Aborigines

Sammelbezeichnung für die indigenen Völker Australien
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Als Aborigines (von lat.: ab origine = von Beginn an) oder auch Aboriginals werden die Ureinwohner Australiens bezeichnet. Das Wort wird seltener auch für Ureinwohner anderer Kontinente benutzt.

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Flagge der Aborigines, Flaggenerklärung

Allgemeines

Die Aborigines Australiens sind kein Volk, sondern bestehen aus mehreren Völkern und Stämmen. Sie selbst nennen sich Yolngu (in Nordaustralien), Murri (in Ostaustralien), Koori (Südosten), Nanga (Süden), Nyungar (Südwesten) und Wonghi (Westaustralien). Die Torres Strait Insulaner welche von den Torres Strait Inseln stammen sind mit den Aborigines nicht verwandt.

Die Bewohner der der vorgelagerten Insel Tasmanien lebten - trotz gemeinsamer Vorfahren - tausende von Jahren durch die Bass-Straße getrennt und entwickelten daher eine völlig eigenständige Kultur.

Alle australischen Ureinwohner sind von brauner bis tiefschwarzer Hautfarbe mit schwarzem Haar, ihre Stirn ist fliehend. Die Lippen sind meist sehr ausgeprägt.

Der Name wurde 1770 erstmals von den ersten weißen Entdeckern (James Cook) eingeführt. Eigentlich sind die Aborigines keine einzelne Kultur sondern eine ganze Ansammlung entfernt miteinander verwandter Kulturen. Sie sprechen insgesamt 150 untereinander verwandte Sprachen (bei der Entdeckung Australiens waren es noch 250).

Die meisten Stämme leben halbnomadisch und ziehen mit den Jahreszeiten innerhalb eines abgegrenzten Areals umher, dessen Größe sich nach der Fruchtbarkeit des Landes richtet.

Verbreitet ist bei fast allen Stämmen eine Religion, die sich um die Traumzeit entwickelt hat, ein durch Meditation einsehbares Totenreich, in dem viele mystische Kreaturen der Vorzeit und die alten Vorfahren leben. Zahlreiche Höhlenmalereien und Schnitzkunstwerke, die von den Ureinwohnern regelmäßig erneuert werden, zeigen die Wesen der Traumzeit und stammen laut den meisten Stämmen auch ursprünglich von diesen.

Vor der Ankunft der Weißen führten die Aboriginal People eine konsequente Geburtenkontrolle durch, um die Bevölkerungszahl stabil zu halten. Diese basierte primär auf sexuellen Tabus, Abtreibungen und Kindstötungen und wurde damit begründet, dass es für die Nomadenvölker nicht möglich war, mehr als ein Kleinkind pro erwachsene Person mit sich zu tragen.

Kultur

Soziale Struktur und Politik

Die soziale Gliederung der australischen Ureinwohner geschieht nach Alter und Wissen. Die "Stammesältesten" (Elders) haben den größten Einfluss. Insgesamt ist die Kultur jedoch sehr egalitär, da die Elders durch den Gruppenkonsens bestimmt werden und jede Person die Chance hat, sich genügend Wissen anzueignen, um selbst zu einem Elder zu werden.

Die Elders haben großen Einfluss auf die Entscheidungen der Gruppen. Ihr Rat ist meistens ausschlaggebend. Obwohl der Entscheidungsprozess auf dem Gruppenkonsens beruht, haben die Elders ein Vetorecht - wenn die Ältesten nicht zustimmen, gilt der Vorschlag als abgelehnt.

Das Leben der Aboriginal People wird von ihren eigenen Gesetzen ("The Law" genannt) bestimmt. The Law bestimmt die Heiratsregeln, Tabus, territoriale Ansprüche usw. Durch die Interpretation des Gesetzes haben die Ältesten auf diese Weise großen Einfluss auf das Alltagsleben der einzelnen Menschen.

