentialgeometrie, der Physik und der Technik bezieht sich der Ausdruck Vektor normalerweise auf einen geometrischen Vektor des euklidischen Raumes, der durch einen Betrag, eine Richtung und eine Orientierung gegeben ist. Beispiele sind Geschwindigkeit, Impuls, Kraft, Moment und Beschleunigung. Nach dieser Definition ist ein Vektor ein Tensor erster Stufe. Alle folgenden Betrachtungen beziehen sich auf solche Vektoren, allgemeine Eigenschaften finden sich unter Vektorraum.
Vektoren kann man skalare Größen wie Abstand, Energie, Zeit, Temperatur, Ladung, Leistung, Arbeit und Masse gegenüberstellen, die zwar einen Betrag, aber keine Richtung und keine Orientierung haben.
Vektoren sind normalerweise ungebunden, das heißt, sie haben keinen fixen Ausgangspunkt. Ein Vektor kann daher als die Menge aller "Pfeile", die kollinear (d.h. parallel sind, also die gleiche Richtung besitzen), gleich lang und gleich orientiert sind, angesehen werden. Sie dienen im Allgemeinen dazu, eine Richtung anzuzeigen - siehe auch Richtungsvektor.
Im Unterschied dazu haben gebundene Vektoren einen Ursprung (Ausgangspunkt). Sie können zum Beispiel, als so genannte Ortsvektoren, die Position eines Punktes im Raum angeben. Kräfte, die auf Starrkörper wirken, sind teilweise gebunden. Sie wirken entlang einer bestimmten Geraden. Es ist egal, an welchem Punkt der Geraden sie angreifen. Man nennt sie "linienflüchtige" Vektoren.
Ein Vektor mit der Länge 1 heißt Einheitsvektor. Man kann jeden Vektor zu einem Einheitsvektor machen, indem man ihn normiert, das heißt alle Koordinaten durch den Betrag (die Länge) des Vektors teilt.
Ein Vektor mit gleichem Betrag, gleicher Richtung aber entgegengesetzter Orientierung eines anderen Vektors ist dessen Gegenvektor.
Darstellungsformen
Variablen, die für Vektoren stehen, werden häufig mit einem Pfeil gekennzeichnet ( bzw. ) oder fett geschrieben (a, AB). Im englischsprachigen Raum ist die Schreibweise bzw. gebräuchlicher.(Anmerkung: In diesem Artikel wird durchgängig die Pfeilschreibweise verwendet, in anderen Wikipedia-Artikeln kommt aber auch der Fettdruck vor.) Ist der Betrag, also die Länge, des Vektors gemeint, wird der Vektor mit zwei senkrechten Betragsstrichen eingeklammert:
Grafisch werden Vektoren normalerweise als Pfeile dargestellt:
A wird in diesem Fall als Ausgangs- oder Startpunkt und B als Spitze oder Endpunkt des Vektors bezeichnet. Die Lage der Pfeilspitze gibt die Orientierung des Vektors, die Länge seinen Betrag und der Pfeilschaft seine Richtung an. Dieser Vektor kann auch als bezeichnet werden und sein Betrag als bzw. . Dabei ist zu beachten, dass der Vektor nicht an die Punkte A und B gebunden ist, sondern, dass diese ihn nur definieren.
Um mit Vektoren sinnvoll rechnen zu können, ist die grafische Notation natürlich unpraktisch. In einem n-dimensionalem Euklidischen Raum können Vektoren als Linearkombination von n Basisvektoren dieses Raumes dargestellt werden. Im kartesischen Koordinatensystem nimmt man dafür n paarweise aufeinander normal stehende Einheitsvektoren.
Als Beispiel für diesen Artikel soll immer der dreidimensionale Vektorraum R³ mit einem kartesischen Koordinatensystem dienen. Sind , und die Einheitsvektoren in Richtung der x-, y- bzw. z-Achse, kann jeder Vektor als
angeschrieben werden. Die reellen Zahlen a1, a2 und a3 sind eindeutig durch festgelegt. Oft schreibt man Vektoren auch kurz als 3x1- oder 1x3-Matrix:
Mit dieser Schreibweise ist zwar die Wahl des Koordinatensystems nicht festgehalten, falls nicht anderes angegeben ist aber immer das kartesische Koordinatensystem gemeint, da es für viele Rechnungen am einfachsten ist.
Man kann dann die Koordinaten eines Vektor auch so darstellen:
Aus dem Satz von Pythagoras folgt, dass der Betrag des Vektors folgendermaßen berechnet werden kann:
Rechenoperationen
Addition und Subtraktion
Die Summe der beiden Vektoren
berechnet sich als:
- .
