Internationale Organisation für Migration
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) ist eine der maßgebenden, weltweiten Hilfsorganisationen im Migrationsbereich, die auf nationaler und zwischenstaatlicher Ebene operationale Hilfsprogramme für Migranten durchführt. Sie entstand 1951 aus den Aktivitäten des "International Refugee Committee" (IRC), einer Organisation, die sich um die Vertriebenen im Nachkriegseuropa kümmerte. IOM ist keine UNO-Organisation, aber von Mandat, Struktur und Arbeitsweise her vergleichbar, hat Beobachterstatus bei der UNO-Vollversammlung und arbeitet sehr eng mit vielen UNO-Organisationen zusammen.

IOM gehören zurzeit 122 Staaten als Mitglieder an, weitere 18 Staaten und 74 nicht-staatliche Organisationen haben Beobachterstatus (Stand: März 2008).[1] Viele internationale und nationale, öffentliche und private Organisationen arbeiten an den Programmen mit, die IOM im Rahmen der Politik ihrer Mitgliedsregierungen durchführt.
Die Organisation hat ihre Zentrale in Genf/Schweiz und verfügt über ein weltweites Netz von rund 100 Büros in mehr als 94 Ländern. Sie wird zur Zeit von dem Generaldirektor, Botschafter Brunson McKinley, und dessen Stellvertreterin, Frau Ndioro Ndiaye, geleitet sowie durch internationale Beamte und örtliche Angestellte verwaltet. Amtssprachen sind Englisch, Französisch und Spanisch.
Das höchste beschlussfassende Organ der IOM ist der Rat, in dem alle Mitgliedsstaaten vertreten sind. Er verfügt über eine Geschäftsordnung und tritt in regelmäßigen Abständen zusammen, um den jährlichen Haushalt zu verabschieden und die politische und programmatische Zielsetzung der Organisation zu bestimmen.
Der Haushalt von IOM setzt sich aus einem administrativen und einem operationellen Teil zusammen. Der administrative Teil wird von den Mitgliedsstaaten entsprechend einer festgelegten Beitragsbemessungsskala finanziert. Die Mittel für den operationellen Teil des Haushalts sind freiwillige Zahlungen von Staaten und Organisationen. Diese Mittel dienen der praktischen Durchführung von Migrationsprogrammen.
Kritik
Asylpolitische Gruppierungen wie No Border network wie auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisieren, dass die IOM weniger nach humanitären als nach wirtschaftsorientierten Prinzipien agiere. Geleistet würden keine humanitäre Hilfen, sondern die Kontrolle und Verhinderung von Flucht- und Migrationsbewegungen. IOM führe im Auftrag von Regierungen Programme zur Rückkehrberatung, Internierung, "freiwilligen Rückkehr" und Abschiebung von Flüchtlingen und MigrantInnen durch. IOM stelle sich zu Unrecht als Menschenrechtsorganisation dar. IOM sei in Wirklichkeit keineswegs eine unabhängige Organisation, sondern ausschließlich als Dienstleister im staatlichen Auftrag im Bereich der Migrationskontrolle tätig. Im Auftrag und Interesse staatlicher Behörden unterstütze IOM demokratische und undemokratische Staaten aktiv bei der Durchführung von Maßnahmen zur Migrationskontrolle und sei - etwa durch die Hinderung von Flüchtlingen am Zugang zum Asylrecht sowie den Betrieb von Internierungslagern - dabei auch selbst an Menschenrechtsverletzungen beteiligt.
Konkret kritisiert werden etwa die Organisation von Abschiebungen in unsichere Länder wie Afghanistan und Irak sowie die Beteiligung an der umstrittenen „Pazifischen Lösung“ Australiens. IOM hat im Auftrag der australischen Regierung u.a. das Internierungslager Pazifikinsel Nauru betrieben, wo vor allem vom australischen Militär an der Landung gehinderte afhganische Flüchtlingsfamilien jahrelang unter Haftbedingungen eingesperrt wurden [2]. Zu den problematischen Methoden (angedrohte lebenslängliche Internierung) der Beratung für "freiwillige Rückkehrer" im IOM-Lager Nauru siehe auch den Beitrag der TIMES vom 27.10.2008 'Afghan asylum seekers sent home by Australia killed by Taleban' [3].
