Wilhelm Steinitz

österreichisch-amerikanischer Schachspieler, Schachweltmeister 1886 bis 1894
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Wilhelm Steinitz (* 17. Mai 1836 in Prag; † 12. August 1900 in New York), war ein bedeutender Schachspieler aus Böhmen.

Wilhelm Steinitz

Steinitz wurde als 13. Kind einer ärmlichen Prager Handwerkerfamilie geboren. Bereits als Kind galt er in Prag als einer der besten Schachspieler. 1858 zog er nach Wien um am Polytechnischen Institut Mathematik zu studieren. Eine zeitlang finanzierte er sein Studium durch journalitische Arbeiten für die Constitutionelle Österreichische Zeitung, für die er Parlamentsberichte erstellte. Bald aber stellte sich für Steinitz heraus, daß mit dem Schachspielen in Wiener Kaffeehäusern weit mehr Geld zu erwerben war. Durch seine Erfolge erlangte er schnell internationale Bekanntheit. Nachdem er 1862 in London sein erstes internationales Turnier gespielt hatte, nahm er an gleicher Stelle seinen neuen Wohnsitz, 21 Jahre später folgte er einer Einladung in die USA und siedelte sich dort an. Steinitz nahm die amerikanische Staatsbürgerschaft an und wurde Mitglied des Franklin Chess Club in Philadelphia.

Steinitz gelang es allerdings nicht, seine sportlichen Erfolge im Geschäftsleben zu wiederholen. Die von ihm 1885 gegründete Zeitschrift International Chess Magazine war zwar eines der bedeutendsten Schachblätter seiner Zeit, erwies sich jedoch als finanzielles Debakel.

Nach einem Wettkampfsieg 1886 gegen Johannes Zukertort - dieser Wettkampf gilt weithin als der erste Weltmeisterschaftskampf im Schach überhaupt - wurde er allgemein als Schachweltmeister anerkannt. Er verteidigte seinen Titel in Wettkämpfen gegen Michail Tschigorin, Isidor Gunsberg und noch einmal gegen Michail Tschigorin. 1894 musste er das Championat an Emanuel Lasker abgeben. Steinitz konnte nicht verwinden, nicht mehr der weltbeste Schachspieler zu sein. Am 12. August starb er in der Anstalt für psychisch Kranke in New York.

1891 hatte Steinitz mit Tschigorin vereinbart, eine eröffnungstheoretische Frage durch einen Wettkampf auszutragen, der per Telegramm zwischen Russland und Amerika geführt wurde. Tschigorin gewann beide Partien. Steinitz jedoch wurde während des Wettkampfes als vermeintlicher russischer Spion verhaftet, weil die Postbeamten die Notation der einzelnen Schachzüge für einen Geheimcode hielten.

Im Gegensatz zu den meisten seiner Zeitgenossen bevorzugte er geschlossene, defensive Stellungen. Er entwickelte viele Prinzipien des Positionsspiels und gilt somit als Begründer des modernen Schachs. Außerdem soll von ihm der Satz stammen, dass er, wenn er gegen Gott spielen müsste, Gott einen Bauern vorgeben würde.

Steinitz' höchste Historische Elo-Zahl: 2826 (im April 1876)

