Lowry-Krieg

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Der Lowry-Krieg oder Lowrie-Krieg (engl.: Lowry War oder Lowrie War) wird als einer der wichtigsten und umstrittensten Abschnitte der Geschichte des North Carolinas betrachtet. Angeführt von Henry Berry Lowry (andere Schreibweisen sind Lowrie oder Lowery), einem 17-jährigen amerikanischen Ureinwohner aus dem Stamm der Tuscarora, dessen Vater und Bruder durch die konföderierte Bürgerwehr getötet wurden, führte eine Gruppe Indianer und Afroamerikaner aus North Carolina in einen von 1864 bis 1874 sieben Jahre andauernden Krieg gegen die Südstaaten. Während dieser Zeit wurden Lowry und seine Frau, Rhoda Strong, in den Augen der armen Bevölkerung des Robeson County zu Helden im Stile Robin Hoods. Die Bevölkerung der ländlichen Gebiete North Carolinas erinnert sich bis heute an das Paar und verehrt sie als eine Art Volkshelden.

Henry Berry Lowry, Anführer des Lowry-Krieges

Vorgeschichte

Im Jahre 1835 verabschiedete die Generalversammlung North Carolinas ein Gesetz, dass allen „Nicht-Weißen“, neben dem Entzug des Wahlrechts, auch den Besitz und das Tragen einer Waffe untersagte. Im Robeson County wurde dieses Gesetz mehrfach durch Petitionen und richterliche Entscheidungen in den Jahren zwischen 1835 und 1852 gestärkt.[1] Für die freien Afroamerikaner und Indianer, die zeitgenössisch auch zu den den Farbigen[2] gezählt wurden, hatte das gravierende Folgen, da sie sich ohne Waffen weder selbst verteidigen noch auf die Jagd gehen konnten. In der Folgezeit nutzten weiße Siedler diese Tatsache und begannen Zwischenfälle, die sogenannten „Tied-Mules-Incidents“ (Zwischenfälle mit angebundenen Maultieren), zu inszenieren. Dabei ließen die weißen Farmer ihre Tiere auf dem Land der Indianer weiden und beschuldigten diese anschließend die Tiere gestohlen zu haben. Als Wiedergutmachung und für die Rücknahme der Anzeige forderten die Weißen Land oder Frondienste von den indianischen Landbesitzern.

Zwei Jahrzehnte später, im Jahre 1860 blickte North Carolina auf eine lange Tradition der Sklavenhaltung zurück, etwa ein Drittel der Bevölkerung waren Sklaven afrikanischer Abstammung, ein geringerer Anteil als in den meisten anderen Staaten der Konföderation. Darüberhinaus gab es einen bemerkenswerten Anteil freier Farbiger in der Bevölkerung, etwa 30.000 Menschen, meist Nachfahren der im 18. Jahrhundert aus Virginia eingewanderten Siedler[3]. Trotz der anfänglichen Haltung, sich nicht an Krieg zu beteiligen, schloss sich der Bundesstaat nach dem Aufruf Abraham Lincolns im Schwesterstaat South Carolina einzumarschieren, im Jahre 1861 den konföderierten Staaten an. Daraufhin wurden Soldaten ausgehoben und mit dem Ausbau der militärischen Anlagen begonnen, im Verlauf des Sezessionskrieges wurden 125.000 Soldaten in North Carolina rekrutiert.

Viele Angehörige des Stammes der Cherokee im Westen North Carolinas unterstützten die Konföderation und vor allem die Legion Thomas, das 69. North Carolina Regiment. Diese Einheit der Konföderierten unter der Führung des Cherokee Colonel William Holland Thomas hatte zwei Kompanien bestehend aus Cherokee-Indianern. Die nicht freiwillig am Krieg teilnehmenden freien Farbigen wurden zur Arbeit an wehrtechnischen Anlagen gezwungen, beispielsweise an der konföderierten Befestigung Fort Fisher nahe Wilmington. Dieser Anteil der Bevölkerung, zu denen auch Teile der Lumbee und die Familie Lowry gehörte, wurde entweder als Gefahr oder als potentielle Zwangsarbeiter für die konföderierten Militärprojekte betrachtet. Viele von ihnen flüchteten, versteckten sich in dem Sümpfen und schlossen sich zu Widerstandsgruppen zusammen, um der Zwangsrekrutierung der Konföderierten zu entgehen.

