Die große Illusion

Film von Jean Renoir (1937)
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Film
Titel Die große Illusion
Originaltitel La grande illusion
Produktionsland Frankreich
Originalsprache Französisch
Erscheinungsjahre 1937
Länge 120 Minuten
Stab
Regie Jean Renoir
Drehbuch Jean Renoir
Charles Spaak
Produktion Albert Pinkovitch
Frank Rollmer
Musik Joseph Kosma
Kamera Christian Matras
Schnitt Marthe Huguet
Marguerite Renoir
Besetzung

Die große Illusion ist ein französischer Spielfilm von Jean Renoir aus dem Jahr 1937. Er gilt als eines der großen Meisterwerke der Filmgeschichte.

Handlung

Erster Weltkrieg: Die französischen Fliegeroffiziere de Boeldieu (Pierre Fresnay) und Maréchal (Jean Gabin) werden vom deutschen Major von Rauffenstein (Erich von Stroheim) abgeschossen und geraten in Kriegsgefangenschaft. Im ersten Gefangenenlager beteiligen sie sich am heimlichen Bau eines unterirdischen Tunnels. Dabei lernen sie Rosenthal (Marcel Dalio) kennen, der die Gruppe mit köstlichen Konserven versorgt, die seine wohlhabenden Verwandten ihm schicken. Sie üben eine Farce im Boulevardstil ein; als während der Aufführung die Nachricht eintrifft, Fort Douaumont sei zurückerobert, stimmt Maréchal die Marseillaise an und wird dafür in Einzelhaft gesteckt, wo er fast durchdreht. Boeldieu, Maréchal und Rosenthal werden verlegt, bevor sie den Tunnel nutzen können. Nach etlichen weiteren Lagern und Fluchtversuchen werden sie und weitere Gefangene in eine als ausbruchssicher geltende süddeutsche Festung verbracht. Rauffenstein, der inzwischen selbst abgeschossen und schwer verwundet wurde, fungiert nun als Kommandant des Gefangenenlagers - was der alte Kämpfer als Demütigung empfindet. Zwischen Boeldieu und Rauffenstein entwickelt sich eine ritterliche Freundschaft. In ausgedehnten Gesprächen beklagt Rauffenstein das Ende der alten, von ihm als glanzvoll verklärten Zeiten, während Boeldieu sich auf die Zukunft einzustellen versucht.

Ein erneuter Ausbruchsversuch erfolgt arbeitsteilig: Maréchal und Rosenthal (also Proletariat und Bourgeoisie) sollen sich abseilen, während Boeldieu (Adel), auf einer Piccoloflöte spielend und in den Felsen umherkletternd, die Wachmannschaften und Rauffenstein ablenkt und sich so aufopfert. Rauffenstein, der Boeldieus Verhalten als Fluchtversuch fehlinterpretiert, zielt auf dessen Knie, trifft ihn aber im Bauch. Als er von der Flucht der beiden Franzosen erfährt, versteht er Boeldieus Verhalten. Dieser stirbt kurz darauf, betrauert von seinem ritterlichen Freund, der sich den Todesschuß nicht verzeihen kann. Maréchal und Rosenthal gelingt die Flucht, und sie finden Unterschlupf bei einer deutschen Bäuerin (Dita Parlo), deren Mann im Krieg gefallen ist. Die beiden erholen sich bei der Bäuerin und ihrer kleinen Tochter von den Strapazen der Flucht. Maréchal und die Bäuerin verlieben sich ineinander. Maréchal verspricht ihr, nach dem Krieg zurückzukommen und sie zu holen. Rauffensteins Suchtrupp spürt die beiden erst auf, als sie über die Grenze in die sichere Schweiz entkommen sind.

Hintergrund

Weder die deutsche noch die französische Zensur konnte mit Renoirs Meisterwerk etwas anfangen: In Frankreich wurde er wegen Deutsch-Freundlichkeit, in Deutschland wegen Deutsch-Feindlichkeit zensiert. Jean Renoir formulierte hier eine klare Absage an Nationalismus, Krieg und Klassen– und Rassenunterschiede. So enthält er sich auch strikt einer einseitigen Wertung. Die Deutschen erscheinen nicht als eindimensionalen Negativfiguren. Vielmehr definieren sich die Protagonisten über ihre sozialen Schichten. So entsteht zwischen den „Feinden“ Boeldieu und Rauffenstein eine eigentümliche Freundschaft. Sie treffen sich zu ausgedehnten Gesprächen und vor allem Rauffenstein schwelgt wehmütig in Erinnerungen und beklagt den Untergang der Welt des Adels. Die Proletarier sind nicht frei von Ressentiments, halten aber wenn nötig zusammen. Die Botschaft am Vorabend des 2. Weltkrieges war, dass alle Rassen, Klassen und Schichten in Frieden zusammenleben können. [1]

Die großartigen schauspielerischen Leistungen, die pazifistische Botschaft und die spannende Handlung ließen diesen Film zu einem der herausragenden Werke der Filmgeschichte werden.

Titel

Der Titel lässt sich unterschiedlich deuten:

  • Alle Teilnehmer des Ersten Weltkriegs hatten die Illusion, der Krieg sei bald zu Ende, es werde bald werde wieder Friede sein; diese Illusion wird von den Protagonisten des Films geteilt.
  • Viele glaubten auch, nach diesem Krieg werde es keinen anderen mehr geben - 1937, als Renoir den Film drehte, war dieser Glaube als Illusion bereits erkennbar und der Zweite Weltkrieg voraussehbar.
  • Es könnte aber auch die Illusion gemeint sein, dass nicht nur die Nationen, sondern auch die gesellschaftlichen Klassen sich, wie der Film es als möglich aufzeigt, mit einander versöhnen.

Kritik

  • Ulrich Gregor, Enno Patalas Geschichte des Films: Humanitäres Pathos und Verständigungsappell über die sich abzeichnenden politischen Fronten hinweg sprachen aus 'La grande illusion'... Der soziale Blick Renoirs bewies sich im Hervorheben der „Klassenfronten“ innerhalb einer Armee. Der pazifistisch angelegte Film wird indessen in ein zweideutiges Licht gerückt durch die sentimental verklärende Zeichnung des deutschen Offiziers als Repräsentant einer untergehenden Aristokratie.
  • Karl Prümm: La Grande Illusion ist auch ein Abgesang auf das Ancien régime. Renoirs Auseinandersetzung mit der Aristokratie erschöpft sich aber keineswegs in einer flachen Standessatire. Er verleiht den adeligen Protagonisten eine Würde, die berührt, und eine Klarsicht, die vorbildlich ist. Beide, von Rauffenstein und Boieldieu, wissen, dass ihre Zeit abgelaufen ist.[2]
  • Lexikon des internationalen Films: Über die Darstellung des Lebens in der Gefangenschaft gelingt Jean Renoir in seinem Meisterwerk eine Interpretation von Klassenverhältnissen, die den Menschen psychologisch auch für den Krieg konditionieren.

Auszeichnungen

Der Film wurde 1937 bei den Internationalen Filmfestspiele von Venedig ausgezeichnet und wurde 1939 für einen Oscar in der Kategorie Bester Film nominiert.

Einzelnachweise

  1. vgl. den Artikel Die große Illusion von Karl Prümm im 1. Band, S. 359ff, der von Thomas Koebner herausgegebenen Sammlung Filmklassiker, Stuttgart, Reclam, 1995 ISBN 3-15009416-X
  2. Prümm a.a.O. S. 362