Arztvorbehalt

Regelung, dass ein Tätigkeit oder Maßnahme nur von einem Arzt durchgeführt werden darf
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Der Begriff Arztvorbehalt in Bezug auf eine bestimmte Tätigkeit oder Maßnahme bedeutet, dass diese aufgrund einer gesetzlichen Festlegung nur von einem ordnungsgemäß ausgebildeten und approbierten Arzt ausgeübt beziehungsweise durchgeführt werden darf. Für bestimmte Bereiche schließt der Begriff dabei neben Humanmedizinern auch Zahnärzte oder Tierärzte mit ein. Auch eine Einschränkung des Arztvorbehaltes in einem bestimmten Bereich auf Fachärzte ausgewählter Fachrichtungen ist möglich. Eine Maßnahme, die einem Arztvorbehalt unterliegt, darf von Angehörigen nichtärztlicher medizinischer Berufe wie Gesundheits- und Krankenpflegern, Rettungsassistenten, medizinischen Fachangestellten, Medizinisch-Technischen Assistenten oder Physiotherapeuten nicht selbstständig, sondern nur auf Anordnung beziehungsweise unter Aufsicht eines Arztes oder Heilpraktikers durchgeführt werden.

Rechtslage in Deutschland

Ein Arztvorbehalt betrifft in Deutschland neben invasiven und medikamentösen therapeutischen Maßnahmen beispielsweise auch den Bereich der medizinischen Labordiagnostik, eine Reihe von Tätigkeiten in der Reproduktionsmedizin sowie bestimmte Aufgaben der Hygiene. Dieser allgemeine Arztvorbehalt ist durch die entsprechenden Vorschriften des Sozialgesetzbuch V definiert, gilt jedoch nur für die Erstattung der Leistungen durch eine gesetzliche Krankenkasse.[1] Außerhalb des Sozialrechts entfalten diese Normen keine Wirkung. Da jedoch der weitaus größte Teil der medizinischen Betreuung in Deutschland über die gesetzlichen Krankenkassen abrechnet wird, bedeuten diese Regelungen faktisch einen sozialrechtlich norminierten Arztvorbehalt. Für zahnärztliche Maßnahmen ist der Arztvorbehalt davon abweichend im Zahnheilkundegesetz geregelt.[2] Im Gegensatz enthält die Bundesärzteordnung (BÄO) keine Definition der den Ärzten vorbehaltenen Tätigkeiten. In Paragraph 2 der BÄO ist zwar festgelegt, dass für die Ausübung des Arztberufes die ärztliche Approbation Voraussetzung ist. Allerdings ist damit nur die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung „Arzt“ oder „Ärztin“ zu verstehen.[3] Dies bedeutet somit keinen Tätigkeitsschutz der ärztlichen Berufsausübung, sondern vielmehr einen reinen Titelschutz.

Der Schutz der Ausübung der Heilkunde erfolgt durch den Erlaubnisvorbehalt des Heilpraktikergesetzes, in dem als Voraussetzung für die Ausübung der Heilkunde die Approbation als Arzt oder die Erlaubnis als Heilpraktiker genannt wird.[4] Damit besteht in Deutschland praktisch Kurierfreiheit.[5] Ein Heilpraktiker darf somit im Grundsatz alles, was auch ein Arzt darf. Soweit er die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat, darf der Heilpraktiker juristisch gesehen auch invasive Maßnahmen durchführen.[6] Nur solche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die in besonderen Gesetzen ausdrücklich den Ärzten vorbehalten sind, darf der Heilpraktiker nicht durchführen. Die betrifft neben der Zahnheilkunde unter anderem die Indikation und Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs, die künstliche Befruchtung (Paragraphen 9 und 11 des Embryonenschutzgesetzes), die Geburtshilfe (Paragraph 4 des Hebammengesetzes), die Behandlung von Geschlechtskrankheiten (Paragraph 9 des Geschlechtskrankheitengesetzes) oder von meldepflichtigen Infektionskrankheiten (Paragraph 30 des Infektionsschutzgesetzes) sowie die Verordnung von Betäubungsmitteln (Paragraph 13 des Betäubungsmittelgesetzes) und von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (Paragraph 48 des Arzneimittelgesetzes).

Bis zur Einführung des Psychotherapeutengesetzes[7] im Jahr 1999 galten entsprechende Einschränkungen auch für die Psychotherapeuten, die auch die Heilpraktikererlaubnis besitzen mussten, um ohne ärztliche Verordnung Patienten zu behandeln.[8] Ein mit der früher für die Psychotherapeuten bestehenden Rechtslage vergleichbares Recht auf eine vereinfachte Gewährung der Heilpraktikererlaubnis gilt seit 2006 auch die Physiotherapeuten in Rheinland-Pfalz, die unter bestimmten Voraussetzungen Privatpatienten auf eigene Diagnose und Verordnung behandeln dürfen.[9] und können unter dieser Voraussetzung Privatpatienten auf eigene Diagnose und Verordnung hin behandeln.

Einzelnachweise

  1. Paragraphen 15 und 28 des Sozialgesetzbuches (SGB), Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung; Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477
  2. Paragraph 1 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1225), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 17. Dezember 2007, BGBl. I S. 2945
  3. Paragraph 2 der Bundesärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1218), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 027. Dezember 2007, BGBl. I S. 2686
  4. Paragraph 1 des Heilpraktikergesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2122-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 23. Oktober 2001, BGBl. I S. 2702
  5. Rieger/Hespeler/Küntzel, Lexikon des Arztrechts, Stichwort „Heilpraktiker“, Rn. 2
  6. Rieger/Hespeler/Küntzel, a.a.O., Rn. 10; Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 18.12.1972 - I C 2/69.
  7. Psychotherapeutengesetz vom 16. Juni 1998 (BGBl. I S. 1311), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 2. Dezember 2007, BGBl. I S. 2686
  8. Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 10.05.1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85, BVerfGE 78, 179 ff.
  9. Oberverwaltungsgericht RLP, Urteil v. 21.11.2006 - 6 A 10271/06