Wüstengimpel | ||||||||||||
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![]() Wüstengimpel (Bucanetes githagineus) am Rand einer Siedlung | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Bucanetes githagineus | ||||||||||||
Lichtenstein, 1823 |
Der Wüstengimpel (Bucanetes githagineus) oder Trompeterfink ist eine Finkenart, die Wüsten und Halbwüsten südlich des Mittelmeerraums bewohnt. Das teils recht zergliederte Vorkommen reicht von den Kanarischen Inseln bis nach Nordpakistan. In Südspanien gibt es seit längerer Zeit eine kleine Brutpopulation. Der Wüstengimpel zeichnet sich durch einen sehr markanten Ruf, ein nasales Trompeten aus, von dem auch sein zweiter Trivialname Trompeterfink herrührt.
Beschreibung
Aussehen
Der Wüstengimpel hat etwa die Größe eines Hänflings, in den Proportionen ähnelt er durch den kräftigen Kopf und Nacken aber eher einem Grünling.
Der Schnabel ist wie beim Gimpel kurz und kräftig. Der Oberschnabel beschreibt einen steil abfallenden Bogen, der Unterschnabel zeigt einen ausgeprägten Gonys-Winkel, da hinter dem gerundeten vorderen Teil die Unterkante sehr gerade parallel zur Oberkante verläuft. Beim Männchen ist der Schnabel im Brutkleid lebhaft orange- bis dunkelrot. Beim Weibchen und ebenso beim Männchen im Ruhekleid zeigt der Schnabel ein etwas abgetönteres, hornfarbenes Orange. Der Schnabel der diesjährigen Jungvögel ist gelblichbraun. Das dunkle Auge hebt sich durch einen angedeuteten hellen Ring deutlich ab.
Das Körpergefieder ist überwiegend sandfarben und ohne auffällige Zeichnungen, wobei das Spektrum der Tönungen von fast grauen Partien an den Kopfseiten über sehr warme, fast karamellfarbene Bereiche am Hals und im Brustbereich bis hin zum dunkel ockerfarbenen Großgefieder an Flügeln und Schwanz reicht. Im Brutkleid wirkt das Gefieder des Männchens durch orangerote bis rote Spitzen des Kleingefieders am vorderen Kopf, an Brust und Rücken, dem Deckgefieder der Flügel und dem Bürzel rosa überhaucht.
Der Schwanz ist gegabelt und recht kurz, unter anderem dadurch wirken die Flügel beim sitzenden Vogel recht lang, im Flug hingegen eher kurz und stumpf. Die Beine sind hellbraun-hornfarben bis hin zu orangerot.
Außerhalb von Europa und Nordafrika kann der Wüstengimpel auch noch mit einigen anderen Arten, dem Weißflügelgimpel, dem Mongolengimpel und dem Rotflügelgimpel verwechselt werden.
Stimme
Die Stimme ist das bezeichnendste und in vielen Sprachen das namengebende Merkmal dieser Art. Sie zeichnet sich vornehmlich durch quäkend-nasale Laute aus. Die Ausprägung dieser Laute reicht von einem eher stimmlosen, langgezogenen Quetschlaut bis hin zu Tönen, die klingen, als würden sie mit einer Kindertröte erzeugt. Bei letzteren Lautäußerungen, die besonders typisch und auffällig sind, schwingen meist mehrere Hauptfrequenzen mit, so dass der Eindruck von Mehrstimmigkeit entsteht.
Der Gesang besteht, eingeleitet von leise kieksenden und schnurrenden Lauten, meist aus einem langgezogenen Trompeten. Bisweilen ist dies auch Bestandteil einer komplexeren Strophe. Daneben gibt es aber auch noch einen andere Form des Gesangs, einen ammernähnlich stereotypen, melodischen Triller, der meist mehrfach wiederholt vorgetragen wird und der mit „dwii dwii tsch-tsch-tschäarr“[1] beschrieben wird.
