Hans-Werner Sinn

deutscher Ökonom
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Hans-Werner Sinn (* 7. März 1948 in Brake, Westfalen) ist ein deutscher Ökonom.

Hans-Werner Sinn

Leben

Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster von 1967 bis 1972 wechselte Sinn an die Universität Mannheim, wo er 1978 promoviert wurde. Nach einem Auslandsaufenthalt habilitierte sich Sinn 1983 ebenfalls an der Universität Mannheim.

Seit 1984 hat Sinn den Lehrstuhl für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München inne. Beurlaubt von seinen jeweiligen Heimatuniversitäten lehrte er in den akademischen Jahren 1978/79 und 1984/85 insgesamt vier Semester als Gastprofessor an der Universität von Western Ontario in Kanada. Außerdem wirkte er für längere Zeit als Gastforscher an der London School of Economics sowie an den Universitäten Bergen, Stanford, Princeton und Jerusalem. Seit 1988 ist Sinn Honorarprofessor an der Universität Wien, wo er seitdem viele Gastvorlesungen gehalten hat. Im Sommersemester 1984 nahm Sinn einen Lehrauftrag an der Justus-Liebig-Universität Gießen wahr. Seit dem 1. Februar 1999 ist er Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. Seit 2006 ist er zugleich Präsident des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler, also jener Ökonomen, die sich mit der Rolle des Staates in der Marktwirtschaft beschäftigen. Von 1997 bis 2000 war Sinn Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik.

Sinn ist Fellow des National Bureau of Economic Research in Cambridge (USA) und hielt 1999 die Yrjö Jahnsson Lectures[1] in Helsinki und die Tinbergen Lectures in Amsterdam, was zu den hohen Auszeichnungen des Faches gehört.

Im „Handelsblatt Ökonomen-Ranking VWL“,[2] welches die Publikationen in international renommierten Fachzeitschriften (jedoch keine Monographien) zählt, rangierte Sinn 2006 an vierter Stelle der forschungsstärksten deutschen Volkswirte[3]. Nach einer umfangreichen Untersuchung von Ursprung und Zimmer [4] rangierte Sinn unter allen deutschen Ökonomen, gemessen an der Zahl der Zitierungen pro Autor in den führenden wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften der Welt (im SSCI gelistete wirtschaftswissenschaftliche Zeitschriften), auf Platz 2 hinter Nobelpreisträger Reinhard Selten. In der Datenbank Repec war er im Jahr 2006 der wissenschaftlich am häufigsten zitierte Ökonom Deutschlands[5]. Nach einer Umfrage der Financial Times Deutschland bei über 550 deutschen Wirtschaftsexperten gelang es Sinn als einer von nur zwei Professoren in Deutschland (neben Herbert Giersch), eine größere Gefolgschaft akademischer Schüler heranzuziehen, und er rangiert bezüglich der Einschätzung des ausgeübten politischen Einflusses neben Bert Rürup an der Spitze der deutschen Professoren[6].

Sinn hat zudem mehrere Beiträge in Fachzeitschriften veröffentlicht, Zeitungsartikel verfasst und Interviews gegeben. Hinzu kommen längere Beiträge in Rundfunk und Fernsehen sowie Talkshowsauftritte. Zu seiner Person existieren zwanzig ausführliche biographische Artikel in deutschen und ausländischen Zeitungen.[7] Sein Buch Ist Deutschland noch zu retten? hatte Einfluss auf die Position des Sachverständigenrates und die Agenda 2010. Als Antwort auf die Medienkritik zu diesem Buch schrieb Sinn 2005 Die Basarökonomie.

Sinn hat einen Sitz im Aufsichtsrat der HypoVereinsbank. Er lebt mit seiner Frau bei München. Gemeinsam haben sie drei erwachsene Kinder.

Forschungsgebiete

Abgesehen von seiner auch in einer Fachzeitschrift veröffentlichten Diplomarbeit zum Marxschen Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate hat sich Sinn in seinen ersten Jahren vor allem mit der ökonomischen Risikotheorie beschäftigt. Einen Namen hat er sich mit seiner auch international publizierten Dissertation mit dem Titel „Ökonomische Entscheidungen bei Ungewissheit“ (1980) sowie zahlreichen daraus abgeleiteten wissenschaftlichen Artikeln gemacht. Schwerpunkte dieser Arbeiten lagen bei der axiomatischen Fundierung der Mittelwert-Varianz-Analyse, bei der Fundierung des Prinzips des unzureichenden Grundes und bei der psychologischen Fundierung von Risikopräferenzfunktionen.

