Linden (Gattung)

Gattung der Familie Malvengewächse (Malvaceae)
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. November 2008 um 11:25 Uhr durch Oberfoerster (Diskussion | Beiträge) (umstrukturiert, siehe auch Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Linden (Tilia) bilden eine Pflanzengattung in der Vorlage:Subfamilia der Lindengewächse (Tilioideae) innerhalb der Familie der Malvengewächse (Malvaceae).

Linden

Silber-Linde (Tilia tomentosa)

Systematik
Klasse: Dreifurchenpollen-
Zweikeimblättrige
(Rosopsida)
Unterklasse: Rosenähnliche (Rosidae)
Ordnung: Malvenartige (Malvales)
Familie: Malvengewächse (Malvaceae)
Unterfamilie: Lindengewächse (Tilioideae)
Gattung: Linden
Wissenschaftlicher Name
Tilia
L.

Beschreibung

Linden-Arten sind laubabwerfende Bäume; sie bilden keine terminale Knospen, daher ist ihr Wuchs sympodial. Je nach Linden-Art erreichen sie Wuchshöhen zwischen 20 und 40 Meter. Der erreichbare Stammdurchmesser variiert ebenfalls von Art zu Art, liegt in der Regel zwischen 1 und 1,8 Meter. Sie können ein Alter von bis zu 1000 Jahren erreichen. Die wechselständig und zweizeilig angeordneten Laubblätter sind gestielt. Die Blattspreite ist meist herzförmig. Die Knospenschuppen sind früh abfallend.

In achselständigen, zymösen Blütenstand befinden sich drei oder mehr Blüten. Ein auffälliges, längliches großes Hochblatt ist mit der Blütenstandsachse lang verwachsen; es dient für den abfallenden Fruchtstand als Flügel. Die duftenden, zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und fünfzählig. Es sind fünf Kelchblätter vorhanden mit Nektardrüsen an ihrer Basis. Die fünf Kronblätter sind weiß oder gelb. Es sind viele Staubblätter vorhanden; sie sind frei oder in fünf Bündeln zusammengefaßt. Die Staubfäden sind oft gegabelt. Fünf Fruchtblätter sind zu einem fünfkammerigen Fruchtknoten zusammengewachsen. In jeder Fruchtknotenkammer befinden sich zwei Samenanlagen. Der Griffel endet mit einer fünflappigen Narbe. Die Bestäubung erfolgt durch verschiedene Insekten.

Ökologie

Generative Vermehrung: Der intensive Duft der Lindenblüten lockt Bienen und Hummeln, Fliegen und Schwebfliegen an. Die Linden werden so hauptsächlich von Insekten bestäubt, aber auch durch den Wind. Die Samen werden hauptsächlich durch den Wind ausgebreitet (Anemochorie).

Vegetative Vermehrung: Die Lindenarten vermehren sich stark vegetativ durch Stockausschlag und Wurzelbrut.

Krankheiten und Schädlinge

Vor allem Linden, die in Städten als Straßenbäume wachsen, werden häufiger von der Lindenspinnmilbe befallen. Bei starkem Befall durch die Lindenspinnmilbe können die Bäume schon im Juli völlig entlaubt sein. Bei Straßenbäumen tritt auch öfter ein Schaden durch die Kleine Lindenblattwespe auf.

Arten (Auswahl)

Die Gattung Linden (Tilia) umfasst etwa 20 bis 45 Arten, sie kommen hauptsächlich gemäßigten bis subtropischen Gebieten vor. 19 Arten kommen in China vor, davon sind 15 dort endemisch. Zusätzlich sind hier einige Hybriden aufgelistet.

Bedeutung von Linden in Mitteleuropa

In den Wäldern Mitteleuropas sind mit der Sommer- und Winterlinde nur wenige Lindenarten heimisch. Trotzdem spielen diese beiden Baumarten eine Rolle in Brauchtum und forstlicher Nutzung.

Geschichte

 
Am Brunnen vor dem Tore - Österreichische Bildpostkarte von 1913.

Viele Orte in Mitteleuropa hatten früher ihre Dorflinde, die das Zentrum des Ortes bildete und Treffpunkt für den Nachrichtenaustausch und die Brautschau war. Anfang Mai wurden meist Tanzfeste unter diesem Baum - zum Teil auch auf sogenannten Tanzlinden - gefeiert. Ein literarisches Denkmal hat dem Baum Wilhelm Müller in seinem Gedicht Der Lindenbaum gesetzt.

Allerdings wurde hier auch meist das Dorfgericht abgehalten, eine Tradition, die auf die germanische Gerichtsversammlung, das Thing, zurückgeht. Die Linde ist deshalb auch als „Gerichtsbaum“ oder „Gerichtslinde“ bekannt. Anders als die Stieleiche galt sie als weibliches Wesen. Bei den Germanen und den Slawen galt die Linde als heiliger Baum. Nach Kriegen (oder Pestepidemien) gab es den Brauch sogenannte Friedenslinden zu pflanzen. Die meisten erhaltenen Exemplare erinnern an den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71, einige aber auch noch an den Westfälischen Frieden, wie etwa die "Friedenslinde am Dreierhäuschen" im thüringischen Ponitz, oder an lokale kriegerische Ereignisse wie die Zerstörung Ratzeburgs.