Das Repertoire an Rufen ist vielfältig. Es umfasst neben einem hohen „zik“ eine ganze Reihe von unterschiedlichen Nasallauten von metallischer bis schwirrender Ausprägung sowie ein spatzenähnliches Tschilpen bei Jungvögeln.
Verhalten
Der Wüstengimpel ist tagaktiv und sucht seine Nahrung vornehmlich am Boden. Er ist recht gesellig, daher sieht man außerhalb der Brutzeit oft Trupps von 10-20 Individuen bei der Nahrungssuche. Er hält sich dabei auch viel in Siedlungnähe auf.
Am Boden ist der Vogel aufgrund seiner angepassten Färbung meist recht unauffällig. Er bewegt sich hüpfend, schreitend oder rennend fort, zwischendurch richtet er sich oft hoch auf, um Überblick zu bekommen. Diese aufrechte Haltung zeigt er auch auf Warten, bei diesen handelt es sich fast immer um Steine, Felsen oder Mauern. In Büschen oder Bäumen ist er praktisch nie zu finden, lediglich auf Kräutern lässt er sich zwecks Nahrungsuche nieder, diese werden dazu bisweilen umgebogen, um an die Samen zu kommen.
Ortswechsel am Boden erfolgen in niedrigem Flug, bei Trupps oft mit gleichzeitigem Abflug. Bei Störungen werden meist größere Strecken in höherem Flug überwunden, dieser ist wie bei den meisten Finkenarten bogenförmig.
Der Wüstengimpel sucht zum Trinken im Laufe des Tages, besonders in den Morgen- und Abendstunden, immer wieder Wasserstellen auf. Diese können mehrere Kilometer vom üblichen Aufenthaltsort liegen. Um an Wasser zu kommen fliegt er auch in Felslöcher oder Brunnenschächte.
Trupps verbringen die Nacht oft an gemeinsamen Schlafplätzen, die kurz vor Sonnenuntergang aufgesucht werden. Auch zur Mittagszeit wird oft geruht. Bei sehr starker Sonneneinstahlung suchen Trupps den Schatten auf, beispielsweise an Gebäuden oder Felswänden. Dabei können bisweilen auch sehr großen Vergesellschaftungen beobachtet werden, beispielsweise in Tripolitanien zwischen 300 und 500 Exemplare, die sich im Schatten einer überhängenden Felswand drängten.[2] Auch im Winter gibt es größere Ansammlungen, diese konzentrieren sich meist an Plätzen mit reichem Nahrungs- oder Wasserangebot wie Getreidefeldern, Oasen oder vielbefahrenen Transportrouten. Gewöhnlich liegen die Schwarmgrößen zwischen 50 und 200 Individuen, es wurden aber auch schon Schwärme mit bis zu 1700, in Einzelfällen mehreren 1000 Exemplaren beobachtet. Die Vergesellschaftung mit anderen Arten ergibt sich dabei eher zufällig.
Verbreitung
Der Wüstengimpel besiedelt steinige und felsige Wüsten und Halbwüsten im Südwesten der Paläarktis. Dabei meidet er die reinen Sandwüstengebiete und bevorzugt Hügel- und Bergland. Diese Lebensraumansprüche führten zu einem stark zergliederten Verbreitungsareal, das besonders im Bereich der libyschen Wüste große Lücken aufweist.
Es erstreckt sich von den östlicheren Kanareninseln (La Gomera wurde erst in den 1980er Jahren besiedelt) bis an den Rand der Indus-Ebene im Norden Pakistans. Am südlichen Rand reicht es in der Sahara bis in die Bergmassive Aïr, Tibesti und Ahaggar. Im Norden reicht die Verbreitung hier bis in die nordafrikanischen Küstengebirge und östlich von Gibraltar sogar bis nach Südspanien. Weitere Vorkommen gibt es in Kontinentaleuropa nur in Aserbaidschan und eventuell in Armenien.
