Atropin ist ein giftiges Alkaloid, das künstlich hergestellt werden kann, aber auch in der Natur in Nachtschattengewächsen wie Tollkirsche (Atropa belladonna), Alraunen (Mandragora), Engelstrompete (Datura suaveolens) und Stechapfel (Datura stramonium) vorkommt. Atropin ist ein so genanntes Racemat aus Hyoscyamin und entsteht erst bei der Gewinnung des Stoffes aus der Pflanze, stellt also ein so genanntes Artefakt dar. Obwohl der eine Bestandteil des Racemates weniger Wirksamkeit aufweist, bevorzugt man die Gewinnung des Atropins, weil hier die Konzentration des Wirkstoffes immer genau berechenbar ist. Weil der Wirkstoff auch im Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) enthalten ist, wird er auch Hyoscyamin genannt. Es ist ein Ester der Tropasäure mit Tropin und zählt somit zu den Tropan-Alkaloidem. Nur das Gemisch von beiden Arten Hyoscyamin (sogenanntem rechtsdrehenden und linksdrehenden Hyoscyamin, siehe auch Stereochemie) wird Atropin genannt. In den meisten hier genannten Pflanzen findet sich auch Scopolamin (Hyoscin), ein dem Hyoscyamin strukturell nah verwandtes Alkaloid. Die Summenformel lautet C17H23NO3.
In der Medizin findet Atropin Verwendung um den Parasympathikus zu blockieren, indem die Signaltransduktion in der Nervenleitung unterbrochen wird. Atropin hemmt die muskarinartigen Wirkungen des Acetylcholins durch kompetitive Inhibition der Acetylcholinrezeptoren im synaptischen Spalt.
Insbesondere bei der Einleitung der Narkose wurde es bis vor kurzem noch häufig verwendet, ist aber mittlerweile obsolet, da die Atropinmenge, die man dem Patienten ohne Vergiftungserscheinungen geben kann, nicht ausreicht, um die durch die Vagusstimulation hervorgerufende Bradykardie zu unterdrücken. Allerdings wird Atropin als Notfallmedikament bereitliegen, falls es während der Operation zu einer solchen Bradykardie kommt. Als Asthmamittel wird es nicht mehr eingesetzt, stattdessen werden besser verträgliche Derivate eingesetzt.
Atropin wird in der Augenheilkunde zur Erweiterung der Pupillen und selten im Bereich des Magen-Darm-Trakts bei Krämpfen der glatten Muskulatur eingesetzt. Zusätzlich kann Atropin bei erschwerter Blasenentleerung, bei Harninkontinenz und zur Behandlung einer Reizblase gegeben werden. In der Frauenheilkunde wurde Atropin selten bei Dysmenorrhoe (schmerzhafte Regelblutung) eingesetzt. Den gleichen Effekt erzielt man heute mit N-Butylscopolamin, einem chemisch weiterentwickelten Derivat des Scopolamins, das entspannend auf die verkrampfte glatte Muskulatur wirkt und aufgrund der geringeren Nebenwirkungen frei erhältlich ist
Es hat folgende Wirkungen:
- Blockade des Parasympathikus (=Vagus und sakrolumbale Nervenfasern)
- Beschleunigung der Herzfrequenz
- Weitstellung der Bronchien
- Weitstellung der Pupillen
- Austrocknung der Schleimhäute
- Gegenmittel gegen Vergiftungen durch Parathion
Missbrauch
Vor einer unkontrollierten Einnahme als Rauschdroge ist zu warnen. Die therapeutische Breite des Stoffes ist gering, die Nebenwirkungen sind gravierend. Als Vergiftungssymptome sind Rötungen der Haut, Mydriasis, Herzrasen und Verwirrtheit wie Halluzinationen berichtet. Anschließend tritt eine schwere Bewusstlosigkeit ein, bei einer Atemlähmung sind die Vergiftungen in der Regel tödlich. Als Obduktionsergebnisse sind typischerweise Leberverfettung und subepikardiale Ekchymosen erwähnt worden. Ansonsten sind die Befunde uncharakteristisch. Ab 10 mg treten Delirien und Halluzinationen auf. Bei 100 mg setzt eine tödliche Atemlähmung ein. Insbesondere Kinder reagieren bei viel geringeren Dosen: Schon 2 mg (entsprechen drei bis fünf Tollkirschen) genügen für eine tödliche Dosis.
Neben Vergiftungen durch freiwilligen oder unfreiwilligen Verzehr von Pflanzenteilen (zum Beispiel Tollkirsche) kommen medizinale Vergiftungen infolge Überdosierung, Verwechslung oder falscher Anwendung vor.
Die Erste Hilfe bei Atropin-Vergiftung besteht in sofortiger Entleerung des Magen-Darm-Kanals (Erbrechen, Magenspülung) sowie erforderlichenfalls künstlicher Beatmung bzw. Atemspende.
Derivate
Als Atropin-Derivate werden heutzutage verwendet: