Als Swenzonen wird in der Geschichtsschreibung ein Adelsgeschlecht bezeichnet, das im 13. und 14. Jahrhundert in Hinterpommern und Pommerellen ansässig war. Die Swenzonen spielten eine wichtige Rolle im pommerellischen Erbfolgestreit von 1295 bis 1309. In der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts regierten die Swenzonen wie Landesherren in den Landen Schlawe-Stolp.
Geschichte
Die ersten bekannten Angehörigen dieser Familie sind der um die Mitte des 13. Jahrhundert in Urkunden erwähnte Swenzo und dessen jüngerer Bruder Lorenz. Beide waren ursprünglich lediglich hohe Verwaltungsbeamte gewesen. Nach Swenzo wird das seine Familie, die Familie seines Bruders Lorenz sowie deren Nachfahren umfassende Adelsgeschlecht in der Geschichtsschreibung als ‚Swenzonen‘ bezeichnet. Die Familie, von der Swenzo und Lorenz abstammten, soll im Lande Schlawe-Stolp heimisch gewesen sein.
Anfang des 13. Jahrhunderts hatte in dem zwischen dem Nestbach östlich des Gollenbergs (bei Köslin) und dem Fluss Leba, der damaligen Grenze zum polnischen Teilfürstentum Pommerellen, liegenden hinterpommerschen Gebiet die Dynastie der Ratiboriden geherrscht. Dieses vermutlich mit den Greifen nahe verwandte Herrscherhaus starb im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts aus. Auf das Gebiet hatten die Dänen Einfluss ausgeübt, bis ihre Machtstellung im Ostseeraum 1227 in der Schlacht bei Bornhöved zerbrach. Anschließend war diese noch nicht sehr weit entwickelte Region gegen den Protest der pommerschen Herzöge, die dort Erbansprüche hatten, für zwei Generationen (1236-1295) an das polnische Teilfürstentum Pommerellen gefallen. Von 1266-1295 wurde Pommerellen von Herzog Mestwin II. regiert. Die pommerellische Herrschaft in den Landen Schlawe-Stolp wurde 1266-1268 und 1270-1277 durch Einfälle Barnims I. von Stettin bzw. Wizlaws IV. von Rügen unterbrochen. Polen war damals in viele Teilfürstentümer zerfallen, doch war die Verwaltungsordnung in Pommerellen dieselbe wie im übrigen Polen. Nachdem die Lande Schlawe-Stolp pommerellisch geworden waren, wurde dort dieselbe Verwaltungsordnung eingeführt, die zuvor im polnischen Fürstentum Pomerellen, östlich der Leba, gegolten hatte. Auf den Hauptburgen Schlawe, Dirlow an der Wippermündung und Stolp übten nunmehr hohe Beamte im Auftrag Danziger Fürsten deren Rechte bezüglich Verteidigung, Verwaltung, Rechtsprechung, Steuern und Regalien aus. Der höchste Beamte war der Palatin (comes palatinus, polnisch Wojwode), der für ganze Bezirke wie Danzig oder Schlawe-Stolp Verantwortung trug. Ihm unterstanden in den einzelnen Burgbezirken Kastellane (Burggrafen, Vögte), denen wiederum zahlreiche Beamte wie z.B. die Unterkämmerer (subcamerarius, polnisch podkomorzy) unterstanden.
Lorenz war von 1288 bis mindesten 1307 Kastellan von Stolp. Swenzo begann seine Laufbahn als Verwaltungsbeamter ebenfalls in Schlawe (1257) und in Stolp (1274) und wurde 1286 zum Palatin von Danzig und schon 1287 auch von Stolp befördert. Unter Mestwin II. von Pomerellen (1220–1294) konnte er sich nun „palatinus totius Pomeraniae“ (Palatin von ganz Pommerellen) nennen und war so in Pommerellen zu einem führenden Adligen aufgerückt. Nachdem mit dem Tode Mestwins II. Weihnachten 1294 das pommerellische Herzogshaus der Samboriden ausstarb, begannen langwierige Querelen um die Erbfolge in Pommerellen und im Lande Schlawe-Stolp. Einerseits hatte Mestwin am 1. April 1269 im Vertrag von Arnswalde den brandenburgischen Markgrafen Johann, Otto und Konrad, die als Vertreter des deutschen Königs aufgetreten waren, seinen gesamten Besitz übereignet und von diesen als Lehen genommen. Gleichzeitig hatten die Markgrafen mit Mestwin, der keine männlichen Erben hatte, einen Erbfolgevertrag abgeschlossen. 1273 hatte Mestwin im Vertrag an der Dragebrücke erneut das Lehen von den Brandenburgern genommen. Am 18. Januar 1277 hatten die Markgrafen außerdem Witzlaw IV. von Rügen für 3.200 Mark Silber dessen Erbrechte an den Landen Schlawe und Rügenwalde abgekauft, die dieser als Heiratsgut seiner Großmutter, einer Tochter des Swantopolk von Pommerellen, beanspruchen konnte. Andererseits hatte Mestwin II. unter Missachtung seiner vertraglichen Bindungen als seinen Nachfolger König Przemysław II. von Polen eingesetzt. Als dieser bereits 1296 ermordet wurde, fiel den Swenzonen eine politische Schlüsselrolle in dem nachfolgenden langen pommerellischen Erbfolgestreit zu.
