Das Außenpolitische Amt der NSDAP (A.P.A. bzw. APA) wurde unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im April 1933 im Berliner Hotel Adlon eingerichtet. Das APA stand unter der Leitung des NS-Chefideologen Alfred Rosenberg. Neben dem Auswärtigen Amt (AA) unter der Leitung von Neurath, der Auslandsorganisation (NSDAP/AO) von Ernst Wilhelm Bohle, dem Büro von Joachim von Ribbentrop (Dienststelle Ribbentrop) und zum Teil dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) von Joseph Goebbels, war das APA eine zentrale Behörde für die Außenpolitik in der Zeit des Nationalsozialismus.[1] Im Oktober 1935 wurden die handelspolitischen Politikfelder des APA an die bereits 1921 gegründete Nordische Gesellschaft übergeben. Rosenberg setzte an die Spitze der Nordischen Gesellschaft Hinrich Lohse und gab dem APA eine stärkere kulturpolitische Ausrichtung. Offiziell ab 1940 wurden vom Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR), der vom APA aus organisiert wurde, Kunstraub-Aktionen in ganz Europa durchgeführt. Spätestens als Rosenberg im Juli 1941 zum Leiter des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete (RMfdbO) ernannt wurde, verlor das APA seine ehemalige politische Bedeutung und Funktion. Zahlreiche Mitarbeiter des APA arbeiteten fortan im RMfdbO. Im Februar 1943 wurde das APA im Rahmen der Maßnahmen des „totalen Kriegseinsatzes“ stillgelegt.

Das APA im NS-Staat
Institutionalisierungsphase
Am 1. April 1933, fünf Tage nach dem Reichstagsbrand, wurde Alfred Rosenberg von Adolf Hitler zum Reichsleiter und zum „Leiter des Außenpolitischen Amtes“ (APA) ernannt.[2] Die Aufgabenschwerpunkte des APA lagen in der unmittelbaren Folgezeit zunächst darin, ausländische Besucher über die nationalsozialistische Bewegung zu unterrichten, eventuelle Anregungen an amtliche Stellen weiterzuleiten und als eine zentrale Anlaufstelle der NSDAP für außenpolitische Fragen zu fungieren.[3] Das besondere ideologische Interesse von Rosenberg und dem APA galt den von ihm und seinen Mitarbeitern so bezeichneten „nordischen Staaten“ (Großbritannien, Baltikum, Skandinavien).[3] Aus dem „Organisationsbuch der Partei“ (herausgegeben von Reichsorganisationsleiter Robert Ley) geht hervor, dass mit dem APA die politischen Diskurse in diesen Staaten entschieden dahingehend gelenkt werden sollten, dass die Bevölkerungen den Eindruck von friedlichen Absichten der politischen Entscheidungsträger in Deutschland gewinnen sollten.[4] Verbunden waren mit dieser Politik nicht nur allgemeine Akzeptanzwünsche hinsichtlich der NS-Bewegung gegenüber dem Ausland, sondern gemäß der Rassenideologie von Rosenberg ebenso Germanisierungsvorstellungen.[5]
Die Tätigkeitsfelder des APA wurden im „Organisationsbuch der Partei“ wie folgt beschrieben: „1. Das APA gliedert sich in drei Abteilungen: A. Amt für Länderreferate mit den Hauptstellen: a) England und Ferner Osten, b) Naher Osten, c) Südosten, d) Norden, e) Alter Orient, f) Kontrolle, Personalfragen usw. B. Amt für den deutschen Akademischen Austauschdienst ... C. Amt für Außenhandel. 2. Außerdem gehören zum APA eine Hauptstelle für Pressewesen und ein Schulungshaus.“[4] Weiter ist dort zu lesen: „Die Presseabteilung des APA umfaßt Persönlichkeiten, die gemeinsam alle in Frage kommenden Sprachen beherrschen, täglich etwa 300 Zeitungen prüfen und täglich die Zusammenfassung wesentlichster Stellungnahmen der gesamten Weltpresse an den Führer, den Stellvertreter des Führers und an alle überhaupt in Betracht kommenden Stellen vermitteln.“[4] Zudem verfügte das APA über eine eigene Außenhandelsabteilung, die eine sehr rege Tätigkeit insbesondere im Nahen, Mittleren und Fernen Osten ausübte.[6] Die Anzahl der Mitarbeiter betrug in jener Zeit etwa 80 Mitarbeiter.[7]
