Roland Koch

deutscher Politiker (CDU), MdL, Ministerpräsident des Landes Hessen
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Roland Koch (* 24. März 1958 in Frankfurt am Main) ist ein deutscher Politiker (CDU).

Roland Koch (2008)

Er ist seit 1999 Ministerpräsident des Landes Hessen, seit dem 5. April 2008 ist er geschäftsführend im Amt.

Bildung und Familie

Nach dem Abitur 1977 am Eichwald-Gymnasium in Sulzbach leistete Koch zunächst seinen Wehrdienst ab und begann dann in Frankfurt am Main ein Studium der Rechtswissenschaft, das er 1982 mit dem ersten Staatsexamen beendete. 1985 folgte das zweite juristische Staatsexamen. Seit 1985 ist er als Rechtsanwalt zugelassen. Spezialisiert auf Wirtschafts- und Wettbewerbsrecht übte er diesen Beruf bis 1999 in Eschborn aus.

Kochs Vater, Karl-Heinz Koch, gehörte als CDU-Politiker dem Hessischen Landtag an und war von 1987 bis 1991 Hessischer Justizminister. Roland Koch ist römisch-katholisch, verheiratet und hat zwei Söhne.

Partei

1979 wurde Koch im Kreisverband Main-Taunus jüngster Vorsitzender eines CDU-Kreisverbandes. Er zählte zu Beginn seiner politischen Karriere zu den „jungen Wilden“ seiner Partei. Er ist seit 1979 Mitglied des sogenannten „Andenpaktes“, einer nichtoffiziellen Seilschaft damalig junger Unionspolitiker. Von 1983 bis 1987 war er stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungen Union Deutschlands. Seit 1998 ist er Landesvorsitzender der CDU in Hessen.

Abgeordneter

Bis 1993 war Koch Mitglied im Stadtrat seiner Heimatgemeinde Eschborn. Er war weiterhin Mitglied des Kreistages im Main-Taunus-Kreis und dort von 1989 bis 1997 Vorsitzender der CDU-Fraktion.

Seit 1987 ist Koch als Abgeordneter des Wahlkreises Main-Taunus I Mitglied des Hessischen Landtages. 1991 wurde er hier zunächst Stellvertretender Vorsitzender und 1993 schließlich Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion. Koch war Spitzenkandidat seiner Partei zur Landtagswahl in Hessen 2008.

Öffentliche Ämter

 
Roland Koch während einer Wahlkampfveranstaltung

Nachdem die rot-grüne Regierung unter Hans Eichel bei der Landtagswahl im Februar 1999 ihre Mehrheit verloren hatte, bildete die CDU unter Kochs Führung eine Koalition mit der FDP. Koch wurde daraufhin am 7. April 1999 als Nachfolger Eichels zum Ministerpräsidenten des Landes Hessen gewählt. Bei der Landtagswahl 2003 erreichte die CDU mit 48,8% die meisten Stimmen und die absolute Mehrheit der Sitze im Landtag. Koch wurde als Ministerpräsident im Amt bestätigt. Bei der Landtagswahl 2008 verlor die CDU die absolute Mehrheit und erzielte diese auch nicht mit der FDP. Da in der konstituierenden Sitzung des neuen Landtages am 5. April 2008 und auch in den weiteren Sitzungen kein Ministerpräsident gewählt worden ist, führt Koch die Regierungsgeschäfte geschäftsführend weiter.

Roland Koch war von 1999 bis 2003 Aufsichtsratsvorsitzender der Fraport AG, an der das Land Hessen seinerzeit einen Anteil von etwa 45 Prozent hatte. Neben seinem Einsatz für den Ausbau des Rhein-Main-Flughafens geriet dabei auch seine Doppelfunktion als Ministerpräsident und Aufsichtsratsvorsitzender in die Kritik. Im November 2003 soll sich Koch dafür eingesetzt haben, dass die Gehälter zweier Vorstandsmitglieder um nahezu 50 Prozent angehoben werden. Vor dem Hintergrund, dass im selben Jahr das Weihnachtsgeld für die Betriebsrentner der Fraport ersatzlos gestrichen wurde, stieß auch dieses Vorgehen auf Kritik.[1]

Politik

Kabinett Koch I

Im Wahlkampf um die Landtagswahl 1999 führte die CDU die umstrittene Unterschriftenaktion gegen die Reform des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts gegen die damalige rot-grüne Bundesregierung durch. Kritiker warfen Koch deswegen vor, Ausländerfeindlichkeit zu schüren und für den Wahlkampf zu instrumentalisieren.

Am 12. Dezember 2002 warf er ver.di-Chef Frank Bsirske vor, in der Vermögenssteuerdebatte Namen reicher Deutscher genannt zu haben. In Anspielung auf den in der Zeit des Nationalsozialismus eingeführten Judenstern äußerte er, dies sei „eine neue Form von Stern an der Brust“ und „eine schlimme Parallele zu anderen Zeiten“. Koch hat sich später für diesen Vergleich entschuldigt.

