Aquäduktenmarmor

Sedimentgestein
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Aquäduktmarmor, auch Eifelmarmor genannt, ist ein Kalkstein, dessen Entstehung als Sedimentgestein letztendlich Menschen geschuldet ist. Dies macht ihn als Naturstein einmalig. Er entstand innerhalb eines Zeitraumes von 190 Jahren als Ablagerung in der etwa 95 Kilometer langen gemauerten Eifelwasserleitung der Römer. Der Kanal, den die Römer bauten, führte von der Nord-Eifel nach Köln und wurde durch fünf kalkhaltige Quellen der geologisch genannten Sötenicher Kalkmulde gespeist.

Deutlich sind helle Anlagerungen als Verengung der U-förmigen Kanalwände erkennbar
Eifelwasserleitung aus römischen Beton und gemauerten Segmentbogen aus Naturstein

Entstehung und Gesteinsbeschreibung

Nachdem Köln 90 n. Chr. Hauptstadt der römischen Provinz Niedergermanien geworden war, wurde eine bereits vorhandene Fernwasserversorgung aus dem Jahre 30 n. Chr. auf eine Länge von 95,4 Kilometer ausgebaut. Durch den Römerkanal flossen, bis zu seiner Zerstörung durch die Franken in der Mitte des 3. Jahrhundert, pro Tag 20 Millionen Liter Wasser nach Köln[1]. Die Eifelwasserleitung war aus römischen Beton (Opus caementitium) und Natursteinen erbaut und etwa 70 Zentimeter breit und 100 Zentimeter hoch. Der Kanal war unter Verwendung von hydraulischem Kalk unter Zugabe von latent hydraulischen Stoffen, wie Puzzolan aus der Eifel als gemahlener Eifeltuff oder Ziegelsplitt verputzt und dadurch abgedichtet. Der Ziegelsplitt ist für die Rotfärbung des Putzes verantwortlich. Der Römerkanal lag zirka einen Meter unter der Erde und war vor Frost geschützt. Das durchfließende Wasser im Römerkanal war kalkhaltig und Kalk lagerte sich schichtenweise nicht nur am Kanalboden sondern auch an -wänden ab. Das Ablagern wird als Sintern bezeichnet. Durch das Abscheiden (Ausfällung) von in Wasser gelösten Kalk und im Wasser transportierten Eisenoxiden bildeten Krusten in Form parallelen gewellten Ablagerungen in einer Stärke im Zentimeterbereich bis zu zirka 30 Zentimetern.

Die Eisenoxide, wie Hämatit und Limonit, sind für die rötliche und bräunliche Färbung verantwortlich. Fehlte Eisenoxid blieb die Kruste hell. Das kalkhaltige Wasser, das aus kohlendioxidhaltigem Boden in die Atmosphäre tritt, erzeugt ein Ungleichgewicht von Kalziumhydrogenkarbonat zu Kohlendioxid. Das dabei entstehende kalkübersättigtes Wasser fällt soviel Kalk aus bis der Sättigungsgrad wieder erreicht ist. In diesem Prozess lagerte sich innerhalb von 190 Jahren ein dichter Kalksinter bis zu einer Stärke von 30 Zentimetern an. Warum sich ein besonders dichter und polierfähiger Kalkstein in der Eifelwasserleitung, im Gegensatz zu den entstandenen Steinen in anderen römischen Wasserleitungen anlagerte, ist nicht erforscht. Beispielsweise ist der bis zu 50 Zentimeter starke hellbraune Kalkstein aus der Wasserleitng des Pont du Gard bei Nîmes, der stark porös ist, lediglich als einfacher Baustein zu gebrauchen. Petrologisch betrachtet gehört Aquaduktenmarmor zu den Sedimentiten, den (Ablagerungsgesteinen). Es ist kein Marmor.

Der im Kanal angelagerte rötlich bis bräunlich und weiß gestreifte Eifelmarmor hat Ähnlichkeit mit Silikatmarmoren und ließ sich polieren. Die unterschiedliche gefärbten Ablagerungen sind im Gegensatz zu den Silikatmarmoren relativ parallel und gewellt bzw. gezackt. Sie verleihen diesem Gestein ein einmaliges Aussehen, wenn er gegen das Lager gearbeitet ist. Im Gegensatz zu den Travertinen, die stark porös sind, ist dieser Sinterkalk relativ dicht. Nachdem die Römer im Jahre 260 aus Köln vertrieben wurden, verfielen die Kanäle und wurden in der karolingischen Zeit und auch später als Steinbruch genutzt. Besonders begehrt waren Stücke aus dem Sinterkalkstein, der sich, da es kein besonders hartes Gestein war, leicht manuell abspalten und bearbeiten ließ.