Es folgte eine größere Zahl von Arbeiten zu konjunkturtheoretischen, umweltökonomischen und außenhandelsbezogenen Themen, die ein sehr breites ökonomisches Spektrum abdecken. Hervorzuheben sind die Arbeiten zum so genannten Asset Approach sowie zur Mikrofundierung des allgemeinen Modells des temporären Gleichgewichts.

Einen besonderen Schwerpunkt bildeten Probleme des längerfristigen wirtschaftlichen Wachstums. So gelang es Sinn als erstem Ökonomen (vor entsprechenden Arbeiten von Chamley 1981 sowie Abel und Blanchard 1983), mit einer Arbeit, die im Jahr 1980 auf deutsch und zwei Jahre später auf Englisch veröffentlicht wurde, das ökonomische Zentralplanungsmodell des wirtschaftlichen Wachstums in der Tradition von Robert Solow als intertemporales allgemeines Gleichgewichtsmodell mit dezentral optimierenden Akteuren und Markträumungsbedingungen zu formulieren[8].

Seine Habilitationsschrift und parallel entstandene Aufsätze zum Thema Kapitaleinkommensbesteuerung konnten auf der Basis dieses Modells theoretisches Neuland gewinnen. Für seine Analyse der Anreizwirkungen beschleunigter Abschreibungen und der verschiedenen Komponenten der Kapitaleinkommensbesteuerung auf die intertemporale, internationale und intersektorale Allokation hat er international erhebliches Ansehen gewonnen. Sein Buch Capital Income Taxation and Ressource Allocation (1987) gehört noch heute zu den Standardwerken auf dem Gebiet[9].

Wirtschaftspolitische Standpunkte

Sinn kritisiert eine in der Vergangenheit seiner Ansicht nach ausufernde Lohnentwicklung, die für die Massenarbeitslosigkeit insbesondere der gering Qualifizierten verantwortlich sei. Er nennt viele Ansatzpunkte, die seiner Ansicht nach notwendig sind, um die Rolle der Bundesrepublik in der Globalisierung zu stärken. Sie reichen von einer Beschränkung der Gewerkschaftsmacht bis zu einer Veränderung der Anreizstrukturen des Sozialstaates.

Grundsätzlich hält Sinn einen Sozialstaat im Sinne einer Umverteilung zugunsten sozial Schwacher für notwendig, da die Einkommensverteilung der Marktwirtschaft sehr ungleichmäßig und ungerecht sei. Der ehemalige Präsident des Kieler Instituts für Wirtschaftsforschung, Horst Siebert, hielt ihn deshalb für zu staatsgläubig[10]. Der Sozialstaat sei das Wesen der sozialen Marktwirtschaft, welches auf jeden Fall beibehalten werden solle. Jedoch hält Sinn den deutschen Sozialstaat für falsch strukturiert. Er plädiert daher für einen Umbau. So mindere das Arbeitslosengeld die Bereitschaft, eine reguläre Arbeit für einen im Vergleich niedrigeren oder gleichen Lohn aufzunehmen. Das Arbeitslosengeld wirke ähnlich eines Mindestlohn, der jedoch Jobs jener Menschen vernichte, deren Produktivität kleiner als dieser Mindestlohn sei. Sinn folgert aus der Konstruktion des Sozialstaates, dass die Lohnskala von unten nach oben zusammengestaucht worden sei („Ziehharmonika-Effekt“). Dies begründe, dass Deutschland eine im internationalen Vergleich sehr niedrige Lohnspreizung aufweise.

