Franquismus

System und Ideologie der Franco-Diktatur in Spanien
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Als Franquismus bezeichnet man das System und, soweit vorhanden, die ideologische Untermauerung der autoritären Diktatur Francisco Francos in Spanien von 1937 bis zu den ersten freien Wahlen in Spanien 1977.

Entstehung des franquistischen Systems

Das System der Franquismus nahm 1936 in Teilen Spaniens mit dem Spanischen Bürgerkrieg seinen Anfang. In Burgos, der Interimshauptstadt der nationalspanischen Kriegspartei, entstand bereits in der ersten Woche des Bürgerkriegs eine provisorische Junta, welche umgehend alle Gewerkschaften und Parteien verbot. Franco gelang es, in dieser Junta eine Führungsrolle zu übernehmen. Im Oktober 1936 wurde Franco zum Generalísimo aller Streitkräfte ernannt und galt als unumschränkter Herrscher Spaniens. Mögliche Rivalen wie die Generäle José Sanjurjo und Emilio Mola kamen während des Bürgerkriegs (am 20. Juli 1936 bzw. am 3. Juni 1937) durch Flugzeugabstürze ums Leben.

Die Teilnehmer auf nationalspanischer Seite kämpften, anders als es häufig kolportiert wird, nicht lediglich im Zeichen und für Ziele des Faschismus, sondern auf der Basis eines sehr allgemein gehaltenen kleinsten gemeinsamen Nenners: des ihnen gemeinsamen Wunsches nach einem anderen Spanien sowie ihrer Abneigung gegen die linke Volksfrontregierung. Die angreifende Seite des spanischen Bürgerkriegs war eine außerordentlich heterogene Koalition verschiedenartigster radikal, aber auch gemäßigt rechter Parteien und Bewegungen, von Christdemokraten über Carlisten bis hin zu der faschistischen Falange Española. Franco war darum bestrebt, die auf nationalspanischer Seite am Bürgerkrieg teilnehmenden Kräfte unter seiner eigenen Hand zu vereinen, da abzusehen war, dass es mit ihrer Einigkeit und damit mit seiner, Francos, Macht sofort nach Ende des Bürgerkriegs vorbei sein würde.

Am 19. November 1936 wurde der Anführer der faschistischen Falange Española de las JONS, José Antonio Primo de Rivera, durch die spanische Republik nach einem Gerichtsverfahren hingerichtet und die Partei damit führerlos. Franco ergriff die Gelegenheit und bemächtigte sich der geschwächten und zerstrittenen Partei als Caudillo (span. - Führer) der falangistischen Bewegung. Er hatte zuvor der Falange nicht angehört und war ihr auch politisch nicht nahegestanden. Dieser Erhebung Francos zum Caudillo wohnt etwas Zufälliges inne; hätte sich eine andere Bewegung mit vergleichbarer Verfassung und ähnlicher Eignung für die Herrschaft über einen autoritären Staat angeboten, hätte Franco sich wohl ebensogut dieser anderen Bewegung bedient.

Die Falange propagierte in einem aus 27 Punkten bestehenden Parteiprogramm aus dem Jahr 1934 unter anderem die Abschaffung der Demokratie und einen „nationalen Syndikalismus“. Unter dem letzterem Schlagwort war die vollständige Erfassung der Bevölkerung in ständischen Organisationen zu verstehen, wobei sich der Falangismus im wesentlichen auf die Erfassung aller Arbeitsfähigen in Zwangssyndikaten beschränkte. Gefordert wurden auch die Verstaatlichung des Bankenwesens und eine radikale Agrarreform. Die Bewegung war antimonarchistisch eingestellt. Der Einfluss dieser Partei mit ihren etwa achttausend Mitgliedern war während der gesamten Zweiten Republik vernachlässigbar gewesen, und sie hatte nicht einmal zu den Urhebern des Putsches im Juli 1936 gehört.

