Emil Georg von Stauß

deutscher Bankier und Politiker (DVP), MdR
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Emil Georg von Stauß (* 6. Oktober 1877 in Friedrichsthal; † 11. Dezember 1942 in Berlin) war ein deutscher Bankier, Generaldirektor der Deutschen Bank und Mitglied in über 30 Aufsichtsräten, der für seine engen Beziehungen zur NSDAP bekannt war.

Tätigkeit

Nach seiner Banklehre bekam Stauß 1898 eine Anstellung bei der Deutschen Bank und wurde schon nach kurzem Privatsekretär bei Georg von Siemens. Mit 28 Jahren war Stauß maßgeblich an der Gründung der Europäischen Petroleum-Union beteiligt; auf der konstituierenden Sitzung 1905 wählte man ihn zum ersten Direktor. Ab dem darauffolgendem Jahr erledigte er zusätzlich noch die Ölgeschäfte der Deutschen Bank.

Karriere

Mit 38 Jahren berief man Stauß 1915 in den Vorstand der Deutschen Bank. In dieser Funktion verwaltete er während des ersten Weltkriegs die Anatolische Eisenbahngesellschaft und betrieb den Weiter- bzw. Ausbau der Bagdad-Bahn. Wahrscheinlich als Dank dafür wurde Stauß 1918 erneut in den Adelsstand erhoben.

Als Aufsichtsratsvorsitzender von Lufthansa und BMW initiierte er in den Nachkriegsjahren den Neubeginn der deutschen Flugzeugindustrie.

Stauß war Motor des Zusammenschlusses der Daimler-Motoren-Gesellschaft und der Benz & Cie, Rheinische Gasmotorenfabrik im Jahre 1926 zur Daimler-Benz AG. In den 1920er Jahren trat er zudem der Gesellschaft der Freunde bei.

1932 wechselte Stauß vom Vorstand in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank. U.a. war Stauß Aufsichtsratsvorsitzender der Daimler-Benz AG, der Lufthansa und bei BMW, sowie Aufsichtsratsmitglied der Rhein-Main-Donau-AG und der Ufa.

Bis zu seinem Tod war von Stauß auch Mitglied im Senat der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft[1].

Stauß und die NSDAP

Stauß pflegte schon früh Kontakte zur nationalsozialistischen Partei. Am 5. Oktober 1930 war Adolf Hitler bei ihm zu Gast. Im Dezember 1930 lernte sein Freund Hjalmar Schacht bei einem Essen in seinem Haus Hermann Göring kennen.[2] Am 5. Dezember 1931 stellte Stauß in seinem Hause Hitler dem amerikanischen amerikanischen Botschafter Sackett und dem Generalkonsul Kliefoth vor.[3] 1931 machte Stauß mit Hitler und Hermann Göring eine Bootstour auf seiner Jacht. Stauß bot nach der Bootsfahrt an, in die NSDAP einzutreten, wobei jedoch Göring meinte, in der DVP könne er mehr für die NSDAP tun. Einige Tage später stellte er Göring einen „größeren Betrag“ zur Verfügung.[4] Außerdem arbeitete Stauß in der Wirtschaftspolitischen Abteilung der NSDAP mit. Harry Graf Kessler berichtet in seinem Tagebuch über eine Veranstaltung im Hotel Kaiserhof am Abend des 30. Januar 1933:

„Ich saß an einem kleinen Tisch zwischen ihm und dem berühmten Herrn v. Stauß, früher von der Deutschen Bank, der sich sehr dicke tat mit seinen intimen Beziehungen zu Hitler. Dieser habe ihm versprochen, er werde ihm jeden Wunsch, den er ihm zur Kenntnis bringt, erfüllen.“[5]

Seine Beziehungen zur NSDAP waren schon damals so bekannt, dass jüdische Kunden der Deutschen Bank zu anderen Banken wechselten.

Seit 1930 strebte er eine enge Zusammenarbeit seiner Partei, der DVP, mit der NSDAP an. Sein Versuch, einen Parteifreund der DVP mit Hilfe der Nationalsozialisten zum Reichstagspräsidenten wählen zu lassen, scheiterte jedoch.

In den Jahren 1930 bis 1932 vertrat Stauß die DVP im deutschen Reichstag. Nach der nationalsozialistischen Gleichschaltung der deutschen Politik wurde er 1934 zum Vizepräsidenten des in einer Scheinwahl gewählten nationalsozialistischen Reichstags gewählt. Als solcher ernannte Göring ihn noch im selben Jahr zum Preußischen Staatsrat. Stauß trat jedoch nie der NSDAP bei.

Sein persönlicher Freund war der Ölindustrielle Henri Deterding, der ebenfalls enge Beziehungen zur NSDAP pflegte.

Quellen

  1. Ulrike Kohl: Die Präsidenten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus, Seite 225
  2. Eberhard Czichon: Wer verhalf Hitler zur Macht? Zum Anteil der deutschen Industrie an der Zerstörung der Weimarer Republik. Pahl-Rugenstein Verlag, Köln 1971, S. 59
  3. Gerhard Schulz: Aufstieg des Nationalsozialismus, Krise und Revolution in Deutschland. Frankfurt am Main, Berlin, Wien 1975, S. 879
  4. Henry Ashby Turner (Hrsg.): Hitler aus nächster Nähe, Aufzeichnungen eines Vertrauten 1929-1932. Frankfurt am Main, Berlin, Wien 1978, S. 456 ff.
  5. Wolfgang Pfeiffer-Belli (Hrsg.): Harry Graf Kessler Tagebücher. Frankfurt am Main 1982, S. 746