Als Plattenpanzer bezeichnet man eine Schutzrüstung die aus mehreren grossen, miteinander möglichst beweglich verbundenen Metallplatten besteht und die praktisch den gesamten Körper umhüllt. Vorläufer des Plattenpanzers enstanden bereits in der Bronzezeit, vor allem im griechischen Kulturkreis. Diese frühen Plattenpanzer aus Bronze waren relativ schwer, unbeweglich und schützten Arme und Beine nicht ausreichend.
Auch bei den Römern wurden bis zum Untergang des Weströmischen Reiches Plattenpanzer verwendet die in erster Linie den Torso schützten. Im 2. Jahrhundert v.Chr. - möglicherweise noch früher - entwickelten die Kelten das Kettenhemd das im 1. Jahrhundert v.Chr. auch in der römischen Armee Verbreitung fand.
Nach dem Zerfall des Römischen Imperiums aufgrund der Völkerwanderung war das Kettenhemd lange Zeit der bevorzugte Schutz der wohlhabensten Krieger bzw. des Adels. Im Hochmittelalter kamen Kettenrüstungen auf welche fast den gesamten Körper einhüllten, darunter trug man eine Textilrüstung - Gambeson genannt - welche den eher geringen Schutz den eine Kettenrüstung vor Hieb- und Stichwaffen bot erhöhte.
Vor dem wuchtigen Aufprall einer Lanze und vor allem vor der im 12. Jahrhundert in Europa aufkommenden Armbrust bot eine Kettenrüstung einen äusserst geringen Schutz. Auch der insbesondere von den Engländern verwendete Langbogen schmälerte den Schutzwert der Kettenrüstung beträchtlich, so dass man im 14. Jahrhundert nach Entwicklungen wie dem Plattenrock dazu überging den Körper nach und nach durch Metallplatten zu schützen - eine Entwicklung die um das Jahr 1400 abgeschlossen war. Die kämpfenden Adeligen waren nun durch einen Vollharnisch geschützt der aus mehreren Dutzend Metallplatten bestand die durch zahlreiche Riemen flexibel miteinander verbunden waren. Ein Kettenhemd wurde weiterhin unter dem Plattenpanzer getragen, um Stellen wie z.B. die Achseln und den Genitalbereich zu schützen.
Entgegen weit verbreiteter Vorstellungen war es möglich in einem Vollharnisch zu laufen, sich hinzulegen und wieder aufzustehen und sogar ohne Hilfe auf ein Pferd zu steigen. Ein spätmittelalterlicher / frühneuzeitlicher Vollharnisch wog durchschnittlich 25-35 Kilogramm. Zum Vergleich: Ein heutiger Soldat mit voller Ausrüstung trägt oftmals ein grösseres Gewicht am Körper. Das grösste Problem an einer Plattenrüstung stellt keineswegs das Gewicht, sondern die Hitzeentwicklung dar. Die Schutzwirkung des Plattenpanzers war so gross, das es im 15. Jahrhundert unüblich wurde einen Schild zu tragen.
Führend in der Produktion von Plattenpanzern waren Norditalien und Süddeutschland. Die Hersteller von Plattenpanzern wurden in Deutschland Plattner genannt und waren in eigenen Zünften organisiert. Qualitativ hochwertige Plattenpanzer wurden im 15. Jahrhundert gegen Armbrustbolzen, im 16. Jahrhundert gegen Musketen- und Pistolenschüsse getestet. Nur wenn der Bolzen bzw. die Kugel vom Panzer abprallte wurde dieser mit dem Symbol der entsprechenden Plattnerzunft versehen.
Recht schnell kamen Plattenpanzer auf, die speziell für den Gebrauch auf Turnieren angefertigt wurden. Diese Turnierharnische konnten über 40 Kilogramm wiegen und schränkten Beweglichkeit und Sichtfeld des Trägers deutlich stärker ein als dies bei einem Feldharnisch der Fall war. Besonders wohlhabende Adelige liessen sich unvorstellbar teure Prunkharnische anfertigen, die mit kunstvollem Ätzwerk verziert waren. Diese Prunkharnische dienten oftmals nur repräsentativen Zwecken. Zudem gab es sogenannte Harnischgarnituren die aus zahlreichen Einzelteilen bestanden, aus denen sich je nach Bedarf ein Feld- oder ein Turnierharnisch zusammensetzen liess.
Waren die Plattenpanzer zu Beginn des 15. Jahrhunderts zunächst recht grob und kantig gestaltet, kamen recht schnell in Italien Plattenpanzer mit abgerundeten Formen auf. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstand der sogenannte gotische Rüstungsstil (in Anlehnung an die Kunstepoche der Gotik). Dieser besticht durch äusserst filigrane, kunstvolle Ausführung. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts enstanden diverse Riefelharnische, deren Oberfläche geriffelt war wodurch ein besserer Schutz bei geringerem Gewicht gewährleistet wurde. Die Herstellung dieser Riefelharnische war aber äusserst kostspielig, so das man sie nach einigen Jahren wieder einstellte.
Neben äusserst teuren, massgefertigten Plattenpanzern gab es auch in grossen Stückzahlen gefertigte, schlichte Panzer für das einfache Fussvolk. Diese boten aber oftmals einen geringeren Schutz und eine geringere Beweglichkeit als qualitativ hochwertige Plattenpanzer. Unter Fusssoldaten war es üblich einen Halbharnisch zu tragen um sich schneller fortbewegen zu können. Ein Grossteil des Fussvolkes konnte sich aber nur eine Art Schuppenpanzer (Brigantine) oder eine ähnlich billige Rüstung leisten - wenn überhaupt.
Obwohl bereits im 14. Jahrhundert brauchbare Feuerwaffen in Europa aufkamen, dauerte es recht lange bis diese das Tragen einer Rüstung überflüssig werden liessen. Erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts werden Musketen entwickelt, die einen Plattenpanzer mühelos durchschlagen können. Als Folge davon wurden die Rüstungen dicker, wodurch sich natürlich ihr Gewicht erhöhte. Deshalb trug das Fussvolk gegen Ende des 16. Jahrhunderts höchstens einen simplen Brustpanzer und einen Helm. Lediglich die Reiterei hielt in Anknüpfung an ritterliche Traditionen länger am Plattenpanzer fest - bis ungefähr zur Mitte des 17. Jahrhunderts trugen viele Kavalleristen einen Voll- oder zumeist einen Dreiviertel-Harnisch. Bis zum Verschwinden des Plattenpanzers gibt es Berichte darüber, wie diese Art von Rüstung ihren Träger vor dem Tod durch eine Feuerwaffe bewahrt hat. Aber angesichts der im Dreissigjährigen Krieg und auch in anderen Kriegen des 17. Jh. entwickelten Salven-Taktiken in Kombination mit dem immer massiver werdenden Einsatz von Geschützen verlor der beste Plattenpanzer seinen Nutzen.
In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts war der Plattenpanzer von der europäischen Bildfläche verschwunden. Stehende Heere enstanden, und statt Rüstungen bestimmten Uniformen das Erscheinungsbild der Soldaten. Angesichts der massiven Feuerkraft einer Salve waren nun die Moral der Truppe und das geschickte Manövrieren der einzelnen Infanterieformationen wichtiger als der sinnlos gewordene Schutz des einzelnen Soldaten durch eine Rüstung. Lediglich in der Porträt-Malerei war es noch längere Zeit üblich das sich Männer von hohem Stande in einem Plattenpanzer porträtieren liessen, um an den längst verblichenen Mythos von den ritterlichen Idealen zu erinnern der durch nichts anderes besser verkörpert wird als durch den Plattenpanzer.