Es stellte sich schon bald darauf heraus, dass Franco die Falange hauptsächlich als Vehikel zur Macht betrachtete und sich mit ihren Zielsetzungen wenig identifizierte. Als eigentliche Geburtsstunde des franquistischen Staats ist der Zusammenschluss der monarchistisch-absolutistischen carlistischen Comunión Tradicionalista mit der antimonarchistischen-syndikalistischen Falange Española de las JONS zur Einheitspartei Falange Española Tradicionalista y de las JONS am 19. April 1937 anzusehen, die auf das Betreiben von Francos Schwager Ramón Serrano Suñer zustandekam. Nach dieser Zwangsvereinigung der beiden sehr ungleichen Partner war das franquistische System und die franquistische Ideologie im wesentlichen fertig angelegt. Die Organisation "F.E.T. y de las JONS", genannt "Movimiento Nacional" legte Ideologie und Zielsetzungen der "alten" Falange ab, und konservative und monarchistische Zielsetzungen traten in den Vordergrund. (Die herzliche Abneigung der Carlisten für die Falangisten und umgekehrt hielt aber auch durch Jahrzehnte an: da die Parteiuniform der "F.E.T. y de las JONS" sich aus dem blauen Hemd der Falange und der roten Baskenmütze der Carlisten zusammensetzte, pflegten die Falagisten die Mütze bei jeder sich bietenden Gelegenheit in die Tasche zu stecken, und viele Carlisten zogen es vor, zu offiziellen Anlässen der Bewegung lieber in Zivil als im blauen Hemd zu erscheinen. Im übrigen blieben Falangisten und Carlisten lieber unter sich.)

So wurden nach und nach alle politischen Kräfte der nationalspanischen Seite unter Francos Führung zusammengefasst, während sich umgekehrt das politische Spektrum auf Seiten der Republik immer weiter ausdifferenzierte und (wie in Barcelona im Frühjahr 1937) sogar Bürgerkriege innerhalb des Bürgerkriegs austrug. Auch in ihrem einigen Vorgehen liegt - neben den italienischen und deutschen Waffenlieferungen - ein Grund für den Sieg der nationalspanischen Sache.

Mit dem Sieg über die Republik 1939 herrschte Franco und mit ihm das franquistische System über ganz Spanien.

Der franquistische Staat

Der Franquismus, verkörpert im sogenannten "Estado Nuevo", zeigte sich in den Jahren des Spanischen Bürgerkriegs und in der unmittelbaren Nachkriegszeit als grausame Despotie in einem in jeder Hinsicht verwüsteten Land. Repression, Folter und Rache am politischen Gegner dominierten, die spanische Gesellschaft teilte sich in Sieger und Besiegte, und die Zahl der politisch motivierten Hinrichtungen ging in die Hunderttausende. Bernecker schätzt die Zahl derer, die im franquistischen Spanien zwischen 1936 und 1944 durch politischen und Justizmord ums Leben kamen, auf bis zu 400.000. Neuere Schätzungen gehen von 200.000 Opfern aus. Weitere 400.000 verließen nach 1939 Spanien, um vor allem in Frankreich das Exil anzutreten. Nach seiner Konsolidierung ging das Regime allmählich zu weniger offen gewaltsamen Repressionsmaßnahmen über, doch die letzten Konzentrationslager wurden erst 1962 geschlossen.

Der Franquismus endete jedoch in einem autoritären Staat, der eine Despotie war und blieb, aber seine Bürger im Alltag weitgehend in Ruhe ließ - wenngleich in den letzten Jahren des Franquismus die Repression wieder anstieg, bedingt durch die Aktivitäten der ETA und weiterer oppositioneller Gruppen. Der franquistische Staat ließ sich nach dem Ableben Francos 1975 binnen weniger Jahre im Rahmen einer Transition (spanisch transición) beispielhaft friedlich - mit der Ausnahme des Putschversuchs in den Cortes am 23. Februar 1981 - in eine parlamentarische Demokratie umformen.