Spendenaffäre

Im Zusammenhang mit der Spendenaffäre der Bundes-CDU wurde auch eine Affäre der hessischen CDU bekannt. Unter anderem hatten der ehemalige Innenminister Manfred Kanther und der frühere CDU-Landesschatzmeister Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein mehrere illegale Parteispenden als angebliches Vermächtnis von verstorbenen Juden verbucht.

Roland Koch erklärte, diese Vorgänge seien ihm nicht bekannt gewesen, und er versprach die „brutalstmögliche Aufklärung“. Auf einer Pressekonferenz am 10. Januar 2000 verschwieg er trotz mehrfacher Nachfrage die Rückdatierung eines Kreditvertrags über 2 Mio. D-Mark, der Geldflüsse in der Parteibuchhaltung rechtfertigen sollte.

Unterstützt durch die CDU und den hessischen Landesverband der FDP verblieb Koch trotz mehrfacher Rücktrittsforderungen im Amt. Der damalige Chef der Staatskanzlei, Franz Josef Jung, trat hingegen zurück, was von Beobachtern als Bauernopfer interpretiert wurde.[2] Die Opposition im hessischen Landtag kritisierte auch insbesondere, dass Kochs Wahlkampf 1998/1999 teilweise durch die schwarzen Kassen finanziert worden war, und versuchte, eine Annullierung der Wahl zu erreichen, was jedoch fehlschlug.[3]

Kabinett Koch II

Bei der Landtagswahl im Februar 2003 gewann die CDU mit Roland Koch erneut, diesmal mit einer absoluten Mehrheit, und regierte fortan ohne den bisherigen Koalitionspartner. Ende 2003 entwarfen Koch und der damalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) einen Plan zum Abbau von Subventionen, das sogenannte Koch-Steinbrück-Papier.

Die hessische Landesregierung unter Roland Koch hat im Dezember 2003 gegen großen Protest ein Studienguthabengesetz im Landtag auf den Weg gebracht. Zum Wintersemester 2007/08 führte die Hessische Landesregierung unter Roland Koch allgemeine Studiengebühren von 500-1500 Euro pro Semester ein. Die Gebührenerhebung war umstritten und nach der Auffassung vieler Rechtsexperten nicht mit der Landesverfassung vereinbar. Über 78.000 Bürgerinnen und Bürger in Hessen unterzeichneten hierzu eine Volksklage. Eine zweite Klage wurde von den Oppositionsparteien im Landtag eingereicht. Im Juni 2008 wies der hessische Staatsgerichtshof die Klagen jedoch als unbegründet ab. Nachfolgend wurde das Gesetz jedoch mit den Stimmen von SPD, Grünen und der LINKEN aufgehoben.

Das seit 2004 geltende Kopftuchverbot, welches von CDU und Roland Koch vorangetrieben wurde, wurde vom hessischen Staatsgerichtshof am 10. Dezember 2007 als verfassungskonform bestätigt. Hessen hat damit eins der strengsten Gesetze, welches allen Beamten das Tragen von Kleidungsstücken, die den „politischen Frieden gefährden“ können, verbietet.

Mitte 2004 beschloss die hessische Landesregierung, die mittelhessischen Universitätsklinika in Gießen und Marburg zu fusionieren und die neu entstandene Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH an einen privaten Betreiber zu verkaufen. Im Jahr 2005 verabschiedete der hessische Landtag ein Autonomiegesetz (TUD-Gesetz), welches die TU Darmstadt als erste Universität in die Autonomie entließ. Seither kann die TUD u.a. den Haushalt und die Liegenschaften selbst verwalten und selbständig mit Professoren über ihr Gehalt und ihre Ausstattung verhandeln und sie ernennen.

2006 wurde Koch vorgeworfen, die Nichtteilnahme der Freien Wähler Hessen an der Landtagswahl mit finanziellen Zusagen „kaufen“ zu wollen. Dies war auch Gegenstand eines Untersuchungsausschusses.

Koch sprach sich gegen die Beibehaltung des Länderfinanzausgleichs zu den derzeitigen Konditionen aus. Das Land Hessen zahle jährlich ca. 3 Mrd. Euro, was über 50% der Gesamtsumme entspricht, in den Länderfinanzausgleich ein. Er verwies darauf, dass Hessen im Jahr ca 1,6 Mrd. Euro Schulden aufnehmen müsse, um diesen Beitrag leisten zu können.