Am 15. Mai 1934 schrieb Rosenberg in sein Tagebuch über ein Gespräch mit Hitler über die NS-Außenpolitik: „In der Frage der Kolonialpolitik stimmte er meinem Standpunkt durchaus zu: würdige Gedächtnisfeiern, aber nicht in dem Maße, dass sie als ›Beginn einer neuen Kolonialpolitik‹ aufgefasst werden könnten. Zum Schluss dankte mir der Führer mit mehrfachem Händedruck für meine Arbeit.“[8] Hitler hatte zu diesem Zeitpunkt nicht nur die Arbeit des APA gewürdigt, sondern diese in gewisser Hinsicht sogar über die Arbeit des Auswärtigen Amtes gestellt. Denn am selben Tage schrieb Rosenberg: „An die Gutwilligkeit Neuraths glaubte er noch, das A.A. selbst ist ihm jedoch ›eine Verschwörergesellschaft‹, er bedauere aber, immer noch gebunden zu sein an die Zusagen bei der Bildung des Kabinetts, wonach der Reichspräsident über Armee und A.A. bestimmte. Das erste sei in Ordnung, das andere nicht.“[8]
Kulturpolitische Ausrichtung
Im Oktober 1935 verfasste Rosenberg einen Tätigkeitsbericht seines APA, aus dem ersichtlich wird, dass er - wie schon in seinem Kampfbund für deutsche Kultur (KfdK) - zur Verwirklichung seiner rassenideologischen Vorstellungen den institutionellen Schwerpunkt des APA auf kulturpolitische Zielsetzungen festlegte. Gleichsam verfolgte er mit der Nordischen Gesellschaft, die er unter die Führung von Hinrich Lohse gestellt hatte, handelspolitische Ziele in Richtung seiner einstigen baltischen Heimat. Dem Bericht ist zu entnehmen:
„Handelspolitisch sind meines Erachtens viel mehr Unterlassungssünden begangen worden und so hat sich das A.P.A bewusst mehr auf die kulturpolitischen Aufgaben beschränkt. Zu diesem Zweck hat es die Nordische Gesellschaft ausgebaut, die früher kleine Gesellschaft ist in diesen 2 Jahren der Betreuung durch das A.P.A. zu einer entscheidenden Vermittlungsstelle der gesamten deutsch-skandinavischen Beziehungen geworden. Ihr Leiter (Lohse) ist vom A.P.A. bestimmt, die Kontore in allen Gauen werden vom entsprechenden Gauleiter geleitet. Mit Wirtschaftsgruppen und anderen Organisationen und Gliederungen der Partei, die nach Skandinavien hin Beziehungen unterhalten, sind entsprechende Abkommen getroffen worden, so dass der nahezu ganze Verkehr zwischen Deutschland und Skandinavien heute durch die Hand der Nordischen Gesellschaft geht.“[9]
Unter „Kulturpolitik“ in diesem Sinne verstand das APA insbesondere die Ausbildung von künftigen Eliten in Deutschland, die Agitation gegen den so genannten „Weltbolschewismus“ bzw. das „Weltjudentum“ sowie die Propagierung von Rosenbergs Rassenideologie, vor allem in Großbritannien und den skandinavischen Staaten.[10] Dementsprechend ließ Rosenberg über das APA verschiedenste Kontakte zu faschistischen Parteien in europäischen Staaten knüpfen, um eine Art „faschistisches Netzwerk“ in Europa aufzubauen.[10]
Kriegspolitik in Richtung Osten
1939 traf das APA, insbesondere Rosenberg und Erich Raeder, Vorbereitungen für einen militärischen Angriff auf Norwegen.[2] Die damit verbundene kriegerische Invasion der deutschen Wehrmacht in Norwegen und Dänemark erfolgte am 9. April 1940 unter dem Schlagwort „Unternehmen Weserübung“.
Wirkungsgeschichte
Nur äußerst wenige Autoren haben sich in der Nachkriegszeit mit dem APA auseinandergesetzt. Rund 60 Jahre nach Kriegsende stand die diesbezügliche Forschung immer noch auf dem Stand von 1970. Mit Ausnahme der Vorbereitung des APA zur Norwegen-Besetzung in den Jahren 1939 und 1940 sowie der Urheberschaft von Rosenberg und Raeder für den Plan eines Angriffs auf Norwegen, schätzte Bollmus die Bedeutung dieser NS-Behörde nach Durchsicht seines Quellenmaterials als eher gering ein.[2] Die Autorengruppe Benz, Graml und Weiß betonten mit einer Haltung der Abwägung und Akzentuierung der Diplomatie, die herausragende Stellung des Auswärtigen Amtes gegenüber allen anderen NS-Behörden, die im außenpolitisch Bereich tätig gewesen sind. Keine konkurrierende Behörde innerhalb der NSDAP hätte „die Professionalität der traditionellen Diplomatie ersetzen“ können.[11]
Literatur
Quellen
- Der Reichsorganisationsleiter der NSDAP (Hrsg.): Organisationsbuch der NSDAP, München 1936, DNB. (6. Aufl. 1940, DNB.)
