Mondnacht ist ein Gedicht des Dichters Joseph von Eichendorff, das um 1835 entstand und 1837 erstmalig veröffentlicht wurde.
Text
Mondnacht
Es war, als hätt' der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nur träumen müsst'.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis' die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Interpretation
Durch die Augen eines lyrischen Ich schildert der Dichter eine Landschaft in einer Mondnacht. Das Gedicht besteht aus drei Strophen mit jeweils vier Versen, wobei der Kreuzreim vorherrscht. Es ist im dreihebigen Jambus geschrieben, wobei jeweils der erste und dritte Vers eine klingende Kadenz (Verslehre) hat, der zweite und vierte eine stumpfe. Da Inhalt und Form eine sehr enge Einheit bilden, sollte man sie nicht getrennt voneinander betrachten.
Obwohl die Überschrift "Mondnacht" heißt, wird der Mond im Gedicht selbst nicht erwähnt. Er hat gleichsam die Funktion eines Katalysators, denn durch den Einfluss seines Lichtes wird das Normale, Alltägliche vorübergehend in etwas Wunderbares verwandelt.
Rezeption
Robert Schumann vertonte dieses bedeutende Gedicht des Übergangs von Romantik zu Spätromantik im Jahr 1840 und stellte es in den Mittelpunkt seines Liederkreises. Ende des 19. Jahrhunderts gab es schon über 40 Vertonungen.
Das Gedicht hat besonders lobende Anerkennung gefunden: Thomas Mann nannte es Die Perle der Perlen und Theodor W. Adorno empfand als wäre es mit dem Bogenstrich gespielt. Die Lyrikerin Ulla Hahn meint Innere und äußere Landschaft verschmelzen miteinander, Peter Paul Schwarz spricht von einer Verwandlung oder Verzauberung der Wirklichkeit und Wolfgang Frühwald von der orphischen Melodie der Nacht.
Literatur
- Wolfgang Frühwald: Interpretation: Eichendorff, Mondnacht, Reclam 2003, ISBN 3-15-008230-7
- Ulla Hahn: Gedichte fürs Gedächtnis - Zum Inwendig-Lernen und Auswendig-Sagen, ausgewählt und kommentiert von Ulla Hahn, Stuttgart (DVA) 11. Aufl. 2001, ISBN 3-421-05147-X
- Wolfgang Nehring: Spätromantiker. Eichendorff und E. T. A. Hoffmann. Vandenhoeck u. Ruprecht, Göttingen 1997, ISBN 3-525-01219-5.
- Oskar Seidlin: Versuche über Eichendorff. 3. Auflage. Vandenhoeck u. Ruprecht, Göttingen 1985, ISBN 3-525-20723-9.
- Hrsg. Harry Fröhlich: Sämtliche Werke des Freiherrn Joseph von Eichendorff. historisch-kritische Ausgabe, W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1994, ISBN 3-170-12873-6
Verwandte Themen
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