Diese beiden Faktoren, zum einen die drohende Gefahr der Zwangsrekrutierung, die die Männer in die Sümpfe trieb, wie auch die massive Einschränkung der Jagd durch das Verbot von Waffen, führten zu einer Verknappung der Lebensmittel. Die farbige und indianische Bevölkerung in Robeson County empfanden die materielle Benachteiligung und Verfolgung der armen Bevölkerungsschicht zunehmend als ungerecht und ihr Unmut gegenüber der wohlhabenden und weißen Schicht stieg an.[4] Die überwiegend weiße Bürgerwehr unterstützte die Konföderation in ihren Bemühungen und bei den Rekrutierungen und versuchte die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten, während die Soldaten an der Front kämpften.

Ausbruch des Krieges

Die Lowry Familie

Henry Berry Lowry, war eines von 12 Kindern der Familie Allen und Mary Lowry, einer angesehenen indianischen Familie aus dem als „The Settlement“ oder „Scuffletown“ bezeichneten Gebiet in der Umgebung von Pembroke im Robeson County, dem angestammten Gebiet der Lumbee. Die Abstammung der Familie ist nach historischen Quellen unklar, die Lowrys werden zum Teil als Lumbee[5]bezeichnet, in anderen Aufzeichnungen wird Henry Berry Lowry als Tuscarora oder Tuscarora-Mischling bezeichnet.[6] Gelegentlich wird er auch als „North Carolina Modoc“ oder „Robeson County Apache“[7] beschrieben. Der Vater Allen stand der Konföderation kritisch gegenüber.

Auslösende Ereignisse

Die ersten Verbrechen Henry Lowrys ereigneten sich, als er nach andauernden Streitigkeiten James P. Barnes am 21. Dezember 1864, sowie James Brantley “Brant” Harris am 15. Januar 1865 ermordete. In Robeson County, dem Stammesgebiet der Lumbee, beschuldigte die Bürgerwehr einige der Bürger Deserteure, entflohene Gefangene der Unionstruppen und Gewehre zu verstecken, sowie Fleisch aus den Räuchereien zu stehlen.

William T. Shermans Armee war nur noch ein paar Kilometer von Robeson entfernt, als die Bürgerwehr Henry Lowrys Vater Allen und seinen Bruder William verschiedener Verbrechen beschuldigte. Nach einer hastig einberufenen Verhandlung wurden sie schuldig gesprochen und am 31. März 1865 exekutiert.

Im folgenden Jahrzehnt erlebte der Südosten North Carolinas Terror und Blutvergiessen, während Lowry zum meistgejagten Gesetzlosen in der Geschichte des Staates wurde. Während des Krieges führte Lowry die Behörden, die ihn 8 Jahre lang jagten, an der Nase herum und verspottete sie. Er ermordete John Taylor, von dem angenommen wurde, er sei der Vorsitzende des örtlichen Ku Klux Klan. Nach der Tat verschwanden Lowry und viele andere in den Sümpfen der Umgebung, eine Taktik, die sie immer wieder einsetzten und die sie erfolgreich vor der Gefangennahme durch die Behörden schützte.

Im Verlauf des Krieges wurde die Nahrung durch den Zulauf weiterer Gesetzloser knapp, darunter entflohene Sklaven, konföderierte Deserteure und geflohene Unionsgefangene, die in die Sicherheit der Sümpfe flohen. Dadurch wurden die Rebellen dazu gezwungen ihre Taktik zu ändern und sie beschlossen, zukünftig auf Kosten der Reichen zu leben, anstatt Arme auszurauben. Die Bande überfiel Plantagen und verteilten erbeutete Nahrungsmittel an die Armen in Pembroke.

