Erbkrankheit
Unter dem Oberbegriff Erbkrankheiten werden solche Erkrankungen und Besonderheiten zusammengefasst, die von den Eltern auf ihre Kinder über die Gene weitergegeben (vererbt) werden.
Erbkrankheiten treten familiär gehäuft aufgrund einer Disposition auf, können aber auch spontan aufgrund einer Neumutation entstehen.
Erbkrankheiten folgen verschiedenen (Erbgängen und sind mit unterschiedlichen Wiederholungs- und Erkrankungswahrscheinlichkeiten verbunden.
Man unterscheidet:
- Autosomal-rezessive Erbgänge
- Autosomal-rezessiv bedeutet, dass eine Besonderheit bei einem Menschen nur dann in Erscheinung tritt, wenn sich auf jeweils beiden Chromosomen (1 bis 22, also nicht die Geschlechtschromosomen X und Y) die gleiche Veränderung (Mutation) in einem bestimmten Gen findet, d.h. wenn der betreffende Mensch jeweils eine Veränderung von seinem biologischen Vater und eine von seiner biologischen Mutter geerbt hat. Die Eltern sind dabei nicht betroffen.
- Autosomal-dominante Erbgänge
- Autosomal-dominat bedeutet, dass bereits ein verändertes Allel auf einem der beiden homologen Chromosomen zur Merkmalssausprägung führt (Allele sind die einander jeweils entsprechenden Gene eines diploiden Chromosomenesatzes). Die genetische Information liegt auf einem der 44 Chromosomen (Geschlechtschromosomen X und Y ausgenommen) vor und wird unabhängig vom Geschlecht vererbt.
- Gonosomale Erbgänge
- Gonosomale Erbkrankheiten, also solche, bei denen die Veränderung die Geschlechtschromosomen (X oder Y) betrifft, liegen in den meisten Fällen auf dem X-Chromosom. Daher ist die Auswirkung der Besonderheit für Jungen/Männer und Mädchen/Frauen unterschiedlich:
Jungen/Männer sind immer betroffen, wenn sie ein verändertes X-Chromosom vererbt bekommen, da sie nur dieses eine X-Chromosom haben.
Mädchen/Frauen können vielfach die Veränderung auf einem X-Chromosom durch ihr zweites X-Chromosom ausgleichen, wenn es nicht verändert ist.
Eine Unterscheidung innerhalb dieser Kategorie ist die in X-chromosomal-dominante Krankheiten und Besonderheiten (dabei sind Mädchen/Frauen phänotypisch betroffen, wenn sie ein geschädigtes X-Chromosom erben) und X-chromosomal-rezessive Krankheiten und Besonderheiten (dabei sind Mädchen/Frauen meist nur "Überträgerinnen", d.h., sie können das veränderte X-Chromosom an ihre Kinder weitervererben, sind aber selbst nicht betroffen).
Mechanismen der Vererbung
- Siehe: Vererbung (Biologie)
Einige autosomal-rezessiv vererbte Krankheiten und Besonderheiten
- Zystische Fibrose (Mukoviszidose, CF)
- Phenylketonurie (PKU)
- Albinismus
- Adreno-genitales Syndrom (AGS)
- Mukopolysaccharidosen (MPS)
- Galaktosämie
- Xeroderma pigmentosum
- Sichelzellanämie
- Joubert-Syndrom
- Kretinismus
- Lippenspalte
- Laurence-Moon-Bardet-Biedl-Syndrom (LMBB-Syndrom)
- Kurzripp-Polydaktylie-Syndrom (Typ I, II, III, IV)
- Hutchinson-Gilford-Syndrom (Progerie, autosomal-rezessiver Erbang vermutet)
Einige autosomal-dominant vererbte Krankheiten und Besonderheiten
- Apert-Syndrom
- Achondroplasie
- Chorea Huntington ("Veitstanz")
- Holt-Oram-Syndrom
- Osteogenesis imperfecta (Typ I)
- Marfan-Syndrom
- Ehlers-Danlos-Syndrom (Typen I–IV, VII A u. B, VIII)
- Ichthyosis vulgaris
- Habsburglippe
- Hypercholisterinämie
- Morbus von Gierke
- Myotone Dystrophie
- Neurofibromatose (Morbus Recklinghausen)
- Brachydaktylie (Kurzfingrigkeit)
- Polydaktylie (Vielfingrigkeit)
- Spalthand, Spaltfuß
Einige gonosomale Erbkrankheiten und Besonderheiten
X-chromosomal rezessiver Erbgang
- Rot-Grün-Blindheit (betroffen sind etwa 8 % aller Jungen/Männer, aber nur 0,4 % aller Mädchen/Frauen)
- Hämophilie A und B (Bluterkrankheit, tritt nur bei Jungen/Männern auf)
- Muskeldystrophie (Typ Duchenne, Typ Becker-Kiener)
- Mukopolysaccharidose Typ II
- Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel (G-6-PD-Mangel)
- Norrie-Syndrom
- Morbus Fabry
X-chromosomal dominanter Erbgang
Sonstige Erbkrankheiten und Besonderheiten
Weblinks
- Einführung in die Stammbaumanalyse
- Deutsche Fassung von "DNA from the Beginning" des Dolan DNA Learning Center
- Abiturvorbereitung für den Grundkurs Biologie
Literatur
- Wolfram Henn: Warum Frauen nicht schwach, Schwarze nicht dumm und Behinderte nicht arm dran sind – Der Mythos von den guten Genen
(2004, der Autor ist Professor für Humangenetik und Ethik), ISBN 3-451-05479-5