Der franquistische Staat zog einen Schlussstrich unter mehr als hundert Jahre politischen Kampf und Instabilität in Spanien und erwies sich als erstes stabiles politisches System seit den napoleonischen Kriegen. Auf lange Sicht hatten außer Franco selbst alle Teilnehmer des Bürgerkriegs verloren, und zwar nicht nur die Republik und ihre Volksfront, sondern auch die Parteien der nationalspanischen Koalition.

Die Ziele, für die man gekämpft hatte, waren 1939... mehr oder minder tot. Aus leidenschaftlichen ideellen Konflikten war zum Schluss nur noch ein opportunistisches Tauziehen um die Weiterexistenz der Kämpfenden geworden. Liberalismus und Freimaurerei waren ausgetrieben, aber die Kirche war von der Falange praktisch entmachtet. Die sozialen Ziele der Falange jedoch waren fast ebenso verblichen wie die der Kommunisten, Anarchisten und Sozialdemokraten. Carlisten und legitime Monarchisten konnten ihren Standpunkt nicht durchsetzen. Auf dieser Schädelstätte der Ideologien thronte triumphierend ein kühler, farbloser, grauer Mann, der den Spanischen Bürgerkrieg überlebt hatte wie Octavian den römischen. Cäsar und Pompeius, Brutus und Antonius, Cato und Cicero - alle diese Genies ermangelten des geringeren Talents, die Dinge überleben zu können. Francisco Franco war der Octavian Spaniens. (Hugh Thomas, Der spanische Bürgerkrieg, 1961)

Gewisse blinde Flecken in der spanischen Geschichte werden in der spanischen Gesellschaft bis heute ungern thematisiert und erst in den letzten Jahren verhältnismäßig zögerlich angegangen. So werden erst seit etwa der Jahrtausendwende die Massengräber aus der Zeit während und nach dem Bürgerkrieg geöffnet. Ebenfalls erst nach der Jahrtausendwende wurde der Umstand Gegenstand von Kontroversen, dass in Spanien an zahlreichen Stellen noch das falangistische Pfeilbündel und auf Strassentafeln der Name des Diktators zu sehen ist.

Ideologie des Franquismus

 
Franco unterzeichnete am 1. April 1939 das Ende des Bürgerkriegs

Der Franquismus wird häufig, und vor allem in Blick auf seine frühen Jahre, als der "spanische Faschismus" bezeichnet. Derartige Charakteristiken erweisen sich freilich bei näherer Betrachtung für eine zutreffende Typisierung des Regimes nicht unbedingt und für alle Phasen des Regimes auch als tragfähig, wobei sich bereits grundsätzlich die Frage stellt, ob das Etikett des Faschismus (welches in der Forschung in der Regel vermieden wird) überhaupt zur Klärung der Frage nach dem Charakter des franquisischen Staats beiträgt oder (ebenso wie die missverständliche Bezeichnung "Klerikalfaschismus") nicht bereits eine Wertung vorwegnimmt und akkusatorischen Zielen dient.

Zur Qualifikation des Franco-Regimes als "faschistisch" wird häufig auf die Verhaftungs- und Hinrichtungswellen in der Frühzeit des Franco-Regimes sowie auf den Umstand verwiesen, dass uinsbesondere in den ersten beiden Jahrzehnten der Franco-Diktatur mit der Falange eine Bewegung staatstragend war, welche mit ihrem Nationalsyndikalismus, Antikommunismus und ihrem Traum von einer Hegemonie Spaniens in den spanischsprachigen Teilen der Welt im dem Sinne faschistisch war, als sich begründete Vergleiche mit anderen derartigen Bewegungen im Europa jener Zeit ziehen lassen. Ferner wird der Movimiento Nacional als einzig zugelassene politische Organisation angeführt. Neben allen anderen Parteien wurden auch die Gewerkschaften verboten (ersetzt durch die sindicatos verticales), und auf zahlreichen anderen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens wurde eine Gleichschaltung angestrebt.

