Karl Heinrich Gotthilf Köstlin (* 20. Juni 1787 in Nürtingen; † 18. August 1859 in Stuttgart) war ein deutscher Mediziner und Förderer der württembergischen Heil- und Pflegeanstalten für psychiatrische Erkrankungen sowie Mitglied der Schwäbischen Dichterschule.
Leben und Wirken
Heinrich Köstlin, der dritte Sohn des Nürtinger Diakons, Dekans und Prälaten Nathanael Köstlin (1744–1826) und der Sibylle Friederike Kless (1751–1824), besuchte bereits ab dem 16. Lebensjahr die Universität Tübingen um bei Professor Carl Friedrich Kielmeyer (1765–1844), der selber ein Schüler seines gleichnamigen Onkels und Professor für Naturgeschichte an der Stuttgarter Hohen Karlsschule Karl Heinrich Köstlin (1755–1783) gewesen war, Vorlesungen in Chemie und Botanik zu hören. Weitere Vorlesungen in Anatomie und Physiologie folgten bei Johann Heinrich Ferdinand Autenrieth (1772–1835), von dem Köstlin auch die Anregungen zur Psychologie und Psychiatrie erhielt, welche in seinem späteren Werdegang eine bedeutende Rolle spielen sollte. Darüber hinaus studierte er mit gleichgesinnten Freunden wie beispielsweise dem späteren Badischen Staatsbeamten Karl Friedrich Nebenius (1784–1857) die neuen Ideen der Schelling’schen Naturphilosophie des Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775–1854). Seine medizinischen Studien setzte er zwischenzeitlich in Wien fort, ließ sich aber im Jahre 1809 nach seiner Rückkehr nach Stuttgart dort zunächst als Praktischer Arzt nieder.
Ebenso begeisterte sich Köstlin wie viele seiner Verwandten für die Dichtkunst der Romantik und gehörte mit seinen weiteren Freunden Ludwig Uhland (1787–1862), Justinus Kerner (1786–1862) und Karl Mayer (1786–1870) zur Gruppe der Schwäbischen Dichterschule. Hier veröffentlichte er unter dem Pseudonym „Chrysalethes“ mehrere lyrische und epigrammatische Artikel in dem Sammelband Musen-Almanach von 1812 sowie im „Deutschen Dichterwald“ von 1813 [1].
Im Jahre 1814 wurde Köstlin schließlich zum Stadtdirektionsarzt berufen sowie 1828 zum Mitglied des Medizinalkollegiums ernannt und zum Obermedizinalrat befördert. In dieser Position erlangte er überregionale Achtung und Anerkennung, so dass man ihm im Jahre 1834 sogar die Stelle als Leibarzt des belgischen Königs Leopold I. (1790–1865) antrug. Diese lehnte Köstlin aber ab, da er sich anderweitiger und seiner Meinung nach wichtigerer Aufgaben in Württemberg zu stellen hatte.
So war er aus seiner Position im Medizinalkollegium heraus maßgeblich mit daran beteiligt, dass es in Württemberg sowohl zu einer Neuorganisation des „Irrenwesen“ als auch zum Bau mehrerer neuer „Irrenheilanstalten“ wie beispielsweise der im Jahr 1834 eröffneten Nervenheilanstalt in Winnenden oder der späteren Münsterklink in Zwiefalten kam. Des Weiteren bemühte er sich um eine Reformierung von Satzungen, Instruktionen, Hausordnungen sowie Dienstanweisungen aber auch um die Neuorganisation von Heilanstalten sowie als Mitglied der Aufsichtskommission um die Kontrolle all jener Maßnahmen, welche auf Grund ihres durchschlagenden Erfolges auch von anderen Regierungen übernommen wurden. Die Genehmigung zur Errichtung einer weiteren dritten Staatsanstalt, die auch den klinischen Zweck erfüllen sollte, blieb ihm zu seiner Zeit allerdings untersagt.
Neben seinen Ambitionen für die Neugestaltung der Psychiatrie und Psychotherapie lag ihm noch die Aufstellung einer neuen Landes-Pharmakopöe und einer neuen Apothekerordnung am Herzen. So sind die wichtigsten Artikel und die Schlussredaktion der 1847 veröffentlichten Pharmakopöe von Württemberg ausschließlich von ihm erstellt worden. Doch seine zunehmend angegriffene Gesundheit zwang ihn im Jahre 1853 dazu als Obermedizinalrat zurückzutreten und ebenso zwei Jahre später seine während der gesamten Zeit weiter geführte Praxis zu schließen.
In den letzten ihm noch verbliebenen Jahren widmete sich Köstlin wieder verstärkt der philosophischen Lektüre sowie den poetischen Geisteswerken der verschiedenen Völker. Darüber hinaus übernahm er noch Aufgaben als Kirchenältester in seiner Parochie, als Vorstandsmitglied der wissenschaftlichen Sammlungen des Staates und der Kunstschul-Direktion sowie als Mitglied der Lokalleitung der württembergischen Wohltätigkeitsvereine auf dem Gebiet der Armenpflege. Am 18. August 1859 verstarb Heinrich Köstlin und seine Verdienste wurden mit einem Nekrolog im Schwäbischen Merkur vom 8. Januar 1860 und in der Allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie, Band XVII, Seite 381 in besonderer Weise geehrt.
Familie
Karl Heinrich Gotthilf Köstlin war verheiratet und hatte sechs Kinder, darunter unter anderem:
- Mathilde Köstlin (1815–1867), heiratete am 1. Januar 1841 den Professor für Finanz- Polizei- und Verwaltungsrecht Carl Heinrich Ludwig Hoffmann (1807–1881),
- Otto Köstlin (1818–1894), einem Arzt und Professor für Naturwissenschaften.
- Julius Köstlin (1826–1902), einem evangelischen Theologen und Kirchenhistoriker.
- Thusnelde Köstlin (1827–1896), verheiratet mit dem Theologen und Kgl. Kommissar für die Höheren Mädchenschulen Rudolf von Schmid (1828–1907),
Einzelnachweise
Literatur
- J. K. Bandorf: Köstlin, Karl Heinrich Gotthilf. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 16, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 758 f.
- Heinrich Köstlin in Mali Wetenkamps Dissertation: Die Entstehungsgeschichte der Württembergischen Pharmakopöe von 1847. Tübingen 2001
- Vorlage:PND
Personendaten | |
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NAME | Köstlin, Karl Heinrich Gotthilf |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Mediziner |
GEBURTSDATUM | 20. Juni 1787 |
GEBURTSORT | Nürtingen |
STERBEDATUM | 18. August 1859 |
STERBEORT | Stuttgart |