Ende der Kriegshandlungen

1872 verschwand Henry Berry Lowry spurlos. Die auf seinen Kopf ausgesetzte Summe wurde nie eingefordert und seine Geschichte nahm mehr und mehr mythische Ausmaße an. Nach dem Tod Steve Lowrys durch Kopfgeldjäger im Jahre 1874 endete der Lowry-Krieg. Für die heutige Bevölkerung North Carolinas ist Lowry eine kontrovers diskutierte Persönlichkeit, seine Unterstützer halten ihn für einen Helden, seine Kritiker betrachten ihn als einen gewöhnlichen Kriminellen.

Die Legende

Seit 1976 wird der Legende Lowrys jeden Sommer auf der Freilichtbühne in Pembroke mit dem Theaterstück „Strike at the Wind“ erinnert.[8] Im Umfeld des kritisch betrachteten Sezessionskrieges und der nachfolgenden Phase der Reconstruction wird Lowry als gesetzloser Held dargestellt, der das im Süden herrschende System weißer Vorherrschaft durch seinen Kampf für die Selbstbestimmung seines Volkes und die Verbrüderung mit der heruntergekommenen Bevölkerung des Staates, den armen Schwarzen und Weißen, verspottete.

Literatur

  • David Ball:The Swamp Outlaw: The Civil War Story of Henry Berry Lowery and His North Carolina Indian Raiders, 1st Books Library, 1999, ISBN 1585004081
  • Karen I. Blu: The Lumbee Problem: The Making of an American Indian People., University of Nebraska Press, 2001, ISBN 0803261977
  • William McKee Evans: To Die Game: The Story of the Lowry Band, Indian Guerrillas of Reconstruction., Syracuse University Press, 1995, ISBN 0815603592
  • Adolph L. Dial, David K. Eliades: The Only Land I Know: A History of the Lumbee Indians., Syracuse University Press, 1996, ISBN 0815603606
  • E. Stanly Godbold, Jr., Mattie U. Russell: Confederate Colonel And Cherokee Chief: The Life Of William Holland Thomas., University of Tennessee Press, 1990, ISBN 1572331615
  • George Alfred Townsend: The Swamp Outlaws: or The North Carolina Bandits; Being a Complete History of the Modern Rob Roys and Robin Hoods., Robert M. DeWitt, New York, 1872
  • Lowry Band In: William S. Powell, Jay Mazzocchi (Hrsg.): Encyclopedia of North Carolina, Chapel Hill, University of North Carolina Press, 2006, ISBN 0807830712

Einzelnachweise

  1. Gerald M. Sider: Living Indian Histories: Lumbee and Tuscarora People in North Carolina. University of North Carolina Press, 2003, Seite 173, ISBN 0807855065
  2. Als Free People of Color oder Free Person of Color bezeichnet werden „Black, Negro, Mulatto, Mustee or even Native American Indian“, vgl. hierzu die „Colonial Records of North Carolina” im North Carolina State Archives, Miscellaneous Records in the Office of Secretary of State: Free People of Color Petition filed in Granville County in 1771
  3. US-Census 1860, University of Viginia
  4. Vortrag William McKee Evans im Native American Resource Center of The University of North Carolina at Pembroke am 10. November 2005: „The Civil War was a rich man’s war and a poor man’s fight, war brought inequality to absolutely grotesque proportions. The people who had it worst were the poor Lumbee, who were rounded up and forced to work at Fort Fisher.”
  5. Frederick E. Hoxie: Encyclopedia of North American Indians: Native American History, Culture, and Life from Paleo-Indians to the Present. Houghton Mifflin Harcourt, 1996, Seite 350 ISBN 0395669219
  6. Gerald M. Sider: Living Indian Histories: Lumbee and Tuscarora People in North Carolina. UNC Press, 2003, Seite 269, ISBN 0807855065
  7. Christopher Arris Oakley: Keeping the Circle: American Indian Identity in Eastern North Carolina 1885-2004. University of Nebraska Press, 2005, Seite 22, ISBN 0803235747
  8. Strike At The Wind