Wolfgang Wagner (Opernregisseur)

deutscher Regisseur und Festspielleiter
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Wolfgang Manfred Martin Wagner (* 30. August 1919 in Bayreuth) ist ein deutscher Opern-Regisseur, Bühnenbildner und war bis 2008 künstlerischer Leiter der Bayreuther Festspiele. Er ist das dritte Kind des Komponisten Siegfried Wagner und dessen Frau Winifred (geb. Williams), ein Enkel des Komponisten Richard Wagner und ein Urenkel des Komponisten Franz Liszt.

Wolfgang Wagner, 2004

Biographie

Im Alter von knapp elf Jahren verlor Wolfgang Wagner seinen Vater. Die innige Freundschaft seiner Mutter Winifred mit Adolf Hitler – der von den Wagners „Onkel Wolf“ genannt werden wollte – bewahrte Wolfgang nicht vor „Arbeitsdienst“ und Militärdienst. Nach einer schweren Kriegsverwundung absolvierte er seine theaterpraktische und musikalische Ausbildung ab 1940 an der Staatsoper Berlin. Er wurde dort Regieassistent und inszenierte 1944 die Oper Andreasnacht seines Vaters, der damals 75 Jahre alt geworden wäre.

Gemeinsam mit seinem Bruder Wieland Wagner übernahm er nach dem Zweiten Weltkrieg die Gesamtleitung der Bayreuther Festspiele, die erstmals 1951 wieder stattfinden konnten. Beide gelten in diesem Zusammenhang als Wegbereiter des sogenannten Neu-Bayreuth: Darunter ist eine stilistische Erneuerung zu verstehen, die Wieland Wagner als „Entrümpelung“ der Szene, Wolfgang Wagner mit dem Begriff „Werkstatt Bayreuth“ auf den Punkt brachte. Seit dem Tod Wielands 1966 leitet Wolfgang die Festpiele alleinverantwortlich. Um sie langfristig zu sichern, gab er die Rechtsform des reinen Familienbetriebs auf. Das Bayreuther Festspielhaus und das Haus Wahnfried, die bis dahin Familieneigentum waren, wurden unter seiner Ägide in die 1973 gegründete Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth überführt. An ihr sind sowohl die Familie als auch öffentliche Institutionen beteiligt. Seit 1986 ist Wolfgang Wagner Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Bayreuther Festspiele GmbH (seit 1987 mit einem Vertrag auf Lebenszeit). Daraus resultiert eine größere Gestaltungsfreiheit und zugleich Verantwortung, als es bei einem rein staatlich bestellten Intendanten der Fall wäre.

Wolfgang Wagner holte Dirigenten wie Carlos Kleiber, Colin Davis, Woldemar Nelsson, Daniel Barenboim, Peter Schneider, James Levine, Giuseppe Sinopoli und Christian Thielemann nach Bayreuth. Während seine eigenen Inszenierungen als eher konservativ eingestuft wurden, öffnete er die Festspiele für innovative Gastregisseure. Als ebenso provokant wie epochal gelten etwa die Neuinterpretationen des Tannhäuser durch Götz Friedrich 1972 und des Fliegenden Holländers durch Harry Kupfer 1978, der Jahrhundertring 1976 von Patrice Chéreau (Regie) und Pierre Boulez (Dirigent), die legendäre Tristan-Inszenierung 1993 von Heiner Müller oder die Parsifal-Inszenierung 2004 durch Christoph Schlingensief. Anders als im normalen Opernbetrieb gibt Wagner seinen Regie-Teams die Möglichkeit, ihre Inszenierungen jährlich weiterzuentwickeln. Dessen ungeachtet wurde in letzter Zeit häufig der Vorwurf erhoben, die Bayreuther Festspiele hätten ihre Vorreiterrolle in der Wagner-Interpretation eingebüßt.[1]