2005 hat IOM in Reaktion auf den Ansturm asylsuchender Flüchtlinge auf die spanische Enklaven Ceuta und Melilla als "freiwillige Rückkehr" deklarierte Abschiebungen von Flüchtlingen aus Marokko nach Mail organisiert [4]. In Libyens Hauptstadt Tripolis wurde Anfang 2008 ein Zentrum für Flüchtlinge eröffnet, in dem ihnen geholfen werde, in ihre Heimat zurückzukehren. Im Zentrum werden auch libysche Immigrationsbeamte trainiert [5].
In Deutschland koordiniert IOM das von der Bundesregierung finanzierte "REAP-GARP-Programm" zur "freiwilligen Rückkehr" in Deutschland lebender asylsuchender, geduldeter und anerkannter Flüchtlinge [6]. Die Flüchtlinge müssen auf dem REAP-GARP-Antragsformular [7] die "Freiwilligkeit" ihrer Rückkehr und den Verzicht auf sämtliche aufenthaltsrechtliche Ansprüche erklären. Die Teilnahme an einer Rückkehrberatung ist allerdings z.B. nach Informationen des Berliner Flüchtlingsrates [8] bei vielen Berliner Sozialämtern Voraussetzung für eine (weitere) Leistungsgewährung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Im Rahmen der Rückkehrberatung wird den Flüchtlingen nahegelegt, auf dem REAG-GARP-Antrag ihre "freiwillige Ausreise" zu erklären. Verweigern die Flüchtlinge die Unterschrift, sind Leistungskürzungen und -Streichungen gemäß § 1a AsybLG die Folge.
2007 veröffentlichte die Schweizer Regierung einen von IOM produzierten TV-Spot, der in Ländern wie Kamerun und Nigeria gezeigt wird und als Teil einer "Aufklärungskampagne" von der IOM produziert wurde. Ein Afrikaner wird beim Betteln und der Flucht vor der Polizei gezeigt [9]. Dazu berichtete die Zeitung "Die Presse" am 27.11.2007 "TV-Spots sollen Afrikaner abschrecken" [10]. "Going Home!" lautet demzufolge auch der Titel des Newsletters von IOM Schweiz [11].
Einzelnachweise
- ↑ Mitgliedszahlen nach www.iom.int, 23. März 2008
- ↑ http://www.hrw.org/backgrounder/migrants/iom-submission-1103.htm Human Rights Watch: The International Organization for Migration (IOM) and Human Rights Protection in the Field] (2003)
- ↑ http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/article5025923.ece
- ↑ http://www.proasyl.de/fileadmin/proasyl/fm_redakteure/Newsletter_Anhaenge/105/IOM_malian.pdf
- ↑ http://news.bbc.co.uk/2/hi/africa/7291537.stm
- ↑ http://www.iom.int/germany/_GER/i_reag.htm
- ↑ http://www.iom.int/germany/downloads/REAG-Antrag%20_Stand%202008_01_%20-%20Seite%201%20und%202%20-%20E-Form.pdf
- ↑ http://www.fluechtlingsrat-berlin.de
- ↑ http://www.youtube.com/watch?v=AJa8k1FDPeI
- ↑ http://diepresse.com/home/politik/eu/346086/index.doc
- ↑ http://www.ch.iom.int/news/newsletter.html
Weblinks
- www.iom.int Offizielle Homepage
- Global Commission on International Migration
- www.no-racism.net Kritik an IOM
- Ausführliches SWR-Interview mit IOM-Generaldirektor Brunson McKinley