A cappella

historischer mehrstimmiger Vokalsatz, auch in der Popmusik
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Der Begriff a cappella (älter "alla cappella") stammt aus dem Italienischen und bezeichnet ursprünglich Musik "nach Art der Kapelle".

Quellen zum Begriff "A cappella":

Johann Gottfried Walther: Musikalisches Lexikon 1732 S. 4: „A capella (ital.) heisset: wenn Vocal- und Instrumental-Stimmen sich miteinander zugleich, und zwar dergestalt hoeren lassen, daß diese eben dasjenige, was jene haben, exekutieren.“

Sebastian de Brossard: Dictionaire de Musique 1705 S. 12: „Capella, au plur. Capelle, veut dire proprement Chapelle. Mais les Italiens prennent ce mot pour assemblée de Musiciens propres à chanter ou à jouer toutes les parties d‘ une Musique ou d‘un Concert. Ainsi ces mots da Capelle, par la Chapelle marquent, qu‘il faut que toutes les Voix & les Instrumens de chaque Partie chantent ensemble la meme chose pour faire plus de bruit.“

F. A. Brockhaus: Allgemeine Deutsche Real-Encyklodädie für die gebildeten Stände. 1851 Leipzig. Erster Band S. 85: "A capella, alla capella, d. h. im Kapellstile, bedeutet in älteren Kirchenmusiken die Bewegung der Singstimmen ohne Instrumente, oder wenn ja solche den Gesang begleiten, das Fortgehen der Instrumente im Unisono mit den Singstimmen."

Das bedeutet eine Aufführungspraxis von Vokalmusik, die sehr variabel dargestellt werden konnte. Nach Möglichkeit zog der Kapellmeister vorhandenes Instrumentarium bei der Aufführung hinzu. Die Instrumente konnten die Singstimmen verdoppeln oder auch ersetzen. Die unbegleiteten Gesänge der päpstlichen Cappella stellen eher ein Sonderfall dar. Johann Gottfried Walter schreibt im Musikaischen Lexikon zur päpstlichen Kapelle: "Indessen ist die Päbstliche Music darinnen von anderen unterschieden, daß man dabey keiner Orgel oder anderer Instrumenten brauchet, sondern die Stücke nur hersinget" (S. 140).

Im 19. Jahrhundert kam es bei der Wiederentdeckung der alten Chormusik durch Laienchöre zu einem Mißverständnis des Begriffes "A cappella". Heute wird unter "a cappella" oft eine Musik verstanden, die vollständig auf Instrumente verzichtet und allein auf der menschlichen Stimme beruht. Besser geeignet wäre unter Analogie zu "Streichquartett" oder "Blechbläserensemble" die Begriffe: Vokalensemble,Vokalquartett oder Vokalquintett.

Chöre und Kantoreien, die die historische Aufführungspraxis pflegen, ziehen zu ihren Auführungen von alter Chormusik im Cappellstil wieder vermehrt Instrumente hinzu. Dabei lassen sich zwei Ansätze unterscheiden: Aufführungen mit historischen Instrumenten auf professionellem Niveau und eine bunte Musizierpraxis mit Amateuren und zusammengewürfeltem Instrumentarium.

In neuerer Vokalmusik wird aber durch den Einsatz von Vocal Percussion (human beatbox, Mundschlagzeug) und die Möglichkeit moderner Studiotechnik ein großes Klang- und Stilspektrum erreicht.

Es kursieren viele Schreibvarianten. Für das mittellateinische Wort gab es neben cappella auch die Schreibweise capella. Heute ist "a cappella" die anerkannte Schreibweise. (Als Eselsbrücke kann dienen: "zwei Wörter, zwei P, zwei L"). Das gilt auch in englischsprachigen Gebieten.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand in den USA ein neues Genre von vokalen Kleingruppen (z.B. The Yale Whiffenpoofs 1909). Dabei wurde in barbershop-Manier in "close harmony" gesungen.

1927 entstanden nach dem amerikanischen Vorbild der "Revellers" in Deutschland die Comedian Harmonists, die zwar mit Klavierbegleitung sangen, aber die Popularität dieses Genres sehr förderten und auch heute noch oft nachgeahmt werden. Weitere Einflüsse nahm die Vokalmusik aus dem Doowop.

Moderne Vokalensembles bestehen oft aus vier bis sechs Personen. Neben vielen rein männlichen und gemischten Ensembles gibt es nur wenige rein weibliche Gruppen.

Wichtige Vertreter dieses stark von Popmusik und Jazz beeinflussten Genres sind z.B. "The Golden Gate Quartet" oder die englischen "King's Singers", die sich 1968 formierten und aus dem Chor des King's College, Cambridge, hervorgingen und die seitdem in vielen musikalischen Stilrichtungen erfolgreich sind. Aber auch "The Flying Pickets", die amerikanischen Gruppen "The Manhattan Transfer", "The Nylons", "Take 6" sind zu erwähnen, sowie das südafrikanische Ensemble "Ladysmith Black Mambazo", das vor allem dadurch bekannt wurde, dass es mit Paul Simon für sein Album Graceland zusammenarbeitete; die "Swingle Singers", die im Frankreich der 1960er um Ward Swingle entstanden, und die vor allem durch Swing-Adaptationen klassischer Musik Aufsehen erregten, oder die schwedische Gruppe "The Real Group", die sich nach dem Realbook benannte, einer Sammlung von Jazz Standards, die sie 1984, zu Beginn ihrer Karriere (als Absolventen der Königlichen Musikakademie Stockholm), als erste Anregungen für ihre Arrangements nahmen.

In Deutschland erreichten Anfang der 90er Jahre Die Prinzen einen hohen Bekanntheitsgrad. Zur Zeit sind die Wise Guys ein bekanntes Vokalensemble Deutschlands.

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