Diktatur
Unter einer Diktatur (v. lat. dictatura) versteht man die Zwangsherrschaft durch eine Person, eine politische Partei oder eine Minderheit oder Gruppe von Menschen über ein Volk.
Diktaturen setzen die Menschenrechte zumindest teilweise außer Kraft, um ihre Macht zu erhalten. Das reicht von Einschränkungen der freien Meinungsäußerung bis hin zur gewaltsamen Verfolgung politischer Gegner oder ganzer Bevölkerungsgruppen. Die Gewaltenteilung ist in der Regel aufgehoben, so dass eine Kontrolle des Diktators, sei es eine einzelne Person oder eine Gruppe, kaum stattfindet. Im Gegensatz zur Demokratie gibt es in Diktaturen keine freien Wahlen.
Das Wort kommt aus dem Lateinischen; im antiken Rom war der dictator ein nur in höchster Not besetztes Amt, an Stelle der sonst üblichen Doppelherrschaft der beiden Konsuln, das nach einem halben Jahr erlosch.
Merkmale einer Diktatur
- keine Wahrung der Interessenvielfalt
- Einschränkungen der Presse (z.B. kein Papier für Druckereien),
- Einschränkungen der Pressefreiheit (z.B. Verbot eines journalistischen Beitrags oder einer Zeitung),
- Einschränkungen der Meinungsfreiheit (z.B. Bewertung von Kritik an politischer Institution als Hochverrat oder Beleidigung des Königshauses), Einschüchterung oder Verhaftung von politischen Gegnern oder "Unzuverlässigen",
- Personenkult, zum Beispiel das "Führerbild" in jedem Privathaus und in Schulen
- Verbot von starker Verschlüsselung,
- Folter (darunter auch so genannte Weiße Folter)
- Polizeistaat oder Militärstaat, keine Rechtsstaatlichkeit, keine unabhängigen Gerichte
- Strafgesetze, bei denen die angedrohte Strafe viel stärker ist, als es für die Schwere der Tat verhältnismäßig wäre (oft verbunden mit selektiven Amnestien)
- Unterdrückung und Unterordnung des Volkes
- keine oder eingeschränkte Wahlen, auch Scheinwahlen (auch ungültige Stimmen werden als Ja-Stimmen gezählt, Beobachtung der Stimmabgabe)
- Ausschaltung oder Verbot von Oppositionsparteien
- Beseitigung der Gewaltenteilung
- systematische Verletzung der Menschen- und Bürgerrechte
- ideologische Ausprägungen (z.B. Nationalsozialismus/Faschismus, Stalinismus/Maoismus)
- damit verbunden oft ein übertriebenes oder ungerechtfertigtes Feindbild, deren Bekämpfung die Ideologie rechtfertigen und erhalten soll (fast immer kleine, quasi wehrlose Minderheiten, z.B. Judentum, Oppositionelle oder Intellektuelle.
Unterdrückung und Unterordnung des Volkes und des einzelnen Menschen
Die meisten Diktaturen fordern die Unterordnung des Einzelnen unter die Gemeinschaft bzw. den Staat. Dies wird mit einem angeblich "höheren Ziel" begründet. Unter der Diktatur des Nationalsozialismus mussten sich die Einzelnen der "Volksgemeinschaft" und der "arisch-germanischen Rasse" unterordnen, die größte Opfer verlangte. Daher das Sprichwort: "Du bist nichts, dein Volk ist alles!". Einen eigenen Wert (Menschenwürde) wurde dem Einzelnen abgesprochen. Der italienische Faschismus verlangte die Unterordnung des Einzelnen unter die "Nation", die angeblich "größer" war als der Einzelne. Unter der kommunistischen Herrschaft war die "Diktatur des Proletariats" das höchste Ziel. Wer eine andere Meinung hatte, stellte sich dem "Fortschritt" entgegen und galt als "Konterrevolutionär".
Der Freiheitsbegriff des Individualismus und der Menschenwürde des Einzelnen wurde durch einen "totalitären Freiheitsbegriff" ersetzt, zum Beispiel die Freiheit des Volkes, die Freiheit der Nation oder die Freiheit der proletarischen Klasse. Die Unterdrückung des Individuums wurde durch die Freiheit der Nation oder die Freiheit der proletarischen Klasse legitimiert.
Verletzung der Menschen- und der Bürgerrechte, Folter
Menschenrechte stehen jedem einzelnen Menschen zu und können nicht entzogen, sondern nur verletzt werden. Dies geschieht vielfach in Diktaturen, weil die Machthaber bzw. die Partei oder die "herrschenden Klasse" ihre Macht behalten will. Oft sollen Menschenrechtsverletzungen einem angeblich "höherem Ziel" oder dem "Fortschritt" dienen.
In fast allen Diktaturen werden Zeitungen verboten oder kontrolliert, Journalisten verhaftet, Missliebige oder angebliche politische Gegner inhaftiert. Manche Menschen "verschwinden" einfach und ihre Angehörigen wissen nicht, ob sie noch leben oder wo sie sich aufhalten. Oftmals werden Menschen auch ohne Gerichtsverhandlungen eingesperrt oder sie bekommen keinen rechtlichen Beistand. In den Gefängnissen und in Polizeigewahrsam wird häufig gefoltert, zum Beispiel durch Schläge, Tritte und Schlafentzug, aber auch durch grelles Licht oder Dunkelheit.