Philosophie

Die einheimische Bevölkerung Australiens sieht sich als Teil ihrer natürlichen Umgebung. The Law kennt sehr strikte Verhaltensregeln im Umgang mit der Natur, was dazu führt, dass die Repräsentanten der Aboriginal Peoples in den australischen Gremien Neuerungen gegenüber sehr zurückhaltend sind.

Musik

Die Aborigines spielen das Didgeridoo, ein Blasinstrument mit sehr tiefem Klang. Es gibt aber auch vereinzelt Instrumente, die einen hohen Klang haben. Daneben wird das Schwirrholz häufig als Musikinstrument bei den Aborigines verwendet.

Kunst

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Röntgenstil-Darstellung des Barramundi-Fisches, Aborigine-Kunst

Die Aborigines kennen keine Schrift. Deshalb ist die darstellende Kunst eines ihrer wichtigsten Ausdrucksmittel. Aus diesem Grund sind die Traditionen und die Geschichte der Aborigines durch Malen festgehalten worden. Als Untergrund für die Malereien dienen Holz, Rinde, Felsen, aber auch Höhlenwände.

Am bekanntesten in der westlichen Welt sind dabei die für das Nördliche Territorium typischen Punkt- und Strichzeichnungen (Pointillismus), in der Gegend des Kakadu-Nationalparks herrscht der so genannte "Röntgenstil" vor, und in der Region um Kimberley finden sich insbesondere figürliche Darstellungen von Ahnengeistern (Handabdrücke).

Sprachen

Alle Sprachen der Aborigines werden heute einer einzigen Sprachfamilie zugerechnet. Keine andere Sprache oder Sprachgruppe zeigt Gemeinsamkeiten mit diesen Sprachen; lediglich im Nordosten Australiens lebende Aborigines haben in ihre Sprachen einige wenige Ausdrücke aus Neuguinea aufgenommen. Diese Beobachtungen gelten (neben anderen) als deutlicher Hinweis auf eine lange Isolation der Aborigines von Menschengruppen außerhalb Australiens. Gleichzeitig ist die Einheitlichkeit sowie Vielfalt der Sprachen ein weiterer Hinweis auf das hohe Alter ihrer Kultur; allen Sprachen liegt eine Ursprache zugrunde, und es muss schon viel Zeit vergangen sein, um die beobachtete Differenzierung zu erreichen.

Sprachwissenschaftler kennen heute etwa 200-300 Sprachen sowie eine Vielzahl von Dialekten. Eine Grenzziehung zwischen Sprache und Dialekt ist immer subjektiv, so dass die genannten Zahlen schwanken.

Diese Sprachen wurden erst 1845 "entdeckt", als der deutsche Forscher Ludwig Leichhardt bei seiner Reise ins Inland bemerkte, dass seine Begleiter-Aborigines (von der Ostküste) die Inlands-Aborigines nicht verstanden. Davor dachte man, dass alle Aborigines die gleiche Sprache sprechen.

Heute werden höchstens noch 25 (bis 50) dieser Sprachen gesprochen, die auch als Muttersprache noch erlernt werden. Erst in jüngster Zeit wird deren Gebrauch von der australischen Regierung gefördert, während noch im 20. Jahrhundert alle eigenständigen kulturellen Äußerungen der Ureinwohner sanktioniert wurden.

Seit der Arbeit von Pater Wilhelm Schmidt (siehe hier) im Jahre 1919 werden die australischen Sprachen in die nordaustralischen und südaustralischen Sprachgruppen eingeteilt, später durch Arthur Capell in Sprachen mit Suffixen und Sprachen mit Suffixen und Präfixen.

Die Einteilung der letzten Jahre in Sprachfamilien zeigte, dass von den ca. 26 Familien diejenige der Pama-Myungan-Sprachen ca. 90% der Landmasse Australiens abdeckt, während die restlichen hauptsächlich im Nordwesten des Kontinents gesprochen werden. (Quelle: Fritz Schweiger: "Australische Sprachen und Papua-Sprachen"; in "Der Turmbau zu Babel", Kulturhistorisches Museum Wien)


Sozialgeographie

Die indigenen Völker Australiens lebten vor der Ankunft der Weißen in Australien vor allem an der Ostküste des Kontinents. Jedoch auch die Wüsten im australischen Outback waren besiedelt.