In geschäftlicher Hinsicht gelang es Wolfgang Wagner, den Anteil öffentlicher Subventionen im Gesamtetat stets unter 40% zu halten. Dabei sind – dank eines weitausgreifenden Kultur-Sponsorings von Firmen und privaten Spendern – die Eintrittspreise in Bayreuth niedriger als bei vergleichbaren Musikfestivals. Die Pflege einer Korona aus mittlerweile nahezu 140 Richard-Wagner-Verbänden mit gegenwärtig (2007) 37.000 Mitgliedern wurde ebenfalls als wirtschaftliche und zugleich als „ideologische“ Leistung bezeichnet.[2] Durch eine Kontingentierung von Karten an die Wagner-Verbände bzw. deren Richard-Wagner-Stipendienstiftung konnte Wagner eine hohe interne wie auch externe Bindung an die Festspiele aufbauen.[2] Ziel der Stipendienstiftung ist es, jährlich 250 Studierenden aus aller Welt einen kostenlosen Besuch der Festspiele zu ermöglichen.[3] Die Mitglieder der Wagner-Verbände spielen hier lediglich eine fördernde Rolle; sie selbst haben laut Auskunft ihres Vorsitzenden keinen Anspruch auf bevorzugte Behandlung beim Kartenverkauf.[4] Ein vergleichsweise großes Kartenkontingent geht an Mitglieder des Deutschen Gewerkschaftsbundes, für die jährlich zwei geschlossene Vorstellungen stattfinden; ferner werden zuschussgebende Institutionen (Bund, Land, Stadt, Bezirk, Gesellschaft der Freunde von Bayreuth) und das Jugend-Festspieltreffen berücksichtigt. Wie die genannten Institutionen im einzelnen mit den ihnen anvertrauten Karten umgehen, ist für die Öffentlichkeit nicht nachprüfbar und deshalb teilweise umstritten. Diese Kontingente verringern zumindest das freie Angebot von ursprünglich 57.750 Karten pro Saison (bei 1.925 Plätzen und 30 Vorstellungen) und tragen damit zur konstanten Überbuchung bei. Die Wartezeit für Interessenten wurde 2007 auf bis zu neun Jahre geschätzt.

In erster Ehe war Wolfgang Wagner ab 1943 mit der Tänzerin Ellen Drexel (1919-2002) verheiratet. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor: die Theater-Managerin Eva Wagner-Pasquier (* 1945), jetzt Mitarbeiterin der Festspiele in Aix-en-Provence, sowie Gottfried Wagner (* 1947). Nach der Scheidung 1976 heiratete Wagner seine damalige Sekretärin im Pressebüro der Festspiele Gudrun Mack, geb. Armann (1944-2007[5]). Ihre gemeinsame Tochter Katharina Wagner wurde 1978 geboren.

Seit einiger Zeit ist wegen des hohen Alters und der angeschlagenen Gesundheit Wolfgang Wagners die Diskussion um seine Nachfolge entbrannt. 2001 nominierte der Stiftungsrat mit einer Mehrheit von 22 zu 2 Stimmen Eva Wagner-Pasquier als künftige Festspielleiterin. Wagner, der seine zweite Ehefrau Gudrun favorisierte, lehnte dieses Votum ab und berief sich dabei auf seinen Vertrag auf Lebenszeit.

Nach dem überraschenden Tod von Gudrun Wagner Ende 2007 kam es zu einer „behutsamen Wiederannäherung“[6] zwischen Wolfgang Wagner und Eva Wagner-Pasquier. Im April 2008 signalisierte Wagner erstmals, dass er sich gemeinsame Leitung der Festspiele durch seine beiden Töchter Eva und Katharina vorstellen könne.[7] Dies wurde in der Öffentlichkeit auch als Einlenken gegenüber den Zuschussgebern interpretiert, die das gestiegene Defizit der Festspiele nicht länger bedingungslos auszugleichen bereit gewesen wären.[8]

Nachdem sowohl Katharina Wagner als auch Eva Wagner-Pasquier ihre Bereitschaft zur Kooperation erklärt hatten,[9] kündigte Wagner in einem Brief an den Stiftungsrat an, zum 31. August 2008 sein Amt als Festspielleiter niederzulegen.[10]

Eine Woche vor dem Zusammentreten des Stiftungsrates zur Neubesetzung am 1. September 2008 bewarb sich auch Nike Wagner, die Leitung der Festspiele gemeinsam mit den renommierten Kulturmanager Gérard Mortier zu übernehmen.[11]

Auszeichnungen, Mitgliedschaften

Siehe auch

Literatur

Filme

  • Werner Herzog: Die Verwandlung der Welt in Musik. Bayreuth vor der Premiere. 1994, Produktion: arte, Unitel, ZDF
  • Percy Adlon: Wolfgang Wagner. Herr der Ringe. 1985, Produktion: ARD, BR

Quellen

  1. Beispiel: Gespräch mit Dieter David Scholz, SWR 2 / MDR Figaro, November 2007
  2. a b „Gralshüter und Karten-Kartell“, Die Welt, 17. August 2007
  3. Homepage des RWVI
  4. Interview mit Josef Lienhart, Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbandes International, in BR-alpha, 23. Januar 2004
  5. Meldung auf Spiegel Online
  6. „Bayreuther Nachfolgestreit vor dem Ende“, ORF, 19. April 2008
  7. Dokumentation: Wagners Brief vom 8. April 2008, festspiele.de, 15. April 2008
  8. „Überraschung in Bayreuth. Wagner für Doppelspitze seiner Töchter“, FAZ, 12. April 2008
  9. „Eva Wagner-Pasquier bereit für Festspielleitung“, festspiele.de, 18. April 2008
  10. http://www.festspiele.de/startseite/news/0_2181/details_1.htm
  11. http://newsticker.welt.de/index.php?channel=kul&module=dpa&id=18749048