Paolo Borsellino

italienischer Richter und Mafia-Jäger
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 1. April 2005 um 17:25 Uhr durch Marsupilami04 (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Paolo Borsellino (*19. Januar 1940 in Palermo, †19. Juli 1992 in Palermo) war ein italienischer Richter und "Mafia-Jäger".

Biografie

Jugend

Er wird im Armenviertel "La Kalsa" in Palermo geboren, wo unter anderem Giovanni Falcone und Tommaso Buscetta leben. Nachdem er das liceo classico (humanistische Ausbildung ähnlich einem Gymnasium) mit dem Namen "Meli" besuchte, schreibt sich Borsellino in Palermo für Recht ein. Am 27. Juni 1962 schliesst er sein Studium ab, wenige Tage später verschwindet sein Vater. Borsellino führt die Apotheke seines Vaters Diego weiter, bis seine Schwester Rita in Arzneimittelkunde abschliesst.

Richterkarriere

1963 wird Borsellino Mitglied der Justizbehörde von Palermo, 1965 Auditor am Zivilgericht von Enna. 1967 wird er Amtsrichter in Mazara del Vallo, heiratet 1968 und wechselt 1969 nach Monreale, wo er zusammen mit Emanuele Basile arbeitet.
1975 wird er wieder nach Palermo versetzt und im Juli tritt er ins "ufficio istruzione affari penali" (etwa: Amt für Untersuchung von Strafsachen) unter der Leitung von Rocco Chinnici ein.
1980 werden die ersten sechs Mafiosi dank den von ihm und Emanuele Basile durchgeführten Untersuchungen verhaftet, noch Mai desselben Jahres wird Basile ermordet und Borsellino und seine Familie ab diesem Zeitpunkt ständig bewacht. Im gleichen Jahr wird der Antimafia-Pool gegründet, in welchem unter der Leitung von Chinnici drei Richter (Falcone, Borsellino und Barrile) und zwei Kommissäre (Ninni Cassarà und Beppe Montana) arbeiten. Alle Mitglieder des Pools verlangen ausdrücklich eine Intervention des Staates, welche ausbleibt.
Am 4. August 1983 stirbt Rocco Chinnici durch eine Autobombe und wenige Tage später kommt Antonino Caponnetto aus Florenz um seinen Platz im Antimafia-Pool zu übernehmen. Der Pool will eine Generalmobilmachung gegen die Mafia.
1984 wird Vito Ciancimino verhaftet und Tommaso Buscetta gesteht als sogenannter "pentito" (wörtlich: Reuiger; Mafia-Aussteiger) seine Taten. "Don Masino", wie ihn die Mafiosi nannten, wurde in San Paolo del Brasile verhaftet und an Italien ausgeliefert. Buscetta beschreibt eine Mafia von welcher man bisher wenig bis nichts wusste und beschreibt sie in sehr detaillierter Weise.
1985 werden wenige Tage nacheinander die Kommissäre Beppe Monatana und Ninni Cassarà von der Cosa Nostra ermordet. Falcone und Borsellino werden in die Fremdenherberge von Carcere dell’Asinara transferiert, wo sie an den Beweiserhebungen für den Maxi-Prozess von Palermo zu schreiben beginnen, in dem später über 300 Mafiosi verurteilt werden.
Am 19. Dezember 1986 wird Borsellino zum Prokurat von Marsala gerufen. Durch seine gute Beziehung zu Falcone, der in Palermo blieb, kann er den ganzen Westen Siziliens mit seinen Untersuchungen abdecken.
1987 verlässt Caponnetto aus gesundheitlichen Gründen den Pool und alle erwarteten die Nomination von Falcone, aber der Oberste Richterrat CSM (Consiglio Superiore della Magistratura) sieht es anders und es erwacht die Angst, man schaffe den Pool wieder ab. Borsellino erzählt überall über die Ereignisse im Prokurat Palermo, womit er Disziplinarmassnahmen riskiert. Am 31. Juli bekommt Borsellino eine Vorladung des CSM und wiederholt die Anschuldigungen, was Ratlosigkeit hervorruft. Am 14. September wird Antonino Meli aufgrund des höchsten Dienstalters zum Chef des Pools ernannt. Borsellino kehrt nach Marsala zurück, wo er zusammen mit einigen jungen Richtern weitere Unersuchungen durchführt.
In jenen Tagen beginnt die Debatte über die Erschaffung einer Superprocura, einer nationalen Anti-Mafia-Behörde nach dem Vorbild der FBI. Falcone geht nach Rom um die Leitung der Direktion für Strafrechtsfragen zu übernehmen und drängt darauf, die Superprocura zu schaffen.
Borsellino verlangt die Versetzung auf das Prokurat von Palermo und wird dort am 11. Dezember 1991 tätig. Am 23. Mai 1992 müssen im Attentat von Capaci Giovanni Falcone, seine Frau Francesca und die drei Leibwächter Antonio Montinaro, Vito Schifani und Rocco di Cillo ihr Leben lassen.

Attentat

Am 19. Juli 1992, nachdem er mit einigen Freunden zu Mittag ass, begibt sich Borsellino mit seiner Eskorte zur Via D’Amelio, wo seine Mutter lebt. Ein FIAT 127, welcher in der Nähe der Behausung seiner Mutter parkiert ist, explodiert und tötet ausser Borsellino auch Emanuela Loi (die erste Frau in einer Eskorte), Agostino Catalano, Vicenzo Li Muli, Walter Eddie Cusina und Claudio Traina. Antonino Vullo überlebt als einziger. Durch Borsellinos Tod geht viel Wissen im Kampf gegen die Mafia verloren. So soll beim Attentat unter anderem seine rote Agenda abhanden gekommen sein. Diese trug er immer bei sich und hatte darin alle Termine und wichtige Informationen eingetragen. Rita Borsellino, seine Schwester, ist heute führende Aktivistin im Kampf gegen die Mafia.

Literatur

siehe: Mafia