Ein großes Vorkommen am Roten Meer reicht bis in den Sudan etwa bis zum 20. nördlichen Breitengrad, inselartige Vorkommen liegen auch noch südlicher. Dieses Vorkommen reicht im Norden bis an den Rand der ägyptischen Felswüste und erstreckt sich entlang des östlichen Mittelmeerraums bis in die Syrische Wüste, eventuell bis in die Türkei.
Auf der arabischen Halbinsel reicht das Vorkommen ebenfalls mindestens bis 20° Nord, eventuell sind auch südlichere Regionen besiedelt. Da von dort fast nur Winterbeobachtungen vorliegen ist eine Brutverbreitung ungewiss. Auch im östlichen Teil ist die Verbreitung nur lückenhaft bekannt, hier ist vor allem das iranische Hochland bis nach Süd-Turkmenien und nach Chitral besiedelt.
Systematik
Geografische Variation
Insgesamt ist von Osten nach Westen eine geringfügige Veränderung der Gefiederfarbe, hin zu mehr Rosa und dunkleren Kopf- und Rückenpartien, festzustellen. Es werden vier Unterarten unterschieden, die sich aber nur geringfügig unterscheiden:
- B. g. amantum – Kanarische Inseln
- B. g. zedlitzi – Sahara , Mauretanien und Südmarokko bis nach Tunesien
- B. g. githagineus – Ägypten und Sudan
- B. g. crassirostris – Naher Osten bis Mittelasien
Externe Systematik
Die Sytematik der vier „Steingimpel“-Arten Wüstengimpel (githagineus), Mongolengimpel (mongolicus), Weiß- (obsoleta) und Rotflügelgimpel (sanguinea) ist umstritten. Einige Autoren, u.a. Sibley & Monroe (1990), vereinigen alle Arten in der Gattung Rhodopechys, eine ebenfalls vorgeschlagene Vereinigung in der Gattung Bucanetes würde dabei gegen das Prioritätsprinzip verstoßen. Andere Autoren sehen dagegen eine Unterteilung in die Gattungen Bucanetes (Wüsten- und Mongolengimpel), Rhodopechys (Rotflügelgimpel) und Rhodospiza (Weißflügelgimpel) vor.
Eine Vereinigung der vier Arten unter der Gattung Rhodopechys würde aber nach Ansicht des britischen Ornithologen Guy M. Kirwan (2005, s. Literatur) der Klärung der taxonomischen Verhältnisse auf bequeme Art ausweichen und den offensichtlichen Verbindungen der einzelnen Arten untereinander oder mit anderen Gattungen oder Arten nicht gerecht werden. So beschreiben beispielsweise Panow & Bulatowa (1972) eine enge Verwandschaft des Mongolengimpels mit dem Karmingimpel (Carpodacus erythrinus) und schlagen vor, den Wüstengimpel in einer monotypische Gattung Bucanetes zu belassen und mongolicus in die bislang 21 Arten umfassende Gattung Carpodacus zu integrieren. Kirwan weist ferner auf eine enge Verwandschaft des Rotflügelgimpels (Rhodopechys sanguineus) mit dem Burtongimpel (Callacanthis burtoni) hin und zieht in Erwägung, die letztgenannte Art ebenfalls in die vier Arten umfassende Gattung Rhodopechys mit einzubeziehen. Er schlägt eine genaue molekulargenetische Untersuchung vor und erwartet dabei eine Aufspaltung der Gattung Bucanetes. Für diesen Fall schägt er eine neue Gattung für den Mongolengimpel Eremopsaltria (von griechisch eremia für Wüste und psaltria für Harfenspielerin) vor.
