Prüfungsangst

Angst vor der Bewertung der persönlichen Leistung und des Versagens.
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Die Prüfungsangst ist eine Angst vor der Bewertung der persönlichen Leistungsfähigkeit, die den Betroffenen daran hindert, sein Wissen bei einer Prüfung unter Beweis zu stellen. Sie ist eine Sonderform der sozialen Bewertungsangst (einer sozialen Phobie). Prüfungsangst tritt bei Personen mit Lernbehinderungen oder Verhaltensauffälligkeiten in einem größeren Ausmaß auf als bei Personen ohne solche Probleme.[1]

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Redaktion Medizin
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In den USA wird diese Phobie, sofern die Einschränkung nachgewiesen und dokumentiert wird, über den Americans with Disabilities Act als Behinderung anerkannt und werden besondere Prüfungsabläufe angeboten, sofern der entsprechende Antrag mindestens 30 Tage vor Prüfungsbeginn eingereicht wird. [2][3] Allerdings wird Prüfungsangst für gewöhnlich nicht von vorherein als entsprechende Behinderung im Sinne des Gesetzes anerkannt.[4]

Entstehung

Meist entsteht die Prüfungsangst aus negativen Vorerfahrungen in einer Prüfungssituation oder aus Erzählungen und selbst ausgestalteten „Bildern“ solcher Erfahrungen. Sie baut auf einem Selbstbild auf, das wenig Sicherheiten aus anderen Bereichen bezieht und schreibt die (befürchteten) Misserfolge im wesentlichen der eigenen Person zu (Attribution). Die individuell verschiedene „emotionale Erregbarkeit“ spielt bei der Ausprägung der Prüfungsangst eine große Rolle.

 
Zusammenhang von Angst und Leistung

Ein gewisses Maß an Stress wirkt in der Prüfung durchaus leistungssteigernd, je komplexer die abgefragten Leistungen, um so störanfälliger werden sie allerdings. Für die Prüfungsvorbereitung wird durch eine vorhandene Prüfungsangst zwar oft mehr Zeit aufgewendet, dabei werden die Schwerpunkte aber häufig falsch gesetzt (Detaillismus statt Strukturierung). Daneben können die Entspannungsphasen in den Pausen gestört sein.

Die Endphase des Hochschulstudiums kennt spezifische Anspannungen während der Bearbeitung und Betreuung von schriftlichen Examensarbeiten. Diese psychischen Spannungen sind durchaus bilateral. Sie betreffen nicht nur Studierende, sondern auch Dozenten; denn Letztere müssen sich in der Regel als Autodidakten ohne psychologische oder pädagogische Vorbildung in Prüfungssituationen und bei der Betreuung von Examensarbeiten bewähren. Die jedem Menschen eigene Widerstandsfähigkeit ("Resistenz") kann auf beiden Seiten durch gezielte Techniken des Spannungs- und Stressabbaus gesteigert werden. Schenk hat zahlreiche "Psychotricks" sowohl für Studierende als auch für Dozenten zusammengestellt, mit denen die eigene Widerstandskraft wie auch die der Gegenseite gestärkt werden kann: Techniken des "autogenen Resistenztrainings" und des "heterogenen Resistenztrainings".

Behandlungsbedürftig wird eine Prüfungsangst, wenn sie erheblichen Einfluss auf die Lebensgestaltung der Person nimmt. Insbesondere wenn der Betroffene bereits im Teufelskreis der ‚Angst vor der Angst‘ gefangen ist, drohen panikartige Reaktionen mit Flucht- und Vermeidungstendenzen. Oft wird auch ein Kontrollverlust oder ein Blackout erlebt oder fantasiert. Ein totaler Blackout wird durch einen Gedanken bedingt, der nicht zur Lösung der Prüfungsaufgabe beiträgt und Versagensangst hervorruft. So wie ein Felsenkletterer nicht nach unten blicken und sich vor einem Absturz ängstigen darf, sondern sein Ziel im Auge haben und sich auf den Weg, dieses zu erreichen, konzentrieren muss, so sollte ein Prüfungskandidat sich genau auf die Aufgabe konzentrieren und nicht etwa daran denken, was Prüfer oder andere Personen darüber denken könnten. Im Englischen trifft der Begriff „worry“ diesen zweiten, schädlichen Gedanken am besten. Der unpassende Gedanke ruft eine Versagensangst hervor, die den Verstand blockiert und so das Lösen der Aufgabe verhindert, körperliche Angstsymptome verstärken noch den Blackout. Dadurch kommt es nicht selten zu Schulversagen oder Studienabbruch. Der hierdurch verursachte Schaden ist auch von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung.

