Berlinerische Grammatik

systematische Sprachbeschreibung des Berliner Dialektes
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Zusammenfassung

Die Berlinische Schriftsprache variiert stark; die Aussprache hängt zum einen von Alter und Herkunft des Berliners ab. Zum anderen hängt das Schriftbild von der Absicht des Sprechers ab, die Ausspracheunterschiede, die sich im Vergleich zum Hochdeutschen ergeben, deutlich zu machen. Außerdem gibt es unterschiedliche Methoden, das deutsche Alphabet für die berlinische Phonetik zu nutzen. In diesem Artikel sollen möglichst alle berlinischen Ausspracheregeln erklärt werden, und wie sie im Schriftbild dargestellt werden.

"er"

Der Bestandteil "er" einer unbetonten Vor- oder Nachsilbe wird immer zu "a".

  • leider -> leida
  • kann er -> kanna
  • herbei -> habei

"e"

Das "e" der Endungen "en", "em" und "el" wird, wie im Hochdeutschen, fast immer weggelassen.

  • sehen -> sehn
  • seinem -> seinm
  • Deckel -> Deckl

Es fällt nicht nach "j" und nach Konsonant mit Nasal aus.

  • rechnen -> *rechnen
  • atmen -> *atmn
  • berichtigen -> berichtjen -> *berichtjn

"ä"

Das "ä" wird im Berlinischen immer zu "ee".

  • Väter -> Veeta

"ee" und "oo"

Die Silbe "ei" wird oft zu "ee".

  • keine -> keene

Die Silbe "au" wird oft zu "oo". Auch "åu" ist als Schreibweise möglich, um eine Ähnlichkeit mit dem deutschen Schriftbild zu erhalten.

  • laufen -> låufn -> loofn

"pf"

Die Verbindung "pf" ist im Berlinischen sehr selten. In der Regel wird sie am Stammanfang und nach Konsonant zu "f", nach Vokal zu "p".

  • Kopf -> Kopp
  • Pferd -> Ferd
  • Apfel -> Appl

Einige Worte erhalten ihr "pf".

  • Kupfer -> *Kuppa
  • Opfer -> *Oppa

"z"

Das "z" kann zu "ß" werden. Auch "ss", "sz" und "zh" sind dann als Schreibweise möglich.

  • zu Hause -> ßu Hause / ssu Hause / szu Hause / zhu Hause

"r"

Das "r" ist nach Vokal nicht mehr als solches zu hören. Nach langem Vokal wird es zu einem kurzen "a".

  • mir -> mia

Nach kurzem Vokal wird es praktisch wie der vorhergehende Vokal gesprochen, und zwar genauso offen wie dieser. Dadurch entstehen für das Hochdeutsche untypische Vokale, die im Schriftbild durch Verdopplung des Vokals und Verdopplung des Konsonanten wiedergegeben werden können.

  • Wort -> Woott

Das gelängte (offene) "i" kann auch zu "ü" werden.

  • verwirrt -> vawiitt -> vawüütt

Das gelängte (offene) "e" entspräche genau einem "ä", welches es im Berlinischen nicht gibt. Daher wird kurzes "er" immer wie langes "er" ausgesprochen.

  • Wert -> Weat

"l"

Das "l" wird außer vor Vokal und am Wortende zu "ł". "ł" klingt wie eine Mischung aus Schwa und englischem "w".

  • kalt -> kałt
  • halb -> hałb

Steht es vor einem Schwa, wird "l" ebenfalls zu "ł",

  • alles -> ałłet

Steht es vor einem (stimmhaft gesprochenem) "d", entfällt dieses.

  • Entschuldigung -> Entschułłjung