Liste der Turnier- und Wettkampfergebnisse

Turnier Ort Ergebnis/Punktezahl Rang
1859
Turnier der Wiener Schachgesellschaft Wien unbekannt 3. Platz
1860
Turnier der Wiener Schachgesellschaft Wien unbekannt 2. Platz
1861
Turnier der Wiener Schachgesellschaft Wien 31,5/34 (+30-1=3) 1. Platz
1862
Internationales Turnier anläßlich der Weltausstellung, zugleich 5. Kongreß der British Chess Association (BCA) London 7,5/15 (+6-5=3) 6. Platz
Wettkampf gegen Serafino Dubois London 5,5/9 (+5-3=1) Steinitz gewinnt mit 5,5-3,5
1863
Wettkampf gegen Joseph Henry Blackburne London 8/10 (+7-1=2) Steinitz gewinnt mit 8-2
Wettkampf gegen Frederic Deacon London 5,5/7 (+5-1=1) Steinitz gewinnt mit 5,5-1,5
1864
Wettkampf gegen Valentine Green London 6,5/7 (+6-0=1) Steinitz gewinnt mit 6,5-0,5
1865
Schachkongreß Dublin 4,5/5 (+4-0=1) 1. Platz
1866
Wettkampf gegen Adolf Anderssen London 8/14 (+8-6=0) Steinitz gewinnt mit 8-6 und gilt fortan als weltbester Spieler
Wettkampf gegen Henry Edward Bird London 9,5/17 (+7-5=5) Steinitz gewinnt mit 9,5-7,5
1867
Wettkampf gegen George Brunton Fraser Dundee 4/6 (+3-1=2) Steinitz gewinnt mit 4-2
Internationales Turnier anläßlich der Weltausstellung Paris 17,5/22 (+16-3=3) 3. Platz
Schachkongreß Dundee 7/9 (+7-2=0) 2. Platz
1870
Internationales Turnier Baden-Baden 12,5/18 (+11-4=3) 2. Platz
1872
Internationales Turnier London 7/8 (+7-1=0) 1. Platz
Handicap-Turnier London 1,5/4 (+0-1=3) Steinitz schied in der 2. Runde gegen Johannes Hermann Zukertort aus. (Die einzigen von Steinitz ohne Vorgabe gespielten Partien.)
Wettkampf gegen Johannes Hermann Zukertort London 9/12 (+7-1=4) Steinitz gewinnt mit 9-3
1873
Internationales Turnier anläßlich der Weltausstellung Wien 22,5/27 (+20-2=5) 1. Platz
1876
Wettkampf gegen Joseph Henry Blackburne London 7/7 (+7-0=0) Steinitz gewinnt mit 7-0
1882
Internationales Turnier Wien 22/34 (+18-8=8) 1.-2. Platz (mit Szymon Winawer)
1. Wettkampf gegen Dion Martinez Philadelphia 7/7 (+7-0=0) Steinitz gewinnt mit 7-0
2. Wettkampf gegen Dion Martinez Philadelphia 4,5/7 (+3-1=3) Steinitz gewinnt mit 4,5-2,5
Wettkampf gegen Alexander Sellman Baltimore 3,5/5 (+2-0=3) Steinitz gewinnt mit 3,5-1,5
1883
Wettkampf gegen George Henry Mackenzie New York City 4/6 (+3-1=2) Steinitz gewinnt mit 4-2
Wettkampf gegen Celso Golmayo Zupide Havana 8,5/10 (+8-1=1) Steinitz gewinnt mit 8,5-1,5
Internationales Turnier London 21,5/32 (+18-7=7) 2. Platz
1885
Wettkampf gegen Alexander Sellman Baltimore 3/3 (+3-0=0) Steinitz gewinnt mit 3-0
1886
Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Johannes Hermann Zukertort New York City/St. Louis/New Orleans 12,5/20 (+10-5=5) Steinitz gewinnt mit 12,5-7,5
1888
Wettkampf gegen Andreas Vasquez Havana 5/5 (+5-0=0) Steinitz gewinnt mit 5-0
Wettkampf gegen Celso Golmayo Zupide Havana 5/5 (+5-0=0) Steinitz gewinnt mit 5-0
1889
Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Michail Tschigorin Havana 10,5/17 (+10-6=1) Steinitz gewinnt mit 10,5-6,5
1890/1891
Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Isidor Gunsberg New York City 10,5/19 (+6-4=9) Steinitz gewinnt mit 10,5-8,5
1892
Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Michail Tschigorin Havana 12,5/23 (+10-8=5) Steinitz gewinnt mit 12,5-10,5
1894
Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Emanuel Lasker New York City/Philadelphia/Montreal 7/19 (+5-10=4) Lasker gewinnt mit 12-7 und wird Weltmeister
Internationales Turnier New York City 8,5/10 (+8-1=1) 1. Platz
1895
Internationales Turnier Hastings 13/21 (+11-6=4) 3. Platz
1895/1896
Internationales Turnier St. Petersburg 9,5/18 (+7-6=5) 2. Platz
1896
Wettkampf gegen Emanuel Schiffers Rostow am Don 6,5/11 (+6-4=1) Steinitz gewinnt mit 6,5-4,5
Internationales Turnier Nürnberg 11/18 (+10-6=2) 6. Platz
1896/1897
Revanchewettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Emanuel Lasker Moskau 4,5/17 (+2-10=5) Lasker gewinnt mit 12,5-4,5
1897
Nationales Turnier "Thousand Islands"" New York City 3/5 (+2-1=2) 1.-2. Platz (mit Samuel Lipschütz)
1898
Internationales "Kaiser-Jubiläums"-Turnier Wien 23,5/36 (+18-7=11) 4. Platz
11. Kongreß des Deutschen Schachbundes (DSB) Köln 9,5/15 (+8-4=3) 5. Platz
1899
Internationales Turnier London 10,5/26 (+7-12=7) 10.-11. Platz ( mit Wilhelm Cohn)

Literatur

  • Ludwig Bachmann: Schachmeister Steinitz, Ein Lebensbild des ersten Weltschachmeisters, dargestellt in einer vollständigen Sammlung seiner Partien, Bd. 1-4, Ansbach 1910-1921; Olms-Nachdrucke: Bd 1-2. (ISBN 3-283-00080-8), Bd. 3-4 (ISBN 3-283-00081-6)
  • Sid Pickard (Hg.): The Games of Wilhelm Steinitz, First World Chess Champion, Dallas 1995 (ISBN 1-886846-00-6)