Mindestens zwei molekularbiologische Untersuchungen hat es seither gegeben. Die erste spricht dem Weißflügelgimpel (Rhodopechys obsoleta) jegliche Verwandtschaft mit den anderen Rhodopechys-Arten ab und identifiziert ihn oder eine ausgestorbene Schwesterart als Vorfahren der Gattung Carduelis.[3] Die zweite kann verschiedene Verwandtschaftsfragen innerhalb der Familie der Finken klären, schliesst aber nur den Wüsten- und den Mongolengimpel ein und läßt dabei deren interspezifische Verhältnisse weitgehend außer acht.[4]
Für den Wüstengimpel stehen je nach systematischer Einordnung also die Synonyme Bucanetes githagineus, Rhodopechys githaginea oder Rhodopechys githagineus im Raum. Da einerseits die IUCN den Wüstengimpel in der Gattung Bucanetes behält, whrend sie die drei anderen Arten in die Gattung Rhodopechys stellt, und andererseits die Datenbank Avibase der Unterteilung in drei Gattungen folgt, wird hier der Wüstengimpel als Bucanetes githagineus aufgeführt.
Lebensraum
Der Wüstengimpel bewohnt besonders niederschlagsarme, trockene Lebensräume, die vorwiegend aus Fels und Geröll bestehen und allenfalls eine karge, steppenartige Vegetation aufweisen. Dies können Stein- und Felswüsten, ausgetrocknete Flußtäler oder Felsschluchten, Erosionstäler oder felsige Hänge in Wüstengebieten sein. Dabei muß es in erreichbarer Nähe geignete Wasserstellen geben, diese können auch leicht brackig sein. Außerhalb der Brutzeit hält er sich gern in Siedlungsnähe auf und nutzt Ackerflächen als Nahrungsgrundlage.
Bestandsentwicklung
Literatur
- Urs N. Glutz von Blotzheim, K. M. Bauer: Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 14/II., Passeriformes (5. Teil): Fringillidae – Parulidae, AULA-Verlag 1997, ISBN 3-923527-00-4, S. 1035-1052
- J. Manrique, M. Yanes in W. J. M. Hagemeijer, M. J. Blair: The EBCC Atlas of European Breeding Birds - their distribution and abundance, T & A D Poyser, London 1997, ISBN 0-85661-091-7, S. 735
- L. A. Portenko, J. Stübs in E. Streseman et al.: Atlas der Verbreitung paläarktischer Vögel, Lieferung 5 (1976) [1]
- G. M. Kirwan, S. M. S. Gregory: A new genus for the Mongolian Finch Bucanetes mongolicus (Swinhoe, 1870). Bull. Brit. Orn. 2005, Cl. 125: 68–80
Einzelnachweise
- ↑ Harrison (1978), in Glutz v. Blotzheim, S. 1041, s. Literatur
- ↑ Willcox (1978) , in Glutz v. Blotzheim, S. 1048, s. Literatur
- ↑ J. Zamora, E. Lowy, V. Ruiz-del-Valle, J. Moscoso, J. I. Serrano-Vela, J. Rivero-de-Aguila, A. Arnaiz-Villena: Rhodopechys obsoleta (desert finch): a pale ancestor of greenfinches (Carduelis spp.) according to molecular phylogeny, Belin/Heidelberg 2006, Journal of Ornithology, Vol. 147, Nr. 3, ISSN 0021-8375, S. 448–456
- ↑ A. Arnaiz-Villena, J. Moscoso, V. Ruiz-del-Valle, J. Gonzalez, R. Reguera, A. Ferri, M. Wink, J. Ignacio Serrano-Vela: Mitochondrial DNA Phylogenetic Definition of a Group of ‘Arid-Zone’ Carduelini Finches, The Open Ornithology Journal, 2008, 1, 1-7
Weblinks
- Portraitfoto des Wüstengimpels
- Foto der Kanarischen Unterart
- Video, das einen Trupp auf Lanzarote zeigt
- Wüstengimpel an einer Wasserstelle in Oman
- 149557 in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Abgerufen am 19. November 2008.[ScientificName fehlt]