Einzelheiten
im Buch Altonaer Blutsonntag von Schirmann, die nicht im Artikel eingearbeitet sind:
a) Versagen der Polizei im Vorfeld: Es war absehbar, dass es zu Ausschreitungen kommen würde, wenn 7000 uniformierte SA-Männer aus ganz Schlewig-Holstein durch das "rote Altona" marschieren würden. Ein Verbot wäre möglich gewesen. Es wurden anfangs zu wenig Polizisten eingesetzt. Die erfahrene Polizeiführung machte Urlaub!
b) Die zwei SA-Toten sind zweifelsfrei durch Schüsse von Kommunisten getötet worden. Es gab mindestens einen verletzten Polizisten. 64 Verletzte wurden gemeldet, davon 30 mit Schussverletzung (vergl. Seite 57)
c) Bis Mitte 1937 standen in sechs Verfahren insgesamt 93 Personen vor Gericht, von denen 18 Personen wegen Schießens in den Straßen (bzw. auf Polizisten und SA) verurteilt; dabei wurde kein einziger "Dachschütze oder Fensterschütze" verurteilt. Schirmann schließt daraus, dass es keine Schüsse aus den Häusern gegeben habe; die Einschläge der Polizeikugeln in Fassaden hätte Mörtel aufstieben lassen und die Polizei zu einer falschen Deutung geführt.
d) Schirmann folgert aus der Bewaffnung einer Gruppe von Polizisten mit Militärgewehren (Gruppe Kosa), dass ihnen die Toten anzulasten sind, sofern bei der Obduktion Verletzungen mit Militärgeschossen entdeckt wurden. Seine auf Seite 152/153 im Buch "Blutsonntag" zusammengestellte Liste enthält jedoch sehr häufig Angaben wie "anscheinend Militärgewehr", "höchstwahrscheinlich Militärgewehr", "vielleicht Militärkugel" oder "augenscheinlich Militärgewehr", so dass etwas mehr Vorsicht bei dieser Behauptung angeraten wäre. Holgerjan 11:31, 21. Apr 2005 (CEST)
Neutralität ?
Der Text des Artikels in der jetzigen Fassung vom 21.4.05 lautet: Bei einem Provokationsmarsch der SA durch die Arbeiterviertel der damals zu Preussen gehörigen Altonaer Altstadt am 17. Juli 1932 kam es zu Auschreitungen von Seiten der SA, viele Gegendemonstranten wurden verletzt. Die Polizei griff nicht ein. Kurz vor 17 Uhr ereignete sich ein Schußwechsel, bei dem 2 SA-Leute erschossen wurden. Viel später griff die Polizei ein, dabei wurden vom Hamburger Polizeikommando "Kosa" 16 Demonstranten und Unbeteiligte erschossen. ---
Es ist umstritten, ob die ersten Schüsse, die zwei Tote unter der SA verursachte, nach einem gewalttätigen Zwischenfall und gewissermaßen als emotionale Reaktion auf verletzte Gegendemonstranten erfolgte. Dies ist allein These von Schirmann, der allerdings mehr Quellen als andere Darstellungen heranziehen konnte. Dennoch bleibt die Quellenlage dürftig. Die Formulierung des Artikels spitzt die These Schirmanns noch zu, indem die Mitteilung angeschlossen wird "viele Gegendemonstranten wurden verletzt." - Im Original heißt es bei Schirmann an dieser Stelle: "Es hatte Schlägereien gegeben, bei denen die SA-Leute die Oberhand behalten hatten, im allgemeinen war die Menge geflüchtet...". (Seite 112)
Im Artikel heißt der Anschlusssatz: "Die Polizei griff nicht ein. Kurz vor 17 Uhr..." Hier wird der Polizei erkennbar Untätigkeit/Parteinahme unterstellt, die die Emotionen auf Seite der Antifaschisten zweifellos gesteigert hätte. Die folgende Zeitangabe 17 Uhr klärt den Sachverhalt nicht weiter, sondern lässt den Leser vermuten, dass bis zu den Schüssen noch eine mehr oder weniger lange Zeitspanne verging. --- Bei Schirmann steht: "Die vorgedrungenen SA-Männer kehrten schnell zur Straßenkreuzung zurück. Unmittelbar danach setzte aber die Schießerei ein." (Seite 112)
Artikeltext: "Viel später griff die Polizei ein." Im Original: "Die Polizei erschien allerdings nicht sofort. Zuerst kamen nach einigen Minuten drei berittene Beamte. (Seite 113). (Einige Minuten wird durch Angabe eines Zeugen in Anm.69 auf "5 Minuten" präzisiert - sofern in dieser dramatischen Lage solche Zeitangabe überhaupt als Beweis von Gewicht ist).