Auch insoweit trug der Franquismus - auch noch in seiner Spätzeit - faschistische Züge, als er fortwährend die Vergangenheit und die eigenen Heldentaten im Bürgerkrieg beschwor und bestrebt war, dass niemand den Bürgerkrieg vergessen sollte. Alljährlich wurde der 1. April als „Tag des Sieges“ begangen, denn der Sieg Francos im Bürgerkrieg war die Legitimation schlechthin seiner Herrschaft über Spanien.

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Valle de los Caídos

Dies kommt nicht zuletzt in dem franquistischen Bauwerk par excellence - dem Valle de los Caídos (Tal der Gefallenen) bei El Escorial - zum Ausdruck, welche von Kriegs- und politischen Gefangenen in den Felsen der Sierra de Guadarrama gehauen wurde. In diesem Mahnmal wurden neben den Gebeinen zehntausender auf Seiten Nationalspaniens sowie der Republik gefallener Krieger nicht nur Franco selbst, sondern auch der Gründer der Falange José Antonio Primo de Rivera beigesetzt. Es handelt sich zwar um einen Ausdruck der Versöhnung, da auch Spanier der anderen Seite dort ihre letzte Ruhestätte fanden - ener Versöhnung allerdings, die nicht nur architektonisch zu den Bedingungen des Siegers geschah und neben der Apotheose Francos und des jüngeren Primo de Rivera eher wie ein Almosen anmutet.

Der Franquismus hatte hingegen eher wenige nachdrückliche Anklänge an das gemeinhin als faschistisch angesehene Leitmotiv einer auf Rasse oder Nation fußenden Gemeinschaft, die über allen anderen Loyalitäten zu stehen hat. Eher schon faßte er sich als Wiedergeburt Spaniens nach einer Periode des Niedergangs auf, was sich vor allem, aber nicht ausschließlich, auf die im Bürgerkrieg überwundene Zweite Republik und auf die Revolution (oder besser die vielen verschiedenen Revolutionen) bezog, die sich in der Republik während des Bürgerkriegs abspielte. Seinen Kampf im Bürgerkrieg bezeichnete Franco als cruzada (Kreuzzug). Er wollte - wenngleich in weit bescheidenerem Ausmaße als zum Beispiel der mussolinische Faschismus - hinter die moderne Zeit zurück und auf eine Gesellschaft hinaus, die in ihrer Pflege christlicher und als besonders spanisch angesehener Werte ideale Züge trug.

Ein näherer Blick auf viele der oben angeführten "faschistischen" Charakteristika weckt jedoch auch Zweifel darüber, dass das Franco-Regime tatsächlich als im Sinne etwa des mussolinischen Staats als faschistisch bezeichnet werden kann. Faschismus im mussolinischen Sinn setzt, schlagwortartig formuliert, einen charismatischen Führer, eine euphorisierende Massenbewegung und korporative Gliederung des Volkes voraus. Nicht alle diese Merkmale waren im Franco-Staat auch nachhaltig verwirklicht. Der Franquismus ähnelte in vieler Hinsicht dem sogenannten Austrofaschismus, der ebenfalls zwar Züge, aber nicht das Gesamtbild eines faschistischen Systems bietet.

Charisma war keine hervorstechende Eigenschaft Francos (und zwar noch weniger, als das bei Dollfuß der Fall gewesen war), und das System war auch darauf ausgelegt, dass Charisma zur Führung nicht notwendig war. Weitere Ähnlichkeiten zum Dollfuß-Staat bestanden etwa im Fehlen einer kohärenten, nicht in erster Linie aus Negationen zusammengesetzten Ideologie sowie einer Massenbewegung, die diesen Namen verdient hätte. Und wie erwähnt fanden sich im franquistischen Staat zwar deutliche Ansätze einer ständischen Gliederung in Syndikate, welche allerdings nicht konsequent, also auch über die Schaffung berufsständischer Korporationen hinaus, umgesetzt wurde.