Sinn hält außerdem eine Lockerung des Kündigungsschutzes für notwendig und ist Verfechter der Mitbeteiligung von Arbeitnehmern an den Unternehmen in Form von Aktien und Genussrechten. Er kritisierte die ökonomische Wiedervereinigungspolitik Helmut Kohls. So hätte die Treuhand bei den Tarifverhandlungen beteiligt werden müssen, um zu verhindern, dass die westdeutschen Konkurrenten in Ostdeutschland die Löhne über das Produktivitätsniveau hinausdrücken. Vor allem habe die Treuhandanstalt den Auftrag des Einigungsvertrages vernachlässigt, nach dem sie Möglichkeiten hätte schaffen müssen, den Bürgern der Ex-DDR verbriefte Anteilsrechte am ehemals volkseigenen Vermögen zuzusprechen.

Um Deutschlands Arbeitnehmer "wettbewerbsfähiger" zu machen, ist Sinn für eine zehnprozentige Ausweitung der Arbeitszeit von 38 auf 42 Stunden ohne Lohnausgleich[11].

Sinn hat in verschiedenen öffentlichen Kommentaren in unterschiedlichem Maße ablehnende Positionen zu den wirtschaftspolitischen Empfehlungen eingenommen, die manche seiner Kritiker glaubten, aus dem Keynesianismus herleiten zu können. In einem Artikel in der FAZ vom 23. Dezember 1998 bezeichnete er die Theorie im Sinne eines allumfassenden Erklärungsansatzes als „ausgestorben“. Im Sinne des neoklassischen Konsenses sieht er ihre Rolle auf die Konjunkturerklärung beschränkt. („Ich bin auch ein Keynesianer, wenn Sie so wollen.“[12]). Im Jahre 2005 zählte Sinn zu den Erstunterzeichnern des Hamburger Appells.

In einem Interview der Süddeutschen Zeitung im Oktober 2007 vertritt Sinn den Standpunkt, dass die Marktwirtschaft zwar nicht "gerecht", aber "effizient" sei: "Etwas mehr Ungleichheit in der Einkommensverteilung bewirkt auch für die weniger gut dabei Wegkommenden letztlich einen höheren Lebensstandard, als wenn man ein egalitäres System schafft, wo alle das Gleiche kriegen und alle gleichermaßen arm sind." In Anlehnung an das von Adam Smith formulierte Prinzip der unsichtbaren Hand formuliert Sinn seine Auffassung: "Jeder Mensch in der Marktwirtschaft denkt doch zunächst einmal an sein eigenes Wohlergehen, trotzdem funktioniert die Marktwirtschaft. Sie braucht nicht den guten Menschen, sondern funktioniert mit Menschen, die ihren eigenen Vorteil maximieren wollen." [13]

Kritik

Kritik an Sinns Positionen üben u.a. Vertreter des Keynesianismus wie z. B. Peter Bofinger, einer der Wirtschaftsweisen[14] oder Albrecht Müller. Makroökonomischen Effekte, die Sinn als Folge einer Arbeitszeitverlängerung erwartet, werden von Bofinger zurückgewiesen[15].

Am 26. Oktober 2008 verteidigte Sinn im Zuge der öffentlichen Diskussion über die Bankenkrise deutsche Manager und verglich die Kritik an ihnen mit der Judenfeindlichkeit in der Weltwirtschaftskrise 1929. Sein Vergleich löste Empörung beim Zentralrat der Juden in Deutschland aus.[16]

Mitgliedschaft

  • Präsident des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler 2006–2009 (International Institute of Public Finance)
  • European Economic Advisory Group at CESifo (seit 2001)
  • Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften (seit 2001)
  • Bayerische Akademie der Wissenschaften, Historisch-Philosophische Klasse (seit 1996)
  • National Bureau of Economic Research (NBER), Cambridge, Mass., Research Associate (seit 1989)
  • Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium (seit 1989)

