Begründung:Das "Werksverzeichnis" ist übermäßig aufgeblasen. Das sollte auf wichtige Punkte gekürzt werden, denn die DNB ist gleich nebenan. --Weissbier 23:48, 26. Okt. 2008 (CET)
Jacob Taubes (* 25. Februar 1923 in Wien; † 21. März 1987 in Berlin) war ein Religionssoziologe, Philosoph und Judaist.
Leben
Taubes stammte aus einer alten Rabbiner-Familie. 1936 siedelte er mit seiner Familie nach Zürich über, wo sein Vater zum Oberrabiner berufen worden war. Bereits 1943 schloss er selbst die Rabbiner-Ausbildung ab. Anschließend studierte er in Basel und Zürich Philosophie und Geschichte und promovierte 1947 mit einer Arbeit über „Abendländische Eschatologie“ ebenfalls in Zürich. Ab 1949 lehrte er als Dozent für Religionsphilosophie am Jewish Theological Seminary in New York. Auf Einladung von Gershom Scholem arbeitete er von 1951 bis 1953 als Lehrstuhlassistent und Dozent für Religionssoziologie an der Hebräischen Universität Jerusalem. Danach arbeitete er für zwei Jahre als Rockefeller-Stipendiat an der Harvard University und als Gastprofessor der Princeton University. 1956 erhielt er einen Ruf als Professor für Religionsgeschichte und Religionsphilosophie an die Columbia University in New York, wo er zehn Jahre lehrte. Ab 1966 war er Ordinarius für Judaistik und Hermeneutik an der Freien Universität Berlin. Ende der 1970er Jahre übernahm er gleichzeitig eine ständige Gastdozentur an der Maison des Sciences de l'Homme in Paris.
Taubes war in erster Ehe mit Susan Taubes, die einen Schlüsselroman (Divorcing, 1969, später ins Deutsche übersetzt als „Scheiden tut weh“) über die Ehe und ihr Leben schrieb und sich danach umbrachte, verheiratet, und in zweiter Ehe mit Margherita von Brentano. Ein im Jahr 2005 veröffentlichter Brief von 1981 aus dem Nachlass offenbart, dass er eine längere Affäre mit der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann hatte [1]. Eine manisch-depressive Erkrankung zwang ihn zu häufigen Klinik-Aufenthalten[2].
Philosophie
Taubes bezeichnete sich selbst als „Erzjude“ und „Pauliner“ zugleich[3] oder auch „Judenchrist“. Charakteristisch für ihn ist ein Denken in polemischer Spannung, in Antinomien. Mit Carl Schmitt traf er sich in der apokalyptischen Überzeugung, das eschatologische Ende der Geschichte eröffne die Möglichkeit einer neuen politischen Praxis. Israel steht für ihn als „Ort der Revolution“, als „unruhiges Element in der Weltgeschichte“, das erst eigentlich einen Geschichtsbegriff erschaffen habe. Wie Nietzsche und Max Weber betont er die weltgeschichtliche Bedeutung Israels als ‚axiologischen’ Anfang der abendländischen Eschatologie. Gegen Schmitt will Taubes die Perspektive der Erlösung von dieser Welt aufrecht erhalten; ohne die absolut notwendige Unterscheidung zwischen weltlich und geistlich seien wir ausgeliefert an Herrscher und Gewalten, die in einem monistischen Kosmos kein Jenseits mehr kennen (Ad Carl Schmitt).
Einzelnachweise
- ↑ in: Trajekte (Zeitschrift des Zentrums für Literaturforschung Berlin). Nr. 10. 5.Jg., April 2005; s.a. den Pressespiegel im Ingeborg- Bachmann-Forum[1]
- ↑ vgl. Richard Faber, Eveline Goodman-Thau, Thomas Macho (Hg.): Abendländische Eschatologie. Ad Jacob Taubes. Würzburg 2001, S.24
- ↑ vgl. Art. „Jacob Taubes“, in: Metzler Lexikon jüdischer Philosophen, Stuttgart 2003, S. 445-447
Schriften
Monographien
- Studien zur Geschichte und System der abendländischen Eschatologie. Verlag Rösch. Bern (Schweiz) 1947. 62 Seiten. Philosophische Dissertation an der Universität zu Zürich 1947.