Die Aboriginal People lebten in Gemeinschaften von ungefähr 500 Menschen, denen sie sich zugehörig fühlten. Diese Gruppen unterteilen sich in kleinere Verbände von ca. 20-50 Personen, von denen einige sesshaft sind, die meisten jedoch als Nomaden leben. Zwischen den Gruppen gab es häufig kriegerische Auseinandersetzungen wegen territorialer Ansprüche.

Die Aboriginal People bewirtschaften das Land nicht im herkömmlichen Sinne. Sie verbrennen das Land kontrolliert ("fire-stick farming"), um es vor den verheerenden Buschbränden zu schützen und landwirtschaftlich nutzen zu können.


Geschichte

Vor der Ankunft der Weißen

Man geht heute davon aus, dass die Aborigines Australien von Indonesien aus erreicht haben, als vor 40.000 Jahren die Meeresspiegel tiefer lagen (Eiszeit), so dass die zu überquerenden Meeresarme schmaler waren als sie heute sind. Die seitdem angestiegenen Meeresspiegel haben die ersten in Küstennähe vermuteten Ansiedlungen und Spuren überschwemmt.

Auswirkungen der Besiedelung durch die Weißen auf die Urbevölkerung

1836 wurden von der britischen Kolonialverwaltung sämtliche Landrechte abgesprochen. Australien wurde als Niemandsland angesehen und die Weißen waren sich nicht darüber im Klaren, dass die Ureinwohner das Land organisiert und gezielt nutzten.

Durch die Vertreibung von ihren Territorien verloren die Aborigines nicht nur ihre Lebensgrundlagen, sondern auch ihren sozialen Zusammenhalt. Sie wurden von den weißen Siedlern teilweise sogar gejagt, vergiftet und erschossen. Die Ureinwohner Tasmaniens rebellierten dagegen und wurden fast vollständig vernichtet. Noch in den 1920er Jahren fanden (illegale) Treibjagden auf "Abos" statt. Eingeschleppte Krankheiten und Seuchen (z.B. Pocken und Masern) dezimierten die einheimische Bevölkerung Australiens weiter.

Bürgerrechtsbewegung

Die Aboriginal People erhielten erst 1961 das Wahlrecht in Australien. Erst in den 1980er Jahren wurde die Rassentrennung in den Schulen aufgehoben. 1993 erkämpften sich die Organisationen der Native People of Australia mit dem Mabo-Gesetz eine wichtige rechtliche Errungenschaft.

Situation heute

Heute leben die Aboriginal People einen Kompromiss zwischen ihrem traditionellen und dem westlichen Lebensstil. Etwa die Hälfte der Urbevölkerung lebt in der Nähe von Städten und muss sich deshalb bis zu einem gewissen Grad anpassen. Nach wie vor kämpfen sie gegen Alkohol- und Drogenmissbrauch, schlechte medizinische Versorgung und eine sehr hohe Arbeitslosigkeit (38% auf Arbeitssuche).

Zu den Bestrebungen der Bürgerrechtsbewegung, der ATSIC und anderer Organisationen der indigenen Bevölkerung gibt es eine Gegenbewegung, an deren Spitze die politisch weit rechts stehende Partei "One Nation" steht. "One Nation" versucht, aus dem nach wie vor existierenden latenten Rassismus in Teilen der Bevölkerung Profit zu ziehen.


Prominente Aborigines

Sport

Kunst

Politik

Andere

Literatur

  • Jürg Helbling: "Die Organisation des sozialen und natürlichen Raumes bei den australischen Aborigines" (S. 281?303). In: Paul Michel (Hrsg.): Symbolik von Ort und Raum. Bern: P. Lang 1997