Kastell Lützelbach

archäologische Stätte in Deutschland
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Das römische Kastell Lützelbach, auch Lützelbacher Schlößchen genannt, ist ein ein ehemaliges Numeruskastell der älteren Odenwaldlinie des Neckar-Odenwald-Limes.

Kastell Lützelbach
Alternativname Lützelbacher Schlößchen
Limes ORL 46 (RLK)
Strecke (RLK) Neckar-Odenwald-Limes
ältere Odenwaldlinie
Datierung (Belegung) um 100 bis max. 159
Typ Numeruskastell
Einheit unbekannter Numerus
Größe 70x75 m = 0,53 ha
Bauweise a) Trockenmauer
b) Mörtelmauer
Erhaltungszustand schwache Spuren
Ort Lützelbach-Lützel-Wiebelsbach
Geographische Lage Koordinaten fehlen! Hilf mit.Koordinaten fehlen! Hilf mit. Vorlage:Infobox Limeskastell/Wartung/Breitengrad fehlthf
Vorhergehend ORL 46b Kastell Seckmauern (nordöstlich)
Anschließend Kleinkastell Windlücke (südlich)
Siehe auch

Liste der Listen der Limeskastelle

Lage

 
Lage des Kastells Lützelbach (1895)

Das heutige Bodendenkmal liegt etwa einen Kilometer südöstlich von Lützel-Wiebelsbach, einem Ortsteil der Gemeinde Lützelbach im Odenwaldkreis. Topographisch befindet es sich auf dem kleinen Plateau eines langgestreckten, von Süden nach Norden verlaufenden Höhenrückens. Das Plateau liegt unmittelbar an einem Gebirgssattel zwischen dem Talkessel von Lützelbach im Westen sowie dem Tal von Haingrund und Seckmauern im Osten. Am Rande des Plateaus, nach Nordwesten hin, fällt das Gelände stark ab. Aufgrund dieser Geländebeschaffenheit und weil die Mauer der Fortifikation auf der Nordwestseite deutlich stärker war als auf den anderen Seiten vermutete die Reichs-Limes-Kommission eine künstliche Geländeaufschüttung in diesem Bereich.

Forschungsgeschichte

Bereits 1813 war das Lützelbacher Kastell von Johann Friedrich Knapp (1776-1848), der den Odenwaldlimes im Auftrag des Grafen Franz I. zu Erbach-Erbach (1754–1823) untersuchte, in einem damals noch bestens erhaltenen Zustand vorgefunden und beschrieben[1] worden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts jedoch wurde die römische Ruine - nach einem Besitzwechsel - als bequemer Steinbruch ausgebeutet, so dass Friedrich Kofler, der spätere Streckenkommissar der Reichs-Limes-Kommission, bereits Mitte der 70er Jahre eine weitreichende Zerstörung des Bauwerks konstatieren musste. Das Zerstörungswerk nahm auch in den folgenden Jahren trotz massiver Proteste der Archäologen[2] seinen Fortgang.
Erst 1895 schließlich wurden durch die Reichs-Limes-Kommission umfangreiche archäologischen Ausgrabungs- und Dokumentationsarbeiten auf dem Kastellgelände durchgeführt.

Befunde

Das Kastellgelände erstreckt sich über eine Fläche von gut 5250 m². Das Lager wurde von einem namentlich nicht bekannten Numerus belegt, einer Auxiliartruppe von etwa 160 Mann Stärke. Kastell Lützelbach war ein Kastell mit steinerner Umwehrung und drei Toren, die Porta Decumana fehlt. Das Haupttor (Porta Praetoria) war zum Limes hin ausgerichtet, der das Kastell in nur etwa 25 m Entfernung südöstlich passierte. Über die Innenbauten gibt es keine gesicherten Erkenntnisse.

Ein bisher nicht ausgegrabenes Kastellbad befand sich etwa 40 m nördlich des Lagers.

Spuren der Kastellumwehrung sowie des Kastellbads sind im Gelände durch Bodenerhebungen wahrnehmbar.

Limesverlauf zwischen dem Kastell Lützelbach und dem Kleinkastell Windlücke

ORL[3] Name/Ort Beschreibung/Zustand
ORL 46 [4] Kastell Lützelbach siehe oben
Wp 10/8/[5] „Im Lützelbacher Bannholz“
 
Zeichnerische Befunddokumentation der Reichs-Limes-Kommission
Die aus zwei Holztürmen und einem Steinturm bestehende Turmstelle[6] wurde in den Jahren 1888 bis 1897 von Fritz Kofler, Wilhelm Soldan und Eduard Anthes wiederholt archäologisch untersucht.

„Holzturm A“ (das ältere der beiden Holzturmbauwerke) ruhte auf einem rechteckigen Unterbau aus Trockenmauerwerk mit den Seitenlängen 5,60 m auf 5,80 m. Er war von einem zwei Meter tiefen Ringgraben umzogen, dessen Durchmesser von Außenkante zu Außenkante 24/25 m, von Grabensohle zu Grabensohle 16,8/17,5 m betrug.