Auch viele Städte verdanken der Linde ihren Namen. So gibt es in Deutschland insgesamt etwa 850 Orte oder Ortsteile, deren Namen auf den Baum zurückzuführen sind.[1]

Der Lindenbaum und besonders sein Blatt ist das Symbol des sorbischen Volkes. Auch in Tschechien gilt die Linde (tschechisch: lípa) als nationaler Symbolbaum, zahlreiche Ortsbezeichnungen leiten sich von ihr ab (z. B. Česká Lípa (Böhmisch Leipa), Lipno-Stausee, Lipnice, Lipník, Lípová). In Kroatien wird in Linden als Untereinheit der nationalen Währung gezahlt (kroat. lipa = Linde).

Nutzung

 
Traditionelle Maske geschnitzt aus Lindenholz: der Seehase aus Friedrichshafen
 
Lindenblüten
 
Querschnitt einer Linde

Das Holz der Linden ist gekennzeichnet durch seine Weichheit und seine geringe Dauerhaftigkeit gegenüber Witterungseinflüssen. Daher wird es bevorzugt im Innenbereich als gutes Schnitzholz eingesetzt. Seine Hauptverwendung hat es von jeher bei der Bildhauerei und Holzschnitzerei gefunden, wie etwa für Altäre und Heiligenfiguren in der Sakralkunst oder bei der Maskenschnitzerei im alemannischen Bereich. Veit Stoß, Tilman Riemenschneider und viele andere schufen ihre Werke aus Lindenholz.

Es war das Hauptnutzungsholz für Besteck, Teller, Schüsseln und andere Haushaltsartikel. Linde wird außerdem oft als Tonholz im E-Gitarrenbau verwendet. Seine Klangeigenschaften beschreiben sich als sehr neutral und wenig zeichnend.

Früher wurde das spezifisch leichte, leicht bearbeitbare Holz im Flugmodellbau für beanspruchte Rumpfteile (Nase) verwendet, bis das Balsaholz an diese Stelle trat.

Von Imkern sind die Linden während der Blüte als Honigquellen besonders geschätzt, weil Bienen beachtliche Mengen an Lindenblütenhonig produzieren können.

Getrocknete Lindenblüten ergeben einen Heiltee, der beruhigend auf die Nerven und lindernd bei Erkältungen mit Husten wirkt. Lindenholzkohle ist eine gute Zeichenkohle und soll Heilwirkungen bei Darmerkrankungen haben.

Vor der Einführung von Leinen und Hanf (also vermutlich bis zur Spätantike) verwendete man in Mitteleuropa die Fasern des weichen Lindenholzes - den Bast - zur Herstellung von Seilen, Matten, Taschen und Kleidung. Der Lindenbast wurde im Mai von jungen Linden (auch Baest genannt) gewonnen, indem man die Rinde abschälte, die weiche Innenseite abtrennte und ins Wasser legte, bis sich der Bast ablöste, der dann in der Sonne getrocknet wurde.

Bekannte Einzelexemplare der Gattung Linden

 
Lindengesäumter Mittelstreifen Unter den Linden

Markante und alte Baumexemplare in Mitteleuropa sind meist Winter- oder Sommerlinden.

Winterlinden

Bekannte Einzelbäume der Winter-Linde (Tilia cordata) sind:

  • Kunigundenlinde bei Kasberg (Nähe Gräfenberg)
  • Tassilolinde beim Kloster Wessobrunn, Bayern
  • Forster Linde im Aachener Stadtteil Forst
  • Die Linner Linde bei Linn (Schweiz) ist mit 25 Meter Höhe und 11 Meter Stammumfang einer der größten Bäume der Schweiz. Sie wurde vor rund 500 bis 600 Jahren zum Gedenken an die Opfer der Pestepidemien gepflanzt; das genaue Datum ist nicht überliefert.

Der größte geschlossene Lindenwald Europas ist der Colbitzer Lindenwald in Sachsen-Anhalt; der Lindenbestand besteht aus Winterlinden.

Sommerlinden

Bekannte Exemplare der Sommerlinde (Tilia platyphylla) sind:

Weitere Arten

Die 1991 im thüringischen Städtchen Niederdorla - dem neuen topographischen Mittelpunkt Gesamtdeutschlands - gepflanzte Linde ist eine Kaiserlinde, also eine Zuchtform der Holländischen Linde (Tilia × europaea 'Pallida').

Nicht einer Art zugeordnet

Bekannte Einzelbäume sind der Wartbaum in Nidderau und die Freiheitslinde vor dem Reichstag in Berlin, die am 30. April 1990 von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald gepflanzt wurde, um an die Wiedervereinigung zu erinnern. Weitere Einzelbäume:

Quellen

Einzelnachweise

  1. Jean-Denis Godet: Godet Naturführer. Bäume und Sträucher. Ulmer, Stuttgart 2007, ISBN 3-8001-5354-8