Corps Suevia Tübingen

Studentenverbindung an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen - ehemaliges Corps des KSCV
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Corps Suevia Tübingen ist ein Corps, das von 1857 bis 1971 dem Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), dem ältesten Dachverband deutscher Studentenverbindungen, angehörte. Das Corps ist farbentragend und schlägt im Gegensatz zu den meisten Corps seit 1971 keine Mensuren mehr. Es vereint Studenten und ehemalige Studenten der Eberhard Karls Universität Tübingen. Die Corpsmitglieder werden „Tübinger Schwaben“ genannt.

Couleur

Suevia trägt die Farben schwarz-weiß-rot mit silberner Perkussion, dazu wird eine rote Mütze getragen. Die Füchse tragen ein Band in schwarz-rot.

Geschichte

Bereits vor der Gründung des heutigen Corps Suevia hat es in Tübingen Corps dieses Namens gegeben. So von 1807 bis 1811 die Suevia I mit den Farben schwarz-gelb-weiß, von 1808 bis 1812 die Suevia superior, von 1813 bis 1826 die Suevia II sowie von 1829-1830 die Suevia III. Die drei letzteren Corps trugen bereits das heutige schwarz-weiß-rot.

 
Fechtszene des Corps Suevia Tübingen (rechts) mit einem Vertreter des Corps Franconia Tübingen aus dem Jahre 1831

Im Jahre 1831 wurde dann die heutige Suevia (nach studentenhistorischer Zählung Suevia IV) gegründet. Im Jahre 1857 traten die Tübinger Corps - zusammengeschlossen im Tübinger Senioren-Convent (SC) - dem Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV) bei. Innerhalb des Verbandes schloss sich das Corps in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dem „grünen Kreis“ an. Dieser Zusammenschluss von Corps erhielt seine Prägung durch Corpsangehörige aus Familien, die oft schon über Generationen durch Landbesitz und öffentliche Ämter ihre Stellung in der Gesellschaft hatten festigen können. Den Höhepunkt der gesellschaftlichen Anerkennung erreichte das Corps durch die Mitgliedschaft des württembergischen Kronprinzen Wilhelm, der bald darauf als Wilhelm II. der letzte König von Württemberg wurde. Zusammen mit den Kartellcorps Vandalo-Guestphalia Heidelberg (entstanden aus den alten Heidelberger Corps Guestphalia und Vandalia) und Bremensia Göttingen bildet die Suevia heute das sogenannte „urgrüne“ Kartell.

Im Jahre 1933 wurde unter dem Druck der NS-Regierung, wie in allen Studentenverbänden, auch im Kösener Senioren-Convents-Verband der „Ariergrundsatz“ eingeführt. Als man 1934 zudem den Ausschluss der „Judenstämmlinge und jüdisch Versippten“ aus den Verbindungen forderte, verweigerten dies das Corps Suevia und namentlich die Baltia Königsberg, Suevia München, Guestphalia Heidelberg, Rhenania Straßburg zu Marburg, Austria Prag zu Frankfurt und die Palaiomarchia Halle. Sie wurden aus dem KSCV ausgeschlossen, das Corps Suevia löste sich auf. 1950 wurde es wiedergegründet.

Zusammen mit anderen prominenten, vornehmlich „grünen“ Corps verfolgte Suevia im Zuge der Umwälzungen durch die Studentenproteste von 1968 im KSCV das Ziel, das Schlagen von Mensuren als Pflicht in Frage zu stellen. Dahinterstand der Gedanke, an innerer und äußerer Glaubwürdigkeit zu gewinnen, wenn die Mensur als Instrument zur charakterlichen Erziehung in den Hintergrund tritt. Als das nicht zu erreichen war, wurde über eine Aufspaltung des Verbandes nachgedacht. Schließlich traten im Jahre 1971 aufgrund der Deckelung der Fechtfrage vier „grüne“ Corps, darunter Suevia Tübingen, aus dem Verband aus. Seitdem haben Angehörige dieser Corps keine Mensuren mehr auf ihre Farben geschlagen.

Bekannte Mitglieder

 
Konstantin Freiherr von Neurath als Corpsstudent (1896)
  • Prinz Asfa-Wossen Asserate (* 1948), Großneffe des letzten Kaisers von Äthiopien, Unternehmensberater und Autor (bekanntestes Werk: „Manieren“, Frankfurt/Main 2003) schreibt in seiner Autobiographie „Ein Prinz aus dem Haus David“ sehr positiv über sein Corps
  • Erich Brodmann, Reichsgerichtsrat
  • Paul von Bruns (1846-1916), Mediziner, Professor für Chirurgie an der Universität Tübingen
  • Ulrich von Hassell (1881-1944), deutscher Diplomat und Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944
  • Eugen Emil Arthur Kulenkamp (1850-1939), Senator der Hansestadt Lübeck
  • Ascan Lutteroth (1874-1960), Jurist und Genealoge
  • Hermann von Mittnacht (1825-1909), Ministerpräsident des Königreichs Württemberg (1876-1900)
  • Konstantin Freiherr von Neurath (1873-1956), Reichsaußenminister von 1932-1938, Reichsprotektor von Böhmen und Mähren 1939-1941
  • Fedor Nierhaus, Mitglied des Vorstandes der Münchener Rückversicherungsgesellschaft AG
  • Fritjof von Nordenskjöld (* 1938), Botschafter in Rom (1998-2000) und in Paris (2001-2004)
  • Karl Roth von Schreckenstein (1823-1894), Archivar und Historiker, Direktor des Generallandesarchivs in Karlsruhe
  • Julius Freiherr von Soden (1846-1921), Gouverneur von Kamerun und Deutsch-Ostafrika, Außenminister des Königreichs Württemberg (1900-1906)
  • Julius Vermehren (1855-1928), Senator der Hansestadt Lübeck
  • Wilhelm II. (1848-1921), König von Württemberg (1891-1918), vorher schon Bremensia Göttingen
  • Eduard Zacharias (1852-1911), Botaniker, Direktor der hamburgischen botanischen Staatsinstitute
  • Ernst Ziehm (1867-1962), Senatspräsident der Freistadt Danzig

Literatur

  • Martin Biastoch: Duell und Mensur im Kaiserreich (am Beispiel der Tübinger Corps Franconia, Rhenania, Suevia und Borussia zwischen 1871 und 1895). Vierow 1995. ISBN 3-89498-020-6.
  • Martin Biastoch: Tübinger Studenten im Kaiserreich. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung, Sigmaringen 1996 (Contubernium - Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte Bd. 44) ISBN 3-51508-022-8
  • Heinz Howaldt: Suevia Tübingen 1831 – 1931. Band 1. Corpsgeschichte. Tübingen 1931. 274 S. Gln. Illustriert; Band 2. Mitglieder. Tübingen 1931. 376 S. Gln.