Wenngleich der franquistische Staat fraglos durch ein autoritäres System gelenkt wurde, war er andererseits nicht totalitär. Eine wie auch immer geartete "Einheit zwischen Staat und Gesellschaft" kam über Propagandafloskeln dieses Inhalts nicht hinaus, eine Euphorisierung der Massen wie in Deutschland oder Italien fand nicht statt, stattdessen herrschten entweder passive Zustimmung oder apolitische Einstellungen vor. Hinzu kam bereits während des Zweiten Weltkriegs die Abschaffung äußerer Symbole wie des Faschistengrußes und das Abrücken von den Achsenmächten, als ihre Niederlage sich abzeichnete. Die umfangreichen politischen und Justizmorde schließlich, wie sie in den Anfängen des Regimes bis zu seiner Konsolidierung vorfielen, sind keineswegs ein Charakteristikum, das etwa dem Faschismus vorbehalten und nur für ihn typisch wäre.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine verbindliche Ideologie des Franquismus über einige Schlagworte und eine konservative Grundhaltung hinaus nicht existierte. Franco hat eine solche auch nie zusammenhängend formuliert und mag sie für seine eigene Bewegungsfreiheit eher als hinderlich denn notwendig angesehen haben. Einzelne Punkte dieser Ideologie stellten sich zudem als verhandelbar heraus, wenn es Franco für seine Zwecke opportun erschien.

"Er [Franco] war ein Besessener, besessen von dieser Herrschergabe, und bis zu seinem Ende herrschte in ihm die Herrschsucht derart, dass er nicht einmal dem Tod erlauben wollte, sie ihm streitig zu machen... Diese Verachtung für alles und jeden, die er selten zu verheimlichen bemüht war (außer im religiösen Bereich, und auch dort, ohne sich sehr anzustrengen), rührte daher, daß er nur von einem Gedanken beseelt war: Franco diente nur Franco. Die politischen Theorien und Ideologien ließen ihn unberührt. Er unterstützte Hitler, weil damals die ganze Macht von Hitler ausging. [...] Als er ins amerikanische Lager übergehen musste, warf er seine antidemokratischen Reden in den Papierkorb. Franco hat nie eine uneigennützige Meinung vertreten, die sich aus Logik, Vernunft, Großmut, Nächstenliebe oder dem Rechtsgefühl ergeben hätte; jegliche Interpretation seiner Handlungen, die Religiöses zur Erklärung zulässt, muss irrig sein. Franco glaubte stets nur an Franco." (Salvador de Madariaga Spanien, 1979)

Verfassung des Franquismus

Der Estado Nuevo zog seine Legitimation aus dem Bürgerkrieg und dem traditionalistischen Katholizismus und bedurfte deswegen keiner demokratischen Verfassung. Eine Verfassung hatte der Franco-Staat bis zuletzt nicht - hierzu gab es Grundgesetze, welche im Laufe der Zeit erlassen wurden und zusammengenommen das spanische Verfassungsrecht ausmachten.

"Zwischen Volk und Staat vermittelt(e)" nach einem Erlass vom 19. April 1937 die Falange Española Tradicionalista y de las JONS. Anführer dieser Organisation war Franco selbst. Im Jahr 1958 wurde zusätzlich das "Gesetz über die Prinzipien des Movimiento Nacional" (Ley de Principios del Movimiento Nacional) erlassen, welches über den Movimiento hinaus erhebliche weitere Auswirkungen hatte. Denn nicht nur die Bewegung selbst, der ganze Staat sollte auf den Prinzipien der Bewegung fußen, welche das Gesetz als "Gemeinschaft aller Spanier im Glauben an die Ideale, deretwegen der Kreuzzug geführt wurde" definierte.