Koch setzte sich zudem für einen Ausbau des Frankfurter Flughafens ein. Das von ihm angestrebte Nachtflugverbot war jedoch nach Meinung der Landesregierung rechtlich nicht durchsetzbar, so dass am 18. Dezember 2007 durch das Wirtschaftsministerium eine Ausbaugenehmigung erteilt wurde, die zwar eine massive Reduzierung der Nachtflüge, aber kein Verbot vorsah. Koch wurde daraufhin von Seiten der Opposition und der Ausbaugegner Wortbruch vorgeworfen. Bereits 2006 sprach sich Koch dafür aus, eine Option für den Bau neuer Atomkraftwerke offen zuhalten. Er verwies dabei auf das Nachbarland Frankreich, in welchem derzeit die Kernkraftwerke der „nächsten Generation“ gebaut würden.

Landtagswahl 2008

Bei den Wahlen zum 17. Hessischen Landtag am 27. Januar 2008 verlor die Hessen-CDU unter seinem Vorsitz 12% ihrer Stimmanteile, wurde aber mit 36,8% der Wählerstimmen und 0,1% Vorsprung zur SPD doch noch knapp stärkste Kraft. Das Wahlergebnis führte dazu, dass die SPD und die CDU gleich viele Abgeordnete im hessischen Landtag stellen und beide Parteien mit ihren traditionellen Koalitionspartnern keine absolute Mehrheit haben.[4] Solange keine neue Regierungsbildung möglich ist, bleibt Roland Koch daher laut Hessischer Verfassung als geschäftsführender Ministerpräsident auch ohne parlamentarische Mehrheit im Amt.

Im Dezember 2007 verprügelten zwei ausländische Jugendliche einen Rentner in einer Münchener U-Bahnstation, nachdem dieser die beiden aufgefordert hatte, ihre Zigaretten auszumachen. Der Rentner erlitt einen mehrfachen Schädelbruch. Roland Koch forderte daraufhin eine Verschärfung des Jugendstrafrechts, sprach sich indirekt für eine Abschiebung krimineller Ausländer aus und benutzte beide Themen auch in seinem Wahlkampf. „Wer sich als Ausländer nicht an unsere Regeln hält, ist hier fehl am Platz“ sagte er der Bild-Zeitung.[5] Der Generalsekretär des Zentralrat der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, warf Koch NPD-Nähe vor. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla wies die Kritik zurück. Der Vorwurf, Kochs Wahlkampf unterscheide sich kaum noch von dem der NPD, sei „an Absurdität gar nicht mehr zu überbieten“.[6] Unterstützung für seinen Vorstoß erhielt Koch vom Weißen Ring, der Migrantenverbänden Verharmlosung vorhielt.[7]

Im weiteren Verlauf wurde er auch innerparteilich kritisiert, etwa indirekt in einem offenen Brief von 17 prominenten Unionspolitikern in der Zeit, die darin schrieben: „Integrationspolitik ist so fundamental für die Zukunft unseres Landes, dass sie nicht zum Wahlkampfthema degradiert werden darf.“[8]. Eine Studie der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung kritisierte Kochs Wahlkampf und besagte, die Debatte um Jugendkriminalität habe ihm geschadet.[9]

Auszeichnungen

Literatur

  • Hajo Schumacher: Roland Koch: verehrt und verachtet. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 2004, ISBN 3-596-16153-3
  • Roland Koch, Hugo Müller-Vogg: Beim Wort genommen: Roland Koch im Gespräch mit Hugo Müller-Vogg. Societäts-Verlag, Frankfurt 2002, ISBN 3-7973-0829-9
  • Roland Koch (Hrsg.): Die Zukunft der Bürgergesellschaft: Ehrenamt: neue Ideen & Projekte. Verlag Olzog, München 2002, ISBN 3-7892-8086-0
  • Roland Koch: Gemeinsam Chancen nutzen: Reden und Aufsätze des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch. Societäts-Verlag, Frankfurt 2001, ISBN 3-7973-0793-4
Commons: Roland Koch – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fraport - abgehobene Bezahlung auf manager-magazin.de, Koch hält fest an Funktion bei Fraport und Koch gibt Fraport-Amt ab auf wiesbadener-kurier.de
  2. Berlin direkt: Eine Jung(e) Karriere
  3. Beschluss vom 23. Februar 2001 des Wahlprüfungsgericht beim Hessischen Landtag
  4. Wikipedia, Ergebnisse hessischer Landtagswahlen
  5. Welt: Koch will kriminelle Ausländer loswerden
  6. Welt: Zentralrat der Juden wirft Koch NPD-Nähe vor
  7. FAZ.net CDU: „Struck hat Grenze demokratischer Streitkultur überschritten“
  8. Tagesschau: Unions-Spitzenpolitiker gegen Ausländer-Wahlkampf
  9. Tagesschau: CDU-interne Studie kritisiert Kochs Wahlkampf
  10. Bundesanzeiger Nr. 214 vom 16. November 2007, Seite 8029