Die Vektoraddition kann man graphisch interpretieren indem man den Startpunkt des zweiten Vektors an den Endpunkt des ersten Vektors anschließt. Der Pfeil vom Startpunkt des ersten Vektors bis zum Endpunkt des zweiten Vektors repräsentiert den Ergebnisvektor:
Die Vektoren und können hier als Seiten eines Parallelogramms aufgefasst werden und der Ergebnisvektor als die (längere) Diagonale. Für die Addition von Vektoren gilt das Assoziativgesetz und das Kommutativgesetz.
Die Differenz dieser beiden Vektoren ist:
- .
Die geometrische Interpretation der Subtraktion von zwei Vektoren ist: Zwei Vektoren werden subtrahiert, indem man den Startpunkt des Gegenvektors des zweiten Vektors an den Endpunkt des ersten Vektors anschließt. Der Pfeil des Ergebnisvektors beginnt im Startpunkt des ersten Vektors und endet im Endpunkt des Gegenvektors des zweiten Vektors. Geometrisch entspricht dem der Verbindungsvektor zwischen den Endpunkten des zweiten und des ersten Vektors.
Multiplikation mit einem Skalar
Vektoren können mit reellen Zahlen, oft Skalare genannt, um sie von Vektoren unterscheiden zu können, multipliziert werden:
Die Länge des resultierenden Vektors ist daher . Wenn der Skalar negativ ist, ändert sich zusätzlich die Richtung um 180°. Die folgende Grafik illustriert zwei Beispiele (Multiplikation mit -1 und 2):
Für die Vektoraddition und die Multiplikation mit einem Skalar gilt das Distributivgesetz:
Die Multiplikation eines Vektors mit einem Skalar wird häufig auch S-Multiplikation genannt.
Das Skalarprodukt (oder Inneres Produkt) zweier Vektoren und , so genannt weil das Ergebnis ein Skalar ist, wird notiert als und ist definiert als
- ,
wobei der zwischen den beiden Vektoren eingeschlossene Winkel ist (siehe auch Kosinus).
Im Kartesischen Koordinatensystem berechnet sich das Skalarprodukt als
Geometrisch bedeutet das Skalarprodukt eine Multiplikation der Länge des ersten Vektors mit der Länge der Projektion des zweiten Vektors auf den ersten Vektor. Daher ist das Skalarprodukt zweier orthogonal aufeinander stehender Vektoren immer 0. Diese Operation wird oft in der Physik gebraucht, zum Beispiel um die Arbeit zu berechnen, wenn Kraft und Weg nicht in der selben Richtung verlaufen.
Für das Skalarprodukt gilt das Kommutativgesetz.
Winkel zwischen zwei Vektoren
Der Winkel zwischen zwei Vektoren und kann mit folgender Formel berechnet werden, die aus dem Skalarprodukt folgt:
Dass das Skalarprodukt einen direkten Zugang zur Berechnung von Winkeln in der Vektorgeometrie ermöglicht, macht seine große Bedeutung für die Geometrie aus.
Das Kreuzprodukt (auch vektorielles Produkt, äußeres Produkt oder Vektorprodukt) (notiert als ) zweier Vektoren in einem dreidimensionalen euklidischen Vektorraum ist ein bestimmter Vektor, der normal (senkrecht im Sinne des Skalarprodukts) auf der von und aufgespannten Ebene steht.
Im gewöhnlichen dreidimensionalen Raum R3 ist das Kreuzprodukt von a und b definiert als
wobei der von den beiden Vektoren eingeschlossene Winkel (siehe auch Sinus), und der zu beiden Vektoren normale Einheitsvektor ist.
Diese Definition hat allerdings das Problem, dass es zwei Vektoren gibt, die normal auf und stehen. Den korrekten Vektor bestimmt die Orientierung des Vektorraumes. Das heutzutage verwendete Koordinatensystem ist "rechtshändig" (ein so genanntes "Rechts-System"), d.h. sowohl die Koordinatenachsen (x, y und z) als auch die Vektoren , und verhalten sich wie Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger der rechten Hand, wenn man sie im rechten Winkel zueinander von der Handfläche wegstreckt (daher oft Rechte-Hand-Regel genannt).
Graphisch lässt sich das Kreuzprodukt darstellen als:
Im Kartesischen Koordinatensystem kann das Kreuzprodukt berechnet werden als:
Der Betrag von entspricht der Fläche des von und aufgespannten Parallelogramms.
Für das Kreuzprodukt gilt nicht das Kommutativgesetz sondern das sogenannte Anti-Kommutativgesetz:
Es gibt eine Verallgemeinerung des Kreuzprodukts auf n-dimensionale Räume, die allerdings nicht mehr nur zwei Vektoren verknüpfen, sondern n-1 Vektoren. Das Kreuzprodukt dieser Vektoren ist ein Vektor, der auf allen senkrecht steht und dessen Länge und Richtungssinn von den Längen und der Reihenfolge der Argumente abhängt. Siehe dazu: Kreuzprodukt.