Nach einem Gesetz vom 30. Januar 1938 hatten die Entscheidungen des Staatschef Gesetzeskraft, sofern diese Entscheidungen staatsrechtliche Fragen behandelten; die Zuständigkeit für weitere Fragen leiteten sich aus dieser grundlegenden Zuständigkeit von alleine ab. Der spanische Staat selbst hatte keine eigentliche rechtliche Grundlage; vielmehr ruhte er alleine auf Franco, dessen Macht keinen Schranken unterlag und der Minister nach Belieben ernennen und entlassen konnte. Im Jahr 1938 wurde ferner das "Grundgesetz der Arbeit" (Fuero del Trabajo) erlassen, welches Ausdruck der falangistischen syndikalistischen Ordnung war und die Vereinigung aller Arbeitskräfte in einer einzigen Organisation, der sindicatos verticales, vorschrieb. Die Syndikate sollten bestimmungsgemäß ein Werkzeug des Staates sein, mit welchem dieser Einfluß auf die Wirtschaft ausüben konnte.

1942 wurden die Cortes wieder institutionalisiert und erhielten ein Vorschlagsrecht für Gesetze. Über Annahme und Ablehnung der Gesetzesvorhaben bestimmte Franco. Die Cortes traten zwei- oder dreimal im Jahr auf Ladung ihres durch Franco berufenen Vorstehers zusammen. Francos Recht war es auch, zwei Drittel der Mitglieder der Cortes direkt und das letzte Drittel indirekt zu bestimmen - durch Wahlen ständischer und kommunaler Kreise nämlich, bei welchen wenig dem Zufall überlassen wurde. 1967 reduzierte eine Reform die Anzahl der ernannten Abgeordneten erheblich und legte ein stärkeres Gewicht auf Wahlen, wobei allerdings die Hürden für die Ausübung des passiven Wahlrechts so hoch lagen, dass andere als regimetreue Kandidaten kaum eine Chance hatten.

1945 wurden das "Grundgesetz der Spanier" und das Gesetz über Plebiszite erlassen. Mit dem ersten wurden im Bestreben, angesichts der starken außenpolitischen Bedrängnis dieser Jahre den Gegnern des Systems den Wind etwas aus den Segeln zu nehmen, einige Grundrechte garantiert, deren Anerkennung allerdings davon abhängig waren, dass ihre Ausübung systemkonform geschah. Die Schwellen für die Aufhebung der Grundrechte blieb jedoch niedrig, und von der Möglichkeit der Grundrechtsaufhebung wurde darum nicht selten auch Gebrauch gemacht.

Das Nachfolgegesetz vom 28. Juli 1947 (Ley de Sucesión a la Jefatura de Estado) erklärte Spanien zu einem "katholischen und sozialen" Staat, der "sich in Übereinstimmung mit Tradition zu einer Monarchie erklärt". Mit diesem Gesetz wurde also die Monarchie wieder eingeführt, wenngleich der Thron zu Lebzeiten Francos vakant blieb. Bereits der darauffolgende Artikel allerdings sah vor, dass die Macht im Staate Franco selbst zustand. Anstelle eines Monarchen wurde in diesem Gesetz ein Regentschaftsrat bestimmt. Franco sah seine eigene Herrschaft nicht als dauernde Regierungsform an. Sich selbst betrachtete er eher als Reichsverweser denn als Exponenten eines bestimmten Systems. Andererseits jedoch pflegte Franco eine Uniform zu tragen, die an sich dem König vorbehalten war. Er ließ auch sein eigenes Konterfei auf dem Münzgeld abbilden und maß sich sogar Gottesgnadentum bei (sein persönlicher Titel lautete por la gracia de Dios, Caudillo de España y de la Cruzada). Zudem genoss Franco die liturgischen Ehrenrechte, welche vordem dem König zugestanden waren. Er übernahm und leitete die Erziehung Juan Carlos I., den er, nachdem er jahrzehntelang alle möglichen Prätendenten einschließlich derjenigen der Carlisten gegeneinander ausgespielt hatte, schließlich zu seinem Nachfolger ernannte.

