Altstadtmarktbrunnen

spätgotischer Drei-Schalen-Brunnen in Braunschweig
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Der Marienbrunnen, auch Altstadtmarktbrunnen genannt, befindet sich seit seiner Entstehung Ende des Jahres 1408 auf dem Altstadtmarkt in Braunschweig. Es handelt sich um einen spätgotischen sogenannten Drei-Schalen-Brunnen, der, wie auf dem Rand der untersten Schale zu lesen ist, „Anno domini 1408 am Vorabend von St. Katharinen“, das heißt am 24. November 1408[1] aus Blei gegossen wurde. Die drei unterschiedlich großen Schalen sind mit Wappen- und Figurenschmuck sowie mittelniederdeutschen Inschriften versehen.

Der Marienbrunnen – im Hintergrund das Altstadtrathaus

Vom Mittelalter bis in die Neuzeit hinein diente er hauptsächlich zur Versorgung des Braunschweiger WeichbildesAltstadt“ mit Trink- und Löschwasser.

Wasserversorgung der Altstadt

Belegt ist, dass seit ca. 1345 eine Wasserleitung aus Holz, sogenannte „Pipen“, existierte, die vom Jödebrunnen[2], etwa drei Kilometer westlich vor den Toren der Stadt gelegen, in die Altstadt führte, um die Bewohner dieses Weichbildes mit Trink- und Löschwasser zu versorgen. Verantwortlich für diese Leitung war eine sogenannte „Pipenbrüderschaft“. Eine ähnliche Leitung speiste seit 1332 einen Brunnen auf dem Hagenmarkt im Weichbild Hagen.

Vorläufer

Bevor der Marienbrunnen auf dem Marktplatz errichtet wurde, befand sich dort der „Jogetborn“ oder „Jungborn“, der dort 1402 erwähnt wurde.[3] Dabei handelte es sich aber wohl nur um einen einfachen Ziehbrunnen aus Holz, der schließlich Ende 1408 durch den aus Stein und Metall gefertigten Brunnen ersetzt wurde.

Der Brunnen im Laufe der Jahrhunderte

Älteste Darstellung des Brunnens

 
Till Eulenspiegel sät Schälke (Holzschnitt um 1519).

Die wohl älteste erhaltene Darstellung des Marienbrunnens stammt aus der Zeit um 1500 und findet sich als nur 8,1 x 6,3 cm großer Holzschnitt in dem dem Braunschweiger Zollschreiber Hermann Bote zugeschriebenen Buch „Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel geboren uß dem Land zu Brunßwick, wie er sein leben volbracht hat“. Erst 1986 erschien Bernd Ulrich Huckers Beweisführung (s. u. „Literatur“), dass der Holzschnitt den Altstadtmarkt darstellen soll. Am linken Bildrand ist ein Brunnen zu erkennen. Nach Hucker kann es sich dabei nur um den Braunschweiger Marienbrunnen handeln, denn die Darstellung weist (trotz ihrer für die damalige Zeit übliche „abbreviaturhafte Abbildung“, also „verkürzt“, i. S. v. weglassen) eindeutige Merkmale des Altstadtmarktbrunnens und seiner direkten Umgebung auf, die ihn unverwechselbar und damit identifizierbar machen.[4]. Der abgebildete Brunnen hat ein sechseckiges Fundament, mehrere Schalen und ist von einem Fähnchen gekrönt. Am rechten Bildrand kann man Arkaden erkennen, so wie sie das Altstadtrathaus aufweist; im Hintergrund links ist ein zweischiffiges Bauwerk zu sehen, wohl eine Kirche. Sofern es sich um den Altstadtmarkt handelt, wäre es die Abbildung der unmittelbar an ihn grenzenden zweischiffigen Martinikirche. Das Bild illustriert die Geschichte, wie Till Eulenspiegel Schälke sät.[5] In der dazugehörigen Textpassage heißt es u. a. : „… [Eulenspiegel] gieng vff der gassen für dem rathuß vff vnd nider …“ [6]

 
Um 1892: Im Hintergrund links die Martinikirche, rechts das Altstadtrathaus. Gut zu erkennen: Der Brunnen liegt zu dieser Zeit noch in einer Flucht mit der dahinter liegenden Straße
An der Martinikirche.

Auf dem Altstadtmarkt wechselte der Brunnen mehrmals seinen Standort. Die ursprüngliche Position befand sich unweit der heutigen, danach wurde er im 18. Jahrhundert in die Mitte des Platzes versetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Brunnen am heutigen Standort aufgestellt.

Zerstörung und Wiederaufbau

 
Um 1897: Am rechten Rand ist das Stechinelli-Haus sichtbar. Darüber hinaus sind die Spuren der Pferdebahn gut erkennbar.
 
Restauriertes Original der untersten Schale.