Therapie

Behandelt werden kann die Prüfungsangst durch das Erlernen von Entspannungstechniken, und die Veränderung selbstabwertender Selbstanweisungen und Vorstellungen in realistische und ermutigende Selbstanweisungen (Selbstinstruktionstrainings). Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Bearbeitung der Ursachenzuschreibung (Attribution) für Erfolg und Misserfolg und ihrer persönlichen Bedeutung (zum Beispiel im Prüfungscoaching). Studienberatung, Schulpsychologie und Berufsberatung dienen der Einschätzung der Begabung des Menschen mit Prüfungsangst. Unabhängig davon können gute Lern- und Arbeitstechniken in der Prüfungsvorbereitung für eine Entspannung sorgen.

Konzepte

pharmakologischer Therapieansatz

Vorteil: Rascher Wirkungseintritt und das Gefühl, etwas gestalten zu können. Nachteil: Der Grundkonflikt wird nicht bearbeitet und bricht nach Absetzen sofort wieder auf. Außerdem hohe Gefahr der Abhängigkeit (psychisch bei den Antidepressiva und körperlich bei den sog. Tranquilizern (alle Diazepin-Derivate z.B. Valium). Weiter treten nicht selten paradoxe Reaktionen auf (das Symptom, das man bekämpfen möchte, verstärkt sich nach Medikation erheblich). Wichtig ist auch noch, dass die geistige Reaktions- und Verarbeitungsbereitschaft herabgesetzt ist. Somit wird das Lernen als noch schwerer als so schon empfunden mit der Folge, dass die Angst, das Pensum nicht zu bewältigen, sich noch vergrößert; hier oft Beginn eines Teufelskreises bei Dosiserhöhung. Abnahme von Selbstbewusstsein: Nicht ich, sondern die Droge hat etwas bewirkt.

psychotherapeutischer Therapieansatz

tiefenpsychologisch oder analytisch

Vorteil: Hier wird der Grundkonflikt an der Wurzel angepackt (z.B. hohe Leistungsansprüche in der Kindheit); dadurch hohe Nachhaltigkeit. Nachteil: Es dauert oft Monate, teils Jahre, bis die Therapie greift. In der Zwischenzeit nimmt aber der Druck zu, anstatt ab. Das Studium verlängert sich teilweise auf das Doppelte der Zeit. Außerdem kommen die Patienten sowieso schon viel zu spät in die Therapie (teilweise sogar erst wenige Wochen vor einer Prüfung).

verhaltenstherapeutisch

Vorteil: Die Therapie setzt im "Jetzt" an. Es werden konkrete Übungen und Strategien mitgegeben. Die Kindheit spielt keine so wichtige Rolle. Nachteil: Man muss erst mal einen freien Platz finden; das kann Monate dauern, denn der Bedarf nimmt laufend zu bei stagnierenden Therapeutenzahlen. Die Kassen bezahlen weniger Sitzungen als bei der analytischen Psychotherapie. Die Pat. fühlen sich durch die vorgeschlagenen Übungen manchmal überfordert oder schämen sich, wenn sie ohne "Hausaufgaben" in die Therapie kommen. c) hypnotherapeutisch: Vorteil: Die schnellste und effektivste Behandlungsform. Nachteil: Hypnotherapeuten sind schwer zu finden (wenige Behandler), haben sehr lange Wartezeiten und werden von den Kassen nicht bezahlt. Die Honorare sind meist recht hoch, in Einzelfällen bis zu 300€ pro Sitzung. Dafür sind auch weniger Stunden nötig: Meist zwischen 10 und 20 Behandlungen.

Selbsthilfe

mittlerweile gibt es Hypnoseprogramme gegen Angst auf CD zu kaufen. Sie sind nach bestimmten Ängsten unterteilt (z.B. Flugangst, Prüfungsangst, Platzangst usw.). Die Behandlung verläuft so, dass man sich in einer bequemen Lage (sitzend oder liegend) die CD über Kopfhörer einspielt. Viele CDs sind mit Musik unterlegt, so dass die Suggestionen nicht so langweilig wirken. Man wird dadurch in einen Trance-Zustand versetzt, in dem das Unterbewusstsein empfänglich für positive Botschaften wird, die es sonst abblocken würde, z.B.: "Sie werden diese Prüfung in völliger Gelassenheit bestehen....". Diese Suggestionen werden dann in der Prüfungssituation (teils bewusst, teils unbewusst) wirksam. Man unterscheidet 2 Arten von Hypnoseprogrammen:

