Giovanni Gentile
Giovanni Gentile (* 30. Mai 1875 in Castelvetrano, Provinz Trapani, Sizilien, † (ermordet) 15. April 1944 in Florenz) war ein italienischer Philosoph, Kulturmanager und Politiker.
Gentile wird im öffentlichen Bewusstsein vor allem Italiens als das intellektuelle Aushängeschild des Faschismus angesehen. Er war Erziehungsminister im ersten Kabinett von Benito Mussolini und hat die nach ihm benannte Schul- und Hochschulreform durchgeführt ("riforma Gentile"). Dem Faschismus hat Gentile bis zu seinem gewaltsamen Tod im Jahr 1944 die Treue gehalten.
Gentile wurde 1875 in Sizilien in kleinbürgerlichen Verhältnissen geboren. Er studierte Philosophie in Palermo und war anschließend Lehrer, bis er im Jahr 1917 einen ersten Lehrstuhl in Pisa erhielt. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts war Gentile gemeinsam mit Benedetto Croce der Vorreiter einer intellektuellen Erneuerung des italienischen Kulturlebens. Sein Denken war geprägt von einer Mischung aus konservativ-bürgerlichem Elitarismus, Nationalismus und radikaler Ablehnung traditioneller Religion. Seine Philosophie, der "Aktualismus", schien anfangs völlig unpolitisch. Es handelt sich um ein Gedankengebäude, das mit einer dem Idealismus Hegels entlehnten Terminologie einer von allen Regeln und Grenzen befreiten Tat den Vorrang vor allem anderen einräumt. Nach Gentiles Vorstellung vereinigen sich sämtliche Erscheinungen, sämtliche Gedanken, jedes Tun ideell in einem "reinen Akt" ("atto puro"), der Ausdruck höchster Sittlichkeit ist. Der vermeintlich unpolitische Charakter seiner Philosophie ändert sich mit Beginn des 1. Weltkriegs. Nation und Staat rücken in den Mittelpunkt seiner Überlegungen und Publikationen. Gentile identifiziert schrittweise den Nationalstaat und später den faschistischen Staat, im Endergebnis den Führer dieses Staates, mit dem "atto puro", der alles weiß und stets sittlich handelt.
Gentile schloss sich 1922 sofort dem Faschismus an und versuchte, seine Vorstellungen vom "ethischen Staat" ("Stato etico") in die Praxis umzusetzen. Anfangs hatte er großen Erfolg und wurde als der wichtigste Intellektuelle des Faschismus gefeiert. Bekannt wurde er vor allem durch seine liberale Schulreform, die allerdings aufgrund ihres Elitarismus modifiziert wurde. Das änderte sich in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre, als Mussolini sich der katholischen Kirche annäherte (Konkordat), was mit Gentiles Vorstellungen von Religion nicht in Einklang zu bringen war. Gentile blieb zwar bis in die 40er Jahre eine wichtige geistige Figur des Faschismus. Aber sein intellektueller Einfluss schwandt. 1944 wurde er ermordet, wahrscheinlich von kommunistischen Partisanen. Die genauen Umstände des Attentates sind bis heute ungeklärt.
In der philosophischen und historischen Diskussion schon zu Lebzeiten und auch nach dem Tod Gentiles gehen die Einschätzungen weit auseinander. Er wird sowohl als Hegelianer und Idealist als auch als radikaler, amoralischer Aktionist bezeichnet. Kritiker betrachten seine Philosophie als die Philosophie des Faschismus; andere meinen, der Aktualismus könne auch den Kommunismus begründen. Seine Anhänger leugnen von jeher eine Verbindung zwischen der Philosophie und dem politischen Handeln Gentiles.
In Italien spielt Gentile bis heute eine Rolle, da er von rechtsextremen Parteien auch weiterhin hochgehalten wird.
Literatur
- Gentile, G.: Philosophie und Pädagogik. Besorgt von Kurt Gerhard Fischer unter Mitarbeit von Michele Borrelli, Paderborn 1970
- Gentile, G.: Opere filosofiche. Antologia a cura di E. Garin, Garzanti 1991
- 'Der aktuale Idealismus' (Giovanni Gentile, Mohr Siebeck, 1931) ISBN 3-16-814141-0
- 'Die Staatsphilosophie Giovanni Gentiles und die Versuche ihrer Verwirklichung im faschistischen Italien' (Sebastian Schattenfroh, Lang, Peter, GmbH, Europäischer Verlag der Wissenschaften, 1999) ISBN 3-631-34345-0
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Gentile, Giovanni |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Philosoph, Kulturmanager und Politiker |
GEBURTSDATUM | 30. Mai 1875 |
GEBURTSORT | Castelvetrano, Provinz Trapani, Sizilien |
STERBEDATUM | 15. April 1944 |
STERBEORT | Florenz |