Den Abschluss der franquistischen Staatsverfassung bildete das 1967 erlassene "Staatsorgangesetz" (Ley Orgánica del Estado).

Auch waren weder Rechtsprechung noch Pressewesen unabhängig. Streiks galten als Aufruhr und wurden als solcher bestraft. Hinzu kam eine Zensurbehörde, die für Medien aller Art zuständig war. Der Franquismus war zentralistisch ausgerichtet und stand Autonomiebestrebungen der seit jeher mangelhaft in den spanischen Staat integrierten nichtkastilischen Gebiete Spaniens, insbesondere Kataloniens und des Baskenlands, mit größtem Misstrauen gegenüber. Unter Franco konnte bereits ein katalanischer Volkstanz als Zeichen zum Umsturz aufgefasst werden; Ortsnamen wurden hispanisiert, und der Gebrauch der katalanischen, baskischen und galicischen Sprache verboten. Noch mehr hatte das Baskenland zu leiden, dessen drei Provinzen Franco wegen ihrer Rolle im Spanischen Bürgerkrieg als „Verräterprovinzen“ bezeichnete.

Stützen des Systems

Francos System bestand vereinfacht gesagt aus einem Kompromiß zwischen Militär, Falange und Kirche, wobei er alle diese Elemente fortwährend gegeneinander ausspielte.

Militär

Dem Militär, aus dessen Reihen Franco kam, wurde - quasi als Siegesbeute - anfangs unangemessen viel Macht und Privilegien eingeräumt, doch ging Franco bald erfolgreich daran, ihm seinen politischen Einfluß möglichst zu entziehen, indem er seine Regierungen überwiegend mit Zivilisten besetzte. Die Macht des Militärs im franquistischen Staat blieb jedoch infolge seines Einflusses auf die Sicherheitskräfte sowie seiner Stellung in der öffentlichen Verwaltung und im Wirtschaftsleben während des Regimes eine Macht, welche Franco nicht vernachlässigen durfte, die andererseits aber im wesentlichen treu zu ihm stand. Es war jedoch Spaniens Glück, dass diese Loyalität sich mit der Zeit wandelte und das Militär nach Francos Tod der transición keine Steine in den Weg legte.

Dieser Einfluss des Militärs sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Francos Herrschaft - jedenfalls nach Ende des Zweiten Weltkriegs - keine Militärdiktatur im eigentlichen Sinne war, wie sich am anhaltend niedrigen Anteil der staatlichen Rüstungsausgaben nach 1945 und daran zeigt, dass das Militär bei wichtigen politischen Weichenstellungen keine entscheidende Rolle spielte und auch kaum gefragt wurde.

Die Falange

Franco führte während seiner gesamten Amtszeit den Einfluß der Falange immer weiter zurück. Sie war ein innenpolitisches Werkzeug Francos, welches er so lange verwendete, bis sie ihre Aufgabe, Franco mit ihrer Hilfe die anderen rechten Kräfte in Spanien gegeneinander ausspielen zu lassen und so die Stabilität des Regimes zu gewährleisten, erfüllt hatte. Mit ihrem Antimonarchismus etwa war es möglich, innerhalb des Movimiento Nacional ein Gegengewicht gegen die monarchistischen Gruppen wie vor allem die Carlisten zu schaffen. Gegen die Konservativen war sie infolge ihres sozialistischen Einschlags ebenfalls nützlich, um die Gewichte innerhalb des Movimiento auszutarieren.

