Just-in-time-Produktion

logistikorientiertes, dezentrales Organisations- und Steuerungskonzept
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. April 2005 um 03:08 Uhr durch Poppei (Diskussion | Beiträge) (Literatur: +kat). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Begriff Just In Time wie er in der Wirtschaft verwendet wird. Für die Verwendung des Begriffes in der Informatik siehe JIT-Compiler.


Just in Time [engl.: termingenau, gerade rechtzeitig], (Abk.: JIT), ist eine unternehmerische Methode zur Kostensenkung in der Waren- und Beschaffungslogistik. Lagerbestände und Durchlaufzeiten werden minimiert, indem Güter oder Bauteile erst bei Bedarf - zeitlich möglichst genau berechnet - zur weiteren Verarbeitung, bzw. zum Verkauf geliefert werden. Dadurch entfallen längere Lagerungszeiten. Die Lagermengen sowie benötigte Lagerflächen werden minimiert, wodurch Kosten eingespart werden. JIT dient letztlich der Erhöhung des Return on Investment (ROI) eines Unternehmens.

Vereinfacht kann man JIT so beschreiben: Ein Produkt wird genau zu dem Zeitpunkt fertiggestellt beziehungsweise geliefert, zu dem es auch gebraucht wird. Dazu sind die einzelnen Herstellungsschritte entsprechend zeitlich einzuplanen.

Das JIT-Prinzip beherrscht jede Hausfrau/jeder Hausmann: Wenn das Essen um 12:00 Uhr auf dem Tisch stehen soll, dann weiß man genau, wann man die Kartoffel schälen muss, den Salat putzen sollte, das Fleisch anbraten muss ...

Definition: "Just in time ist eine Produktions- und Logistikstrategie. Sie soll Bedarfserfüllungen zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Qualität und Menge am richtigen Ort gewährleisten. Dazu wird eine Neuorganisation des betrieblichen Ablaufs benötigt, der sich auf den Material- und Informationsfluss erstreckt." Ziel des JIT ist die zentrale Synchronisation mehrerer Stufen des Produktionsprozesses von der letzten Stufe bis hin zu den Lieferanten. Es gilt außerdem, die Aktivitäten des Wertschöpfungsprozesses eng an den Marktbedürfnissen auszurichten, um eine kundennahe Produktion zu ermöglichen.

Geschichte des JIT

Das JIT-Konzept hat seinen Ursprung beim japanischen Automobilhersteller Toyota. Es war in den 1950er Jahren ein Teil des Toyota Produktion Systems (TPS). Durch Taiichi Ohno begründet wurde JIT im Jahr 1973 (der Zeit des Öl-Schocks in Japan) erstmalig durch den anhaltenden Erfolg Toyotas auffällig. Das ursprüngliche JIT basiert auf der Philosophie der 5 S:

  • seiri (Anordnung)
  • seiton (Ordnung)
  • seiso (Saubermachen)
  • seiketsu (Reinlichkeit)
  • shitsuke (Disziplin)

JIT

Zur Implementierung einer JIT-Produktion ist die ganzheitliche Betrachtungsweise der Auftragsabwicklung in einer logistischen Kette (sieheSupply Chain Management) erforderlich. Damit die Produktions-Effizienz gemessen werden kann müssen, neben Kosten und Produktivität, die Durchlauf- und Wiederbeschaffungszeit betrachtet werden. Beim JIT müssen demnach die Produktionsflüsse und nicht die einzelnen Funktionen optimiert werden. Dadurch wird es möglich, die Gesamtauftragsdurchlaufzeit zu minimieren, also nachfragegenau zu produzieren und somit Lagerbestände (Kosten) zu minimieren.

Im Anwendungsbereich wird JIT unterschieden in:

  1. JIT-Produktion – umfasst den mit JIT gesteuerten Produktionsablauf
  2. JIT-Anlieferung – die logistische Kette zwischen Lieferant und Abnehmer wird synchronisiert

Einsatzvoraussetzungen

Merkmal Beschreibung
Produktionsprogramm Kontinuierlicher Bedarf (keine Exoten)
Layout/ Flächen Sollte ausreichend Bereitstellflächen aufweisen
Prozess Kurze Rüstzeiten, hohe Verfügbarkeit der Betriebsmittel
Kapazität Flexible Kapazitätsreserven
Qualifikation Prozessbegleitende Qualitätssicherung
Dispositionsverfahren Verbrauchsgesteuert, dezentral
Lieferant nur Einbindung ausgewählter Zulieferer (Lieferausfall)

