Evidenzbüro
Die als Evidenzbüro bezeichnete Dienststelle war die Stabstelle des k.u.k. Militärgeheimdienstes.
Entstehung
Mit dem Evidenzbüro wurde 1850 der erste ständige militärische Geheimdienst geschaffen und im Sardinischen Krieg von 1859 und auch 1866 gegen Preußen eingesetzt, allerdings mit geringem Erfolg. Bereits mehr als 100 Jahre vorher war man in Österreich überzeugt gewesen, dass ein solcher Dienst notwendig sei.
Das Wort Evidenz bzw. Evidenzbüro bezeichnet Akten und Aktenablage bzw. Registratur, im Amtsgebrauch hält man diese in Österreich bis heute aktuell. Andere nachrichtendienstliche „Bureaus“ der k.u.k. Monarchie waren beispielsweise mit dem Öffnen und Lesen der Post der Wiener Botschaften beschäftigt, eine damals übliche Vorgehensweise.
Aufgabe
Am Ende des 19. Jahrhunderts verschärfte sich die Konkurrenz der großen Mächte Europas, was auch zu einem verstärkten Einsatz der Geheimdienste gegeneinander führte. Der politischen Interessenlage der österreichischen Monarchie entsprechend, richtete sich die Aufmerksamkeit ihrer Spione von Anfang an vor allem nach Süden und Osten, daher auf den Balkan und nach Russland. Umgekehrt wandte sich die Aufmerksamkeit der Russen naturgemäß den westlichen Nachbarn Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich zu. Den Russen gelang es Alfred Redl, den Generalstabsoffizier und stellvertretenden Leiter des Evidenzbüros, anzuwerben. Seine Enttarnung (1913) führte zu einer schweren politischen und militärischen Krise in der Donaumonarchie.
Während des Ersten Weltkriegs erlangte das Evidenzbüro größere Bedeutung. Zu den bisherigen Aufgaben kam nun auch die Aufklärung gegnerischer Funksprüche. Im letzten Kriegsjahr sollen Evidenzbüro unter Maximilian Ronge und der für das Inland zuständige Geheimdienst, die Staatspolizei (StaPo), insgesamt 300 Offiziere, 50 Beamte, 400 Polizeiagenten, 600 Soldaten und 600 Spitzel beschäftigt haben.
Das Evidenzbüro war dem k.u.k. Außenministerium unterstellt, wurde im Ersten Weltkrieg jedoch beim Generalstab angesiedelt. Es existierte bis zum Ende der Doppelmonarchie 1918 und hatte seinen Sitz in Wien.
Das Evidenzbüro sammelte die aus den verschiedensten Quellen stammenden Meldungen militärischer Relevanz, die täglich dem Generalstabschef und einmal wöchentlich dem Kaiser Franz Joseph (bis 1913 handschriftlich) vorgelegt werden mussten. Dafür standen 20 Offiziere der k.u.k. Armee zur Verfügung.
Dies war ein Bruchteil dessen, worüber der deutsche, geschweige denn der russische Generalstab verfügte. Dieser Personal- und Geldmangel beruhte vor allem auf der Tatsache, dass das Evidenzbüro dem Außenministerium unterstand, das als k.u.k. Ministerium von Ungarn mitfinanziert wurde. Diese billigten gemeinsamen Institutionen grundsätzlich nur die geringstmöglichen Mittel zu.
Untergeordnete Dienststelle war das Kundschaftsbüro (Hauptkundschaftstelle), das alle auswärtigen Staaten kontrollierte.
Chefs des Evidenzbüros
- Major Anton Ritter von Kalik, 1850-64
- Oberst Georg Ritter von Kees, 1864-66
- Oberst Josef Pelikan von Plauenwald, 1866-69
- Oberstleutnant Franz Weikhard, 1869-70
- Oberst Ludwig Edler von Cornaro, 1870-71
- Oberst Rudolf Ritter von Hoffingen, 1871-76
- Oberst Adolf Ritter von Leddihn, 1876-79
- Oberst Karl Freiherr von Ripp, 1879-82
- Oberst Hugo Ritter Bilimek von Waissolm, 1882-86
- Oberst Edmund Ritter Mayer von Wallerstein und Marnegg, 1886-92
- Oberstleutnant Emil Freiherr Woinovich von Belobreska, 1892-96
- Oberstleutnant Desiderius Kolosvary de Kolosvar, 1896-98
- Oberst Artur Freiherr Giesl von Gieslingen, 1898-1903
- Oberst Eugen Hordliczka, 1903-09
- Oberst August Urbanski von Ostrymiecz, 1909-14
- Oberst Oskar von Hranilovic-Cvetassin, 1914-17
- Oberst Maximilian Ronge, 1917-18
Stellvertretender Chef von 1908-1912:
- Oberst Alfred Redl, 1913 als Doppelspion enttarnt
Siehe auch
- Heeresnachrichtenamt des Österreichischen Bundesheeres