Der Marienbrunnen wurde während des Zweiten Weltkrieges weder demontiert noch an einem sicheren Ort eingelagert (wie es z. B. kurz vor Kriegsende mit dem Braunschweiger Löwen geschehen war). Mit Fortschreiten des Luftkrieges, wurden zwar die Bombenangriffe auf Braunschweig häufiger und verheerender, doch bestand die einzige Sicherungsmaßnahme für den Brunnen lediglich darin, dass er vor Feuer und Splittern mittels einer Holzverschalung, die anschließend mit Sand aufgefüllt wurde, geschützt wurde. Eine vollkommen unzureichende Maßnahme, wie sich am 15. Oktober 1944, beim verheerendsten Bombenangriff auf Braunschweig herausstellte: Im Feuersturm jener Nacht verbrannte zunächst die Verschalung, der Sand rutschte weg und schließlich schmolzen große Teile des 536 Jahr alten Brunnens durch die enorme Hitze. Der Brunnen war damit großflächig zerstört. Nur von der untersten und größten Schale waren noch etwa dreiviertel erhalten.[7] Das restaurierte Fragment befindet sich heute nur wenige Meter entfernt im Altstadtrathaus und kann dort besichtigt werden.

Die Überreste des Brunnens wurden kurz nach dem Bombenangriff geborgen und eingelagert. Bereits am 26. Juli 1945, nur wenige Wochen nach Kriegsende, erteilte der Braunschweiger Oberbürgermeister Ernst Böhme dem Metallbauer Werner Kump (1898–1989)[8] den Auftrag, den Altstadtmarktbrunnen wieder herzustellen.[9]

Seit dem 2. August 1988 befindet sich aufgrund zunehmender schädigender Umwelteinflüsse eine Kopie der originalen untersten Schale an seinem ursprünglichen Standort, die mit dem letzten Rammelsberger Blei gegossen wurde. Die originale untere Schale sowie die Fragmente der mittleren Schale sind ihrerseits restauriert worden und können heute in der Zweigstelle des Städtischen Museums im Altstadtrathaus besichtigt werden.

Literatur

  • Wilhelm Appelt und Theodor Müller: Wasserkünste und Wasserwerke der Stadt Braunschweig, in: Braunschweiger Werkstücke, Band 33, Braunschweig 1964
  • Bernd Ulrich Hucker: Das älteste Bildzeugnis vom Braunschweiger Altstadtmarkt, in: Miszellen 42, Städtisches Museum Braunschweig, 1986 ISSN 0934-6201
  • Günter Jahn: Der Altstadtmarkt in Braunschweig – Geschichte und Geschichten, in: Stadtarchiv und Öffentliche Bücherei Braunschweig. Kleine Schriften Nr. 18, im Auftrag der Stadt Braunschweig herausgegeben von Wolf-Dieter Schuegraf, 2. Auflage, Braunschweig 1998
  • Erhard Metz und Gerd Spieß (Hrsg.): Der Braunschweiger Brunnen auf dem Altstadtmarkt, in: Braunschweiger Werkstücke, Reihe B, Bd. 9 bzw. Bd. 70, Braunschweig 1988
  • N.N.: Der Brunnen auf dem Altstadtmarkt zu Braunschweig. Anläßlich der Einweihung des von der Stadt Braunschweig wiederhergestellten Brunnens am 4. Dezember 1951, Braunschweig 1951

Einzelnachweise

  1. Günter Jahn: Der Altstadtmarkt in Braunschweig – Geschichte und Geschichten, in: Stadtarchiv und Öffentliche Bücherei Braunschweig. Kleine Schriften Nr. 18, 2. Auflage, Braunschweig 1998, S. 14
  2. Luftbild des Jödebrunnens
  3. Jürgen Hodemacher: Braunschweigs Straßen – ihre Namen und ihre Geschichten, Band 1: Innenstadt, S. 20
  4. Bernd Ulrich Hucker: Das älteste Bildzeugnis vom Braunschweiger Altstadtmarkt, in: Miszellen 42, Städtisches Museum Braunschweig,1986
  5. Die 70. (sic!) Historie sagt, wie Eulenspiegel in einer Stadt im Sachsenland Steine säte und, als er darauf angesprochen wurde, antwortete, er säe Schälke. (Project Gutenberg)
  6. zitiert nach Bernd Ulrich Hucker: Das älteste Bildzeugnis vom Braunschweiger Altstadtmarkt, in: Miszellen 42, Städtisches Museum Braunschweig, 1986, s. dort Fußnote 1
  7. Foto des zerstörten Brunnens von 1944
  8. Chronik der Stadt Braunschweig
  9. Günter Jahn: Der Altstadtmarkt in Braunschweig – Geschichte und Geschichten, in: Stadtarchiv und Öffentliche Bücherei Braunschweig. Kleine Schriften Nr. 18, 2. Auflage, Braunschweig 1998, S. 14
Commons: Marienbrunnen – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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