Vorteile

  • zum Teil erhebliche Minimierung der Durchlaufzeiten
  • Abbau der (überflüssigen) Lagerbestände
  • Kostenersparnisse (Lagerhaltung, Personal,...)
  • -> Reduzierung des gebundenen Kapitals

Nachteile

  • lange Implementierungszeit
  • hohe Abhängigkeit von den Zulieferern
  • Produktionsausfall bei Versagen der Lieferketten z.B. durch Verkehrsbehinderungen oder Problemen bei Zulieferern
  • Umgangssprachlich kann man sagen: "Das Lager wird auf die Straße verlegt" auch mit dem entsprechenden Verkehrsaufkommen

Kanban

Ein Teilsystem des JIT-Konzeptes ist das Kanban-Prinzip: dabei strebt man in der Serienfertigung niedrige Lagerbestände in den einzelnen Werkstätten an. Kurze Durchlaufzeiten und garantierte Termineinhaltung sind weitere übergeordnete Ziele. Zu diesem Zweck wird die Fertigung in selbststeuernde Regelkreise (nach dem Warenhausprinzip) unterteilt. Mit Hilfe von so genannten Kanbans (japanisch für: Schild/ Karte) löst der jeweilige Verbraucher einen Auftrag, mit einer meistens vordefinierten Menge und einem bestimmten Bestelltermin, aus. Der Erzeuger bzw. Zulieferer bringt diese dann zum geforderten Termin in der erforderlichen Einbauqualität an den Besteller. Hierbei handelt es sich um ein so genanntes Hol- bzw. Ziehprinzip. Heutzutage werden immer häufiger die Karten durch PC-Monitore ersetzt (E-Kanban). Die notwendigen Datentransaktionen werden sehr oft mittels EDI oder WebEDI durchgeführt (siehe auch: E-Procurement).

JIT wird z.B. in der Automobilindustrie eingesetzt, wenn

  • die Verbauteile so viele Varianten haben, dass nicht alle direkt an der Montagelinie untergebracht werden können.

Beispiel: der Smart hat ca. 150 verschiedene Kabelbaumvarianten. Alle müssen für die Produktion vorgehalten werden. Es können aber nicht alle Varianten am Band bereit stehen, weil der Platz für die Unterbringung dort nicht ausreicht. Deshalb wird in einer Sequenzierstation in Bandnähe die Reihenfolge der benötigten Kabelbäume über eine Druckerstation ausgegeben, in der geforderten Reihenfolge in einen Sequenzierwagen eingelegt und dieser dann an das Band gebracht. Diese interne JIT-Ablieferung nenne man auch SILS (Sequence-Inlining-System)

  • die Verbauteile als größere variantenreiche Baugruppen (Cockpit, Frontend, Türverkleidung, Räder usw.) von einem externen Zulieferer auftragsgemäß in der geforderten Reihenfolge vormontiert und angeliefert werden. Dabei wird dem Lieferanten ca. 180 Minuten vor dem Verbau die individuelle Variante über EDI mitgeteilt, diese dann vom Lieferanten vormontiert, mehrere Baugruppen zu einer LKW-Losgröße zusammengefasst und dann an den Hersteller abgeliefert. (externes JIT)

Das JIT-Konzept führt dazu, dass sich mehrere Zulieferer direkt in der Nähe des Herstellers ansiedeln, sog. Industrieparks. Die Zulieferer werden dadurch stärker in den Montageprozess einbezogen. Die End-Montagezeit eines Autos sinkt durch das JIT-Konzept von ursprünglich 20 auf ca. 8 (Smart 4) Stunden. Den Bestand von Vormaterialien für die entsprechenden Baugruppe muss der Lieferant vorhalten, so dass der Hersteller seine Lagerkapazität verringern kann.

Dass JIT zu einem erhöhten LKW-Aufkommen führt, ist nicht richtig, weil die Anlieferfrequenzen nur durch die Anzahl der täglich benötigten Teile definiert sind.

Siehe auch

Literatur

  • Majima, I.: JIT, Kostensenkung durch Just-In-Time Production, Langen Müller/Herbig, München, 1994; ISBN 3-7844-7310-5
  • Wildemann, H.: Das Just-In-Time-Konzept, FAZ GmbH, Frankfurt ,1988; ISBN 3-924875-20-0