Verwendung und Namensgebung

 
Säulenkolonade aus Aquäduktenmarmor an der Wartburg
 
Die bedeutende Königin Margarethe I. (1353-1412), Herrscherin von Dänemark, Norwegen und Schweden aus Aquäduktenmarmor im Dom zu Roskilde

Er wurde aufgrund seiner begrenzten Werksteingrößen lediglich als Einzelstücke, als Säulen, Grab- und Altartischplatten herstellen.

Dieser Sinterkalk wurde vermutlich erstmals für die von Karl dem Großen gebaute Pfalzkapelle Aachen verwendet.

Im 11. bis 13. Jahrhundert wurde mehrere romanische Kapellen in Köln mit Aquäduktmarmor ausgeschmückt. An der St. Cäcilienkirche (heute Schnütgen-Museum)befinden sich 8 Säulen im Chor außen, im Westchor von St. Georg sind zahlreiche 2,76 Meter lange Säulen verbaut, die St. Maria Lyskirchen zeigt an den Aufgängen zur Empore zwei 1,36 lange Säulen wie auch die Kirche St. Nikolaus in Köln-Dünnwald führt zwei Kalksintersäulen, die das Kreuzgewölbe tragen. Die St. Michaelkirche in Köln-Porz-Niederzündorf hat ein Epitaph als diesem Kalksinter. Im Kölner Dom befinden sich zwei Grababdeckplatten aus der Eifel in den Maßen von 1,91 x 0,65 Meter, die zerbrochen sind[2].

Die zwei vorderen Säulen des Baldachins über dem Hochaltar der Abtei Maria Laach sind aus Kalksinter, wie auch in zahlreichen Kirchen im Gewinnungsgebiet haben einzelne Werksteine aus Aquäduktmarmor. In Essen, Soest, Hildesheim, Paderborn und Helmstedt sind weitere Kunstobjekte aus diesem Material zu finden. Auf der Wartburg sind 25 noch erhaltene Säulen zu besichtigen und auf der Braunschweiger Burg Dankwarderode befinden sich zwei Kaminsäulen aus Eifelmarmor.

In Canterbury in England befindet sich eine kleine Altarplatte aus diesem Stein. Die Thumben der dänischen Königin Margarete I., Estrid, des Königs Svend und Bischofs Wilhelm im Dom zu Roskilde sind mit Abdeckplatten aus Aquäduktenmarmor verschlossen. Ferner hat die Heiligkreuz-Kapelle in Dalby, der ältesten Steinkirche Schwedens, eine Säule aus diesem seltenen Gestein[3].

Des Weiteren gibt es einen hinundwieder als Eifelmarmor bezeichneten Naturstein, der bei Roderath in der Eifel gebrochen wurde. Es handelt sich bei dem dortigen Vorkommen um einen Kalkstein und er ist trotz Namensgleichheit nicht mit dem Sinterkalkstein Eifelmarmor zu verwechseln. Es ist ein dichter rotgefärbter Kalkstein. Der von Grewe verwendete Ausdruck Aquäduktenmarmor gibt den Sachverhalt für diesen Kalksinter am besten wieder.

Literatur

  • Klaus Grewe: Die Eifelwasserleitung. Aquädukt für das römische Köln und Steinbruch für die romanischen Großbauten, Köln 1977.
  • Klaus Grewe: Die Eifelwasserleitung nach Köln. Vom römischen Aquädukt zum Steinbruch für romanische Bauten, in: Die alte Stadt 4/2004, S. 247 ff.

Einzelnachweis

  1. Grewe:Die Eifelwasserleitung nach Köln, S. 254 u. 250. (siehe Literatur)
  2. Grewe: Die Eifelwasserleitung nach Köln, S. 257f. (siehe Literatur)
  3. Grewe: Die Eifelwasserleitung nach Köln, S. 258. (siehe Literatur)