Durch die Manipulation der Zeitungen, des Rundfunks und des Fernsehens wird das Volk in vielfacher Hinsicht beeinflusst und im Sinne der Regierung gelenkt. Manche Staaten schotten sich auch nach außen hin ab (zum Beispiel das frühere kommunistische Albanien oder heutzutage noch Nordkorea). Auch dadurch werden die Menschen und die ausländischen Reporter in Unwissenheit über die tatsächlichen Zustände gehalten.
In den meisten Diktaturen gibt bzw. gab es eine Geheimpolizei, die politische Gegner einschüchtert und verfolgt. Im Dritten Reich verfolgte die Geheime Staatspolizei (Gestapo) Juden, Sozialdemokraten, Kommunisten, Geistliche, Sinti und Roma. In der DDR überwachte die Staatssicherheit (Stasi) die Bürger. Die Sowjetunion bediente sich des NKWDs, der später in NKGB umbenannt wurde und mit dem MGB (=Ministerium für Staatssicherheit), ab 1953 MWD (=Ministerium für innere Angelegenheiten) zusammenarbeitete. Nicolae Ceauşescu verfolgte seine Gegner bzw. die vermeintlichen Dissidenten durch die Securitate. Die Geheimpolizei wirbt häufig Spitzel in der Bevölkerung an, teilweise gibt es ein regelrechte Spitzelunwesen (zum Beispiel in der früheren Sowjetunion unter Stalin). Denunzianten kommen ihnen zur Hilfe und melden jeden verdächtigen Vorfall, so dass in der Bevölkerung ein Klima der Angst entsteht. Diese Einschüchterung trägt dazu bei, dass kaum jemand mehr wagt, offen seine Meinung auszusprechen.
Die Folter geschieht häufig im Verborgenen, nämlich im Polizeigewahrsam, im Gefängnis, in Amtszimmern oder weit abgelegen in Straflagern.
Wahlen
In demokratischen Staaten sind die Wahlen frei, gleich und geheim. Das heißt, alle Erwachsenen haben das Wahlrecht, alle Stimmen sind gleichwertig und die Stimmabgabe wird nicht eingeschränkt oder überprüft. Insofern wählt das Volk tatsächlich seine Vertreter ins Parlament und bestimmt im Idealfall, wer es regiert.
In einer Diktatur dagegen werden die Wahlen manipuliert, zum Beispiel werden die Wähler bei der Stimmabgabe beobachtet oder auch "ungültige" Stimmen als Ja-Stimmen gezählt. Leute, die mit "Nein" stimmen oder deren Stimme ungültig ist, werden eingeschüchtert, verhaftet oder sie "verschwinden" einfach.
Diktatur nach sozialistischer Theorie
In der sozialistischen Theorie versteht man unter Diktatur die Herrschaft einer sozialen Klasse. So bezeichnete die DDR ihre eigene Herrschaftsform selbst als Diktatur des Proletariats, die der kapitalistischer Länder wie der USA oder Bundesrepublik als Diktatur der Bourgeoisie sowie den Faschismus und Nationalsozialismus als Offene terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.
Dieser Unterschied in der Definition ist zu beachten, wenn man die entsprechenden theoretischen Texte verstehen will. In der Praxis wies auch die DDR die Merkmale einer Diktatur im klassischen Sinne auf, jedoch auch die Bundesrepublik, da beispielsweise bis 1968 alle DDR-Presseerzeugnisse verboten waren und eine Praxis der Berufsverbote und von Entlassungen aus politischen Gründen bestand.
Diktaturen der jüngsten Geschichte und Gegenwart
Historische Beispiele
- Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland, Adolf Hitler ist die zentrale Gestalt der NSDAP-Diktatur von 1933 bis 1945 (andererseits war Hitlers Machtergreifung das Ergebnis einer legalen Ernennung durch den Reichspräsidenten)
- Austrofaschistische Diktatur in Österreich durch Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg von 1933 bis 1938 (siehe auch Klerikalfaschismus)
- Franco-Diktatur in Spanien (siehe auch Klerikalfaschismus)
- Mussolini-Diktatur in Italien (siehe auch Faschismus)
- Stalinistisch-maoistische Diktatur in China und der UdSSR
- Diktatur der Roten Khmer in Kambodscha, Pol Pot ist dabei die zentrale Figur (1975-1979)
- Augusto Pinochet in Chile
- Manuel Noriega in Panama
- Somoza-Clan in Nicaragua
- Militärjunta in Griechenland (1967-1974)
- Militärdiktatur in der Türkei (1960-1961, 1980-1983)
- Einparteiendiktatur in Portugal (1932-1974) und in der DDR (1949-1990)
- Diktatur Saddam Husseins im Irak (1979-2003)
- Diktatur Mobutus in Zaire (heute: Demokratische Republik Kongo) (1965-1997)
- Zentralafrikanisches Kaiserreich (heute: Zentralafrikanische Republik) unter Kaiser Bokassa (1966-1979)
- Rumänien unter König Carol II. (1930 bis 1940) und unter stalinistischer Diktatur (Nicolae Ceauşescu, 1974 bis 1989)
- Jugoslawien unter König Alexander I. (1918 bis 1941) und unter titoistischer Diktatur (1945 bis 1991)
- Syrien unter der Erbdiktatur der Dynastie al-Assad (1970-2005)
Zitate
- „Wer eine Diktatur errichtet, stirbt eines natürlichen Todes, wenn er umgelegt wird.“ Rolf Hochhuth