- Thomas Marschner: Außenpolitisches Amt der NSDAP. Bestand NS 43 im Bundesarchiv. Koblenz 1999, ISBN 3-89192-087-3.
Forschung
- Hans-Adolf Jacobsen: Nationalsozialistische Außenpolitik 1933-1938. Frankfurt a.M. / Berlin 1968, DNB
- Reinhard Bollmus: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. Stuttgart 1970, DNB (2. Aufl., München / Oldenbourg 2006, ISBN 3-486-54501-9.)
Bibliografie
- Christian Gahlbeck u.a.: Archivführer zur Geschichte des Memelgebiets und der Deutsch-litauischen Beziehungen. Oldenburg 2006, ISBN 3486579029. Google Books
Weblinks
- Literatur über das Außenpolitische Amt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Findmittelinfo - Bundesarchiv Koblenz
Einzelnachweise
- ↑ Reinhard Bollmus: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. Stuttgart 1970, S. 241.
- ↑ a b c Reinhard Bollmus: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. Stuttgart 1970, S. 19 f.
- ↑ a b Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg 14. November 1945 – 1. Oktober 1946, Bd. XVIII, München / Zürich 1984. S. 118 f. (Ausgabe 1947-1949, ISBN 3-89836-121-7.); Manfred Weißbecker: Alfred Rosenberg. »Die antisemitische Bewegung war nur eine Schutzmaßnahme…«. In: Kurt Pätzold / Manfred Weißbecker (Hrsg.): Stufen zum Galgen. Lebenswege vor den Nürnberger Urteilen, Leipzig 1999, S. 164 f., ISBN 3-86189-163-8.
- ↑ a b c Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg 14. November 1945 – 1. Oktober 1946, Bd. V, München / Zürich 1984. S. 63 f.
- ↑ Hans-Günther Seraphim: Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs aus den Jahren 1834/35 und 1939/40, Göttingen / Berlin / Frankfurt 1956, S. 30 (Hinweis auf Rosenbergs Denkschrift vom 12.5.1934, Dokument PS-049; Rosenberg wünschte sich hier u.a., „einen von den stärksten germanischen Völkern beherrschten Block zu schaffen.“); Peter M. Manasse: Verschleppte Archive und Bibliotheken. Die Tätigkeit des Einsatzstabes Rosenberg während des Zweiten Weltkrieges. St. Ingbert 1997, S. 23, ISBN 3-86110-131-9.
- ↑ Hans-Günther Seraphim: Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs aus den Jahren 1834/35 und 1939/40, Göttingen / Berlin / Frankfurt 1956, S. 26. (Quelle: Dokument PS-003, abgedr. in: IMT, Bd. XXV, S. 22 f..)
- ↑ Manfred Weißbecker: Alfred Rosenberg. »Die antisemitische Bewegung war nur eine Schutzmaßnahme…«. In: Kurt Pätzold / Manfred Weißbecker (Hrsg.): Stufen zum Galgen. Lebenswege vor den Nürnberger Urteilen, Leipzig 1999, S. 163.
- ↑ a b Hans-Günther Seraphim: Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs aus den Jahren 1834/35 und 1939/40, Göttingen / Berlin / Frankfurt 1956, S. 28. (Hinweis auf eine weitere Quelle: Akten der Deutschen Politik, Serie D, Bd. 1, S. 46 ff.; das Zitat wurde der ref. dt. Rechtschr. angepasst.)
- ↑ Zitiert in: Hans-Günther Seraphim: Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs aus den Jahren 1834/35 und 1939/40, Göttingen / Berlin / Frankfurt 1956, S. 21. (Angegebene Quelle: Dokument PS-003, abgedr. in: IMT, Bd. XXV, S. 15 ff.; das Zitat wurde der ref. dt. Rechtschr. angepasst.)
- ↑ a b Wolfgang Benz u.a.: Enzyklopädie des Nationalsozialismus. 3., korrigierte Aufl., München 1998, S. 384, ISBN 3-608-91805-1.
- ↑ Wolfgang Benz u.a.: Enzyklopädie des Nationalsozialismus. 3., korrigierte Aufl., München 1998, S. 386.