Die Villa Patumbah an der Zollikerstrasse 128 in Zürich wurde zwischen 1883 und 1885 von den Architekten Alfred Chiodera und Theophil Tschudy für Karl Fürchtegott Grob (1823-1893) erbaut. Der ausserordentlich vermögende Bauherr hatte seinen Reichtum mit einer Tabakplantage auf Sumatra erworben. Die Villa zählt heute zu den wichtigsten Zeugen des Historismus in Zürich und steht unter Denkmalschutz. Patumbah bedeutet auf malaiisch ersehntes Land.


Lage und Umgebung
1883 erwarb Karl Fürchtegott Grob in Riesbach ein Grundstück auf welchem er in den folgenden zwei Jahren eine Villa mit Ökonomiegebäude erstellen liess. Riesbach, damals noch ein Vorort von Zürich, war neben der Enge ein bevorzugter Wohnort von betuchten Stadtzürchern, so entstanden an der Zollikerstrasse die schönsten Villen Riesbachs. Jedoch übertrifft die Villa Patumbah ihre Nachbarn punkto Prachtentfaltung und Repräsentationsanspruch bei weitem. Doch schon kurze Zeit nach der Vollendung der Villa drohten Immissionen die ländliche Idylle zu zerstören: Die neue Bahnlinie der Nordostbahn sollte am rechten Zürichseeufer gebaut werden und führte genau am Grundstück der Familie Grob-Zundel vorbei. Um sich vor dem Rauch und dem Lärm der Eisenbahn zu schützen liess Karl Fürchtegott Grob den Tunnel bis zum Ende seines Grundstücks verlängern und überdecken. Die Kosten hierfür übernahm er vollumfänglich, gleichzeitig ging das entstandene Land in seinen Besitz über.
Architektur
Die Aussenhülle der Villa gestalteten Chiodera & Tschudi in Anlehnung an die Architektur der Renaissance. Über dem rustifizierten Sockelgeschoss erhebt sich das reich geschmückte Piano Nobile. Dieses ist mittels polychromer Malereien, welche in Keimfarben ausgeführt wurden, reich gegliedert. Die Trompe l’oeil Dekorationen erwecken den Anschein es handle sich hier um eine mit Marmor verkleidete Fassade. Fenster, Türen und Nischen werden von gesprengten Segmentbögen gekrönt und von Veroneser- und Carrara-Marmor gerahmt. Besonders hervorgehoben wurde die Ostfassade gegen die Strasse hin: Der repräsentative Balkon wird von prächtigen Konsolen gestützt, zusätzlich wird die Fassade auf Höhe des Piano Nobile durch zwei in Nischen stehenden Statuen, Merkur und Flora, gegliedert. Merkur muss wohl in Bezug auf die kaufmännischen Tätigkeiten Grobs gesehen werden und Flora steht für den daraus resultierenden Reichtum. Unterhalb des Dachs ist ferner der Schriftzug Patumbah angebracht. Über dem Piano Nobile erhebt das ebenfalls reich geschmückte Mezzaningeschoss welches wiederum mittels Trompe l’oeil Malereien und gerahmten Occuli gegliedert wird. Über einen einstöckigen, reichverzierten Zwischenbau ist die Villa mit dem Ökonomiegebäude verbunden, welches, ganz in historistischer Manier, im Schweizer Holzbaustil ausgeführt ist. Zusammen sparen die drei Baukörper einen Vorplatz aus, eine Art Cour d’Honneur. Das Ökonomiegebäude, welches der Unterbringung der Pferde und Wagen der Familie Grob-Zundel diente, ist in rotem und gelbem Klinker ausgeführt und reich geschmückt mit Motiven aus den Bereichen Reiter und Pferd. Am eisernen Durchgangstor zum Cour d’Honneur findet sich ein exotischer Schmetterling.
Im Innern der Villa befinden sich die Repräsentationsräume, welche auf den Park hin ausgerichtet sind, im Erdgeschoss. Konsequent führen die Architekten den historistischen Eklektizismus weiter und zitieren frei aus der europäischen und ostasiatischen Kunstgeschichte. Der Salon und das Herrenzimmer sind im Stile der Renaissance ausgeführt. Beide weisen eine bemalte, kassettierte Decke auf. Die Wände des Salons sind mit einem halb hohen Täfer und einer Tapete mit floralem Muster verkleidet. Zusätzlich befinden sich im Salon eine grüner Turmkachelofen sowie ein in Holz aufgeführtes Buffet. Das Damenzimmer ist dagegen im Stile des Rokoko ausgeführt. Im 1. und 2. Obergeschoss befanden sich die Privaträume der Familie sowie Kammern für die Dienstboten. Die beiden oberen Geschosse gruppieren sich um eine Halle, welche von einer farbigen Glaskuppel gekrönt wird. Die umlaufende Galerie ist fernöstlichen Schnitzereien und Malereien geschmückt, selbst die Türen sind mit chinesisch anmutenden Tuschzeichnungen bemalt.