Ehrungen

Werke

  • Ökonomische Entscheidungen bei Ungewißheit. Hrsg. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck): Tübingen 1980. ISBN 9783169427024.
  • A Rehabilitation of the Principle of Insufficient Reason, Quarterly Journal of Economics 95, 1980, S. 493-506.
  • Stock-dependent Extraction Costs and the Technological Efficiency of Resource Depletion, Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 101, 1981, S. 507-517.
  • Economic Decisions under Uncertainty. North Holland: Amsterdam, New York und Oxford 1983, (Überarbeitete Übersetzung von Ökonomische Entscheidungen bei Ungewißheit; zweite englische Auflage, Physica: Heidelberg 1989.
  • Common Property Resources, Storage Facilities and Ownership Structures: A Cournot Model of the Oil Market, Economica 51, 1984, S. 235-252.
  • Kapitaleinkommensbesteuerung. Eine Analyse der intertemporalen, internationalen und intersektoralen Allokationswirkungen. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck): Tübingen 1985.
  • Capital Income Taxation and Resource Allocation. North Holland: Amsterdam, New York, Oxford und Tokio 1987, (grundlegend überarbeitete englische Fassung von Kapitaleinkommensbesteuerung)
  • Gradual Reforms of Capital Income Taxation. (zusammen mit P. Howitt), American Economic Review 79, 1989, S. 106-124.
  • Kaltstart – Volkswirtschaftliche Aspekte der deutschen Vereinigung. Beck/dtv, München, 3. Auflage 1993
  • A Theory of the Welfare State. Scandinavian Journal of Economics 97, 1995, S. 495-526.
  • The Selection Principle and Market Failure in Systems Competition. Journal of Public Economics 66, 1997, S. 247-274.
  • The New Systems Competition. Yrjö Jahnsson Lectures, Basil Blackwell: Oxford 2003
  • Ist Deutschland noch zu retten? 8. aktualisierte Aufl. Berlin 2004. ISBN 978-3430185332.
  • The Pay-as-you-go Pension System as a Fertility Insurance and Enforcement Device. Journal of Public Economics 88, 2004, S. 1335-1357.
  • Mut zu Reformen. Fünfzig Denkanstöße für die Wirtschaftspolitik, München 2004.
  • Die Basar-Ökonomie. Econ Verlag, Oktober 2005
  • Das grüne Paradoxon: Plädoyer für eine illusionsfreie Klimapolitik. Econ Verlag, Oktober 2008

Einzelnachweise

  1. Yrjö Jahnsson Lectures
  2. Handelsblatt Ökonomen-Ranking VWL
  3. http://www.handelsblatt.com 1. Oktober 2006
  4. „Who is the 'Platz-Hirsch' of the German Economics Profession? A Citation Analysis“ von Heinrich W. Ursprung und Markus Zimmer, Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Lucius & Lucius, Stuttgart, 2007, Bd. 227/2
  5. The RePEC Ranking of German Economist Working in Germany The list was compiled with the information available on the RePEc website on October 1st, 2006.
  6. Financial Times Deutschland, Nr. 90, 10. Mai 2006 „Was Ökonomen wirklich wollen“
  7. CV mit Publikationsliste
  8. Andrew B. Abel, Olivier J. Blanchard, “An Intertemporal Model of Saving and Investment”, Econometrica 51, No. 3, 1983, S. 675-692; Christophe Chamley, “The Welfare Cost of Capital Income Taxation in a Growing Economy”, The Journal of Political Economy 89, No. 3, 1981, S. 468-496; Hans-Werner Sinn, “Besteuerung, Wachstum und Ressourcenabbau. Ein allgemeiner Gleichgewichtsansatz“, in: H. Siebert, Hrsg., Erschöpfbare Ressourcen, Papers & Proceedings of German Economic Association, Duncker und Humblot: Berlin 1980, S. 499-528; Hans-Werner Sinn, "Taxation, Growth, and Resource Extraction: A General Equilibrium Approach", European Economic Review 19, 1982, S. 357-386.
  9. Capital Income Taxation and Resource Allocation, North Holland: Amsterdam, New York, Oxford und Tokio 1987.
  10. Wirtschaftswoche 8. Oktober 1998 (PDF)
  11. FAZ 2004 Nr. 262 vom 9. November 2006, S. 13
  12. DIE ZEIT, 13. Mai 2004: „Sparen!“ – „Nein, bloß nicht!“ (Streitgespräch mit Sinn und Bofinger) siehe letzte Antwort
  13. "Ungerecht lebt es sich besser" - 24.10.2007
  14. http://images.zeit.de/text/2004/49/Rez__Bofinger
  15. Porträt: Prof. Peter Bofinger - Ein Wirtschaftsweiser kämpft gegen den Mainstream. Fernseh-Beitrag vom 21.12.2004, abgerufen am 27. Oktober 2008.
  16. Zentralrat empört über Sinns Juden-Vergleich. In: Welt Online, 25. Oktober 2008