„Holzturm B“ erhob sich ebenfalls über einem rechteckigen Unterbau aus Trockenmauerwerk. Die Abmessungen dieses Unterbaus betrugen 5,10 m mal 5,30 m. Die 30 cm mächtigen Eckpfosten gründeten 1,30 m tief im Erdreich und waren zudem mit flachenSteinkeilen fixiert. Der den Turm umgebende Ringgraben besaß einen Außendurchmesser von 25,5 m (17 -18 m von Grabensohle zu Grabensohle).

Die Abmessungen des rechteckigen „Steinturm C“ betrugen 5,60 m mal 5,20 m. Die Mauerstärke konnte nicht mehr ermittelt werden.

Das ganze Areal war auf über 62 Meter Länge und rund 55 Meter Breite mit einer unregelmäßig verlaufenden Umzäunung, vermutlich einem Flechtwerkzaun, umgeben. Durch den Zaun führten insgesamt drei ( auf der Nord-, Südost- und Westseite) gepflasterte Eingänge ins Innere der Einfriedung.

Die Limespalisade passierte den „Holzturm A“ östlich in 32/33 m, den „Holzturm B“ in 34 m Entfernung. Etwa in der Mitte zwischen der Palisade und den östlichen Ringgrabenrändern konnte der Postenweg („Begleitweg“) des Limes mit seinem 5,50 m breiten Unterbau nachgewiesen werden. [7]

Wp 10/9 „Im Breitenbrunner Bannholz“
 
Höhenunterschied zwischen Wp 10/08 und Wp 10/09
Turmstelle[8] mit einem Holz- und einem Steinturmhügel. Der Holzturmhügel besitzt einen ausgeprägten Ringgraben. Durch die Geländeerhöhung zwischen Wp 10/8 und Wp 10/9 war es an dieser Stelle möglich, die Mindesthöhe von Limeswachttürmen zu ermitteln. Sie hätte demnach mindestens 7,60 m betragen müssen, um eine Sichtverbindung zu gewährleisten. Tatsächlich (unter Berücksichtigung der Turmaufbauten etc.) dürften die Türme aber wohl eine Höhe von mehr als zehn Metern erreicht haben [9]. [10]
KK [11] Kleinkastell Lützelbach siehe Hauptartikel Kleinkastell Windlücke


Anmerkungen

  1. J.F. Knapp: Römische Denkmale des Odenwaldes, insbesondere der Grafschaft Erbach und Herrschaft Breuberg. Engelmann, Heidelberg 1813.
  2. So wurde die Zerstörung des Kastells 1887 von Eduard Anthes, 1889 von Friedrich Kofler und 1891 von Georg Schäfer ohne Erfolg öffentlich kritisiert.
  3. ORL = Nummerierung der Limesbauwerke gemäß der Publikation der Reich-Limes-Kommission zum Obergermanisch-Rätischen-Limes
  4. ORL XY = fortlaufende Nummerierung der Kastelle des ORL
  5. Wp = Wachposten, Wachturm. Die Ziffer vor dem Schrägstrich bezeichnet den Limesabschnitt, die Ziffer hinter dem Schrägstrich in fortlaufender Nummerierung den jeweiligen Wachturm.
  6. Etwa bei Koordinaten fehlen! Hilf mit.unbenannte Parameter 1:49_46_18_N_9_5_120_E_type:landmark_region:DE-HE, 2:49° 46' 18" N, 9° 5' 12" O
  7. Wp10/8 auf der privaten Limesprojektseite von Claus te Vehne.
  8. Etwa bei Koordinaten fehlen! Hilf mit.unbenannte Parameter 1:49_45_59_N_9_5_4_E_type:landmark_region:DE-HE, 2:49° 45' 59" N, 9° 5' 4" O
  9. Schallmayer, Odenwaldlimes, 1984, S. 35ff.
  10. Wp 10/9 auf der privaten Limesprojektseite von Claus te Vehne.
  11. KK = nicht nummeriertes Klein-Kastell

Literatur und Kartenmaterial

  • Dietwulf Baatz: Lützelbach. In: Die Römer in Hessen. Lizenzausgabe, Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-58-9, S. 417 und 424f.
  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0, S. 182f.
  • Egon Schallmayer: Der Odenwaldlimes. Vom Main bis an den Neckar. Theiss, Stuttgart 1984, ISBN 3-8062-0328-8, S. 65ff.
  • Hessisches Landesvermessungsamt: TF 20-3, Breuberger Land. Topographische Freizeitkarte 1:20.000. Hessisches Landesvermessungsamt, Wiesbaden 2000, ISBN 3-89446-301-5

Grabungsberichte der Reichs-Limes-Kommission:

  • F. Kofler und J. Jacobs in der Reihe Der obergermanisch-raetische Limes des Römerreiches (Hrsg. Ernst Fabricius, F. Hettner, O. von Sarwey): Abteilung B, Band 5, Kastell Nr. 46 (1904)
  • Ernst Fabricius, F. Hettner, O. von Sarwey (Hrsg.): Der obergermanisch-raetische Limes des Römerreiches, Abteilung A, Band 5: Strecke 10 (Der Odenwaldlimes von Wörth am Main bis Wimpfen am Neckar), 1926, 1935