Parkanlage
Für den Park engagierte Grob den berühmten Gartenarchitekten Evariste Mertens, welcher für den Bauherrn in den Jahren 1890/91 auf dem gut 13 500 Quadratmeter grossen Grundstück einen Garten im englischen Stil schuf. Dieser wies einen Ziergarten mit Wasserbecken und Springbrunnen, Blumenbeete, grosse Wiesen, eine Voliere, einen Turnplatz, Baumgruppen und einen Nutzgarten, welcher ungefähr einen Viertel der gesamten Parkfläche ausmachte, auf. Der Gartenpavillon von 1883 entstand nach Plänen des Architekturbüros Hirzel & Koch.
Geschichte des Gebäudes und des Parks
Dem Bauherr war nach seiner Rückkehr in gemässigtere Klimazonen keine lange Lebenszeit mehr vergönnt, bereits 1893 verstarb er infolge einer aus den Tropen mitgebrachten Krankheit und vermacht die das Anwesen seiner Frau und seinen Töchtern. Nach seinem Ableben blieben diese weiterhin im Haus wohnhaft bis sie die Villa 1910 an das Diakoniewerk Neumünster verschenkten. In der Folge beheimatete die Villa zuerst ein Erholungsheim und später ein Altersheim bis sie 1977 in den Besitz der Stadt Zürich überging. 1929 verkaufte das Diakoniewerk die nördliche Parkhälfte zur Beschaffung von Betriebsmitteln. Zwischen 1988 und 1990 wurde die südliche Parkhälfte nach Originalplänen wieder rekonstruiert nachdem diese 1985 in einer Volksabstimmung der Freihaltezone zugewiesen worden war. 1993 wurde auch der nördliche, private Abschnitt des Parks unter Schutz gestellt woraufhin die Eigentümer jedoch rekurrierten und Recht bekamen. Um auch diese Parkhälfte zu retten wurde 1995 die "Stiftung zur Erhaltung des Patumbah-Parks“ ins Leben gerufen. Diese Stiftung ist heute, dank einer Investorin, Eigentümerin der nördlichen Parkhälfte. Da diese Parkhälfte rechtlich nicht unter Schutz gestellt werden konnte sondern der Bauzone zugewiesen worden war, entwickelte diese Investorin ein zurückhaltendes Bauprojekt. Dieses erlaubt zumindest die Erhaltung der inneren Parkfläche und berücksichtigt somit die wesentlichen Merkmale des ursprünglichen Parks. Zudem soll das Zentrum der Parkanlage der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Literatur
- Poly-Festschrift II, Zürich 1905, S. 434.
- Zürcher Wochen-Chronik 1905, S. 97.
- Spaziergänge zu architektonischen Sonderlingen, Die Villa Patumbah, in: NZZ 30.11.1960.
- Hanspeter Rebsamen, Bausteine zu einem Inventar, Die Architekten Chiodera & Tschudy 1878-1908, in: archithese, Nr. 3/1972, S. 43-45.
- Rudolf Schilling, Die Kunst, die schmückt, in: Tages-Anzeiger-Magazin, 29. * Juni 1974, S. 8-9.
- Dieter Nievergelt, Erinnerungsbeispiele vermögender Bauherren, in: Turicum 1989 (Sommer), S. 12-22 (mit Literaturangaben).
- INSA-Zürich, Zürich 1992, S. 436.
- Zürcher Denkmalpflege, Bericht 1991/92, Zürich 1993, S. 177-181.
- Das kleine Forum in der Stadelhofer Passage, 13. Plakatausstellung, Zürcher * Villen des Historismus 1880-1905, Zürich 1993, S. 6-7.
- Informations-Broschüre über die „Stiftung zur Erhaltung des Patumbah-Parkes“, Zürich 1995.
Weblinks
- Stiftung Patumbah [1]
- Kantonale Denkmalpflege Zürich [2]
- Schweizer Heimatschutz [3]
- Hammam Projekt [4][5]
Koordinaten: 47° 21′ 24,5″ N, 8° 33′ 35″ O; CH1903: 684697 / 245711