- Abendländische Eschatologie. [1. Auflage 1947.] Als: Beiträge zur Soziologie und Sozialphilosophie. Band 3. Francke. Bern 1947
- Ad Carl Schmitt. Gegenstrebige Fügung. Als: Internationaler Merve-Diskurs. Band 134. Merve. Berlin 1987, ISBN 3-88396-054-3
- Abendländische Eschatologie. Mit einem Anhang. [2. Auflage 1991.] Als: Batterien. Band 45. Matthes & Seitz. München 1991
- Die politische Theologie des Paulus. Vorträge, gehalten an der Forschungsstätte der evangelischen Studiengemeinschaft in Heidelberg, 23. – 27. Februar 1987, nach Tonbandaufzeichnungen redigierte Fassung von Aleida Assmann. Herausgegeben von Aleida Assmann und Jan Assmann in Verbindung mit Horst Folkers, Wolf-Daniel Hartwich und Christoph Schulte. Wilhelm Fink. München 1993. 2. Auflage 1995. 3., verbesserte Auflage 2003, ISBN 3-7705-2844-1 (englische Ausgabe: Stanford 2004 ISBN 0-8047-3344-9)
- Vom Kult zur Kultur. Bausteine zu einer Kritik der historischen Vernunft. Gesammelte Aufsätze zur Religions- und Geistesgeschichte. Herausgegeben von Aleida Assmann und Jan Assmann. Wilhelm Fink. München 1996. 2. Auflage 2007, ISBN 3-7705-3027-6
- Abendländische Eschatologie. Mit einem Anhang. Mit einem Nachwort von Martin Treml. Als: Batterien. Band 45. Matthes & Seitz. 3. Aufl. München 2007, ISBN 3-88221-256-X, (italienische Ausgabe 1997, ungarische 2004)
Korrespondenzen
- Jacob Taubes an Aharon Agus, Berlin, 11. November 1981. Aus einem Non-Lieux des Archivs. Herausgegeben von Sigrid Weigel. In: Trajekte. Zeitschrift des Zentrums für Literatur- und Kulturforschung Berlin. Nummer 10. Berlin April 2005.
- Der Preis des Messianismus. Briefe von Jacob Taubes an Gerschom Scholem und andere Materialien. Herausgegeben von Elettra Stimuli. Aus dem Italienischen übersetzt von Astrida Ment. Redaktionelle Mitarbeit an der deutschen Ausgabe Astrida Ment. Mit einem Text von Elettra Stimuli: Der Messianismus als politisches Problem. Verlag Königshausen & Neumann. Würzburg 2006. 180 Seiten.
- "Creation is always violent". Susan Taubes an Jacob Taubes, Zürich, 4. April 1952. Herausgegeben von Christina Pareigis. In: Trajekte. Zeitschrift des Zentrums für Literatur-und Kulturforschung Berlin. Nummer 15. Berlin Oktober 2007.
- Briefwechsel Carl Schmitt – Jacob Taubes. Herausgegeben von Thorsten Palzhoff und Martin Treml. Wilhelm Fink. München 2008. 152 Seiten.
Interview
- Taubes im Gespräch mit Florian Rötzer in: Florian Rötzer (Hg.): Denken, das an der Zeit ist. Suhrkamp, Frankfurt/Main 1987
Literatur
- Spiegel und Gleichnis. Festschrift für Jacob Taubes. Herausgegeben von Norbert W. Bolz. Verlag Königshausen & Neumann. Würzburg 1983. 426 Seiten.
- Denken, das an der Zeit ist. Herausgegeben von Florian Rötzer. Als: Edition Suhrkamp. Band 1406. Neue Folge. Band 406. Verlag Peter Suhrkamp. Frankfurt Main 1987. 344 Seiten.
- Reinhard Mehring: Karl Löwith, Carl Schmitt, Jacob Taubes und das Ende der Geschichte. In: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte. Band 48. 1996. S. 231 – 248.
- Marin J. Terpstra und Theo de Witt: "No spiritual investment in the world as it is". Die negative politische Theologie Jacob Taubes. In: Dreizehnte Etappe. Band 13. Organon für Politik, Kultur und Wissenschaft. Bonn September 1997. S. 76 – 102.
- Torah – Nomos – Ius. Abendländischer Antinomismus und der Traum vom herrschaftsfreien Raum. Herausgegeben von Gesine Palmer. Berlin 1999. 340 Seiten.
- Johannes Reipen: Galgenfrist und Gegenzeit. Aspekte der Apokalyptikrezeption bei Jacob Taubes. In: Befristete Zeit. Herausgegeben von Jürgen Manemann. In Zusammenarbeit mit Gabriela Grunden. Als: Jahrbuch Politische Theologie. Band 3. Lit-Verlag. Münster 1999. VIII, 264 Seiten. S. 94 – 107.
- Holger Samson: Zwischen Gottlosigkeit und messianischer Erwartung. Gedanken zu Jacob Taubes (1923 – 1987). In: Theologische Zeitschrift. Band 55. 2000. S. 354 – 363.
- Abendländische Eschatologie. Ad Jacob Taubes. Herausgegeben von Richard Faber. Verlag Königshausen & Neumann. Würzburg 2001. 570 Seiten. Bibliographie Jacob Taubes S. 561 – 570.
- Sigrid Weigel: Ingeborg Bachmanns Geist trifft die Geister der Kabbala. Jacob Taubes’ Liebesmystik. In: Trajekte. Zeitschrift des Zentrums für Literatur- und Kulturforschung Berlin. Nummer 10. Berlin April 2005.
Weblinks
- Vorlage:PND
- Artikel in der Berliner Zeitung über die Fehde zwischen Jacob Taubes und Klaus Heinrich
- Informationen zu einem Editionsprojekt zu Jacob Taubes am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin
Personendaten | |
---|---|
NAME | Taubes, Jacob |
KURZBESCHREIBUNG | Judaist, Religionssoziologe, Philosoph |
GEBURTSDATUM | 25. Februar 1923 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 21. März 1987 |
STERBEORT | Berlin |