Matthew Gregory Lewis

britischer Schriftsteller
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Matthew Gregory Lewis, (* 9. Juli 1775 in London; † 14. Mai 1818 auf See) war ein englischer Schriftsteller und Bühnenautor.


Leben

Lewis wird als das älteste Kind von Matthew Lewis sen. und Frances Lewis geboren. Sein Vater war 1750 in Jamaika auf die Welt gekommen; er war Staatssekretär am Kriegsministerium und verfügte über beachtliche Bezüge. Lewis' Mutter verließ ihren Mann 1781, um mit einem Musiker zu leben. Der damit zusammenhängende Skandal machte es erforderlich, die Scheidung einzureichen - ein Prozeß, der der direkten Billigung des Parlaments bedurfte, das dem Verfahren jedoch nicht stattgab. Seither lebten Lewis' Eltern in Trennung.

Noch während seinem Studium an Westminster und Christ Church, das ihn auf eine diplomatische Karriere vorbereiten soll, verbringt Lewis einige Zeit in den unterschiedlichsten europäischen Ländern, insbesondere um seine Sprachkenntnisse zu erweitern. Nachdem er Paris 1791 besucht, lernt er in Weimar 1791 Goethe, Schiller, Wieland und Kotzebue kennen; seinem Freund Byron vermittelt er den Faust-Stoff. 1794 wird er Kulturattaché des britischen Botschafters in Den Haag; in dieser Zeit entsteht sein bekanntestes Werk, "The Monk", das ihn mit einem Schlag berühmt macht.

Lewis war 1796-1802 Mitglied des britischen Unterhauses und vertrat dort Hindon. Obwohl selbst einer Familie von Sklavenhaltern entstammend, stimmt Lewis 1807 für die Abschaffung der Sklaverei. Nach nur wenigen Jahren gibt er sein Mandat zurück, um sich gänzlich der Literatur zu widmen; eine Unabhängigkeit, die er sich leisten kann, nachdem ihm sein Vater ein 1812 beträchtliches Vermögen hinterläßt. 1815 besucht er seine Güter in Indien für vier Monate; in dieser Zeit entsteht das Journal of a West Indian Proprietor (posthum veröffentlicht 1833). Zwischenstation macht er in Italien und der Schweiz, wo er seine Freunde Byron und Shelley trifft. Bei einem Besuch seiner anderen Güter in Jamaika 1817, wo er sich für eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Sklaven einsetzt, erkrankt er an Gelbfieber und stirbt auf der Rückreise; er wird auf See bestattet.


Werk

Schon als Student versucht er, als Übersetzer dem englischen Publikum die Weimarer Klassik und die Literatur des Sturm und Drang zu vermitteln; eine Übersetzung von Schillers Kabale und Liebe, genannt The Minister, und von Rolla, einem Stück von Kotzebue, wird unternommen. Sein anonym publizierter Schauerroman The Monk (1796) wird jedoch sein erster großer Erfolg. Obwohl die meisten Rezensenten, darunter Coleridge, das Werk als schwülstig und unnatürlich ablehnen, andere Rezensenten gar von strafrechtlich zu ahndender Blasphemie und Obszönität sprachen, genießt das derart verrufene Werk jedoch gerade deswegen einen ungeheuren Erfolg. Die stark kritisierte Erstausgabe weicht noch im Jahr ihrer Erscheinung einer purgierten Fassung, die insbesondere um sexuell explizite, blasphemische und gegwalttätige Passagen bereinigt ist, dennoch den Nimbus des 'Unanständigen' behält. Als Lewis' Autorschaft bekannt wird, explodiert die öffentliche Entrüstung. Byron schrieb, Lewis hätte den "Parnaß in einen Friedhof verwandelt"; in Lewis' Kopf könnte selbst Satan eine Hölle entdecken, die er noch nicht kenne.

Der Roman beschreibt die Verführung des sittenstrengen Mönches Ambrosio durch die von Satan gesandte Hexe Matilda. Mit der Hilfe ihrer Magie möchte er die minderjährige Antonia in seine Gewalt bringen. Durch einen Pakt mit dem Teufel gelingt es ihm, sie in Schlaf zu versetzen. Doch bevor er sich an ihr vegehen kann, erscheint ihre Mutter Donna Elvira, die er in einem Akt der Verzweiflung, um seine Reputation zu wahren, mit einem Kissen erstickt. Als Antonia erwacht, wird auch sie von Ambrosio ermordet. Die Inquisition kann Ambrosio und Matilda in Gefangenschaft setzen. Beide können durch die Kraft des Teufels fliehen. Auf einem Berggipfel enthüllt dieser Ambrosio, daß Elvira seine eigene Mutter und Antonia daher seine Schwester war. Weil selbst die Hölle ein solches Monster nicht aufzunehmen bereit ist, stürzt Satan den Mönch in eine Bergkluft, wo Ambrosio qualvoll sein Leben aushaucht.

Lewis steht ganz in der Tradition der englischen 'Gothic novel', zu seinen wichtigsten Einflüssen wird Walpoles The Castle of Otranto gerechnet. The Monk ist auch stark beeinflußt von der deutschen Vor- und Frühromantik; Lewis übernimmt Elemente von Sagen, die er bei Herder gefunden hat, und integriert Übersetzungen einiger Gedichte von Musäus, die nicht als solche gekennzeichnet sind. Weiters gehört Joseph Glanvills Sadducismus Triumphatus, eine Apologie des Hexen- und Gespensterglaubens, zu den wichtigsten Quellen des Buches.

Selbst wiederum hat das Buch Ann Radcliffes The Italian, Maturins Melmoth the Wanderer; in Deutschland Hoffmanns Elixiere des Teufels; in Frankreich unter anderem Victor Hugo beeinflußt. In ihrer Studie Powers of Horror: an Essay on abjection beschäftigt sich die Literaturtheoretikerin Julia Kristeva mit einer Psychologie des Gefängnisses, die Lewis' Roman mehrmals indirekt zitiert.

Sein insbesondere dramatisch geprägtes Spätwerk, das der Schauerromantik treu bleibt, ist heute weitgehend vergessen, genoß jedoch seinerzeit noch erhebliche Beachtung. Zusammen mit Scott und Southey schrieb er noch etliche Sammelbände romantischer Erzählungen.


eTexte von Matthew Lewis


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