Um die Erbnachfolge bemühten sich außerdem nicht nur polnische Fürsten (Piasten), sondern auch böhmische (Przemysliden). Unter Wenzel II. und Wenzel III. (1300-1306), die nicht selbst im Land anwesend sind, wird Swenzo zum mit königlichen Vollmachten ausgestatteter Statthalter für ganz Pommerellen einschließlich der Lande Schlawe-Stolp ernannt. Sein Sohn Peter, der seit 1301 auf seiner Herrschaft Neuenburg zu Reichtum und Einfluss gekommen war, wird zum Starosten (lat. capitaneus) ernannt und erfreut sich der besonderen Gunst der beiden Wenzel. Als sich Władysław I. Ellenlang nach dem Tode Wenzels II. (1305) und der Ermordung Wenzels III. (1306) zunächst in Pommerellen durchsetzen konnte, unterstütze ihn Swenzo zuerst, doch fielen die Swenzonen bei dem neuen Herrscher bald in Ungnade, so dass ihnen der finanzielle Ruin drohte. Um der erfahrenen Ungnade zu begegnen, suchte Peter von Neuenburg Unterstützung bei den Brandenburgern, den Gegnern Władysławs. Gehör fand er bei Markgraf Waldemar von Brandenburg. In einem in Lindow bei Stolp am 17. Januar 1307 unterzeicneten Vertrag wurde mit Peter on Neuenburg vereinbart, dass die Swenzonen ihre Ämter behalten dürfen und dass ihre Gesamtfamilie die Burgen bei Schlawe, Rügenwalde und Pollnow als Lehen erhält. Die Burgen in Neuenburg und Tuchel sollten sie behalten dürfen. Die Swenzonen, die damit zu kleinen Landesherren aufgestiegen (domini terrae) waren, und ihr Anhang wandten sich nun insgesamt gegen Władysław. Diese Kehrtwendung der Swenzonen ist später in die polnische Geschichtsschreibung als ‚Verrat der Swenzonen‘ eingegangen.
Um ihre verbrieften Erbansprüche durchzusetzen, rückten die Brandenburger 1308 tasächlich in Danzig ein, wo ihnen die überwiegend deutsche Bevölkerung die Tore geöffnet hatte. Sie konnten jedoch die Burg nicht einnehmen, da Władysław I. zu deren Verteidigung den Deutschen Orden rekrutiert hatte. Nachdem die Brandenburger sich wieder in die Lande Schlawe-Stolp zurückgezogen hatten, war Władysław nicht imstande, das den deutschen Söldnern versprochene Entgelt aufzutreiben. Der deutsche Orden besetzte deshalb 1309 ganz Pomerellen, bis auf die Lande Schlawe-Stolp, die von den Brandenburgern besetzt waren. Nachdem als Ergebnis des Erbfolgestreits Pommerellen bis auf die Lande Schlawe-Stolp an den Deutschen Orden gekommen war, verloren die Swenzonen ihre Stellung in Pommerellen.
Die Söhne Swenzos, der kurz nach 1307 verstorben war, konnten aber in dem von den Brandenburgern gehaltenen Randgebiet Schlawe-Stolp, das vorübergehend pommerellisch gewesen war, ihre Stellung halten und sogar ausbauen, und zwar insbesondere im Land Schlawe. Dieses blieb 1309 unter der Herrschaft von Markgraf Waldemar von Brandenburg. 1316/1317 trat Waldemar im Vertrag von Templin das Land Schlawe, zusammen mit dem Land Stolp, an Herzog Wartislaw IV. von Pommern ab, als Dank für die Neutralität, die die pommerschen Herzöge während des Feldzugs der Brandenburger gegen Pommerellen gewahrt hatten. Sowohl unter Waldemar wie auch unter Wartislaw und dessen Söhnen regierten die Swenzonen im Land Schlawe wie Landesherren.[1] Die Swenzonen waren im Land Schlawe unter den Brandenburgern bzw. den pommerschen Herzögen an der Gründung der Städte Rügenwalde (1312), Schlawe (1317), Pollnow (Gründungsjahr unbekannt) und Zanow (1343) nach Lübischem Recht wesentlich beteiligt.
Offenbar wirtschafteten die Swenzonen nicht erfolgreich. 1347 mussten sie das Land Schlawe an die Herzöge von Pommern gegen Übernahme ihrer Schulden abtreten. Letztmals 1357 wird mit Peter von Polnow ein Swenzone genannt. Ob das Geschlecht ausgestorben ist oder unter anderem Namen fortlebte, ist unbekannt. Das noch heute bestehende pommersche Adelsgeschlecht der Puttkamer gilt als mit den Swenzonen verwandt.
Das Wappen der Swenzonen war ein Greif mit einem Störschwanz, ein sogenannter Fischgreif.
Stammliste der Swenzonen
- Swenzo
- Peter von Neuenburg
- Laurentius († 1317)
- Jesco, Graf von Schlawe
- Jesco von Rügenwalde
- Laurentius
- Swenzka
- Kasimir von Tuchen
Literatur
- Friedrich Karl von Zitzewitz-Muttrin: Bausteine aus dem Osten. Pommersche Persönlichkeiten im Dienste ihres Landes und der Geschichte ihrer Zeit. Verlag Gerhard Rautenberg, Leer 1967, besonders S. 11-16 und 50-56.
- Ellinor von Puttkamer: Die Swenzonen und das Land Schlawe. In: Manfred Vollack (Hrsg.): Der Kreis Schlawe - Ein pommersches Heimatbuch. Band 2, Die Städte und Landgemeinden. Husum 1989, ISBN 3-88042-337-7, S. 545–550.
Fußnoten
- ↑ Rudolf Benl: Pommern bis zur Teilung von 1368/72. In: Werner Buchholz (Hrsg.): Deutsche Geschichte im Osten Europas. Pommern. Siedler Verlag, 1999, S. 105.