Pauschalprogramme

Diese Programme "von der Stange" werden einmal konzipiert und dann beliebig oft kopiert. Vorteil: Sehr geringe Produktionskosten, daher sehr günstig im Preis (oft unter 50€ pro CD), beleibig oft anwendbar, keine Wartezeit auf Therapieplatz, keine Abstimmungsprobleme wegen Terminvereinbarung; kann zu jeder Tageszeit eingesetzt werden und passt sich somit der eigenen Zeiteinteilung an. Gute Einsteigermöglichkeit. Macht Mut und gibt das Gefühl, etwas verändern zu können. Völlig Nebenwirkungsfrei. Keine Abhängigkeit bekannt. Schneller Einsatz ohne eigene und fremde Vorarbeit. Nachteil: Weil alle möglichen Ursachen und Erscheinungsformen von Ängsten in das Programm eingegeben werden, können sie nicht spezifisch ansetzen. Zuviel Streuverluste. Ab einem bestimmten Niveau das Gefühl, nicht weiter zu kommen. Sie werden bei mehrmaligem Hören oft als langweilig empfunden und dann zur Seite gelegt. In der Regel ist keine persönliche Nachbetreuung vorgesehen.

Individualprogramme

Hier werden Trancen als Unikate jeweils spezifisch auf den Patienten maßgeschneidert. Der Ablauf ist meist so, dass die Betroffenen einen ausführlichen Fragebogen ausfüllen und einschicken. Dieser bildet dann die Grundlage für eine genaue Analyse des Problems. Bei der Auswertung werden dann sowohl die Ursachen als auch die aktuellen Erscheinungsformen des Problems herausgearbeitet. Damit werden spezifische Suggestionen entwickelt, die genau auf die Persönlichkeit der Klienten abgestimmt sind und so gezielt wirken. Die Potentiale der Patienten werden praktisch als Katalysatoren eingesetzt. Vorteil: Schnelle, effektive und nachhaltige Wirkung. Beliebig oft einsetzbar. Keine Abnutzungserscheinungen: Programm wird immer wieder als "neu" empfunden, obwohl die CD dieselbe bleibt. Individualtrancen werden gerne benutzt (kein Pflichtprogramm wie bei Hausaufgaben). Hohe Trefferquote, keine Streuverluste. Oft auch noch individuelle Nachbetreuung (telefonisch oder in spezifischen Seminaren) möglich. Nachteile: Durch die aufwendige Produktion sehr hoher Preis (ca. 150€ bis 500€). Wegen missbräuchlichem Einsatz (Hören im Auto) sind schon Unfälle passiert.

Einzelbeleg

  1. Sue Swanson, Carol Howell: Test anxiety in adolescents with learning disabilities and behavior disorders. In: Exceptional Children. 62. Jahrgang, 1996.(Zusammenfassung (engl.)
  2. Zuriff GE. Accommodations for test anxiety under ADA? J Am Acad Psychiatry Law. 1997;25(2):197-206.PMID: 9213292
  3. William A. Kaplin, Barbara A. Lee: The Law of Higher Education. Wiley, 2007, ISBN 0-7879-7095-6 (S. 447).
  4. [http://www.d.umn.edu/access/gen_disold.html#test_anxiety Disability Resources der University of Minnesota Duluth

Literatur

  • Doris Wolf & Rolf Merkle: So überwinden Sie Prüfungsängste, psychologische Strategien zur optimalen Vorbereitung und Bewältigung von Prüfungen. PAL Verlag, ISBN 3-923614-36-5
  • Ariane Charbel: Top vorbereitet in die mündliche Prüfung. Auflage: 2., aktualis. A., August 2005, Bw Verlag, ISBN 978-3-8214-7651-3
  • Jürgen Messer & Dr. Gabriele Bensberg: Das Mannheimer Prüfungscoaching-Programm (PCP). 3., überarb. u. erw. Aufl. 2007, Studentenwerk Mannheim, ISBN 978-3-00-020554-5
  • Andreas Böss-Ostendorf & Holger Senft: beat it! Der Prüfungscoach für Studium und Karriere. Campus, März 2005, ISBN 3-593-37696-2
  • Hans-Otto Schenk: Die Examensarbeit. Ein Leitfaden für Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, UTB 2657, Göttingen 2005, ISBN 3-8252-2657-3