Ungenau: "Demonstranten (wurden) erschossen" - auf Seite der SA-Demonstranten gab es keine weitere Toten; die Opfer waren Gegendemonstranten, Neugierige, Zufallsopfer, Anwohner, die sich in der Nähe von Zimmerfenstern aufhielten. Holgerjan 15:24, 21. Apr 2005 (CEST)
Und im nächsten Absatz vorwurfsvoll: "Bei den anderen 16 Opfern wurde nicht einmal ermittelt" -Zwar überrascht es mich auch, dass man bei der Obduktion nicht rausbekam, ob eine Polizeikugel für den Tod verantwortlich war. Aber Ermittlungen gab es!Holgerjan 16:04, 21. Apr 2005 (CEST)
Vorschlag für Neufassung
Als Altonaer Blutsonntag wird der 17. Juli 1932 bezeichnet, an dem es bei einem Werbemarsch der SA durch das damals noch zu Preußen gehörende “rote” Altona zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam, bei denen 18 Personen erschossen wurden. Dieser Vorfall wurde von der Reichsregierung unter Franz von Papen als Anlass aufgegriffen, um die noch amtierende preußische Regierung im “Preußenschlag” am 20. Juli 1932 abzusetzen.
Erhebliche Auseinandersetzungen waren vorhersehbar, wenn ein Demonstrationszug von 7000 uniformierten SA-Leuten durch Altona genehmigt wurde, das wegen seiner mehrheitlich sozialdemokratisch oder kommunistisch wählenden Arbeiterschaft als "Rotes Altona" galt. An einer Straßenkreuzung kam es zu einer Schlägerei zwischen SA und Kommunisten. Kurz darauf fielen Schüsse; zwei SA-Leute wurden tödlich getroffen. Die Polizei glaubte, sie und die Marschkolonne werde von Dächern und Fenstern aus gezielt unter Feuer genommen. Sie machte dem Zug den Weg frei, vertrieb die Leute von der Straße, verlangte durch Zurufe das Schließen der Fenster und schoss auf vermeintliche Angreifer und "Dachschützen". Dabei kamen 16 unbeteiligte Personen aus der Wohnbevölkerung ums Leben.
Die politisch Verantwortlichen ließen ihre rechtliche Handhabe ungenutzt, diesen Demonstrationszug zu verbieten oder seine Wegstrecke zu ändern. Die aufgebotenen Polizeikräfte waren zu schwach und reichten selbst nach Verstärkung durch Hamburger Schutzpolizisten nicht aus. Auch waren die ranghöchsten Polizeiführer nicht vor Ort.
Es wird von keiner Seite bezweifelt, dass die tödlichen Schüsse auf die beiden SA-Leute von Kommunisten abgegeben worden sind. Die 16 weiteren Tötungen wurden nicht hinreichend aufgekärt; es gibt Indizien, dass diese Toten alle Opfer der wild umherschießenden Polizei waren. Nach einem Urteil mit fragwürdigen Beweisen, die auf einseitige Ermittlungen der Staatsanwälte von 1932 zurückzuführen sind, wurden am 1. August 1933 die den Kommunisten zugerechneten Bruno Tesch, Walter Möller, Karl Wolff und August Lütgens mit dem Handbeil geköpft; es waren dies die ersten Hinrichtungen im Dritten Reich. Die Urteile wurden im November 1992 in einem gerichtlichen Verfahren aufgehoben. - Diese Hinrichtungen sind geschichtlicher Hintergrund des Buches Das Beil von Wandsbek von Arnold Zweig.--Holgerjan 18:19, 21. Apr 2005 (CEST)
- einverstanden, ich habe zwei Links korrigiert. --Wmeinhart 23:28, 21. Apr 2005 (CEST)
für wmeinhardt: Ich habe auf deine Anregung hin das Wort "provozierend" im ersten Satz gestrichen. Im letzten Absatz habe ich in "den Kommunisten zugerechnet" geändert, weil Bruno Tesch wohl nur in einer der Partei nahestehenden Jugendgruppe war. Den Hinweis in deiner Email werde ich bei Gelegenheit nachgehen. Gruß und Dank --Holgerjan 09:17, 22. Apr 2005 (CEST)
- Ich finde den Textvorschlag sehr viel besser als den bestehenden Artikel und würde Holgerjan bitten, ihn einzustellen. Allerdings schlage ich vor, den anachronistischen Begriff „Antifaschist“ (und seine Abwandlungen) zu ersetzen, etwa durch „Gegner der Nationalsozialisten“ o.ä. --Skriptor ✉ 22:20, 24. Apr 2005 (CEST)
2 mal Bruno Tesch
Bitte Namensgleichheit beachten (und möglichst keinen unbedachten Link auf Bruno Tesch setzen)! Der hier angesprochene Bruno Tesch, geb. 1913 in Kiel - hingerichtet August 1933, ist Opfer eines politisch motivierten Fehlurteils. Nach ihm wurde eine - inzwischen aufgelassene - Gesamtschule in Hamburg-Altona benannt. Die Bemühungen einer Gruppe von Eltern/Lehrern/Angehörigen führten zu einem Wiederaufnahmeverfahren und Aufhebung des Urteils 1992. Es gibt jedoch einen Kriegverbrecher Dr. Bruno Tesch, geb. 14.8.1890 - hingerichtet 16. 5. 1946, der wegen Lieferung von Zyklon B durch seine Firma Tesch & Stabenow im Curiohaus-Prozess verurteilt wurde. --Holgerjan 21:40, 25. Apr 2005 (CEST)