Die Regierungswechsel von 1957 und 1969 kosteten die Falange jeweils erhebliche Macht, welche anderen Gruppierungen wie dem Opus Dei übertragen wurde. Ab 1958 erwähnen die offiziellen Texte des Staats die Bezeichnung Falange nicht mehr, und ab 1970 wurde die Bewegung auch offiziell in Movimiento Nacional umgetauft. Da zahlreiche Altfalangisten diesen Kurs ablehnten, gab es im franquistischen Spanien sogar so etwas wie eine rechte Opposition. Die Falange behielt jedoch bis zuletzt eine nicht zu übergehende Stellung im franquistischen Staat durch ihre Vertretung in den Cortes sowie ihren Einfluss auf das Universitätswesen und auf die Massenmedien.

Die Kirche

Die Herrschaft Francisco Francos gab sich - nicht zuletzt unter dem Einfluß seiner geradezu fanatisch katholischen Ehefrau Carmen - betont christlich und suchte die Nähe der kirchlichen Institutionen. Während etwa der ersten zwei Jahrzehnte der Herrschaft Francos war im Gegenzug die Kirche eine der effektivsten Stützen des franquistischen Staats. Sie erhielt die Vorrechte zurück, welche ihr die Zweite Republik genommen hatte, und im "Grundgesetz der Spanier" von 1945 wurde ihr als einziger Konfession die Abhaltung öffentlicher Zeremonien und Kundgebungen ermöglicht. Die Kirche war in den Cortes direkt repräsentiert. Ihr wurde (was für sich genommen in einem katholischen Land und zumal in Spanien noch nicht allzu ungewöhnlich war, wenngleich das Ausmaß dennoch erstaunte) das spanische Bildungs- und Erziehungswesen weitgehend übertragen, wozu gehörte, dass der Unterricht in nichtkastilischen Sprachen abgeschafft wurde.

Im Jahr 1953 schloss Franco mit dem Vatikan ein für den Heiligen Stuhl sehr vorteilhaftes Konkordat ab, in dessen Rahmen der Kirche neben weitgehender Steuerfreiheit und einer Entschädigung für staatliche Enteignungen während der Zweiten Republik die Zusage erhielt, dass der spanische Staat für die Erhaltung der Priester und der Kirchengebäude aufkommen würde. Im Gegenzug erhielt der Staat ein Vorschlagrecht für die Besetzung der spanischen Bischofsstühle und damit die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Spitzen der spanischen Kirche. Der Abschluss dieses Konkordats steht allerdings auch im Zusammenhang mit den Bemühungen des Franco-Regimes, die internationale Ächtung zu durchbrechen. Aus diesem Grunde hatte der Vatikan lange mit dem Abschluss einer solchen Vereinbarung gezögert. Erst der Abschluss des Stationierungsabkommens Spaniens mit den USA beendete die Hinhaltetaktik des Heiligen Stuhls. Paradoxerweise war es später die Kirche, welche auf eine Revision des Konkordats drängte, weil ihr die Nähe zum Regime und die enge Verflechtung mit ihm auf Dauer als Belastung erschien.

Zudem waren Kleriker auch in politischen Spitzenpositionen vertreten. Wenn sich hier Antisozialismus und Klerikalismus die Hände reichten, geschah dies jedoch nicht zuletzt deswegen, weil die spanische Linke sich vor und während des Bürgerkriegs in sehr vielen Fällen durch explizit gegen Religion und religiöse Gefühle gerichtete Gewalthandlungen wie dem Anzünden von Kirchen und zahlreichen Morden an Klerikern hervorgetan hatte - was sehr viele kirchentreue Spanier und am meisten die Priester und Bischöfe nicht vergessen konnten. Diese Übergriffe, angesichts derer sich die Kirche in einem Kampf auf Leben und Tod wähnte, mögen neben der Hoffnung, in die alten Rechte wieder eingesetzt zu werden, der Grund gewesen sein, weshalb nicht nur alle spanischen Bischöfe bis auf zwei in einem an alle Bischöfe der Welt gerichteten Hirtenbrief den Bürgerkrieg als "Kreuzzug" und nationale Bewegung" rechtfertigten, sondern auch später die Muttergottes den Rang eines Ehrengenerals der spanischen Armee erhielt.

Literatur